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Windel

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Windel (Begriffsklärung) aufgeführt.
Einmalwindel, Einwegwindel, oder auch Wegwerfwindel

Die Windel ist ein körpernah eingesetzter Saugkörper zur Aufnahme von Urin und Stuhl (Kot). Sie dient dem hygienischen Auffang von Exkrementen und verhindert so z. B. die Beschmutzung der Kleidung. Sie wird von Menschen getragen, die ihre Ausscheidungen noch nicht kontrollieren können (wie Säuglinge und Kleinkinder), nicht mehr kontrollieren können (Stuhl- oder Harninkontinenz) oder wegen ihrer Arbeitsbedingungen dazu nicht immer in der Lage sind (z. B. Astronauten). Seltener kommt sie auch bei Haus- und Zootieren zum Einsatz. Die Windel wird meist in der Form eines Höschens um Hüfte und Schritt befestigt. Es gibt verschiedene Varianten (siehe unten). Der Austausch einer benutzten Windel gegen eine saubere wird umgangssprachlich als Wickeln bezeichnet und muss aus hygienischer und dermatologischer Sicht in regelmäßigen Zeitabständen erfolgen. Gegenüber dem Gebrauch einer Windel steht der Gang zur Toilette.

Geschichte

Vor dem breiten Konsum der Einwegwindel und deren Vermarktung ab 1961 wurden, sofern Windeln überhaupt benutzt wurden, Stoffwindeln verwendet. Diese wurden zur Säuberung ausgekocht. Als Erfinderin der Wegwerfwindel gilt die Amerikanerin Marion Donovan.[1] Sie konnte ihren Entwurf einer Windel jedoch nicht vermarkten. Dies gelang erst Victor Mills, dessen ähnliche Entwicklung der Wegwerfwindel unter der Procter & Gamble-Marke Pampers kurze Zeit später vertrieben wurde. [2]

Aufbau und Bestandteile

Stoffwindeln (mehrfach benutzbar, da waschbar)

Bei den Windeln wird zwischen Einweg- und Mehrwegwindeln unterschieden, wobei einige Merkmale bei beiden Produktgruppen gleich sind. Die größten Unterschiede im Aufbau finden sich im Saugkörper und bei der Fixierung am Körper. Bei der Entwicklung und Auswahl von Windeln müssen Aspekte der Kühlung (besonders bei männlichen Babys für die Spermatogenese wichtig), des Windelklimas (feuchte Wärme kann Hefepilz-Befall und Windeldermatitis verursachen), der Bewegungsfreiheit (Anhock-Spreiz-Stellung sollte in den ersten Wochen möglich sein) und ökologische Nachhaltigkeit (Umweltaspekte bei der Reinigung bzw. Entsorgung von Windeln) beachtet werden.

Die Einweg- oder Wegwerfwindel (Höschenwindel) hat eine Außenhülle aus Polyethylen (PE) und einen Saugkörper. Letzter besteht aus Zellstoffmaterial, der bei heutigen modernen Windeln oft mit Superabsorber (Polymersalze) angereichert ist. Dadurch können Flüssigkeitsmengen im Vielfachen des Eigenvolumens gebunden werden. Auch bei Druckausübung wird die Flüssigkeit somit nicht wieder abgegeben (wie es bei einem Schwamm o.ä. der Fall wäre). An der Außenschicht sind Klettlaschen vorhanden, um die Windel an den Umfang des Torsos anzupassen. Sie ist mit Kunststofffolie überzogen, welche das Durchsickern von Flüssigkeiten verhindert.[3][4] Weitere Bestandteile können Vaseline, Stearylalkohol, dünnflüssige Paraffine und Extrakte der Aloe barbadensisis sein.

Superabsorber nimmt Flüssigkeit in der vielfachen Menge seines Eigenvolumens auf ohne diese wieder abzugeben.

Mehrwegwindeln sind waschbar und werden in unterschiedlichen Ausführungen angeboten. Die klassischen Stoffwindeln aus Mull- oder Moltontüchern sind seit der Einführung der Einwegwindeln in dieser Funktion fast verschwunden, werden aber gern als Spucktuch und Wickelunterlage verwendet. Die traditionellen Windeln sind von modernen Systemen mit Klettverschluss oder Druckknöpfen abgelöst worden und entsprechen in der Handhabung größtenteils den Einwegwindeln.

Anwendung und Verbreitung

Das Angebot auf dem Markt reicht von Windeln für Frühchen, Kinder, Erwachsene, wie auch Tiere. Am häufigsten werden Windeln für Säuglinge und Kleinkinder gebraucht, sowie auch bei inkontinenten Personen. Windeln sind fast ausschließlich in der Form eines Höschens verfügbar, das über den Intimbereich gelegt und wie eine normale Unterhose getragen werden kann. Die Anlegetechnik unterscheidet sich bei Jugendlichen und Erwachsenen nur wenig von der Anlegetechnik bei Säuglingen und Kleinkindern.

Bei Stoffwindeln gibt es eine Reihe von Wickeltechniken, welche je nach Art der verwendeten Ausführung zur Anwendung kommen.

Säuglingspflege

Der Hautpflege kommt bei Säuglingen eine besondere Bedeutung zu, da deren Haut sich noch sehr von Erwachsenen unterscheidet. In der Säuglingspflege ist es daher üblich, die Haut beim Windelwechsel von den Ausscheidungen zu reinigen, damit die Säuglinge und Kleinkinder keine Hautrötungen oder eine Windeldermatitis bekommen. Zu festes Reinigen hingegen kann jedoch genau dies herbeiführen.

Alten- und Krankenpflege

Weiterhin werden Windeln in der Altenpflege eingesetzt, wobei sie hier zur Unterscheidung von denen für Säuglinge mit den Begriffen Schutzhose oder Inkontinenzhose bezeichnet werden. Ältere können eine Schwächung der Bindegewebemuskulatur oder eine psychische Leistungsschwäche haben, wobei es zu Harn- bzw. Stuhlinkontinenz kommt. Aber auch jüngere Menschen können z.B. durch Krankheiten, Unfälle mit Wirbelsäulenverletzungen oder, bei Frauen, durch eine Schwangerschaft inkontinent werden, und somit Windeln benutzen.

Tiere

Daneben gibt es auch die Anwendung von handelsüblichen Wegwerfwindeln für Tiere. Sie können dabei zur Verhinderung des Urinierens und Kotens an dafür nicht vorgesehenen Orten (wie bei Kutschpferden in Kurorten (vgl. Pferdewindel), bei inkontinenten Haustieren wie Hund und Katze in der Wohnung oder zur Prävention von Nachwuchs in Zoos) dienen.

Weitere Anwendung

Einen weiteren Anwenderkreis stellen Menschen dar, die wegen ihrer beruflichen Situation nicht ohne weiteres eine Toilette aufsuchen können, wie z. B. Astronauten beim Außenbordeinsatz, Berufs-Tiefseetaucher oder Piloten in Flugzeugen ohne Toilette auf Langstreckenflügen. Manche Personen tragen Windeln ohne eine körperliche Notwendigkeit, weil es für sie mit einem sexuellen Reiz verbunden ist (Windelfetischismus).

Umwelteinfluss und Nachhaltigkeit

Die klassische Diskussion über die Bevorzugung von Einweg- oder Mehrwegwindeln beinhaltet neben Fragen der Praktikabilität und Ökonomie auch die Frage der Nachhaltigkeit.[3]

Einwegwindeln werden auf dem Markt auch in umweltfreundlicheren Varianten angeboten (Ökowindeln), welche einen höheren Anteil an biologisch abbaubaren Bestandteilen, sowie einen erhöhten Anteil von Bestandteilen aus nachhaltigen Ressourcen haben (bis zu 70 %[3]). Die geringere ökologische Belastung lässt sich nicht direkt im Gebrauch beobachten, da diese Windeln ebenfalls über den Restmüll beseitigt werden, sondern ergeben eine im Vergleich zu herkömmlichen Einwegwindeln andere Ökobilanz, da die Produktion weniger umweltbelastend sei. Bei der Abfallbeseitigung durch Verbrennung sollen sie keinen Vorteil bieten, da auch Ökowindeln nach Gebrauch nicht in der Bio- sondern in der Restmülltonne entsorgt werden, und somit ebenfalls verbrannt werden (Müllverbrennung ist in Deutschland eine gängige Methode der Abfallwirtschaft, dabei ist die biologische Abbaubarkeit weitgehend irrelevant). Die deutsche Stiftung Liebenau betreibt eine Heizanlage mit Windeln aus ihren Kinder- und Altenheimen.[5]

Anja Backhaus kommt in einem TV-Beitrag nach Befragung der Verbraucherzentrale zu dem Schluss, dass sowohl Wegwerf- als auch Waschwindel auf eine vergleichbare Ökobilanz kommen.[4] Eine Ökobilanz-Studie der britischen Umweltbehörde kommt zu dem gleichen Ergebnis[6], welches jedoch auch kritisch angezweifelt wird.[3] Die Grundannahmen der Studie sollen falsch sein und die Umwelteinflüsse, die sich durch die Müllbeseitigung (Verbrennung) ergeben, würden vernachlässigt.[3]

Die Ökobilanz von Windeln von der Produktion über die Nutzung bis hin zur Entsorgung unterscheidet sich für verschiedene Windeltypen deutlich: Während beim Gebrauch von (Mehrweg-)Stoffwindeln Abwasser durch die Verwendung von Waschmittel anfällt, verbraucht eine Einwegwindel viele Ressourcen für die Produktion und Entsorgung. Ein Windeldienst, welcher viele Windeln gleichzeitig wäscht, benötigt zwar zusätzliche Energie für den Transport der Windeln, was aber durch die Effizienz bei Aufbereitung größerer Mengen an Stoffwindeln wieder kompensiert wird.[4]

Die zunehmende, jedoch immer noch latente gesellschaftliche Wahrnehmung von Wegwerfwindeln als Müllproblem wird sowohl von Konsumenten als auch von Anbietern diskutiert. Im Vereinigten Königreich werden jährlich ca. 2,5 Milliarden Wegwerfwindeln verkauft. Als Abfall haben sie einen Anteil von 2–3 % des deponierten Mülls[7] bzw. 10% des Restmülls in Deutschland, die gewichtigste Einzelfraktion im Restmüll[8] Auch in Frankreich wird der hohe Anteil der Wegwerfwindeln in Mülldeponien als Problem wahrgenommen.[2] Das Institut für Energie- und Umweltforschung (IFEU) in Heidelberg führte bereits Studien zur Bestimmung der Ökobilanz von Windeln durch. 1995 wurde eine “Lebenswegbilanz für Vorprodukte von Babywindeln und Babywindeln” im Auftrag von Vliesstoff-Wirtschaftsakteuren, 2006 (im Auftrag von Procter & Gamble) eine Windelökobilanz aus Großbritannien auf deutsche Verhältnisse übertragen. [9]

Nach einer Untersuchung des Landkreises Bayreuth fielen im Landkreis 2005 über 1.000 Tonnen Abfall aus Windeln an, deren Entsorgung mehr als 250.000 Euro kostete. Zur Vermeidung der Entsorgungskosten bietet der Landkreis einen finanziellen Zuschuss beim Kauf von Mehrwegwindeln an, was zudem den Eltern eine deutliche Kostenersparnis bringt (für den Ankauf von Wegwerfwindeln werden pro Kind 1.000 bis 2.000 Euro Kosten kalkuliert)[8]. Auch die Stadt Wien fördert seit etwa 2005 im Zuge ihrer Abfallvermeidungskampagne die Anschaffung von waschbaren Windeln.[10]

Gesundheits- und Entwicklungseinfluss

Da das Mikroklima in einer Windel feucht und warm ist, besteht die Gefahr für Hefepilz-Befall.[11] Entsprechende Vorkehrungen durch Inhaltsstoffe von Windeln versuchen, dieses Risiko zu minimieren. Mit etwa zwei bis drei Jahren sind heutzutage die meisten Kinder dazu in der Lage, ohne Windel sauber zu sein. Nach einer Studie führte die Anwendung von Windeln zu einer Verzögerung des Zeitpunktes der Sauberkeit.[12] So gibt es heute auch viele Windeln für Kinder über 3 Jahre (z.T. auch für Bettnässer).[4]

Alternativen

Schlitzhosen sind in China traditionell verbreitet und werden auch für windelfreie Methoden herangezogen

Als Alternative zur Windel bei Säuglingen und Kleinkindern stehen windelfreie Konzepte zur Auswahl. In China beispielsweise werden Schlitzhosen (Hosen mit freiem Schritt) verwendet (sogenannte 开裆裤 "kai dang ku", zu dt. „offen Schritt Hose“), mit denen Kleinkinder ihre Exkremente gezielt und kontrolliert ausscheiden können. In China benutzen 94 % der Bevölkerung Schlitzhosen statt Windeln.[2] Unter den Bezeichnungen Sauberbleiben oder TopfFit gibt es ähnliche Konzepte, im englischsprachigen Raum existieren windelfreie Konzepte unter den Bezeichnungen Infant Potty Technique, Elimination Communication (oft als EC abgekürzt), instinctive mothering, Natural Infant Hygiene oder Attachment Parenting. Sie orientieren sich am Gespür der Eltern (meist der Mutter) für die Ausscheidungsvorgänge des Kindes. Durch Beobachtung und Interpretation der Verhaltensweise des Kindes, wie beispielsweise leichte Veränderungen der Mimik, wird das Kind dann „abgehalten“, also beispielsweise über ein Töpfchen gehalten, so dass es urinieren oder Stuhlgang ausscheiden kann.[13] Dieser Umgang wird vor allem durch eine stärkere Bindung des Kindes an die Bezugsperson begründet. Die Zeit bis zur eigenständigen Kontrolle des Kindes über seine Ausscheidungen (Sauberkeit) wird dadurch meist nicht wesentlich verkürzt. Das Bewusstsein für die Ausscheidungen soll dabei jedoch früher eintreten. Auch soll die Umweltbelastung durch Müllproduktion und ökobilanzreiche Gebrauchsprodukte sowie die Hautbelastung durch volle Windeln geringer sein.[7]

Einzelnachweise

  1. Marion Donovan, Inventor of Disposable Diapers
  2. 2,0 2,1 2,2 Wickeln, Windeln, wegwerfen. Dokumentarfilm von Jacqueline Farmer und Sylvie Randonneix (Nord Ouest Documentaires). Frankreich 2011. 52 min. Erstausstrahlung So, 29. Januar 2012 21:47 auf arte
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 Ruhland, Felix (2007): Die Windel-Frage - Ökobilanz am Baby-Popo. In: sueddeutsche.de (10. Juli 2007)
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 Umweltschutz am Babypopo. Gibt es die umweltfreundliche Windel? WDR, 1. Dezember 2009, abgerufen am 26. September 2010.
  5. Welt Online (2007): Gebrauchte Windeln sind zum Heizen gut, Artikel vom 26. Juli 2007
  6. Environment Agency (2008): Using Science to create a better place. An update lifecycle assessment study for disposable and reusable nappies. Bristol. ISBN 9781844329274 (pdf 170 kB, englisch)
  7. 7,0 7,1 Anthony-Pillai, Rosemarie (2007): What's potty about early toilet training? In: British Medical Journal. 2. Juni 2007. 334(7604: 1166. (englisch)
  8. 8,0 8,1 Landratsamt Bayreuth: „Weniger Müll durch Mehrwegwindeln (17.10.2005)“
  9. Ökobilanzen Referenzliste des IFEU Heidelberg. (abgerufen am 20. Feb. 2012)
  10. Natürlich Wien: Wer klug wickelt, spart Geld. (abgerufen am 11. Oktober 2012)
  11. Unsere Haut. Script zur WDR-Sendereihe "Quarks & Co". Redaktion Daniele Jörg. S. 14f
  12. Bakker, E. & Wyndaelebju, J. J. (2000): Changes in the toilet training of children during the last 60 years: the cause of an increase in lower urinary tract dysfunction? In: BJU International (2000), 86, S. 248-252.
  13. Dibbern, Julia (2010) Geborgene Babys. Anahita Verlag. ISBN 9783937797229 (Auszug Babys brauchen keine Windeln! online verfügbar)

Weblinks

 Commons: Windeln – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Windel – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Siehe auch

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