Jewiki unterstützen. Jewiki, die größte Online-Enzy­klo­pädie zum Judentum.

Helfen Sie Jewiki mit einer kleinen oder auch größeren Spende. Einmalig oder regelmäßig, damit die Zukunft von Jewiki gesichert bleibt ...

Vielen Dank für Ihr Engagement! (→ Spendenkonten)

How to read Jewiki in your desired language · Comment lire Jewiki dans votre langue préférée · Cómo leer Jewiki en su idioma preferido · בשפה הרצויה Jewiki כיצד לקרוא · Как читать Jewiki на предпочитаемом вами языке · كيف تقرأ Jewiki باللغة التي تريدها · Como ler o Jewiki na sua língua preferida

Willy Papenkort

Aus Jewiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Willy Papenkort (geb. 9. August 1908 in Tilsit; gest. nach 1970) war ein deutscher Polizeioffizier und als Kompanieführer des Polizeibataillons 11 im Oktober 1941 an der Ermordung der jüdischen Bevölkerung im weißrussischen Sluzk beteiligt. Nach dem Krieg wurde er Hauptkommissar der Kripo in Essen und organisierte eine „Kameradenhilfe“ für ehemalige Angehörige der Ordnungspolizei, gegen die strafrechtliche Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen durchgeführt wurden.

Leben

Papenkort war der Sohn eines Metzgers in Tilsit, besuchte zunächst die Volksschule, dann das Gymnasium und machte ein Volontariat in technischen Betrieben. Am 1. April 1927 ging er als Anwärter zur Schutzpolizei, bestand im März 1931 das sogenannte Polizeiabitur und erwarb damit die Voraussetzung, um in die Polizeioffizierslaufbahn einzutreten. Papenkort trat am 1. März 1930 in die NSDAP ein und war zeitweilig Blockleiter.[1] Laut dem Braunbuch der DDR wurde er bei der NSDAP mit der Mitgliedsnummer 2.953.348 geführt und gehörte der SS mit der Nr. 346.964 an, wo er es bis zum SS-Sturmbannführer gebracht haben soll.[2]

Zeit des Nationalsozialismus

Nach seiner Heirat im Juni 1933 – aus der Ehe gingen drei Kinder hervor – wurde er zunächst zur kasernierten Landespolizei versetzt und 1935 in die Wehrmacht überführt, ehe er 1937 zur Polizei zurückkehrte und seine Prüfung als Polizeioffizier bestand. Anschließend tat er zunächst Dienst bei der Polizeiverwaltung Königsberg. 1939 wurde er zum Leutnant der Schutzpolizei, 1939 zum Oberleutnant, 1941 zum Hauptmann und 1944 zum Major befördert. Als Hauptmann führte er 1941 die 2. Kompanie des Polizei-Bataillons 11 und leitete dessen Einsatz bei der Ermordung der jüdischen Bevölkerung in Sluzk am 27. Oktober 1941.[1] Das der 707. Infanterie-Division der Wehrmacht General Bechtolsheims unterstellte Polizei-Bataillon 11 hatte unter seinem Kommandeur Franz Lechthaler ab Anfang Oktober 1941 und durch litauischen Hilfstruppen unterstützt in einer dreiwöchigen „Aktion Judenrein“, beginnend bei Uzlany und anderen Ortschaften südöstlich von Minsk bis Sluzk und Klezk etwa 11.000 Juden ermordet, darunter alleine in Sluzk mehr als 3.000.[3] Der Befehl an das Bataillon sei, so Papenkort in einer Vernehmung am 16. Mai 1961, „seitens der Sicherungsdivision“ Bechtolsheims ergangen.[4] Die Aufgabe von Papenkorts 2. Kompanie des Bataillons bestand in erster Linie darin, die entsprechenden Absperrmaßnehmen für die Erschießungen durchzuführen, doch als sein Kommandeur Lechthaler sich am 27. Oktober 1941 bei dem Massaker in Sluzk von der Erschießungsstätte entfernte, übernahm Papenkort das Kommando.[5] Im April 1942 wurde Papenkort zum Stab des Befehlshabers der Ordnungspolizei (BdO) in Königsberg versetzt. Von April 1942 bis Kriegsende war er beim Stab des BdO im Wehrkreis 12 in Wiesbaden.[1]

Nachkriegszeit

Bei Kriegsende geriet Papenkort in amerikanische Gefangenschaft, aus der er Ende 1946 entlassen wurde. Bis Anfang der 1950er Jahre arbeitete er in verschiedenen Branchen als Vertreter. 1952 schaffte er die Wiedereinstellung in den Essener Polizeidienst und gehörte, zuletzt als Hauptkommissar, bis 1960 der Kreispolizeibehörde Essen an.[1] Am 12. Mai 1960 wurde er fast ein Jahr lang in Untersuchungshaft genommen und zusammen mit seinem Bataillonskommandeur Lechthaler wegen der Mordaktionen in Sluzk angeklagt. Im Unterschied zu Lechthaler, der wegen „Beihilfe zum Totschlag“ zu dreieinhalb Jahren Zuchthaus verurteilt wurde, erhielt Papenkort einen Freispruch mangels Beweisen. Da der Bundesgerichtshof (BGH) das Urteil aufhob, nachdem sowohl Staatsanwaltschaft als auch Verteidigung in Revision gegangen waren, brachte die neue Hauptverhandlung Lechthaler eine Verkürzung der Haftstrafe auf zwei Jahre und Papenkort einen erneuten Freispruch. In der Urteilsbegründung hielt das Gericht fest, es sei nicht zu klären gewesen, ob der Angeklagte Papenkort den Unrechtsgehalt des Sicherungsbefehls zur Absperrung erkannt habe.[6] Im Alter von 55 Jahren beantragte Papenkort die Feststellung der Dienstunfähigkeit und wurde 1963 in den Ruhestand versetzt. Ab Oktober 1964 arbeitete er bei der Handwerkskammer in Arnsberg als Beauftragter für das Lehrlingswesen. Zu diesem Zeitpunkt hatte er schon begonnen, eine so genannte Kameradenhilfe, die mit dem Aufbau eines „Netzwerks der Ehemaligen“ und „Rechtsberatung“ Angehörigen der Ordnungspolizei im besetzten Osten, gegen die nun strafrechtlich ermittelt wurde, zur Seite stand. Urheber der „Kameradenhilfe“ waren die Obersten der Schutzpolizei Hanns Wirth aus Leverkusen sowie Fritz Göhler aus Neuss, ihre „Hauptfigur“ war Papenkort, der den Großteil der Arbeit leistete. Unterstützung erfuhr die Organisation von Generalleutnant der Ordnungspolizei a. D. Adolf von Bomhard, gelegentlich half auch der ehemalige SS-Obergruppenführer Werner Best. Sie arbeitete mit der sogenannten Stillen Hilfe zusammen.[6] Ab dem Sommer 1967 ermittelte die Staatsanwaltschaft Dortmund gegen Papenkort als Hauptakteur der „Kameradenhilfe“, nachdem im Zuge eines Gerichtsverfahrens des Landgerichts Bochum gegen ehemalige Angehörige der Sicherheitspolizei belastendes Material gefunden worden war. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft Dortmund und der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in Ludwigsburg bedeutete die Aktivität Papenkorts eine rechtswidrige Beratung, weil er unter anderem vorgeschlagen habe:

„Das Berufen auf Befehlsnotstand. […] Die Anleitung zu simulieren. Verfahren sollten durch Vortäuschen von Krankheit sabotiert werden. […] Die Anleitung sich nicht erinnern zu können. […] Zeugenbeeinflussung, Druck ausüben: ‚Nicht gegen ehemalige Kameraden aussagen, das gehört sich nicht.‘[…] Das Unmöglichmachen von bestimmten Zeugen, sie als unglaubwürdig erscheinen lassen. Beispiel Dr. Klaus Hornig, der als Oberleutnant und Kompanieführer beim Polizeibataillon 306 die Teilnahme an der Ermordung von Kriegsgefangenen verweigerte.“[7]

Eine derartige „Beratung“ führte Papenkort bei mindestens 32 Beschuldigten durch. Unter ihnen waren 19 Ordnungspolizisten und zwei Angehörige der Sicherheitspolizei, so der ehemalige Leiter des Sonderkommandos 4b der SS-Einsatzgruppe C, Waldemar Krause. Papenkorts Tätigkeit betraf mindestens 21 Ermittlungs- und Gerichtsverfahren.[8] 1968 wurde diese Tätigkeit zu einer Affäre, als das Nachrichtenmagazin Der Spiegel sie öffentlich machte.[9] Nachdem bei Papenkort richterlich angeordnete Hausdurchsuchungen durchgeführt worden waren, versuchte dieser bis zum Gang vor das Bundesverfassungsgericht erfolglos dagegen vorzugehen. Vor dem Essener Landgericht kam es 1970 zum Verfahren wegen Begünstigung, um Täter der Strafe zu entziehen, Anstiftung zu Falschaussagen und Verstößen gegen Artikel 1 § 8 des betreffenden Gesetzes zur Verhütung von Missbräuchen auf dem Gebiet der Rechtsberatung. Wegen solcher Verstöße wurde Papenkort zu einer Geldbuße von 600 DM verurteilt. Von den ersten beiden Anklagepunkten wurde er freigesprochen, da ihm weder nachzuweisen gewesen sei, dass er mit seiner Hilfe für die „Kameraden“, diese einer gerechten Bestrafung entziehen wollte, noch seine Beratung zu einer konkreten Falschaussage geführt habe.[8]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Klartext, Essen 2005, S. 395.
  2. Braunbuch. Kriegs- und Naziverbrecher, Edition Ost, 2002, S. 97.
  3. Christian Gerlach: Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944, Hamburger Edition, Hamburg 1999, ISBN 3-930908-54-9, S. 610–613; Hannes Heer: Extreme Normalität: Generalmajor Gustav Freiherr von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, in: Zeitschrift für Geschichtsforschung. 51 (2003), Heft 8, S. 729–753.
  4. Hannes Heer: Extreme Normalität: Generalmajor Gustav Freiherr von Mauchenheim gen. Bechtolsheim, in: Zeitschrift für Geschichtsforschung. 51 (2003), Heft 8, S. 729.
  5. Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Klartext, Essen 2005, S. 110f. u. S. 395.
  6. 6,0 6,1 Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Klartext, Essen 2005, S. 111.
  7. Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Klartext, Essen 2005, S. 390ff. (Zitat, S. 393).
  8. 8,0 8,1 Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Klartext, Essen 2005, S. 397.
  9. JUSTIZ / NS-PROZESSE. In Härte und Größe. In: Der Spiegel 17/1968, 22. April 1968; dazu auch Stefan Klemp: Nicht ermittelt. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. Ein Handbuch. Klartext, Essen 2005, S. 391.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Willy Papenkort aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.