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Wilhelm Brasse

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem polnischen Fotografen; für den gleichnamigen deutschen Politiker siehe Wilhelm Brasse (Politiker).

Wilhelm Brasse (geb. 3. Dezember 1917 in Saybusch; gest. 23. Oktober 2012 ebenda)[1] war ein polnischer Fotograf und Überlebender des Konzentrationslagers Auschwitz. Dort war er vier Jahre lang als Häftling Lagerfotograf.

Leben

Brasse wurde 1917 als Sohn eines Österreichers und einer Polin in Saybusch (heute Żywiec), Galizien, geboren. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde seine Geburtsstadt Teil des nun erneut unabhängigen Polen. Als Jugendlicher begann er eine Lehre als Fotograf in Kattowitz. Zum Zeitpunkt des deutschen Überfalls auf Polen 1939 war er polnischer Soldat. 1940 wurde er beim Versuch, sich über die Grenze nach Ungarn durchzuschlagen, von den Deutschen gefangengenommen.[2] Diese stellten ihn vor die Wahl, entweder in die Wehrmacht einzutreten oder in die Gefangenschaft zu gehen. Brasse entschied sich für Letzteres und wurde am 31. August 1940 ins KZ Auschwitz gebracht, das damals noch ein Lager für polnische Gefangene war.

Nach zwei Wochen Quarantäne und monatelanger Zwangsarbeit wurde er auf Grund seiner fotografischen Fähigkeiten und seiner Deutschkenntnisse [3] von der Gestapo als Fotograf beim Erkennungsdienst eingesetzt. Dort war es seine Hauptaufgabe, die ankommenden Häftlinge für die Lagerkartei zu fotografieren. Insgesamt fotografierte er 40.000 bis 50.000 Personen. 1942 trafen die ersten jüdischen Gefangenen im KZ Auschwitz ein, und Ärzte wie Josef Mengele begannen ihre menschenverachtenden Experimente. Brasse musste auch die Opfer dieser Experimente fotografieren. Im Juli 1943 wurden die erkennungsdienstlichen Aufnahmen der Häftlinge auf Befehl des Reichssicherheitshauptamtes in Berlin im Lager weitgehend eingestellt; Grund war der Mangel an Fotomaterial. Nur noch deutsche Gefangene wurden bis Januar 1945 fotografiert.

Obwohl Brasse und die anderen Mitarbeiter des Erkennungsdienstes streng überwacht wurden, gelang es ihnen, Dokumente zu fälschen, die anderen Gefangenen bei der Flucht halfen, und Informationen zum polnischen Untergrund in Krakau zu schmuggeln. Kurz vor der Befreiung im Januar 1945 bekam Brasse den Auftrag, alle Fotografien zu vernichten, um die Beweise für den Massenmord zu beseitigen. Er zündete befehlsgemäß die Abzüge und Negative an, die aber nur schwer brannten, löschte sie aber wieder, sobald sein Vorgesetzter den Raum verlassen hatte. Aus diesem Grund sind diese Zeugnisse der Verbrechen im KZ Auschwitz zum größten Teil erhalten geblieben.

Eines der erhalten gebliebenen Fotos von Wilhelm Brasse; es zeigt die 14-jährige Czesława Kwoka, die 1943 im KZ Auschwitz ums Leben kam

Brasse verließ Auschwitz am 21. Januar 1945 mit dem letzten Gefangenentransport. In offenen Kohlewaggons wurden die Häftlinge bei eisiger Kälte vier Tage bis zum Konzentrationslager Mauthausen in Oberösterreich gefahren, später weiter ins Außenlager KZ Melk. Dort wurde Brasse am 6. Mai von den US-Amerikanern befreit. Die Negative waren in seinem Aufbewahrungsschrank in Auschwitz verblieben und überdauerten so den Krieg.

Nach dem Krieg wollte Brasse zunächst wieder als Fotograf arbeiten, aber seine Zeit im KZ Auschwitz hatte ihn derart traumatisiert, dass er sich außer Stande sah, jemals wieder durch einen Kamerasucher zu sehen. Bis zu seinem Tod lebte er in Saybusch, etwa 50 Kilometer von Auschwitz entfernt.[4]

Der Dokumentarfilmer Irek Dobrowolski hielt 2005 seine Geschichte im Fernsehfilm Der Porträtist fest. Von Erich Hackl stammt der Brasse würdigende, 2007 erstmals publizierte[5] und 2014 wiederveröffentlichte Text Der Fotograf von Auschwitz.[6]

Einzelnachweise

  1. Dennis Hevesi: Wilhelm Brasse Dies at 94; Documented Nazis’ Victims. In: The New York Times. 24. Oktober 2012, abgerufen am 1. November 2012 (english).
  2. Marian Kummerow: »Ich habe nie wieder ein Foto gemacht.« Neues Deutschland vom 27. Januar 2009
  3. Returning to Auschwitz: Photographs from Hell | Mail Online
  4. Fotograf in Auschwitz - Viertel Sekunde, Blende 16 - Kultur - Süddeutsche.de
  5. in: Die Presse/Spectrum, Wien 5. Jänner 2007.
  6. Erich Hackl: Drei tränenlose Geschichten. Diogenes, Zürich 2014, ISBN 978-3-257-06884-9. s. 78–99.

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Wilhelm Brasse aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.