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Wiege

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Indische Wiege (Zeichnung von 1820)
Berthe Morisot, Le berceau (Die Wiege), 1872
Wiege von Karl XII.
Wiege mit Pentagramm auf Gängel (ca. 1770)

Als Wiege bezeichnet man ein meist hölzernes schaukelndes Bett für Babys und Kleinkinder. Charakteristisch ist, dass man dieses Bett von außen schaukeln kann und es auch durch die Eigenbewegungen des Kindes bewegt wird. Allgemein wird angenommen, dass die schaukelnde Bewegung das Kind beruhigt.

Bestimmte Formen der Wiege sind schon aus vormodernen Kulturen belegt, wobei es sich meist um Tragewiegen handelt. Bewegliche Wiegen (z. B. Rollwiegen) wurden bereits in der Antike verwendet.[1] Zahlreiche mittelalterliche und frühneuzeitliche Abbildungen zeigen, dass die Babys gewickelt, d. h. also fest eingeschnürt, in diese Wiegen gelegt wurden.[2] Zusätzlich wurden sie oftmals mit Bändern festgehalten, die über die Wiege geführt wurden, wie es der Arzt Felix Würtz im 16. Jahrhundert beschrieb.[3] Zglinicki zeigt in seiner Monographie zur Wiege zahlreiche Abbildungen, die entsprechende Vorrichtungen zum Festbinden der Babys aufweisen.[4] Die Bänder zum Festbinden der Babys in der Wiege werden mittellateinisch als cunarum vincula, also als Wiegenfesseln bezeichnet.[5] Um 1800 setzte eine Kontroverse über das gesundheitliche Für und Wider des Schaukelns ein und mit dem Aufkommen von Rollbettchen und Kinderwagen verschwand die Wiege aus dem Bürgerhaus, auf dem Lande blieb sie weiter in Gebrauch. Als Puppenmöbel blieben Wiegen auch bis ins 20. Jahrhundert hinein beliebt.

Es gibt zahlreiche Formen der Wiege im Sinne einer Tragevorrichtung. Diese Tragewiegen werden beispielsweise bei den indigenen Völkern Amerikas als cradleboard (deutsch: Wiegenbrett) bezeichnet. Das cradleboard hat einige Entsprechungen bei asiatischen Gruppen und auch bei den Samen, wo diese Vorrichtung als Komse bezeichnet wird.[6]

Samische Mutter mit Säugling in der Komse, 1917

Eine Sonderform der Wiege stellt die japanische Ejiko dar, ein korbartiger Behälter, in den der Säugling gebunden hineingesetzt wurde.[7] Die Ejiko enthält mehrere Materiallagen zur Aufnahme von Urin und Kot des Kindes. Manche europäischen und nahöstlichen Wiegen hatten Abfluss- bzw. Drainagevorrichtungen, die dafür sorgten, dass der Urin der Babys abfließen konnte.[8]

Auf zahlreichen europäischen Wiegen waren Pentagramme oder religiöse Zeichen angebracht, wie sie auch sonst zur Dämonenabwehr vielfach an Betten, Türen, Fenstern, Bauwerken etc. vorkamen.[9]

Ein modernes Wiegen-Design entwickelte der Bauhaus-Schüler Peter Keler 1922, als er ein Bett mit rundem Stahlrohrrahmen entwarf. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts galten Wiegen eine Zeit lang als altmodisch und überholt, in den letzten Jahren erleben sie allerdings eine Renaissance.

Eine Federwiege ist eine Wiege, die an einer Stahlfeder aufgehängt wird und im Unterschied zu klassischen Wiegen oder Stubenwagen nicht vor und zurück, sondern auf und ab wippt.

Im übertragenen Sinn bezeichnet man das vermutete Ursprungsgebiet des modernen Menschen in Afrika oder auch den vermuteten Ursprung der Zivilisation im Nahen Osten als „Wiege der Menschheit“.

Literatur

  • Dingwall, Eric John (1931). Artificial Cranial Deformation: A Contribution to the Study of Ethnic Mutilations. London.
  • Frenken, Ralph (2011). Gefesselte Kinder: Geschichte und Psychologie des Wickelns. Wissenschaftlicher Verlag Bachmann. Badenweiler.
  • Gorman, Mary Rosario (1917). The nurse in Greek life. (Dissertation). Boston.
  • Kitahara, Michia (1989). Childhood in Japanese Culture. In: The Journal of Psychohistory, 17 (1), S. 43-72.
  • Kohno, Goro (1987). History of Diapering in Japan. Pediatrician, 14 (Supplement 1), S. 2–5.
  • Lipton, Earle L., Steinschneider, Alfred, Richmond, Julius B. (1965). Swaddling, a Child Care Practice: Historical, Cultural, and Experimental Observations: Pediatrics, 35, S. 521-567.
  • Ploß, Hermann Heinrich (1911). Das Kind in Brauch und Sitte der Völker. Völkerkundliche Studien. Band 1. 3. Aufl. Leipzig.
  • Würtz, Felix (1563). Kinderbüchlein. In: Felix Würtz. Wund-Artzney. Basel. S. 674-730. (Ersterscheinung 1612; gedruckt 1675: Felix Wuertzen / Weiland des berühmten Wundarztes zu Basel Wund-Artzney / darinnen allerhand schädliche Missbräuche (...) aussführlich angedeutet und um vieler erheblichen Ursachen willen abgeschafft werden (...). Darin: Hebammen- und Kinder-Büchlein).
  • v. Zglinicki, Friedrich (1979). Die Wiege. Volkskundlich - kulturgeschichtlich - kunstwissenschaftlich - medizinhistorisch. Eine Wiegen-Typologie mit über 500 Abbildungen. Regensburg 1979 ISBN 3-7917-0622-5

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Vgl. Zglinicki (1979), S. 50. Vgl. Abb. 451 eines griechischen Wickelkindes der Antike in einer Rollwiege, ferner Abb. 404, ebenfalls aus der griechischen Antike. Gorman (1917), S. 22 f. beschreibt mehrere antike Wiegenformen und ihren Gebrauch.
  2. Vgl. Frenken (2011), S. 14, 69, 167, 217 u. 219
  3. Vgl. Würtz (1563), S. 706.
  4. Vgl. Zglinicki (1979), S. 51 ff. zum Wickeln in der Wiege und Abbildungen u. a. 28, 44, 58 (mit entsprechenden Bohrungen in der Wiege), Abb. 195, 198, 200-205 mit strammer Wicklung über dem Bettzeug und Abb. 48-53 mit Knäufen zur Befestigung der Wiegenbänder.
  5. Vgl. Frenken (2011), S. 9.
  6. Vgl. Ploß (1911), S. 277 u. Abb. S. 278. Zglinicki (1979), Abb. 151 zeigt eine Hängewiege der Samen, die sehr einem cradleboard ähnelt.
  7. Vgl. Kohno (1987), S. 3 (mit Abbildung), Kitahra (1989), S. 43 ff., Lipton et al. (1965), S. 524 f.
  8. Vgl. Dingwall (1931), S. 84, Zglinicki (1979), S. 48 f. Vgl. hier auch die Abbildungen 2-6, die Abflusssysteme in Wiegen zeigen.
  9. Zglinicki (1979) zeigt Wiegen mit zeichenhafter Dämonenabwehr. Wiegen mit Pentagramm (Drudenfuß): Abb. 48-55; mit dem IHS-Zeichen (Iesus Hominum Salvator = Jesus, Retter der Menschen) oder anderen religiösen Symbolen wie etwa dem brennenden Herz: Abb. 19-45, 331, 463, 468.

Weblinks

Wiktionary: Wiege – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
 Commons: Wiege – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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