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Westjiddische Dialekte

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Die Westjiddischen Dialekte sind einer der beiden Bestandteile der Jiddischen Sprache. Der andere Bestandteil des Jiddischen ist das Ostjiddische, das von viel mehr Menschen als das Westjiddische gesprochen wird. Die aschkenasische Kultur, die im Mitteleuropa des 10. Jahrhunderts Fuß fasste, leitete ihren Namen von Aschkenas, dem mittelalterlichen hebräischen Namen für Deutschland (1. Buch Mose 10, 3), ab. Sein geographischer Umfang fiel nicht mit den deutschen christlichen Fürstentümer zusammen und schloss das nördliche Frankreich ein. Es grenzte auch an das von Sephardim, oder spanischen Juden bewohnte Gebiet, das sich bis nach Südfrankreich ausdehnte. Später breitete sich das von Aschkenasen bewohnte Gebiet auch nach Osteuropa aus.

Die Umgangssprache der ersten Juden in Deutschland ist nicht sicher bekannt. Es ist wahrscheinlich, dass sie durch Verstreuung Elemente anderer Sprachen des Nahen Ostens und Europas aufnahm. Da viele über Nordfrankreich eintrafen, ist es auch wahrscheinlich, dass diese jüdische Sprache auf romanischer Grundlage dieser Region besonders stark in dem, was nach Deutschland gebracht wurde, vertreten waren. Spuren dessen bleiben im aktuellen jiddischen Wortschatz, insbesondere im Westjiddischen. Die erste Sprache der europäischen Juden mag auch Aramäisch gewesen sein[1], die Umgangssprache der Juden im Palästina der Römerzeit und im alten sowie frühmittelalterlichen Mesopotamien. Der verbreitete Gebrauch des Aramäischen bei der großen nichtjüdischen syrischen Handelsbevölkerung der römischen Provinzen, darunter jener in Europa, hat die Verwendung des Aramäischen im Handel verstärkt.

Mitglieder der jungen aschkenasischen Gemeinschaft trafen auf eine Unzahl Dialekte, aus welchen das Standarddeutsche viele Jahrhunderte später hervorgehen sollte. Sie sprachen bald selbst ihre eigenen Varianten deutscher Dialekte, mit sprachlichen Elementen, die sie in diese Gegend gebracht hatten, vermischt. Diese Dialekte passten sich den Bedürfnissen der aufkeimenden aschkenasischen Kultur an und, wie es viele solche Entwicklungen kennzeichnet, schloss die bewusste Pflege sprachlicher Unterschiede ein, um kulturelle Autonomie zu betonen. Die aschkenasische Gemeinschaft hatte auch ihre eigene Geographie mit einem Muster von Beziehungen in Ortschaften, das etwas unabhängig von dem ihrer nichtjüdischen Nachbarn war. Dies führte zur Entstehung jiddischer Dialekte, deren Grenzen nicht mit den Grenzen deutscher Dialekte zusammenfielen. Im Allgemeinen waren jiddische Dialekte über viel größere Gebiete verteilt.

Das jiddische behielt manche lateinische Worte mit Bezug zu religiösen Ritualen. Zum Beispiel ist nach Mahlzeiten danken בענטשן (bentshn), vom lateinischenbenedicere und ist somit ein Kognat des englischen Wortes benediction. Das Westjiddsche verwendet das wort orn, vom Lateinischen orare, mit dere Bedetung beten, und דאַװנען (davnen), das ostjiddische Wort, mag auch einen romanischen Ursprung haben. Zu den anderen jiddischen Wörtern, die möglicherweise romanische Hintergünde haben, gehören לײענען (leyenen) 'lesen und טשאָלנט (tsholnt = "Cholent" ), ein Sabbat-Eintopf.


Schriftliche Evidenz

Das älteste übrig gebliebene literarische Dokument nur auf jiddisxh ist ein Segen in einem hebräischen Gebetbuch von 1272 ([2] und [3]:


גוּט טַק אִים בְּטַגְֿא שְ וַיר דִּיש מַחֲזֹור אִין בֵּיתֿ הַכְּנֶסֶתֿ טְרַגְֿא


transliteriert

gut tak im betage se waer dis makhazor in beis hakneses terage

und übersetzt,

Möge zu dem, der dieses Gebetbuch in die Synagoge trägt, ein guter Tag kommen.

Diesr kurze Reim ist dekorativ in einen rein hebräischen Text eingebettet (eine Reproduktion dessen ist bei [4]). Nichtsdestoweniger zeigt es, dass das Jiddische der Zeit ein mehr oder weniger regelgerechtes Mittelhochdeutsch in welches hebräische Wörter — makhazor (Gebetsbuch für die Hohen Feiertage) und beis hakneses (Synagoge) — eingefügt worden waren, war.

Im Laufe des 14. und 15. Jahrhunderts begannen Lieder und Gedichte auf jiddisch, und auch makkaronische Stücke auf hebräisch und deutsch zu erscheinen. Diese wurden Ende des 15. Jahrhunderts von Menahem ben Naphtali Oldendorf gesammelt. Zur gleichen Zeit kam anscheinend eine Tradition auf, dass in der jüdischen Gemeinschaft eigene Versionen deutscher Profanliteratur erarbeitet wurden. Das früheste jiddische Epos dieser Art ist der Dukus Horant der im berühmten Cambridge Codex T.-S.10.K.22 erhalten geblieben ist. Dieses Manuskript aus dem 14. Jahrhundert wurde 1896 in der Genisa einer Kairener Synagoge entdeckt und enthelt auch eine Sammlung narrativer Gedichte zu Themen aus der Hebräischen Bibel sowie der Haggada.

Abgesehen von der naheliegenden Verwendung hebräischer Wörter für spezifisch jüdische Artefakte ist es sehr schwierig zu entscheiden, inwieweit sich geschriebenes Jiddisch aus dem 15. Jahrhundert vom Deutschen jener Zeit unterschied. Viel hängt von der Interpretation der phonetischen Eigenschaften hebräischer Buchstaben, insbesondere der Vokale ab. Es gibt einen annährenden Konsens, dass jiddisch für den Durchschnittsdeutschen anders klang, auch wenn keine hebräischen Lexeme verwendet wurden.

Druckwerke

Das Aufkommen der Druckerpresse führte zu einem Anstieg der Menge des produzierten Materials und überlebte vom 16. Jahrhundert an. Ein besonders beliebtes Werk war Elijah Levitas Bovo-Buch, 1507–1508 verfasst und in mindestens 40 Auflagen seit 1541 gedruckt. Levita, der erste namentlich bekannte jiddische Autor verfasste auch Paris un Vienne. Eine weitere jiddische Nacherzählung eines höfischen Romans, Widuwilt, stammt vermutlich auch aus dem 15. Jahrhundert, auch wenn die Handschriften aus dem 16. Jahrhundert stammen. Es wird auch Kini Artus Hof genannt, eine Adaptation des mittelhochdeutschen höfischen Romans Wigalois von Wirnt von Gravenberg. Ein weiterer bedeutender Schriftsteller war Avroham ben Schemuel Pikartei, der 1557 eine Paraphrase des Buches Ijob veröffentlichte.

Frauen in der aschkenasischen Gemeinschaft waren traditionell nicht auf hebräisch alphabetisiert, aber lasen und schrieben jiddisch. Daher entwickelte sich eine breite Literatur hauptsächlich für Frauen. Dazu gehörten sekuläre Werke wie das Bovo-Buch und religiöse Schriften eigens für Frauen, wie Ze’enah u-Re’enah und die Tchinen. Eine der bekanntesten frühen Autorinnen war Glikl bas Judah Leib, deren Memoiren auch heutzutage erhältlich sind.

Säkularisierung

Der westjiddische Dialekt begann im 18. Jahrhundert zurückzugehen, da die Aufklärung und Haskalah zur deutschen Ansicht führten, dass das Jiddische eine schlechte Form ihrer Sprache sei. Zwischen der Assimilierung mit dem Deutschen und der anfangenden Schaffung des Ivrit überlebte das Westjiddische nur als Sprache der vertrauten Familienkreise oder engmaschigen Handelsgruppen. [5] Weiter östlich, wo den Juden solche Emanzipation verweigert wurde, war jiddisch die zusammeenhaltende Kraft in einer säkularen Kultur, die auf der ייִדישקײט (yidishkayt = Jüdischkeit) beruhte und als solche bezeichnet wurde.

20. Jahrhundert

Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs gab es zwischen 11 und 13 Millionen Jiddischsprecher[6]. Der Holocaust führte jedoch zu einem dramatischen, plötzlichen Rückgang des Jiddischen, da die extensiven jüdischen Gemeinschaften, sowohl säkulare als auch religiöse, die Jiddisch in ihrem alltäglichen Leben verwendet hatten, zu einem großen Teil zerstört wurden. Obwohl Millionen Jiddischsprecher (darunter annährend alle Jiddischsprecher in Amerika) den Krieg überlebten, führte weitere Assimilierung in Ländern wie den Vereinigten Staaten, der Sowjetunion und der Status des Ivrit als Amtssprache Israels führten zu einem Rückgang der Verwendung des Ostjiddischen ähnlich dem des Westjiddischen.

Ethnologue schätzt, dass es 2005 3 Millionen Sprecher des Ostjiddischen gab [7], aber das Westjiddische, das am Vorabend des Holocaust mehrere 10000 Sprecher gehabt hatte, 2000 geringfügig weniger als 50 000 Sprecher hatte[8].

Bibliographie

  • Fishman, Joshua A. (hrsg.), Never Say Die: A Thousand Years of Yiddish in Jewish Life and Letters, Mouton Publishers, den Haag, 1981, ISBN 90-279-7978-2 (auf jiddisch und englisch)
  • Herzog, Marvin, u. a. Hrsg., YIVO, The Language and Culture Atlas of Ashkenazic Jewry, 3 Bände, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 1992-2000, ISBN 3-484-73013-7.
  • Katz, Dovid, Words on Fire: The Unfinished Story of Yiddish, Basic Books, New York, 2004, ISBN 0-465-03728-3.
  • Kriwaczek, Paul, Yiddish Civilization: The Rise and Fall of a Forgotten Nation, Weidenfeld & Nicolson, London, 2005, ISBN 0-297-82941-6.
  • Lansky, Aaron, Outwitting History: How a Young Man Rescued a Million Books and Saved a Vanishing Civilisation, Algonquin Books, Chapel Hill, 2004, ISBN 1-565-12429-4.
  • Weinreich, Uriel. College Yiddish: an Introduction to the Yiddish language and to Jewish Life and Culture, 6. Auflage, YIVO Institute for Jewish Research, New York, 1999, ISBN 0-914-51226-9 (in Yiddish and English).
  • Weinstein, Miriam, Yiddish: A Nation of Words, Ballantine Books, New York, 2001, ISBN 0-345-44730-1.
  • Wexler, Paul, Two-Tiered Relexification in Yiddish: Jews, Sorbs, Khazars, and the Kiev-Polessian Dialect, Berlin, New York, Mouton de Gruyter, 2002, ISBN 3-11-017258-5.

Zeitschriften

Einzelnachweise

  1. http://www.yivoinstitute.org/downloads/Yiddish.pdf
  2. Frakes, Jerold C., Early Yiddish Texts 1100-1750, Oxford University Press, Oxford, 2004, ISBN 0-19-926614-X
  3. Baumgarten, Jean (übersetzt und herausgegeben von Jerold C. Frakes), Introduction to Old Yiddish Literature, Oxford University Press, Oxford, 2005, ISBN 0-19-927633-1.)
  4. http://www.yivoinstitute.org/downloads/Yiddish.pdf
  5. Liptzin, Sol, A History of Yiddish Literature, Jonathan David Publishers, Middle Village, NY, 1972, ISBN 0-8246-0124-6
  6. Jacobs, Neil G. Yiddish: a Linguistic Introduction, Cambridge University Press, Cambridge, 2005, ISBN 0-521-77215-X
  7. http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=ydd
  8. http://www.ethnologue.com/show_language.asp?code=yih
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