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Walther Wüst

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Dieser Artikel befasst sich mit dem Indogermanisten Walther Wüst. Zu anderen Personen siehe Walter Wüst.
Vortrag von Walther Wüst am 10. März 1937 vor SS im Münchener Hackerkeller über das Thema: „Des Führers Buch ‚Mein Kampf‘ als Spiegel arischer Weltanschauung!“[1] Aufnahme aus dem Bundesarchiv

Walther Wüst (* 7. Mai 1901 in Kaiserslautern; † 21. März 1993 in München) war ein deutscher Indogermanist und Indologe sowie einer der aktivsten nationalsozialistischen Wissenschaftsfunktionäre und SS-Oberführer.

Leben

Wüst studierte (neben anderen Fächern) in München vor allem Indologie, arbeitete besonders über die Veden und machte bereits zur Zeit der Weimarer Republik schnell Karriere: Mit 22 erfolgte die Promotion, das Thema der Dissertation war der Schaltsatz im Rigveda, einer Sammlung der ältesten Götter-Hymnen der indogermanischen und indischen Literatur.[2] Mit 25 wurde er Privatdozent und bekam 1932, erst 31-jährig, den Professorentitel.

Wüst wurde zum 1. Mai 1933 Mitglied der NSDAP (Mitgliedsnummer 3.208.696)[3] und war seit 1934 als Vertrauensmann (V-Mann) für den SD tätig. - Unter Studenten wurde er wegen seiner ideologischen Tönung "Rassen-Wüst" genannt.[4]

Schon 1935 wurde er ordentlicher Professor für „Arische Kultur- und Sprachwissenschaft“ und Dekan der Philosophischen Fakultät München. 1936 wurde Wüst in die SS aufgenommen (letzter Rang: SS-Oberführer)[5] und 1937 Präsident der Forschungsgemeinschaft Deutsches Ahnenerbe und damit deren faktischer Leiter unter dem offiziellen Kurator, Reichsführer SS Himmler. Ab 1939 wurden die Rollen vertauscht: jetzt firmierte Himmler als „Präsident“ der „Forschungs- und Lehrgemeinschaft“. Ihm war als Kurator Wüst „wissenschaftlich verantwortlich“, und damit auch für die Personalpolitik.

Wüst war zudem Mitherausgeber der Zeitschrift Der Biologe, dem im völkischen Verlag J. F. Lehmanns erschienenen Zentralorgan des Reichsbunds für Biologie.[6]

Am 5. Oktober 1936 hielt Wüst in Detmold die Festansprache zu Ehren von Wilhelm Teudt, einem Esoteriker und Deutschgläubigen, um die Verleihung der Ehrenbürgerwürde der Stadt an diesen zu feiern; zugleich wurde eine „Pflegstätte für Germanenkunde“ eröffnet.[7] Himmler wies Wüst im Frühjahr 1939 an, die Forschungsaufgabe „Frühdiagnose bei Krebserkrankung“ dem 30-jährigen Sigmund Rascher zu übertragen.[8] Wüst war des Weiteren daran beteiligt, als 1943 zur nationalsozialistischen Propaganda im arabischen Raum Hitler als eine endzeitliche Gestalt des Islam dargestellt werden sollte, um dort an Unterstützung zu gewinnen.[9]

In der Organisation der dem NS-Staat dienenden Wissenschaften spielte Wüst eine führende Rolle. In seine Amtszeit als Rektor der Universität München (1941–1945) fällt auch die Verhaftung der Geschwister Scholl im dortigen Hauptgebäude, an der Wüst persönlich beteiligt war. Bereits 1942 wurde er von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften zum ordentlichen Mitglied in der Philosophisch-historischen Klasse berufen.[10]

1945 wurde Wüst von den Besatzungsbehörden verhaftet und bis 1948 im Internierungslager Dachau gefangengehalten. Von der Universität München wurde er 1946 entlassen. Mit Urteil der Hauptkammer München vom 9. November 1949 wurde Wüst im Entnazifizierungsverfahren als Belasteter eingestuft und zu drei Jahren Arbeitslager verurteilt, die er aber bereits mit der Internierungshaft abgebüßt hatte. Durch das Verfahren verlor er außerdem die Hälfte seines Vermögens, das eingezogen wurde, um es zu Wiedergutmachungszwecken zu verwenden, sowie das Recht auf freie Berufsausübung, konnte jedoch später wieder zum Thema Indologie publizieren. Wüst war laut Gesetz zur Regelung der Rechtsverhältnisse der unter Artikel 131 des Grundgesetzes fallenden Personen Professor zur Wiederverwendung, erhielt aber keinen festen Lehrstuhl an einer deutschen Universität. Er erlangte 1951 den Titel eines Professors zurück, leitete jedoch nie wieder eine Abteilung an einer deutschen Universität. Wüst lehrte von 1952 bis 1955 an der Universität in Saarbrücken. Von 1955 bis 1983 war er Professor für vergleichende indogermanische Sprachwissenschaft und indoiranische Philosophie an der Universität Erlangen-Nürnberg. 1972 wurde er Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und 1975 korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.[11]

Wüst starb am 21. März 1993 in München.

Literatur

  • Michael Grüttner: Biographisches Lexikon zur nationalsozialistischen Wissenschaftspolitik. Synchron, Heidelberg 2004, S. 187.
  • Michael H. Kater: Das „Ahnenerbe“ der SS 1935–1945. Ein Beitrag zur Kulturpolitik des Dritten Reiches, Oldenbourg, München, 2. erg. Auflage 1997 (Studien zur Zeitgeschichte, Band 6), ISBN 3-486-55858-7. (mehrere Neuauflagen; 4. Aufl. 2006 auszugsweise online).
  • Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945? Fischer, Frankfurt 2003, ISBN 3-10-039309-0, S. 688–689.
  • Karla Poewe: New Religions and the Nazis. Routledge, New York 2006, ISBN 0-415-29024-4 (Hardback), ISBN 0-415-29025-2 (Paperback).
  • Maximilian Schreiber: Walther Wüst. Dekan und Rektor der Universität München 1935 – 1945. Herbert Utz, München 2008, ISBN 978-3-8316-0676-4, Reihe: Beiträge zur Geschichte der Ludwig-Maximilians-Universität München 3. Zugleich: Univ. Diss. München 2006 , (Rezension). (online)
  • Цибулькін В. В., Лисюк І. П. СС-Аненербе: розсекречені файли. – Київ-Хмельницький: ВАТ "Видавництво "Поділля", 2010. – С. 205–206.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Text der Rede siehe Weblinks. Siehe auch: Joachim Lerchenmueller, Gerd Simon: Masken-Wechsel. Wie der SS-Hauptsturmführer Schneider zum BRD-Hochschulrektor Schwerte wurde und andere Geschichten über die Wendigkeit deutscher Wissenschaft im 20. Jahrhundert. Tübingen 1999 ISBN 3-932613-02-3)
  2. Schreiber: Walther Wüst. Dekan und Rektor der Universität München 1935–1945, S. 30.
  3. Heather Pringle: The Master Plan: Himmler's Scholars and the Holocaust. Hachette, 2006-02-15, ISBN 978-1-4013-8386-2 (https://books.google.de/books?id=ATmZAAAAQBAJ&pg=PT115&lpg=PT115&dq=He+received+membership+number+3,208,696+on+May+1&source=bl&ots=vnJfkcV-bn&sig=ACfU3U1tJkODzcqD4p8Hkw0FMcbRu6dF8w&hl=en&sa=X&ved=2ahUKEwig5aHS1OjxAhXJ8bsIHSggB8UQ6AEwAnoECBQQAw#v=onepage&q=He%20received%20membership%20number%203,208,696%20on%20May%201&f=false).
  4. Franz Josef Strauß: Die Erinnerungen. Siedler, 1989, S. 34.
  5. Julien Reitzenstein: Himmlers Forscher. Wehrwissenschaft und Medizinverbrechen im „Ahnenerbe“ der SS. Schöningh Verlag, Paderborn 2014, S. 60.
  6. Ernst Klee: Deutsche Medizin im Dritten Reich. Karrieren vor und nach 1945. S. Fischer, Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-10-039310-4, S. 141 f.
  7. Ehrenbürger-Titel am 27. 05. 2010 (sic) von ebendieser Stadt aberkannt
  8. Vernehmung von Sievers, NOR 1, S. 5737–5738 G. – In: Zamečnik: Das war Dachau, Luxemburg, 2002, S. 263.
  9. Quelle: Bundesarchiv NS 21/37
  10. Prof. Dr. Walther Wüst, Mitglieder der Bayerischen Akademie der Wissenschaften
  11. Walther Wüst bei Archive.org, abgerufen am 14. Februar 2021.

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