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Waldheide

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Treppenfragmente auf der 1994 renaturierten Waldheide

Die Waldheide ist eine ca. 50 Hektar große Lichtung im Heilbronner Stadtwald, ca. 310 m über NN und ca. 3 Kilometer östlich des Stadtzentrums an der Stadtgrenze zu Weinsberg und Untergruppenbach. Das Gelände wurde ab 1883 als Exerzierplatz genutzt und nach dem Zweiten Weltkrieg ab 1951 von US-Streitkräften belegt, die dort ab 1977 Nuklearraketen des Typs Pershing I, ab 1983 des Typs Pershing II stationiert hatten. 1985 ereignete sich ein aufsehenerregender Raketenunfall mit drei Todesopfern, woraufhin die Waldheide verstärkt in den Blickpunkt der Friedensbewegung rückte. Infolge des INF-Vertrags von 1987 zogen die US-Streitkräfte bis 1990 wieder ab. Das Gelände wurde 1992 bis 1996 renaturiert.

Geschichte

Nutzung vor 1945

Planskulptur am Eingang zum Gelände
Verbliebene Gebäude der US-Armee werden heute als Schafstall genutzt
Im Wald hat sich ein Wachturm erhalten

Nach dem Deutsch-Französischen Krieg wurde 1883 auf einer gerodeten Waldfläche oberhalb von Heilbronn ein königlich-württembergischer Exerzierplatz mit 15 ha Größe für die Soldaten der neu erbauten Heilbronner Moltke-Kaserne errichtet. Das Gelände hieß ursprünglich Angerweide; im Volksmund kam seit der Nutzung als Exerzierplatz die Bezeichnung Exe oder auch Esel auf. Bis 1907 wurde die Fläche des Geländes auf 32 ha vergrößert. Der Exerzierplatz stand, sofern dort kein Exerzierbetrieb stattfand, auch der Bevölkerung offen.

Nach 1918 erhielt das Gelände, vermutlich auf Druck der Deutschen Friedens-Gesellschaft, die sich in der Heilbronner Presse für eine friedliche Nutzung des Areals einsetzte, den Namen Waldheide und wurde als Naherholungsgebiet genutzt. Das Gelände blieb zwar als Exerzierplatz ausgewiesen, jedoch fanden dort lediglich noch Tanz-, Sport- und Flugveranstaltungen statt. Von 1935 bis 1945 diente das Gelände der Wehrmacht erneut als Truppenübungsplatz. 1938 ging es aus dem Besitz der Städte Heilbronn und Weinsberg durch einen nachträglichen Kaufvertrag an das Deutsche Reich über.

Nutzung durch die US-Streitkräfte ab 1951

Ab 1951 nutzten die US-Streitkräfte das noch unbefestigte Gelände (US-Code: Camp Redleg) u. a. als Munitionsdepot und Flugplatz. Ursprünglich hatten die Amerikaner einen wesentlich größeren, 1150 Hektar großen Teil des Heilbronner Stadtwaldes zu beanspruchen versucht, waren jedoch am Widerstand des Heilbronner Oberbürgermeisters Paul Meyle gescheitert, so dass sie sich im Wesentlichen mit dem vorhandenen Gelände und einigen angrenzenden Waldstücken begnügen mussten. 1959 wurden auf der Waldheide Redstone-Raketen stationiert, gleichwohl blieb das Gelände weitgehend offen. Bis etwa 1974 fanden auf dem Gelände auch noch deutsch-amerikanische Volksfeste statt.

Ab Oktober 1974 begann der festungsartige Ausbau des Stützpunktes. Über den Zweck wurden die umliegenden Gemeinden im Unklaren gelassen bzw. mit Auskünften über den Unterkunftsausbau, den Bau von unterirdischen Garagen oder einer Werkstatt beschwichtigt. 1977 folgte die Stationierung von Pershing-I-Raketen, über die die Bevölkerung erst 1982 durch eine Auskunft des Staatssekretärs Willfried Penner erfuhr. Nach dem NATO-Doppelbeschluss von 1979 und der Zustimmung des Bundestags 1983 begann die Stationierung von 38 der insgesamt 108 in Deutschland stationierten Pershing-II-Raketen. Die restlichen Pershing-II-Raketen befanden sich in Neu-Ulm sowie auf der Mutlanger Heide. Damit war Heilbronn die einzige Großstadt in der Bundesrepublik Deutschland, auf deren Stadtgebiet Atomraketen stationiert waren. Die Raketen befanden sich nur zum Teil dauerhaft auf dem Gelände, teilweise waren sie mobil auf Abschussfahrzeugen im gesamtem Umland unterwegs.

Raketenunfall am 11. Januar 1985

Gedenkstein für den Unfall am 11. Januar 1985

Am 11. Januar 1985 kam es um 13:57 Uhr bei Montagearbeiten an der ersten Treibstufe einer Pershing-II-Rakete zu einer Explosion. Bei dem Unglück wurden drei US-Soldaten getötet und 16 schwer verletzt. Bei den Opfern handelte es sich um Soldaten der 84th Field Artillery. Glücklicherweise fing die daneben stehende zweite Treibstufe kein Feuer. Nach Angaben der United States Army war die Rakete nicht mit einem Atomsprengkopf bestückt.

Durch das Unglück erlangte die Heilbronner Waldheide überregionale Bekanntheit und rückte weiter ins Zentrum der Beachtung der bundesdeutschen Friedensbewegung. In der Folge wurde Heilbronn Ziel von vielen Friedensmärschen. Bereits drei Wochen nach dem Unglück kam es zu einer Demonstration mit 10.000 Teilnehmern, der landesweite Ostermarsch führte Anfang April 1985 rund 30.000 Demonstranten zur Waldheide. Als Gegenmaßnahme wurde das Areal hermetisch abgeschirmt. Der Heilbronner Gemeinderat sprach sich am 21. April 1985 einstimmig für die „unverzügliche Beseitigung des Raketenstandortes Heilbronn“ aus. Immer wieder fanden Protestdemonstrationen und Mahnwachen statt. Das Gelände wurde daher 1986 mit einem weiteren Sicherheitszaun versehen.

Auflösung des Raketenstandorts und Renaturierung

1987 wurde der INF-Vertrag unterzeichnet. Ab September 1988 erfolgte die allmähliche Auflösung des Raketenstandortes. 1990 zogen die Amerikaner von der Waldheide ab, die Gebäude wurden vorübergehend von der Stadt Heilbronn als Asylbewerberunterkünfte genutzt. Nach dem vollständigen Abzug der Amerikaner im Jahr 1992 übernahm die Stadt die Fläche der Waldheide wieder und begann mit der Renaturierung. Im Jahr 1994 wurde ein Teil des Geländes als Naturdenkmal ausgewiesen. Das 52 Hektar große Waldheide-Gelände wurde am 20. Juli 1996 nach Umgestaltung zum Park durch das Grünflächenamt wieder für die Bevölkerung eröffnet.

Literatur

  • Gergely Spiry: Interview mit der Heilbronner Stadträtin Lilo Klug – Die Waldheide und die Friedensbewegung. In: 1250 Jahre Heilbronn, Theodor-Heuss-Gymnasium Heilbronn, Heilbronn 1990 (Beiträge, Berichte, Zahlen. Theodor-Heuss-Gymnasium Heilbronn. Heft 15)
  • Zerreißprobe Frieden: Baden-Württemberg und der NATO-Doppelbeschluss. Katalog zur Sonderausstellung im Haus der Geschichte Baden-Württemberg, Stuttgart 2004

Weblinks

 Commons: Waldheide – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Waldheide aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.