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Villa Regenstreif

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Villa Regenstreif in der Zwischenkriegszeit
Villa Regenstreif
Blick auf das Grundstück von der Pötzleinsdorfer Straße heute. Die Laterne und die Mauer sind noch Original
Eingangstor Pötzleinsdorfer Straße, über dem Tor ist das Monogramm von Fritz und Johanna Regenstreif

Die Villa Regenstreif ist eine ehemalige Villa im 18. Wiener Gemeindebezirk Währing. Sie grenzte im Süden an die Pötzleinsdorfer Straße 36–38 und ungefähr 230 Meter zum Norden zur Starkfriedgasse 15 hin.

Geschichte des Hauses

Die Villa wurde im Auftrag Industriellen Friedrich („Fritz“) Regenstreif zwischen 1913 und 1917 vom Architekten Friedrich Ohmann im romantischen Stil mit leicht barockisierenden Elementen, besonders bei den Gestaltungen den Dächer, erbaut. Die Ausstattung des Herrenhauses war prachtvoll, die weitläufigen Salons und Privaträume waren durchwegs mit künstlerisch ausgestalteten Holzpanelen und Marmorplatten verkleidet. Im Kellergeschoß war unter anderem ein eigener Kinosaal, eine Kegelbahn sowie eine Orangerie untergebracht. Die Villa war auf allen Seiten von einer 2 ha großen Gartenanlage mit Bäumen umgeben, viele Skulpturen verzierten die Fassade und den Garten. Zu den Nebengebäuden zählten das Pförtnerhaus, ein Garagengebäude mit eigener Werkstatt, ein gläsernes Palmenhaus, mehrere Pavillons sowie ein Schwimmbad.

Im Jahr 1941 wurde Fritz Regenstreif aufgrund seiner jüdischen Abstammung dazu gezwungen, seine Villa an die nationalsozialistische Deutsche Arbeitsfront (DAF), weit unter dem echten Wert, zu Verkaufen. Aus Furcht davor, die Beute an Magda Goebbels weiterreichen zu müssen, welche ebenfalls Interesse an der Villa gezeigt hatte, begann die DAF sofort mit dem Abtransport des kostbaren Inventars nach Berlin, die Holzvertäfelungen der Decken und Wände wurden mit Hacken entfernt und verbrannt, die verbleibende Innengestaltung total geplündert, schließlich wurden provisorisch kleine Bürokabinen eingerichtet, welche durch die NSDAP Parteiorganisation Nationalsozialistische Volkswohlfahrt bis zur Befreiung Wiens genutzt wurden.

Von 1945 bis 1955 wurde das Gebäude durch die US Behörden gemietet und als Offiziers Club für die amerikanischen Fliegeroffiziere genutzt[1]

Am Ende des - zwischen 1948 und 1953 geführten – Restitutionsverfahrens, erhielten die Erben Fritz Regenstreifs eine, äußerlich von Kriegseinwirkungen verschonte gebliebene, aber innerlich vollständig devastierte und unbrauchbar gewordene Villa zurück. Schweren Herzens entschied sich die Familie im Jahr 1958 zum Verkauf.[2]

Anfang der 1960er Jahre war die Villa kurz als Dienstvilla des Bundespräsidenten im Gespräch. Am 17. März 1964 brach bei Renovierungsarbeiten ein Brand aus, welcher zum Abriss des Gebäudes führte. Heute befindet sich ein Studentenwohnheim an der Stelle.

Bis heute erhalten geblieben sind nur das Pförtnerhaus (Pötzleinsdorferstraße 36), ein Wasserbassin (der ehemalige Springbrunnen) ein Pavillon, Mauern, einige Laternen.

Geschichte der Bewohner des Hauses

Der Bauherr Fritz Regenstreif war als Holzindustrieller in Bosnien und Herzegowina wohlhabend geworden. Seine Tochter Ellen Rose (Maexie) Illich, geb. Regenstreif, und ihre drei Kinder Ivan, Mischa und Sascha lebten in der Villa, die sie liebevoll „Pötz“ nannten, von 1932 bis 1942. Berühmtheit erlangte ihr Sohn Ivan Illich, der in seinem Text Verlust von Welt und Fleisch[3] die landschaftliche Atmosphäre von Pötzleinsdorf, sein Empfinden und Denken am 10. März 1938 – zwei Tage vor dem „Anschluss Österreichs“ – beschrieb.

Großvater Regenstreif war ein herzhafter und witziger Herr, der seiner Familie Schutz gab. Er sagte zu ihr: „Solange ich lebe, braucht ihr euch nicht vor den Nazis zu fürchten.“ Mit Hilfe seines Vermögens konnte er seine Familie vor der Ermordung bei der Gestapo freikaufen. Nahezu wöchentlich kamen die Polizisten in ihren Lederuniformen kontrollieren. Dies war eine traumatische Erfahrung der Familie. Er gab seiner Familie Halt und Sicherheit, bis er starb. Dann musste die Familie mit falschen Pässen, in einer Nacht-und-Nebel-Aktion über Italien fliehen. Vorher gab sie den Pötzleinsdorfern noch einen Abschiedsempfang und verschenkte einen Teil von dem, was sie nicht auf der Flucht mitnehmen konnte.

Literatur

  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Band III/2: Wien, 13.–18. Bezirk. Residenz Verlag, Salzburg 1995, ISBN 3-7017-0704-9, S 226.
  • Dieter Klein, Martin Kupf, Robert Schediwy: Stadtbildverluste Wien - Ein Rückblick auf fünf Jahrzehnte. LIT, Wien 2005, ISBN 3-8258-7754-X.
  • Sascha Illich: Our Pötz: Pictures of my Grandfathers Villa in Pötzleinsdorf, Vienna. saschapress, 2007.
  • Österreichischer Nationalfonds, Schiedsinstanz für Naturalrestitution, Entscheidungsnummer 531/2009

Weblinks

 Commons: Villa Regenstreif – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. http://www.gotech.at/lale5/langenlebarn_5.html
  2. Pressemitteilung Entscheidung Nr. 531/2009 http://de.nationalfonds.org/sites/dynamic743c.html?id=news20080117160614071
  3. Barbara Duden, Silja Samerski: Zum Tod des Kulturkritikers Ivan Illich. In: Der Freitag. vom 13. Dezember 2002.
48.24113888888916.314333333333
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