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Versöhnung

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Versöhnung ist ein theologischer und philosophischer Begriff, der aber häufig auch in der Alltagssprache, der Politik oder der Psychologie verwendet wird.

Etymologie

Das schwache Verb versöhnen hat sich aus dem mittelhochdeutschen Wort versuenen entwickelt, das zum Stammwort Sühne gehört. Die daraus gebildete Form versühnen hat sich noch bis ins 19. Jahrhundert gehalten. Der heute geltende Umlaut ö stammt aus dem Bairischen und Schwäbischen: Im Spätmittelalter wandelte sich ein ue vor einem n zum ö. [1]

Glaube und Theologie

Christentum

Im christlichen Glauben ist die durch die Sünde entstandene Kluft zwischen Gott und Mensch zu ver-sühnen. Das ist durch das Heilsgeschehen des Leidens und Auferstehens Jesu Christi durchgeführt. Die Lehre der Versöhnung von Gott und Mensch durch Jesus Christus wird in der christlichen Theologie als Soteriologie und Heilsgeschichte bezeichnet. Jesus Christus hat nach dem Text der Bibel auch Gott, seinen Vater, zur Versöhnung aufgerufen mit den Worten; Vater vergib Ihnen denn sie wissen nicht was sie tun. Dadurch wurde die Erlösung der Menschheit schon vor 2000 Jahren bezahlt. Eine Absolution gibt es nur im Gewissen des Gläubigen durch den Glauben, schützt aber nicht vor weltlichen Strafen. Gemäß dem Absatz "Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben haben" im Gebet "Vater Unser" und weiterer Bibelstellen (z.B. das Gleichnis vom Schalksknecht) verlangt Gott von den Menschen, angesichts seiner Vergebung ihrer Sünden wiederum auch allen anderen Menschen bereitwillig zu vergeben.

In der katholischen Theologie ist die individuelle Versöhnung eng verknüpft mit der aus Beichte und Buße folgenden Absolution.

Judentum

Hervorzuheben ist der große jüdische Feiertag Jom Kippur, an dem - etwas verkürzt dargestellt - die Versöhnung mit dem Ewigen dadurch erreicht wird, dass wir uns miteinander versöhnen: Das reuevolle Eingeständnis von Sünden ist eine Bedingung zur Sühne. „Der Versöhnungstag befreit von Sünden gegen Gott, jedoch von Sünden gegen den Nächsten erst, nachdem die geschädigte Person um Verzeihung gebeten worden ist“ heißt es im Talmud.

Hawaiische Tradition

Eine besondere Tradition ist Hoʻoponopono: Es ist ein kulturelles, psycho-spirituelles Verfahren der Hawaiier, dessen Anwendung weit über achthundert Jahre zurückreicht.[2] Als geistige Reinigung, einer Korrektur von Fehlverhalten (Sünden), ist es sowohl eine vielstufige Gebets- und Atemrunde als auch eine Philosophie und ein Lebensstil. Im Sinne einer Seelsorge wird durch eine Aussprache (bis zur Beichte), durch gegenseitiges Bereuen und Vergeben in versöhnlicher, friedlicher Weise zur Konfliktlösung (einschließlich Lossprechung) beigetragen, dabei bis zur praktizierten Feindesliebe reichend. Traditionell wurde das Verfahren, bei dem alle an einem Problem beteiligten Personen anwesend waren (im Geiste auch die Ahnen), durch einen kahuna mit Heilkräften geleitet, eine Art Schamane. Die zur Mithilfe angerufenen höheren Wesen waren vorwiegend Naturgeister, aber auch ein Familiengeist, genannt 'aumakua. Moderne Formen, deren Begründerin die kahuna Morrnah Simeona war, können allein durchgeführt werden. Da bei ihr die Reinigung unter der Schirmherrschaft des Schöpfers abläuft, soll auch eine Befreiung des Menschen von der Unwissenheit seiner göttlichen Herkunft erreicht werden. Sowohl bei traditionellen als auch bei modernen Formen hawaiischen Ursprungs gehören Mantras nicht dazu.

Philosophie

In Hegels Philosophie ist mit Versöhnung die Vermittlung gemeint, die am Ende der Dialektik die Widersprüche in einer Synthese aufhebt. Die Einheit von Begriff und Sein soll erreicht werden.

Politik

In Gesellschaft und Politik wird Versöhnung als ein möglicher Bestandteil einer Vergangenheitsbewältigung und/oder Konfliktregelung betrachtet. So wurden zahlreiche Wahrheits- und Versöhnungskommissionen gegründet – siehe auch Liste der truth and reconciliation commissions (z.Z. nur englisch). Die Ermittlung der Wahrheit bezüglich des realen Geschehens wird sowohl bei einer Vergangenheitsbewältigung als auch bei einer Konfliktregelung für erforderlich gehalten. Mitunter werden auch Denkmale zum Zwecke der Versöhnung errichtet, z.B. das Vietnam Veterans Memorial.

Literatur

  • Michael Bongardt, Ralf K. Wüstenberg (Hrsg.): Versöhnung, Strafe und Gerechtigkeit. Das schwere Erbe von Unrechts-Staaten. Edition Ruprecht, Göttingen 2010, ISBN 978-3-7675-7132-7; siehe unter anderem: Joachim Gauck: Versöhnung, Strafe und Gerechtigkeit als gesellschaftliche und politische Herausforderungen. S. 17–18.
  • Axel Montenbruck: Zivilreligion. Eine Rechtsphilosophie II. Grundelemente: Versöhnung und Mediation, Strafe und Geständnis, Gerechtigkeit und Humanität aus juristischen Perspektiven. 3. erheblich erweiterte Auflage. Universitätsbibliothek der Freien Universität Berlin, 2011 (open access)
  • Adrian Schenker, Otfried Hofius, Dietrich Korsch, Hans-Richard Reuter: Versöhnung I. Altes Testament II. Neues Testament III. Theologiegeschichtlich und dogmatisch IV. Ethisch. In: Theologische Realenzyklopädie. 35 (2003), S. 16–43 (theol. Überblick)

Siehe auch

Fussnoten

  1. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. Walter de Gruyter, Berlin 1975, Lemma versöhnen.
  2. Pali Jae Lee, Koko Willis: Tales from the Night Rainbow. Night Rainbow Publishing, Honolulu, Hawaii 1990, ISBN 0-9628030-0-6.

Weblinks

Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Versöhnung aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.