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Vergebung

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Vergebung (Begriffsklärung) aufgeführt.

Vergebung (alternativ auch: Verzeihung) ist ein Schlüsselbegriff des Christentums und bezeichnet die Annahme von bekundeter Reue. Eine besondere, offizielle Art und Weise der Vergebung ist die Begnadigung. Verwandte Begriffe zu Vergebung sind Entschuldigung und Versöhnung, in schwächerer Form auch Nachsicht.

Gesellschaftliche Funktion

Großmut als Fähigkeit und Bereitschaft zur Vergebung gilt seit der Antike als Tugend von Herrschern und wird heute als ein Merkmal fortgeschrittener Zivilisation angesehen. So gesehen war die Begrenzung der Rache oder Vergeltung − namentlich die Eindämmung der Blutrache durch das Prinzip Auge für Auge in der jüdischen Religion − ein Zivilisationsfortschritt.

Viele Verfassungsordnungen sehen die Möglichkeit der Begnadigung von Tätern vor. Diese gilt nicht als subjektives Recht des Täters, sondern als Privileg des Souveräns, etwa des Bundespräsidenten, der Gnade vor Recht ergehen lässt. Er hat die Gnadenbefugnis.

Vergebung in den Religionen

In den meisten Religionen spielt Vergebung eine wesentliche Rolle. Hierbei wird die Vergebungsbereitschaft unter den Menschen als Weg zur Konfliktlösung angesehen. Ein anderer Aspekt der Vergebung spiegelt sich in der Beziehung zwischen Gott und Mensch wider, besonders in den monotheistischen Religionen, in denen Gott sowohl als „gerecht“ als auch als „vergebend“ gesehen wird.

Christentum

Das Christentum lehrt die Versöhnung zwischen Gott und Mensch, indem Gott den Menschen durch Jesus Christus entgegenkam:

Petrus antwortete ihnen: Kehrt um und jeder von euch lasse sich auf den Namen Jesu Christi taufen zur Vergebung seiner Sünden; dann werdet ihr die Gabe des Heiligen Geistes empfangen.

So sei euch nun kundgetan, liebe Brüder, dass euch durch ihn Vergebung der Sünden verkündigt wird; und in all dem, worin ihr durch das Gesetz des Mose nicht gerecht werden konntet, ist der gerecht gemacht, der an ihn glaubt.

– Apostelgeschichte 13,38-39 LUT

Und er ist die Versöhnung für unsre Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern auch für die der ganzen Welt.

Das Vaterunser enthält die Bitte um Vergebung:

Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern.

Die anschließende Erläuterung betont die Wichtigkeit, anderen Menschen zu vergeben – indem die Vergebung durch Gott davon abhängig gemacht wird. Wenn ein Mensch Anderen vergibt, so gibt er das von Gott Empfangene weiter und praktiziert „Evangelium im Kleinen“ (denn auch das Vergeben unter Menschen geschieht „aus Gnade“, ohne dass der Andere die Vergebung verdient hätte).[1]

Jesus forderte das Vergeben nicht nur von seinen Jüngern, sondern praktizierte es auch selbst. Er bat in seinen letzten Worten am Kreuz um Vergebung für seine Feinde:

Jesus aber sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun!

Die Gläubigen sollen sich gegenseitig vergeben:

Ertragt einer den andern und vergebt euch untereinander, wenn jemand Klage hat gegen den andern; wie der Herr euch vergeben hat, so vergebt auch ihr!

Hinduismus

Mahatma Gandhi gab zu bedenken, dass eine abhängige Person nicht verzeihen könne, da sie unfrei handle. Er schrieb auch: „Gewaltfreiheit ist bedeutungslos, wenn sie von einer hilflosen Kreatur ausgeht. Eine Maus wird einer Katze kaum vergeben, wenn sie es zulassen muss, von ihr in Stücke zerrissen zu werden.“[2][3]

Südpazifische Religionen

Eine besondere Form der Vergebung ist Hoʻoponopono, ein psycho-spirituelles Verfahren der Hawaiier. Seine Anwendung reicht weit über achthundert Jahre zurück.[4] Als eine geistige Reinigung dient Hoʻoponopono einer Korrektur von Fehlverhalten. Durch Aussprache (bis zur Beichte), gegenseitiges Bereuen und Vergeben in versöhnlicher, friedlicher Weise wird zur Konfliktlösung (einschließlich Lossprechung) beigetragen, dabei bis zur praktizierten Feindesliebe reichend. Traditionell wurde das Verfahren, bei dem alle an einem Problem beteiligten Personen anwesend waren (im Geiste auch die Ahnen), durch einen kahuna (Heilpriester, ähnlich einem Schamanen) geleitet. Die zur Mithilfe angerufenen höheren Wesen waren vorwiegend Naturgeister, aber auch ein Familiengeist, genannt ’aumakua.

Moderne Formen, die kahuna Morrnah Simeona begründet hat, können allein durchgeführt werden. Da bei ihr die Reinigung unter der Schirmherrschaft des Schöpfers abläuft, soll auch eine Befreiung des Menschen von der Unwissenheit seiner göttlichen Herkunft erreicht werden. Sowohl bei traditionellen als auch bei modernen Formen hawaiischen Ursprungs gehören Mantras nicht dazu.

Psychologie der Vergebung

Der Gesprächspsychotherapeut Reinhard Tausch hat die psychologische Dimension des Vergebens empirisch untersucht.[5] Demnach handelt es sich um intensive innere Selbstgespräche, die eine mentale Bewältigung des verletzenden Ereignisses ermöglichen. Tausch weist darauf hin, dass bereits eine „innere“ Vergebung ausreichend sein kann, vor allem wenn der andere nicht erreichbar ist oder eine Mitteilung unangemessen erscheint.

Anselm Grün beschreibt den Weg zur Vergebung als Distanzierung von den eigenen Emotionen. So unterscheidet er etwa zwischen schädlichem Zorn und heilsamer, vor seelischer Kränkung schützender Wut.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Franz Graf-Stuhlhofer: Basis predigen. Grundlagen des christlichen Glaubens in Predigten, dazu eine didaktische Homiletik für Fortgeschrittene. Verlag für Theologie und Religionswissenschaft, Nürnberg 2010, S. 149-156.
  2. Mohandas K. Gandhi: The Doctrine of the Sword. In: Allen und Linda Kirschner (Hrsg.), Blessed are the Peacemakers, S. 257–263, New York 1971.
  3. The Doctrine Of The Sword (engl.)
  4. Pali Jae Lee and Koko Willis: Tales from the Night Rainbow, Night Rainbow Publishing, Honolulu 1990.
  5. Reinhard Tausch: Verzeihen, die doppelte Wohltat. In: Psychologie heute, April 1993, S. 20–26.

Weblinks

Wiktionary: Vergebung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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