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Venus von Willendorf

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Venus von Willendorf

Die Venus von Willendorf ist eine 1908 entdeckte kleine, steinerne Venusfigurine aus der jüngeren Altsteinzeit (Jungpaläolithikum), dem Gravettien. Sie ist als Österreichs bekanntestes Fundstück im Naturhistorischen Museum in Wien zu sehen.

Beschreibung

Die Skulptur besteht aus Kalkstein und ist elf Zentimeter hoch. Sie stellt eine nackte, symmetrische Frauenfigur dar, wobei der Kopf zur rechten Brust geneigt ist, ein Gesicht fehlt. Der Kopf ist groß, trägt eine Frisur oder Kopfbedeckung und sitzt auf schmalen Schultern. Die Frisur oder Kopfbedeckung wurde durch schräg eingeritzte Striche und horizontale, konzentrische Linien erzeugt. Die Arme sind dünn und liegen auf den schweren Brüsten; sie sind auf beiden Seiten von vertieften Linien umgeben, ebenso die Hände, diese erscheinen so deutlicher hervorgehoben. Die Finger der rechten Hand werden durch lange Einschnitte als voneinander getrennt dargestellt. Einschnitte an den Handgelenken deuten gezackte Armreifen an. Die Brüste sind ebenfalls von Linien umgeben.

Die Hüften sind stark, der Bauch steht vor, das Gesäß ist ausgeprägt. Brust, Bauch und Schenkel sind durch tiefe, senkrechte Gravuren modelliert. Den Bauchnabel bildet eine natürliche Vertiefung des Steins, die auf beiden Seiten erweitert wurde. Die Schenkel sind naturnah gestaltet, allerdings verkürzt, die Füße fehlen. Die Grenze zum Gesäß wird durch zwei deutliche Einschnitte gebildet, die nicht geglättet sind. Die Geschlechtsmerkmale sind detailliert dargestellt. Am Oberschenkel ist ein Einschnitt hinterlassen. Farbreste zeigen, dass die Skulptur ursprünglich mit Rötel bedeckt war.

Die genaue Herstellungsweise der Venus ist nicht bekannt. Die noch sichtbaren Arbeitsspuren weisen darauf hin, dass zumindest die Endbearbeitung mit einem Stichel erfolgte. Solche Werkzeuge wurden in Schicht 8 und 9, zwischen denen die Venus entdeckt wurde, gefunden.

Material

Der Kalkstein, aus dem die Venus gefertigt wurde, ist ein Oolith. Er ist aus dicht gepackten Ooiden von 0,3 bis 1 mm Größe zusammengesetzt. Der Zwischenraum zwischen den Ooiden besteht aus sparitischem Kalzitzement. Im Gegensatz zu vielen Oolithen enthält dieser keine Fossilien. Das Material entspricht exakt den oolithischen Kalksteinen aus Stránská skála (bei Brünn, Mähren). Da aus Mähren auch ein Teil der zu Geräten verarbeiteten Feuersteine derselben Fundschicht stammt, gilt die Herkunft des Gesteins aus dieser Lokalität als relativ sicher.[1] Da die Venus das einzige Willendorfer Artefakt aus Oolith ist, bleibt der Ort ihrer Herstellung jedoch spekulativ.[2]

Archäologischer Hintergrund

Die Figur wurde am 7. August 1908 bei Bauarbeiten zur Donauuferbahn in Willendorf in der Wachau vom Archäologen Josef Szombathy gefunden (Lage48.32333333333315.404166666667).[3]

Auf Basis der Radiokarbondatierung wurde für die Skulptur lange Zeit eine Entstehungszeit vor etwa 25.000 Jahren angegeben. Neuere, detailliertere Untersuchungen der Löss-Schichten des Fundortes ergaben ein Alter von 29.500 Jahren.[4] Sie gehört damit dem Gravettien an.

Weitere Frauenstatuetten an derselben Fundstelle wurden 1926 Venus II (Elfenbein, sehr schlechter Erhaltungszustand) und Venus III (Elfenbeinstück mit Bearbeitungsspuren, Einordnung als Venusfigurine umstritten) genannt.[5] Sie werden der Fundschicht 9 zugeordnet, während jüngere Untersuchungen zeigten, dass Venus I 25 cm unterhalb von Schicht 9 lag und mit einer Holzkohleschicht assoziiert war. Ähnliche Frauenidole aus Kalkstein, Speckstein oder Elfenbein, sogar aus Ton, wurden über ein 3000 km weites Verbreitungsgebiet von Europa bis nach Sibirien gefunden, mittlerweile über 200 Exemplare. Vergleichbare Funde der näheren Umgebung sind die Venus von Dolní Věstonice (Mähren) oder die Venus von Moravany von Moravany nad Váhom in der Slowakei.

Heute geht man von einer einheitlichen religiösen Vorstellung während der Spätphase des Gravettien, also vor dem Höhepunkt der letzten Eiszeit aus, in der bereits großer Mangel an Nahrung herrschte und die Bevölkerungsdichte allmählich zurückging. Am Ende dieser Phase vor 20.000 Jahren war Mitteleuropa vollständig vom Homo sapiens verlassen worden. Erst Jahrtausende später wurde Europa von einer kleinwüchsigeren Bevölkerung neu besiedelt, die mit ganz anderen kulturellen Äußerungen die Höhlen bewohnten. Die Venusfiguren waren verschwunden.[6]

Ausstellung

Das Original wird als so kostbar angesehen, dass lange Zeit nur eine Kopie im Museum ausgestellt war. Der Öffentlichkeit wurde die Original-Venus erstmals anlässlich einer Ausstellung im Jahr 1998 im Schloss Schönbrunn gezeigt.[7] Anlässlich des 100. Jahrestages des Fundes (jedoch bereits zwei Monate vorher) wurde sie im Niederösterreichischen Landesmuseum und am Jahrestag selbst an ihrem Fundort gezeigt. Anschließend wird sie wieder in der beim jüngsten Umbau des Naturhistorischen Museums eingerichteten Tresor-Vitrine ausgestellt. Die Hochsicherheitsvitrine am Fundort wird seit 2010 jedes Jahr mit Werken von zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern bespielt, die sich mit dem Themenspektrum rund um die Venus auseinandersetzen.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Commons: Venus von Willendorf – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Belege

  1. Venus von Willendorf - eine Tschechin, Epoc-Magazin 2008, abgerufen am 20. November 2012
  2. Transporte in der Eiszeit: Die Venus von Willendorf, faz.net, abgerufen am 26. Februar 2015
  3. Rezension über das Buch Venus abgerufen am 19. Juni 2011.
  4. „Venus von Willendorf“ in neuer Heimat, ORF, 22. September 2015
  5. Walpurga Antl-Weiser: The anthropomorphic figurines from Willendorf, in: Wissenschaftliche Mitteilungen aus dem Niederösterreichischen Landesmuseum 19 (2008) 19–30.
  6. Matthias von Schulz: Pummel aus dem Eis. In: Der Spiegel, 2008, 16, S. 152 ff. (online); abgerufen am 20. Juni 2016
  7. Das Rätsel aus der Steinzeit, orf.at, abgerufen am 7. August 2008.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Venus von Willendorf aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.