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Unitarismus (Religion)

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Dieser Artikel behandelt die Religion – zu anderen Bedeutungen siehe Unierte Kirchen oder Unity Church.

Unitarismus (von lateinisch unitas „Einheit“) bezeichnet eine aus der radikalen Reformation stammende theologische Auffassung, welche die Trinitätslehre und die Göttlichkeit des Jesus von Nazaret ablehnt, und weitergehend eine religiöse Bewegung, die geschichtlich aus dieser theologischen Auffassung entstanden ist.[1] War der Unitarismus zunächst allein eine christlich-reformatorische Konfession, öffnete sich ein Teil von ihr ab Ende des 19. Jahrhunderts auch für andere religiös-philosophische Strömungen. Die unitarische religiöse Bewegung besteht heute sowohl aus theistischen, insbesondere christlichen Gemeinschaften, die an der nichttrinitarischen Gottesvorstellung festhalten, als auch aus Gemeinschaften, die explizit für Atheisten und Agnostiker offenstehen.

Trotz der Unterschiede in der Glaubensvorstellung sind die meisten unitarischen Gemeinschaften in einem internationalen Dachverband vertreten, dem International Council of Unitarians and Universalists (ICUU: Internationaler Rat der Unitarier und Universalisten). Eine Gemeinsamkeit der verschiedenen unitarischen Gemeinschaften ist, dass sie „Gewissensfreiheit und eigenständiges Denken in Glaubensfragen“ über religiöse Dogmen stellen.[2]

Name

Wahlspruch der antitrinitarischen Unitarier: Gott ist einer (Egy az Isten) an der Unitarischen Kirche Budapest

Der Name Unitarier leitet sich aus dem lateinischen unitas für Einheit ab. Der Begriff wendet sich somit gegen die christlich-trinitarische Vorstellung einer Dreieinigkeit Gottes (lat. trinitas) und betont stattdessen die unteilbare Einheit Gottes. Unter christlichen Unitariern findet sich daher der Wahlspruch Gott ist einer, der aus Dtn 6,4 LUT abgeleitet ist:

Höre, Israel, der Herr ist unser Gott, der Herr ist einer.

Verbreitung

Unitarische Glaubensgemeinschaften finden sich heute weltweit. In Europa sind Unitarier vor allem in Rumänien (Siebenbürgen), Ungarn, Großbritannien und Deutschland beheimatet. Darüber hinaus sind die niederländischen Freisinnigen Mitglied des Unitarisch-Universialistischen Weltverbundes. In Nordamerika leben die meisten Unitarier im Nordosten der USA. Ein erstes Zentrum des amerikanischen Unitarismus war Neuengland.

Der 1995 gegründet International Council of Unitarians and Universalists (ICUU, deutsch: Internationaler Rat der Unitarier und Universalisten) hat Mitgliedsgruppen in Europa, Afrika, Nordamerika, Südamerika, Asien und Ozeanien. Ziel des ICUU ist es, sämtliche Richtungen der Unitarier und Universalisten zusammenzufassen.

Die weltweit größte unitarische Gemeinschaft ist die Unitarian Universalist Association (UUA), die 1961 aus einem Zusammenschluss nordamerikanischer Unitarier und Universalisten entstanden ist. Die UUA hat keine für ihre Mitglieder verbindliche Glaubensaussage, sondern zeichnet sich aus durch die Unterstützung für spirituelles Wachstum sowie das Einstehen für eine freie und verantwortliche Suche nach Wahrheit und Sinn. Dadurch finden sich bei der UUA neben Theisten auch Atheisten, Agnostiker, Pantheisten und Deisten, neben christlichen Unitariern auch Humanisten, Buddhisten und Neopaganisten.

Die zweitgrößte unitarische Gemeinschaft ist die Unitarische Kirche Siebenbürgen, die sich anders als die UUA weiterhin als christlich versteht, da sie Jesus als Lehrer und Propheten anerkennt, sich aber durch ihre nichttrinitarische Gottesauffassung und ihre Ablehnung religiöser Dogmen von vielen anderen christlichen Kirchen unterscheidet.[3]

Im deutschsprachigen Raum ist die größte unitarische Gemeinschaft die Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens, die historisch auf die freireligiöse Bewegung zurückgeht und nach ihrem Selbstverständnis eine freiheitliche, nicht-christliche, pantheistische und humanistische[4] Religionsgemeinschaft ist.[5] Des Weiteren gibt es im deutschsprachigen Raum die Unitarische Freie Religionsgemeinde in Frankfurt am Main, die Unitarische Kirche in Berlin sowie das Unitarisch-Universalistische Forum in Österreich.

Deutschland

Die meisten der heute in Deutschland vertretenen unitarischen Gemeinschaften vertreten einen humanistischen Unitarismus, der historisch nicht mit dem christlichen Unitarismus der Reformationszeit in Verbindung steht. In Deutschland bestehen unter anderem die Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens, die Unitarische Freie Religionsgemeinde in Frankfurt am Main, die Unitarische Kirche in Berlin sowie regionale Gruppen der European Unitarian Universalists (u. a. in Frankfurt am Main und in Kaiserslautern).

Die Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens haben sich historisch aus der Freireligiösen Bewegung und die Unitarische Freie Religionsgemeinde (Frankfurt am Main) aus dem Deutschkatholizismus des 19. Jahrhunderts entwickelt und die Bezeichnung Unitarier erst im 20. Jahrhundert angenommen.

Die Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens waren Gründungsmitglied des ICUU und sind bislang das einzige deutsche Mitglied dieses Weltverbandes.

Als weitere Strömung gibt es in Deutschland einen völkisch ausgerichteten Unitarismus. Diese Richtung einer „arteigenen Religion“ ist aus der völkisch orientierten Deutschen Glaubensbewegung entstanden und steht in keinem Zusammenhang zur antitrinitarischen und liberal-christlichen Tradition des Unitarismus. Ihre Vertreter haben sich insbesondere im Bund Deutscher Unitarier gesammelt.

Österreich

In Österreich besteht das Unitarisch-Universalistische Forum.[6] Der Name nimmt Bezug sowohl zum Unitarismus als auch zum Universalismus, der eine Allaussöhnung Gottes mit den Menschen beansprucht.

Glaubensaussagen

Die christlichen Unitarier beziehen sich in ihren Glaubensaussagen auf die Bibel als Heilige Schrift und unterstreichen dabei eine rationalistische Auslegung. Die meisten humanistisch orientierten unitarischen Gemeinschaften betonen dagegen, keine Dogmen und keine verbindlichen Schriften zu haben. Stattdessen haben sie sich auf gemeinsame Grundaussagen verständigt, die das Zusammenleben erleichtern und religiöse Orientierung geben sollen. Die reformatorischen christlichen Unitarier verfassten ebenfalls Glaubensbekenntnisse wie den Soner-Katechismus (verfasst von Ernst Soner), den Rakauer Katechismus von 1604 oder den 1864 vom Theologen József Ferencz vorgelegten Katechismus der Unitarischen Kirche Siebenbürgen.[7] Ein Schlagwort der christlichen Unitarier ist Gott ist Einer.

Rakauer Katechismus

Der Rakauer Katechismus von 1605 ist bis heute eine der bedeutendsten Bekenntnisschriften des Unitarismus. Zunächst von Fausto Sozzini begonnen, wurden die Arbeiten am Katechismus nach seinem Tod 1604 von Valentin Schmalz, Hieronymus Moskorzowski und Johann Völkel weitergeführt. Der Katechismus hatte den Anspruch, seine theologischen Positionen allein aus der Bibel heraus zu begründen; zugleich wurde jedoch betont, diese allein durch das Medium der Vernunft erkennen zu können. Der Katechismus wurde somit zum Ausdruck des religiösen Rationalismus der Unitarier im früh-neuzeitlichen Polen. In ihm wird unter anderem für Jesus als Mensch und Gottes Sohn, für den freien Willen und gegen die Erbsünde argumentiert.[8] Die Taufe von Kindern wird als unbiblisch kritisiert, jedoch nicht gänzlich abgelehnt. Das Abendmahl wird als symbolhafte Erinnerungsfeier ohne die Verwandlung (Transsubstantiation) von Brot und Wein in Leib und Blut Christi verstanden.[9]


Drei Hauptprinzipien nach Wilbur

Earl Morse Wilbur hat in seinem zweibändigen Werk zur Geschichte des Unitarismus (1945) drei Hauptprinzipien herausgestellt, die kennzeichnend für das Selbstverständnis der unitarischen Bewegung im Allgemeinen sind (zitiert nach Walbaum: „Religiöser Unitarismus“, S. 4):

  1. Vollständige geistige Freiheit in religiöser Hinsicht statt Gebundensein an Glaubensbekenntnisse oder Konfessionen
  2. Uneingeschränkter Gebrauch der Vernunft in Dingen der Religion statt Verlass auf äußere Autorität oder Tradition der Vergangenheit
  3. Weitgehende Toleranz gegenüber den verschiedenen religiösen Ansichten und Bräuchen statt Beharren auf Gleichförmigkeit in Lehre, Gottesdienst oder Verfassung

7 Prinzipien der UUA

Die Satzung der Unitarian Universalist Association (UUA) enthält sieben Grundsätze, die für alle Mitgliedsorganisationen verbindlich sind und die jedes Mitglied bejaht und befördert:[10]

  1. Wert und Würde, die jedem Menschen angeboren sind
  2. Gerechtigkeit, Gleichheit und Mitgefühl in menschlichen Beziehungen
  3. Gegenseitige Anerkennung und Ermutigung zu spiritueller Entwicklung innerhalb unserer Gemeinschaft
  4. Freie und verantwortungsbewusste Suche nach Wahrheit und Sinn
  5. Recht auf Gewissensfreiheit und demokratischer Umgang in unserer Gemeinschaft und der Gesellschaft allgemein
  6. Das Ziel einer Weltgemeinschaft mit Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit für alle
  7. Ehrfurcht vor dem verwobenen Geflecht allen Daseins, von dem wir ein Teil sind

Core Principles der UCEC

Ähnlich wie die UUA hat auch die christlich ausgerichtete Unitarian Christian Emerging Church (UCEC) acht Grundsätze aufgestellt. Dort werden unter anderem die Einheit von Gott, der Zugang zu Ethik und Glauben über Jesus Christus, die Liebe als Kern des Christentums und der Stellenwert von Vernunft und Gebet hervorgehoben.

Grundgedanken der deutschen Unitarier

Die deutschen Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens haben seit den 1970er Jahren ihre gemeinsamen Glaubensaussagen in einem demokratischen Prozess entwickelt und beschlossen. Die sogenannten „Grundgedanken“ (die derzeit gültige Fassung wurde 1995 verabschiedet) umfassen Aussagen zur Religion im Allgemeinen, zum unitarischen Glauben, zum Leben, zum Menschen und zum Zusammenleben.

Organisation

Unitarische Gemeinschaften sind überwiegend dezentral organisiert. Die weitgehend selbständigen unitarischen Gemeinden werden grundsätzlich von einem Pfarrer, Reverend oder Gemeindeleiter geleitet. Ihm zur Seite steht zumeist ein Gremium von demokratisch gewählten Gemeindevertretern, die die organisatorischen und finanziellen Belange verantworten. Gemeinden oder regionale Gemeindeverbünde sind wiederum in nationalen und weltweiten Dachorganisationen zusammengefasst. Unitarische Dachverbände sind beispielsweise EUU, UUA und ICUU.

Geschichte

Schon im ersten Jahrhundert des Christentums stritten Antitrinitarier, die sogenannten Monarchianer, für die Einheit Gottes und verwarfen die Vorstellung von Jesus als Gottmenschen. Ihre Vertreter waren u. a. Paul von Samosata, Praxeas, Noetus und Sabellius. Die Kirchengeschichte des 4. Jahrhunderts wurde schließlich wesentlich von dem Arianischen Streit zwischen antitrinitarischen Arianern und den Trinitariern bestimmt. Im Mittelalter lassen sich Amalrich von Bena und David von Dinanto zu Antitrinitariern zählen, die als Häretiker aufgefasst wurden.[11]

Reformation

Frühe Vertreter des reformatorischen Antitrinitarismus in Deutschland waren unter anderem die Heidelberger Theologen Johannes Sylvanus und Adam Neuser. Beide wurden vom calvinistisch geprägten Fürstenhaus in der Pfalz als Ketzer angesehen und deshalb verfolgt. Neuser konnte nach Siebenbürgen flüchten, wo er sich den dortigen Unitariern anschloss; Sylvanus dagegen wurde am 23. Dezember 1572 auf dem Heidelberger Rathausmarkt hingerichtet, nachdem sich ein Rechtsgutachten der lutherisch geprägten Universität in Wittenberg für die Hinrichtung ausgesprochen hatte. Auch im Umfeld der Täuferbewegung kam es zu antitrinitarischen Positionierungen. Zu nennen wären hier vor allem Ludwig Hätzer und Adam Pastor. Zur Herausbildung des eigentlichen Unitarismus trugen vor allem antitrinitarische Intellektuelle wie Michel Servet, Matteo Gribaldi, Lelio Sozzini, Fausto Sozzini und Petrus Gonesius bei.

Bereits 1531 hatte der spanische Theologe Servet in seiner Abhandlung De Trinitatis erroribus das Dogma der Trinität verworfen. Nach Servets Hinrichtung wurden seine Gedanken vor allem von italienischen Intellektuellen wie Matteo Gribaldi, Lelio Sozzini und Fausto Sozzini aufgegriffen und weiterentwickelt. Basierend auf Servets Ideen formulierte Gribaldi eine Theologie des subordinatianischen Tritheismus, die anschließend von seinem Schüler Petrus Gonesius in Polen und Litauen verbreitet wurde. Mit Gonesius fand so ein Transfer antitrinitarischer Positionen von Italien nach Osteuropa statt, wo sich unter dem Schutz religiös toleranter Könige dauerhaft unitarische Kirchen bilden konnten. In Ländern wie Deutschland oder der Schweiz dagegen wurden Antitrinitarier weiter als Häretiker verfolgt und umgebracht. In Norditalien konnten sich antitrinitarische Gemeinden zeitweise noch als Untergrundbewegung halten. Obwohl sich Servets Theologie in einigen Punkten wie der Präexistenz Christi noch deutlich von denen der späteren Unitarier in Polen und Siebenbürgen unterschied, wird Servet bis heute von den meisten christlichen wie auch humanistischen Unitariern als Pionier der unitarischen Idee angesehen.

Mittel- und Osteuropa

Das Innere der unitarischen Kirche in Roua in Siebenbürgen

Größere unitarische Kirchen bildeten sich vor allem in Polen-Litauen sowie in Ungarn und Siebenbürgen. Die polnisch-litauischen Unitarier konstituierten sich bereits im Jahr 1565. Sie wurden auch unter dem Namen „Polnische Brüder“ bekannt. Eine große Rolle bei der Gründung der Polnischen Brüder spielte der polnisch-litauische Theologe Petrus Gonesius. Einen nicht unbedeutenden Einfluss bei der weiteren Entwicklung der polnischen Unitarier hatte auch der von Lelio Sozzini und seinem Neffen Fausto Sozzini begründete Sozinianismus. Anders als die siebenbürgischen Unitarier waren die Polnischen Brüder auch stark von der radikal-reformatorischen Täuferbewegung beeinflusst. Zentrum der Polnischen Brüder und des polnischen Sozinianismus war die polnische Stadt Raków. Mit der beginnenden Gegenreformation Mitte des 17. Jahrhunderts wurden die Polnischen Brüder größtenteils vertrieben und fanden unter anderem in Siebenbürgen und den Niederlanden Aufnahme. Die Unitarier in Ungarn und Siebenbürgen etablierten sich 1568. Mit dem Edikt von Torda wurden sie erstmals mit anderen Konfessionen gleichgestellt. Einen großen Einfluss übten hierbei Giorgio Biandrata und Franz Davidis aus.

Die unitarische Kirche in Siebenbürgen besteht bis heute. Anders als die Mehrzahl unitarischer Gemeinschaften sind die siebenbürgischen Unitarier nicht kongregationalistsch strukturiert und haben deshalb einen Superintendenten.


Großbritannien

Bereits im 16. Jahrhundert lassen sich antitrinitarische Positionen in Großbritannien feststellen. Zu nennen sind unter anderem die Theologen John Assheton und Bartholomew Legat. Im 17. Jahrhundert machte sich vor allem auf literarischem Gebiet der Sozianismus geltend. In London bestand zeitweise ein sozinianischer Zirkel. Zu einer unitarischen Gemeindebildung kam es jedoch erst im Zuge der Aufklärung im Jahr 1774, als mit der Essex Street Chapel die erste englische Unitarierkirche gegründet wurde. Im Jahr 1813 wurde auch in Schottland ein unitarischer Gemeindeverband gegründet.

Im Jahr 1928 wurde schließlich die General Assembly of Unitarian and Free Christian Churches (GAUFCC) als Dachverband der britischen Unitarier und Freien Christen gegründet. Hierzu gehört auch die 1991 gegründete Unitarian Christian Association, die vor allem die christlichen Unitarier vertritt.

Nordamerika

Unitarische Kirche in Sharon in Massachusetts

Der Unitarismus in den Vereinigten Staaten entwickelte sich im Wesentlichen wie in England. Er durchlief die Stadien vom frühen Antitrinitarismus bis hin zum Rationalismus und Modernismus. Als Grundlage diente eine großzügige Aufnahme der Ergebnisse der vergleichenden Religionswissenschaft. Schwerpunkt des amerikanischen Unitarismus war im frühen 18. Jahrhundert vor allem Neuengland.

Die Entwicklung des unitarischen Denkens in den USA umfasst drei Perioden. Die erste, von 1800 bis 1835, war im Wesentlichen beeinflusst durch die englische Philosophie, semi-supranaturalistisch, nicht vollständig rationalistisch, der Philanthropie und dem praktischen Christentum verpflichtet. Dr. Channing war ihr prominenter Vertreter. Die zweite Phase (1835–1885) war wesentlich beeinflusst durch den deutschen Idealismus (siehe Transzendentalismus), in zunehmendem Maße rationalistisch, obwohl ihre Theologie reichlich Anteile von Mystizismus aufwies. Die dritte Periode begann etwa 1885 als Periode des Rationalismus, der Anerkennung einer universalen Religion, und der breiten Akzeptanz wissenschaftlicher Methoden und Ideen sowie als ethischer Versuch, die höheren Ziele des Christentums zu verwirklichen.

1961 vereinigte sich die American Unitarian Association mit der Universalist Church of America zur Unitarian Universalist Association of Congregations (UUA).[12] Neben der UAA gibt es auch theistisch bzw. christlich ausgerichtete unitarische Organisationen wie die American Unitarian Conference (AUC) und die Unitarian Christian Church of America (UCCA)[13].


Das Canadian Unitarian Council (CUC)[14] wurde bereits im Mai 1961 gegründet; doch bis ins Jahr 2002 wurden die lokalen unitarischen Gemeinden Kanadas noch durch die US-amerikanische Unitarian Universalist Association of Congregations (UUA) betreut.

Skandinavien

Unitarernes Hus in Kopenhagen

Der Unitarismus in den skandinavischen Ländern geht wesentlich auf den norwegischen Schriftsteller und Prediger Kristofer Janson zurück, der die Unitarier Ende des 19. Jahrhunderts auf Reisen in Nordamerika kennen gelernt hatte. 1895 wurde auf seine Initiative hin die erste unitarische Gemeinde Norwegens unter dem Namen Broderskabets Kirke – Unitarisk Samfund (Kirche der Bruderschaft – Unitarische Gesellschaft) gegründet. Die Gemeinde bestand nur bis 1937. 1995 wurde sie wiedergegründet, und 2005 wurde sie staatlich als Unitarforbundet Bét Dávid (Unitarierverband Bét Dávid) anerkannt.[15] Die erste unitarische Gemeinde in Dänemark wurde 1900 von dem zuvor aus der lutherischen Dänischen Volkskirche ausgetretenen und mit Kristofer Janson in Verbindung stehenden Pfarrer Uffe Birkedal gegründet. Bekannte skandinavische Unitarier jener Zeit waren unter anderem Edvard Grieg und seine Frau Nina, die auch den Bau des Unitarernes Hus in Kopenhagen unterstützte, sowie Mary B. Westenholz, die Tante Karen Blixens und bekannte dänische Frauenrechtlerin. Die Gemeinde besteht bis heute unter dem Namen Unitarisk Kirkesamfund (Unitarische Kirchengesellschaft).[16] Während die norwegischen Unitarier sich weiterhin als christliche Unitarier verstehen, sind die dänischen Unitarier inzwischen der humanistischen Richtung des Unitarismus zuzurechnen.

Erste unitarische Ansätze in Schweden gab es unter den Schriftstellern Viktor Rydberg und Klas Pontus Arnoldson. Letzterer gründete 1871 unter dem Einfluss der Schriften des unitarischen Schriftstellers Theodore Parker eine liberale Gemeinde mit Namen Sanningssökarna („Wahrheitssucher“). Die Kirche, die die Zeitschrift Sanningssökaren herausgab, wurde jedoch nicht als christliche Kirche anerkannt. 1974 folgte nach Kontakten mit dänischen Unitariern die Gründung der Fria Kyrkan i Sverige, die sich nach Kontakten mit siebenbürgischen Unitariern 1999 in Unitariska Kyrkan i Sverige umbenannte, um so den christlich-unitarischen Bezug zu verdeutlichen. Die Kirche bestand bis 2008.[17]

Deutschland

Mit der Reformationszeit verbreiteten sich auch in Deutschland antitrinitarische Positionen, die sich jedoch vor dem Hintergrund der zunehmenden Repression gegenüber nonkonformistischen Strömungen nicht halten konnten. Verwiesen sei unter anderem auf die Hinrichtung von Johannes Sylvanus. Auch der Dissidentenkreis um den unitarischen Theologen Ernst Soner an der Universität Altdorf im 17. Jahrhundert wurde zerschlagen. Ansätze von Johann Joachim Röling, in Ostfriesland unitarische Gemeindestrukturen aufzubauen, waren ebenfalls erfolglos. Allein im preußischen Raum fanden sich zeitweise Gemeinden der Polnischen Brüder, so zum Beispiel in Andreaswalde.

Aus den seit 1876 existierenden freien protestantischen Gemeinden in Rheinhessen entwickelte sich später die pantheistische Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens. Auf Initiative des damaligen Pfarrers Rudolf Walbaum wurde nach Kontakten mit nordamerikanischen Unitariern dem Namen „Religionsgemeinschaft Freier Protestanten“ der Beiname „Deutsche Unitarier“ hinzugefügt. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges bildeten sich zahlreiche neue Gemeinden aus Menschen, die keinem christlichen Bekenntnis angehörten. So kamen auch frühere Mitglieder der Deutschen Glaubensbewegung zu den Deutschen Unitariern. Der Zustrom vieler neuer Mitglieder unterschiedlicher weltanschaulicher Herkunft führte zu Konflikten und Austritten. 1950 nahm die Religionsgesellschaft den Namen „Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft“ an. 1954 kam es zum Austritt der freiprotestantischen „Urgemeinden“. Weitere interne Konflikte führten 1987 zur Abspaltung des völkisch-pantheistischen „Bundes Deutscher Unitarier, Religionsgemeinschaft europäischen Geistes“. 2015 benannte sich die Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft in Unitarier – Religionsgemeinschaft freien Glaubens um.


Die Unitarische Freie Religionsgemeinde (Frankfurt am Main) K.d.ö.R. ging aus der Freireligiösen Bewegung hervor. 1845 wurde in Frankfurt die „Deutsch-Katholische Gemeinde“ gegründet. 1859 nahm diese zusätzlich den Namen „freie religiöse“ oder „freireligiöse“ Gemeinde an. In diesem Jahr wurden der Religionsgemeinschaft die Körperschaftsrechte (als Körperschaft des öffentlichen Rechts) verliehen, die 1930 in Preußen und 1984 durch das Hessische Kultusministerium bestätigt wurden. 1921 verkürzte sie ihren Namen in „Freireligiöse Gemeinde“. Seit 1926 nannte sie sich „Unitarische freireligiöse Gemeinde“. 1927 schloss sie sich mit den Deutschen Unitariern zum „Deutschen Unitarierbund“ zusammen, der 1935 verboten wurde. 1948 erfolgte die Umbenennung in „Unitarische Freie Religionsgemeinde“.


Die Unitarische Kirche in Berlin (UKiB) wurde 1948 von Pfarrer Hansgeorg Remus gegründet und ist eine eigenständige Organisation.

Siehe auch

Literatur

  • Andrew M. Hill: Unitarier. In: Theologische Realenzyklopädie 34, 2002, S. 332–339.
  • Earl Morse Wilbur: A History of Unitarianism – Socinianism and its Antecedents. Harvard University Press, Cambridge 1947 (englisch).
  • Earl Morse Wilbur: A History of Unitarianism – In Transylvania, England, and America. Beacon Press, Boston 1977, ISBN 0-8070-1386-2 (englisch).
  • George Chryssides: The Elements of Unitarianism. Element Books Limited, Shaftesbury/Dorset 1998, ISBN 1-86204-247-0.
  • Hans-Dietrich Kahl: Aus der Frühgeschichte des Unitariertums – Entwicklungslinien des 16. bis 18. Jahrhunderts. In: unitarische hefte, Heft 8. Verlag Deutsche Unitarier, Kassel/Ravensburg 2012, ISBN 978-3-922483-38-0.
  • Mihály Balázs, Gizella Kezer? (Hrsg.): György Enyedi and Central European Unitarianism in the 16–17th Centuries. In: Studia humanitatis. Band 11, Balassi, Budapest 2000, ISBN 963-506-352-0 (englisch).
  • Wolfgang Deppert: Religion und Toleranz. Die Deutschen Unitarier in der öffentlichen Auseinandersetzung – eine Stellungnahme. In: unitarische hefte, Heft 5. Deutsche Unitarier, München 1992, ISBN 978-3-922483-36-6.
  • Wolfgang Deppert, Werner Erdt, Aart de Groot (Hrsg.): Der Einfluß der Unitarier auf die europäisch-amerikanische Geistesgeschichte. Vorträge der ersten deutschen wissenschaftlichen Tagung zur Unitarismusforschung vom 13.–14. Juni 1985 in Hamburg. In: Unitarismusforschung, Band 1, Lang, Frankfurt am Main 1990, ISSN 0930-4118, ISBN 3-631-41859-0.
  • Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft (Hrsg.): Was glauben Sie eigentlich? Die Deutschen Unitarier – eine freie Religionsgemeinschaft. Deutsche Unitarier, Hamburg 2000, ISBN 3-922483-07-0.
  • Kathryn Gleadle: The Early Feminists. Radical Unitarians and the Emergence of the Women’s Rights Movements, 1831–51. Macmillan, Basingstoke 1995, ISBN 0-333-63382-2.
  • Conrad Wright: The Unitarian Controversy. Essays on American Unitarian History. Skinner, Boston 1994, ISBN 1-55896-284-0 (englisch).
  • Friedrich Schrader: Robert College, in Nord und Süd, November 1919, S. 165–169 (beschreibt die Rolle der Unitarier und ihr gutes Verhältnis zu lokalen Derwischorden in Konstantinopel bei der Gründung des Robert College 1860).
  • József Ferencz: Kleiner Unitarier-Spiegel – Kurzer Inbegriff der Geschichte, der Dogmen, der Kirchenverfassung und der Ceremonien der Unitarier-Kirche. Verlag bei Carl Gerold’s Sohn, Wien 1879.

Weblinks

 Commons: Unitarismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Im angelsächsischen Sprachraum werden diese beiden Bedeutungen des Wortes manchmal durch Groß- und Kleinschreibung unterschieden, wobei dann unitarianism die theologische Auffassung und Unitarianism die daraus entstandene religiöse Bewegung bezeichnet, vergleiche den Artikel Unitarianism in der Stanford Encyclopedia of Philosophy, abgerufen am 29. Oktober 2018.
  2. Präambel des Verbandsstatuts des ICUU: ICUU Constitution – 2010. Abgerufen am 29. Oktober 2018 (die erste der fünf gemeinsamen Grundlagen der Mitglieds-Gruppierungen nennt „Liberty of conscience and individual thought in matters of faith“).
  3. A Life-Centered Movement (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) – ein Artikel des ICUU über die Unitarische Kirche Siebenbürgen
  4. Eberhard Achterberg formuliert als Unitarier in seinem Aufsatz Größe und Grenzen eines religiösen Humanismus z. B. folgenden kategorischen Imperativ eines religiösen Humanismus: „Handle stets so, daß du dir bei all deinem Tun deiner Verantwortung für deine Mitmenschen bewußt bist“. Vgl. Eberhard Achterberg: Die Kraft, die uns trägt – Suche nach Sinn in einer bedrohten Welt. Verlag Deutsche Unitarier, München 1985, S. 177–188.
  5. Wolfgang Seibert: Deutsche Unitarier Religionsgemeinschaft. 1989, S. 17 ff.
  6. Unitarisch-Universalistisches Forum. Abgerufen am 11. März 2017.
  7. József Ferencz: Unitarischer Katechismus. (pdf)
  8. Stefan Fleischmann: Szymon Budny. Böhlau, Köln 2006, ISBN 3-412-04306-0, S. 17.
  9. Sozinianische Bekenntnisschriften: Der Rakower Katechismus des Valentin Schmalz (1608) und der sogenannte Soner-Katechismus. Akademie-Verlag, Berlin 2012, ISBN 978-3-05-005200-7, S. 105 ff..
  10. Satzung der Unitarian Universalist Association, Artikel 2 (Memento vom 21. August 2014 im Internet Archive) (abgerufen am 21. August 2014)
  11. Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1857, Band 5, S. 557 (abgerufen am 21. August 2014).
  12. Unitarian Universalist Association of Congregations. Unitarian Universalist Association of Congregations, abgerufen am 27. Dezember 2013.
  13. Unitarian Christian Church of America. Unitarian Christian Church of America, abgerufen am 26. Februar 2017.
  14. Canadian Unitarian Council. Canadian Unitarian Council, abgerufen am 27. Dezember 2013.
  15. Om Unitarforbundet. Unitarforbundet, abgerufen am 31. Dezember 2013.
  16. Historie – Danmark. (Nicht mehr online verfügbar.) Unitarisk Kirkesamfund, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 31. Dezember 2013. i Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/unitarerne.dk
  17. Mark W. Harris: Historical Dictionary of Unitarian Universalism. Scarecrow Press, Lanham, MD 2004, ISBN 0810848694, S. 532–533.
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