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Umweltbewegung

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Die Umweltbewegung (umgangssprachlich auch Öko-Bewegung) ist eine hauptsächlich auf den Natur- bzw. Umweltschutz konzentrierte soziale Bewegung.

Global action day mit der Forderung nach Klimagerechtigkeit (climate justice) zum UN-Klimagipfel COP 15 in Kopenhagen, 2009

Aktionsbündnisse zur Umweltbewegung

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Die Umweltbewegung kann sich zu einem oder mehreren kollektiven Akteuren verdichten (Massenbewegung), um ein von ihr als solches wahrgenommenes Problem im Rahmen bestimmter Konflikte zwischen Mensch und Umwelt in ihrem Sinne zu „lösen“. Die einzelnen Akteure sind dabei nicht zwangsläufig in nur einer Umweltschutzorganisation organisiert, obwohl Organisationen sehr wohl Teil der Bewegung sein können, wenn nicht sogar oft synonym verwendet. Typisch für derartige Umweltbewegungen sind (im heutigen Sinne) Nichtregierungsorganisationen, wie BUND, Grüne Liga, NABU, Greenpeace, Aktionsbündnisse und viele andere. Ziel der meisten Umweltbewegungen und ihrer Mitstreiter (Umweltaktivisten) ist ein grundlegender Wandel im Verhältnis Mensch-Umwelt. Aktionsbündnisse spielen auch eine wichtige Rolle bei der Organisation von Demonstrationen, Sternmärschen und Fahrradsternfahrten – wie etwa den jährlichen Demonstrationen gegen die Massentierhaltung und für eine Agrarwende unter dem Motto Wir haben es satt! oder für Sanfte Mobilität.

Proteste gegen die Zerstörung von Mangrovenwäldern wegen des Neubaus eines Kohlekraftwerks in Bangladesch

Umweltbewegungen können anhand ihrer konkreten (thematischen) Zielstellung, ihres Organisationsgrades, ihrer Größe, der von ihnen gewählten Strategien usw. unterschieden werden. Sie durchlaufen idealtypisch mehrere Phasen, die von der ersten Auseinandersetzung mit dem Problem, der Thematisierung (meistens vor allem Ablehnung sich entwickelnder umweltschädlicher Praktiken) bis zur Organisation von diese Probleme lösenden Strukturen verläuft. Umweltbewegungen, die große gesellschaftliche Umbrüche fordern, wie etwa die Energie- oder Agrarwende, verlaufen in Wellen über einen langen Zeitraum. Nicht selten sind einzelne ökologische Initiativen dieser Bewegungen aber auch thematisch und zeitlich begrenzt. Sie enden, wenn ihr Ziel, etwa die Verhinderung einer Schweinemastanlage, eines Großschlachthofs oder eines Straßenprojekts, erreicht wurde. Eine andere Art von Begrenzung findet man etwa bei der jährlichen Aktion „Mobil ohne Auto“, für die sich jeweils Vorbereitungsgruppen finden.

Geschichte der Umweltschutzbewegungen

Joachim Radkau datiert den Beginn der Umweltbewegung im heutigen Sinne auf die Debatte um die Holznot um 1800. Die Ängste vor der Holznot, einer Versorgungskrise beim Rohstoff Holz kamen parallel zum „Naturkult“ der Waldromantik zu Zeiten der Aufklärung auf. In der Folge wurden der deutschsprachige Raum zum Vorreiter der Aufforstung und Japan zu einem östlichen Pionier der nachhaltigen Forstwirtschaft. In den 1980er Jahren kam es darob zu einem regelrechten Historikerstreit um die Holznot als tatsächliche oder nur befürchtete Ressourcenkrise und den zugehörigen ideologischen wie wirtschaftlichen Hintergründen. .[1]

Radkau selbst unterstellt der Umweltbewegung eine gewisse Geschichtsblindheit und ein ausgeprägtes Desinteresse an den Wurzeln und Vorgängern im eigenen Kulturraum.[1] Für die heutige europäische Umweltszene sei die amerikanische Naturschutzbewegung, die weit bis ins neunzehnte Jahrhundert zurückreicht, die eigentliche Vorläuferin.[1] Die Idee, besondere Naturlandschaften als schützenswert zu betrachten, kam mit William Wordsworth und George Catlin bereits 1810 bzw. 1832 auf. 1864 wurde auf Betreiben John Muirs das erste Schutzgebiet definiert - im heutigen Yosemite-Nationalpark in Kalifornien.

In Deutschland ist zwischen der ersten Umweltbewegung (die um die Jahrhundertwende vom 19. zum 20. Jahrhundert entstand) und der zweiten Umweltbewegung (ca. 1970er- bis 1980er-Jahre) zu unterscheiden. Die erste Umweltbewegung hat dabei ihre Wurzeln in der Romantik, der Heimatschutzbewegung, der Lebensreformbewegung und in der aus der Anthroposophie hervorgegangenen biologisch-dynamischen Landwirtschaft (1924). Der Naturschutz im Nationalsozialismus war gekennzeichnet durch eine ideologische Überprägung mit einem völkischen Heimat-Begriff sowie der Blut-und-Boden-Ideologie.

Die zweite Umweltbewegung ist eine der sogenannten neuen sozialen Bewegungen. Sie entstand sowohl in West- wie in Ostdeutschland (DDR), wenn auch unterschiedlich. Maßgeblich geprägt wurde die zweite Umweltbewegung durch den Wertewandel und die Verbreitung postmaterialistischer Wertorientierungen. Eine der ältesten westdeutschen Umweltinitiativen war die Bürgeraktion Umweltschutz Zentrales Oberrheingebiet (BUZO), 1971 aus dem Widerstand gegen die Expansionspläne der Erdölraffinerien in Karlsruhe-Knielingen von Hans-Helmut Wüstenhagen gegründet, dem späteren Vorsitzenden des Bundesverbandes Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU). In der DDR stand neben dem Protest, z.B. gegen Waldschäden im Erzgebirge oder Luftverschmutzungen in Bitterfeld/Wolfen, immer das Aufbegehren gegen die Nicht-Informationspolitik der Regierung.

In Tübingen gründete sich unmittelbar nach dem am 26. November 1970 gehaltenen Vortrag „Überleben im Atomzeitalter“ von Professor Harald Stumpf vom Institut für Theoretische Physik das Komitee für Umweltschutz, neben dem sich kurz darauf der von Hartmut Gründler gegründete Bund für Umweltschutz etablierte.

Bedeutsam für die anwachsende zweite Umweltbewegung waren auch die aus 21 Gruppierungen bestehenden Badisch-Elsässischen Bürgerinitiativen, die sich in der Auseinandersetzung um Industrieanlagen bei Marckolsheim gebildet hatten, im gewaltlosen Kampf um das Kernkraftwerk Wyhl letztlich siegreich waren und die erste größere Basis des später 600 Bürgerinitiativen umfassenden BBU bildeten. Die Anti-Atomkraft-Bewegung war in den 1970er und 1980er Jahren in der öffentliche Wahrnehmung ein wesentlicher Teil der Umweltbewegung.

Sternmarsch gegen eine Erweiterung des Tagebau Cospuden im Naturschutzgebiet, April 1990

In der DDR, in der man Ende der 80er Jahre über 60 Umweltgruppen zählte, gab es Kristallisationspunkte: das Kirchliche Forschungsheim in der Lutherstadt Wittenberg, den Ökologischen Arbeitskreis der Dresdner Kirchenbezirke oder die Umwelt-Bibliothek an der Berliner Zionskirche und schließlich ab 1988 das Grün-Ökologische Netzwerk Arche.

Politische Ökologie

In Westdeutschland war folgende politische Überlegung der zweiten Umweltbewegung letztlich sehr wirkungsvoll: Nicht nur die arbeitenden Menschen, sondern auch die Natur wurde als durch die industrielle Wirtschaftsweise bedroht angesehen. Diese Gedanken der Alternativbewegung erhielten Einzug in die zunächst aus dem Widerstand gegen die Kernenergie entstehende Ökologiebewegung der 1980er-Jahre, die eine fahrlässige Abfallentsorgung und -verbrennung ebenso thematisierte wie die damalige industriefreundliche Chemiepolitik, das Waldsterben und die Tropenwaldvernichtung, die Gefährdung der Erdatmosphäre (Ozonloch), umweltschädliche Formen der Tiermast usw. Auch andere Themen wurde nach und nach in die Umweltbewegung integriert: „Nachdem über den Umweltgedanken ein neuer Personenkreis zum Naturschutz gestoßen war, entwickelte sich auch eine Beziehung zur Friedensbewegung, zu emanzipatorischen Frauengruppen.“ (Stölb 114).

Für die DDR-Umweltbewegung bestand das Politische in Sozialismuskritik. Der DDR-Sozialismus vermochte nicht, die „Überbleibsel des Kapitalismus“ (wie er Umweltprobleme gerne nannte) zu beheben; und er machte „Ökologie“ zum Tabuthema. Insofern war allein schon das Aufgreifen des Themas Kritik – für die Stasi „feindlich-negativ“.

„Leitwissenschaft“ dieser Bewegung wurde die Ökologie bzw. die Politische Ökologie. Indem das Wort „Ökologie“ aber Eingang in die tägliche Umgangssprache fand, veränderte sich seine Bedeutung. Die zunächst neutrale ökologische Wissenschaft wurde positiv besetzt, sodass „ökologisch“ gleichbedeutend wurde mit „umweltverträglich, sauber, rücksichtsvoll, biologisch abbaubar, unbedenklich“ etc.

Kulturelle Formen

In ihrer Entstehungs- und Blütezeit entwickelte die zweite Umweltbewegung in den 1970er- und 1980er-Jahren charakteristische subkulturelle Formen, die bis heute nachwirken. In der Regel verfolgten ihre Anhänger (oft auch „Ökos“ genannt) auch über den Umweltschutz hinausgehende reformerische Ziele, die sich in einem „alternativen Lebensstil“ niederschlugen. Die „Ökos“ waren in den Anfangsjahren zumeist Teil eines links geprägten jugendkulturellen Spektrums, das sich in den ausgehenden 1970er-Jahren zunehmend ausdifferenzierte. Besonders deutlich war die Abgrenzung zur zeitgleichen Discoszene und zu den Poppern. Die Ökoszene entwickelte eine charakteristische Ästhetik, die sich aus der Hippie-Ästhetik entwickelte und von Naturmaterialien sowie exotischen Mustern und Batik geprägt war. Der Kleidungsstil war betont leger, Haare wurden gerne lang, offen und wenig domestiziert getragen.

Die DDR-Umweltbewegung, soweit sie unabhängig war, ging von den evangelischen Kirchen aus. Zum Teil ähnelte der Lebensstil ihrer Mitglieder dem der West-Ökoszene; für die Kirchen und ihre traditionellen Mitglieder war das teilweise ein Schock. Es gab aber unterschiedliche Einfärbungen: von eher anarchistisch (etwa die Ostberliner „Umwelt-Bibliothek“) bis zu eher bürgerlich (z. B. der Dresdner Ökologische Arbeitskreis).

Politisierung

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Einige Naturschutzverbände sind institutionalisierte Überbleibsel der ersten Umweltbewegung, die zweite Umweltbewegung Westdeutschlands fand ihren institutionellen Niederschlag u. a. in der Einrichtung eines Umweltministeriums, des Umweltbundesamtes und der Gründung der Grünen Aktion Zukunft (GAZ) im Jahr 1978. 1980 wurden „Die Grünen“ als erste Bundespartei gegründet, von der sich 1982 die ÖDP abspaltete. In der DDR begann die politische Institutionalisierung als kirchliche: Zwischen 1987 und 1989 trafen sich Vertreter von Friedens-, Umwelt- und Gerechtigkeitsgruppen sowie Vertreter aller christlichen Kirchen zu „Ökumenischen Versammlungen“. Damit war für alle drei Themenbereiche eine neue Qualität und Verbindlichkeit erreicht. 1989/90 spaltete sich die ostdeutsche Umweltbewegung an der Frage, ob es eine ökologische Partei geben solle. Die Befürworter gründeten die Grüne Partei in der DDR, die Gegner einer Parteigründung schlossen sich im Netzwerk Grüne Liga zusammen. Auffallend an den Programmen aller 1989 und 1990 gegründeten DDR-Parteien waren die starken Ökologie-Anteile. Das Neue Forum, die Initiative Frieden und Menschenrechte (IFM) und Demokratie Jetzt bildeten gemeinsam das Bündnis 90, das 1993 mit den westdeutschen Grünen fusionierte. Die Grüne Partei in der DDR hatte diesen Schritt schon 1990 vollzogen.

Mit zunehmender Akzeptanz der Umweltbewegung nahmen in den 1980er und 1990er Jahren Versuche der modernen Rechtsextremen sowie der Neuen Rechten zu, Umwelt- und Naturschutz wieder mit völkischen, rassistischen und antisemitischen Inhalten in Verbindung zu bringen und an die ideologischen Traditionen des Naturschutzes, insbesondere des Heimatschutzes, anzuknüpfen, die auch den Nationalsozialisten anschlussfähig erschienen. Bei Baldur Springmann etwa sah Oliver Geden den Versuch, Rechtsextremismus, Ökologie und Spiritualität zu verbinden.[2] Auf den nationalsozialistischen Heimat- und Naturbegriff bezog sich unter anderem die rechtsextreme Heimattreue Deutsche Jugend.


Bekannte Umweltaktivisten

Die folgende Aufzählung von Umweltaktivisten kann naturgemäss nicht vollständig sein; weitere Umweltaktivisten sind auch in Kategorie:Person (Umwelt- und Naturschutz) zu finden.

Siehe auch

Literatur

deutsch

  • Joachim Radkau: Die Ära der Ökologie: eine Weltgeschichte, Beck, München 2011, ISBN 978-3-406-61372-2[6]
  • John McNeill: Blue Planet. Die Geschichte der Umwelt im 20. Jahrhundert. Camus, Frankfurt am Main 2003. ISBN 978-3593373201 (Eine gut recherchierte Geschichte der Umwelt und der Umweltbewegung, nicht nur im 20. Jahrhundert).
  • Michael Beleites: Die unabhängige Umweltbewegung in der DDR. In: Hermann Behrens u. Jens Hoffmann (Hrg.): Umweltschutz in der DDR. Analysen und Zeitzeugenberichte. Bd. 3, S. 179-224. München 2007
  • Franz-Josef Brüggemeier, Jens Ivo Engels (Hrsg.): Natur- und Umweltschutz nach 1945. Frankfurt a. M./New York 2005.
  • Jens Ivo Engels: Naturpolitik in der Bundesrepublik: Ideenwelt und politische Verhaltensstile in Naturschutz und Umweltbewegung 1950-1980, Paderborn: Verlag Ferdinand Schöningh, 2006, ISBN 978-3-506-72978-1. (Rezension)
  • Patrik von zur Mühlen: Aufbruch und Umbruch in der DDR. Bürgerbewegungen, kritische Öffentlichkeit und Niedergang der SED-Herrschaft. Bonn 2000.
  • Joachim Radkau, Frank Uekötter (Hrsg.): Naturschutz und Nationalsozialismus, Camus, Frankfurt am Main / New York, NY 2003, ISBN 978-3-593-37354-6.

englisch

  • Robert Gottlieb: Forcing the spring: the transformation of the American environmental movement, Überarbeitete Neuauflage, Washington, DC [u.a.]: Island Press, 2005, gründliche Studie
  • Carolyn Merchant: Radical ecology: The Search for a Livable World, Routledge, 2.Auflage 2005, ISBN 0415935784 – gute Übersicht über die verschiedenen Richtungen ökologischen Denkens
  • Philip Shabecoff: A Fierce Green Fire. The American Environmental Movement (Taschenbuch), Island Press, Revidierte Neuauflage 2003, ISBN 1559634375

französisch

  • Yves Frémion: Histoire de la révolution écologiste, Paris 2007

Weblinks

 Commons: Umweltbewegung, Umweltschützer, Umwelt-Demos weltweit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Joachim Radkau: Die Ära der Ökologie, zitiert in einer Rezension der FAZ: Aus den Wäldern auf die Gipfel. Gewaltlos immer, doch mit recht disparaten Zielen: Der Historiker Joachim Radkau hat eine imposante Weltgeschichte der Umweltbewegungen vorgelegt. Von Joachim Müller-Jung FAZ 17. März 2011
  2. Oliver Geden: Rechte Ökologie, Berlin 1999, S. 243
  3. siehe z.B. den Dokumentarfilm Home
  4. GoodPlanet.org Gründer und Präsident Yann ARTHUS-BERTRAND
  5. Action carbone
  6. Imposante Weltgeschichte der grünen Bewegung, Buchrezension in Andruck am 28. März 2011, Deutschlandfunk
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