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Tsvi C. Nussbaum

Aus Jewiki
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Festnahme von Juden in Warschau. Der Junge mit den erhobenen Händen könnte vielleicht Tsvi Nussbaum gewesen sein. Der SS-Soldat mit dem Gewehr (rechts) hieß Josef Blösche.

Tsvi Chaim Nussbaum (geboren am 31. Oktober 1935 in Tel Aviv, gestorben am 2. Juli 2012 in New City (New York)) war ein Holocaust-Überlebender, der vielleicht der Junge mit erhobenen Armen auf einem der berühmtesten Fotos zum Thema Holocaust ist. Der genaue Aufnahmeort ist unklar, ebenso ob auf dem Bild wirklich Tsvi Nussbaum zu sehen ist.

Kindheit

Tsvi Nussbaum kam im britischen Mandatsgebiet Palästina zur Welt. Seine Eltern Chana und Yose waren 1935 aus dem südpolnischen Städtchen Sandomierz dorthin ausgewandert. Wegen der schlechten Lebensbedingungen vor Ort kehrten sie aber 1939 in ihre Heimatstadt zurück. Wenige Tage nach dem Überfall auf Polen im September 1939 erreichte die deutsche Wehrmacht Sandomierz. Was genau mit den Eltern passiert ist, ist unklar. Auf einer Messingtafel im Holocaust-Museum von Spring Valley bei New York wird ihr Name genannt und als Todesjahr 1942 angegeben. Tsvi kam in die Obhut eines Onkels und einer Tante in Warschau, seinen Bruder Ilan verlor er aus den Augen. Es ist nicht bekannt, wie der Junge umkam. In Warschau wurde Tsvi gemeisam mit Onkel und Tante ein Jahr lang außerhalb des Ghettos versteckt.

Als sie 1943 von der Möglichkeit hörten, dass Juden mit ausländischen Pässen eventuell ausreisen dürfen, gingen die drei zur dafür vorgesehenen Sammelstelle, dem Hotel Polski. In dem Gebäude waren Juden interniert, die die Nazis im Rahmen der sogenannten „Heimschaffungsaktion“ gegen deutsche Gefangene der Alliierten austauschen wollten. Angeblich verbrachten Tsvi Nussbaum, der Onkel und die Tante wenige Tage in dem Hotel, bis sie von der SS aufgefordert wurden, sich mit den anderen Juden vor dem Hotel zu sammeln. Nussbaums Schilderungen zufolge entstand dabei das später weltberühmte Foto, das aus einem Bericht des SS-Gruppenführer Jürgen Stroop stammt. Weil der zu dem Zeitpunkt achtjährige Tsvi sich als Sohn seines Onkels ausgab, durfte er mit auf den Transport, der aber nicht der Ausreise diente, sondern im Konzentrationslager Bergen-Belsen endete. In einem Interview beschrieb Tsvi Nussbaum die Zeit im KZ so: „Als Juden mit einem Auslandspass wurden wir etwas besser behandelt als die anderen Häftlinge, denn aufgrund unserer Pässe bestand immer noch die Möglichkeit eines Austauschs gegen deutsche Kriegsgefangene. Man brachte uns in einer Baracke gegenüber der Küche. Wir hausten mit 225 Juden auf engstem Raum, bekamen aber keine Nummer in unsere Arme tätowiert und trugen weiterhin unsere normale Kleidung.“[1]

Tsvi Nussbaum, seine Tante und sein Onkel überlegten den Holocaust und wanderten 1945 gemeinsam nach Palästina aus.

Leben in den USA

In Palästina, seit 1948 Israel, wurde Nussbaum, der in einem Kibbuz lebte, depressiv und dachte oft an Suizid. 1953 ging er im Alter von 18 Jahren mit seinem Onkel nach New York, wo er schnell Englisch lernte, einen Schulabschluss machte und Medizin studierte. Nussbaum war Hals-Nasen-Ohren-Arzt in Krankenhäusern und 27 Jahre lang in seiner eigenen Praxis in Rockland County im Staat New York und lebte dort auch als Rentner. Er hatte mit seiner Frau Beverly vier Töchter und sieben Enkelkinder. Er starb nach längerer Krankheit im Alter von 76 Jahren am 2. Juli 2012 in New City, New York.[2]

Kontroversen um das Foto

Bis heute ist unklar, welche Personen auf dem Foto zu sehen sind und wo es aufgenommen wurde. Nur der SS-Unterscharführer Josef Blösche, verantwortlich für den Mord an mehreren hundert Juden, konnte zweifelsfrei identifiziert werden. Er ist rechts im Bild zu sehen und richtet ein Gewehr auf den Jungen mit den erhobenen Armen. Tsvi Nussbaum sah das Foto eigenen Angaben zufolge in den 1980er Jahren zum ersten mal und war sich sicher, der abgebildete Junge zu sein, obwohl als Aufnahmeort "Warschauer Ghetto" darunter stand, wo er nie gewesen war. Angeblich sei das Bild am 13. Juli 1943 vor dem Hotel Polski entstanden, also zu einem Zeitpunkt, als das Warschauer Ghetto von der SS schon längst aufgelöst worden war.

Andererseits wurden alle anderen Bilder aus dem Bestand Jürgen Stroops im Ghetto aufgenommen, die meisten machte der Österreicher Franz Konrad. Das Foto war Teil von Stroops Bericht "Es gibt keinen jüdischen Wohnbezirk in Warschau mehr!", den er für Heinrich Himmler und Friedrich Wilhelm Krüger in drei Exemplaren anfertigte. Dieser Bericht soll Himmler am 2. Juni 1943 übergeben worden sein, also lange bevor Tsvi Nussbaum aus dem Hotel Polski deportiert wurde.

Es gibt auch Indizien und Hinweise von Zeugen, dass es sich bei dem Jungen um Artur Dab Siemiatek, Levi Zelinwarger oder eine andere Person, die anonym bleiben wollte und sich im Bild wieder zu erkennen glaubte, handelte. Das Foto gilt heute als ikonische Darstellung der Verbrechen im Holocaust, es wird in vielen Museen und Gedenkstätten ausgestellt, wurde in zahlreichen Büchern abgedruckt und in Dokumentarfilmen verwendet.[3][4]

Literatur

  • Richard Raskin. A Child at Gunpoint. A Case Study in the Life of a Photo. Aarhus University Press, 2004. ISBN 87-7934-099-7
  • Frédéric Rousseau. L'Enfant juif de Varsovie. Histoire d'une photographie Le Seuil, 2009
  • Dan Porat. The Boy. A Holocaust Story. Hill and Wang, 2010. ISBN 0-8090-3071-3

Einzelnachweise

  1. Ein Bild, ein Kind, eine Geschichte, Artikel im Kölner Stadtanzeiger vom 19. Juli 2005, abgerufen am 22. Juli 2015
  2. Nachruf auf legacy.com, abgerufen am 22. Juli 2015
  3. Ein berühmtes Holocaust-Foto, Artikel auf deathcamps.org vom 6. Juli 2006, abgerufen am 22. Juli 2015
  4. Holocaust Studies / A picture worth six million names, Haaretz-Bericht vom 3. März 2011, abgerufen am 22. Juli 2015
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Tsvi C. Nussbaum aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.