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Theologische Fakultät Halle

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Die Theologische Fakultät Halle, Teil der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, ist vor allem für ihre Bibelwissenschaft international bekannt. Sie steht in der historischen Nachfolge der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg, der Heimstatt der lutherischen Reformation, und der Theologischen Fakultät der Friedrichs-Universität Halle, der Heimstatt des Halleschen Pietismus. Reformation und Pietismus wurzelten jeweils in einer Neuentdeckung der Bibel und haben die neuzeitliche mitteleuropäische Geschichte und Geistesgeschichte in besonderer Weise geprägt.

Sitz der bibelwissenschaftlichen Seminare der Theologischen Fakultät Halle (Haus 25[1] der Franckeschen Stiftungen, ehemaliges Mägdeleinhaus)

Geschichte

Der erste Druck der vollständigen Lutherbibel, Wittenberg 1534

Die 1502 gegründete Theologische Fakultät Wittenberg, an der Martin Luther 32 Jahre lang biblische Exegese (überwiegend Altes Testament) lehrte[2], war die erste evangelische theologische Fakultät überhaupt und entwickelte als solche schnell europaweite Ausstrahlung. Während die Wittenberger Theologie später von der lutherischen Orthodoxie geprägt war, spielte die Wittenberger Hebraistik dauerhaft eine herausragende Rolle.[3]

Die Theologische Fakultät der 1694 gegründeten Friedrichs-Universität Halle, an der August Hermann Francke, zuvor Hebraist in Leipzig, seit 1698 Schriftauslegung lehrte, wurde zum Zentrum des Pietismus. Mit den 1698 gegründeten Franckeschen Stiftungen gab es eine enge Kooperation und personelle Überschneidungen. Internationale Bedeutung hatte vor allem das Collegium Orientale Theologicum, das mit berühmten Gelehrten wie Johann Heinrich Callenberg, Johann Heinrich Michaelis und Siegmund Jakob Baumgarten zu einem wichtigen Zentrum der Orientalistik, mit einem besonderen Schwerpunkt auf den semitischen Sprachen, wurde. Kritisch zur pietistischen Grundströmung der Fakultät positionierte sich Johann Salomo Semler, der mit seiner Schrift Abhandlung von freier Untersuchung des Canon (4 Bde., 1771–1775) den Grundstein für die historisch-kritische Bibelwissenschaft legte.

Wilhelm Gesenius, Professor der Theologischen Fakultät Halle von 1810 bis 1842

Überragende Gestalt der Theologischen Fakultät in der 1817 vereinigten Friedrichsuniversität Halle–Wittenberg war, mit bis zu 1000 Hörern,[4] Wilhelm Gesenius, Alttestamentler, Hebraist und Orientalist. Sein Name ist durch seine Hebräische Grammatik, vor allem aber durch sein Hebräisches und Aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, den „Gesenius“, bis heute ein Begriff. Ihm folgte Hermann Hupfeld, der Begründer der bis heute einflussreichen Neueren Urkundenhypothese zum Pentateuch. Zunehmend prägten dann auch Erweckungs- und Vermittlungstheologen wie August Tholuck, Julius Müller oder Martin Kähler viele Studenten der Fakultät, die bis in die Zeit des Kaiserreichs hinein durchgängig die größte in Preußen blieb.[5]

Bedeutende Theologen im 20. Jahrhundert waren Hermann Gunkel, maßgebender Vertreter der religionsgeschichtlichen Schule und Begründer der form- und gattungsgeschichtlichen Methode,[6] und Otto Eißfeldt, einer der bedeutendsten Alttestamentler seiner Zeit und 1929–1930 sowie 1945–1948 auch Rektor der Universität. Heute wird die große bibelwissenschaftliche und hebraistische Tradition unter anderem durch die in Halle entstehende kritische Ausgabe des Samaritanischen Pentateuchs, durch die seit 2011 bestehende Wilhelm-Gesenius-Gastprofessur sowie das seit 2018 bestehende Woskin-Stipendium[7] weitergeführt.

Bedeutende ehemalige Professoren

Wittenberg (seit 1502)

Halle (seit 1694)

Halle-Wittenberg (seit 1817)

Gegenwart

Gebäude

Hauptgebäude der Theologischen Fakultät Halle (Haus 30[8] der Franckeschen Stiftungen, ehemaliges Niederlagegebäude)

Seit 1999 befindet sich die Theologische Fakultät im neuen Campus in den Franckeschen Stiftungen. Als Hauptgebäude der Fakultät, mit einem Foyer, Hörsälen, Seminarräumen und Büros, dient ein ehemaliges Lagerhaus, das für diesen Zweck völlig umgebaut und um einen Hörsaaltrakt erweitert wurde (Haus 30).[8] Hier befindet sich auch das Dekanat. Weitere Seminarräume, die Bibliothek des Corpus Hellenisticum, die Eißfeldt-Bibliothek sowie die Büros des Bereichs Bibelwissenschaften befinden sich im ehemaligen „Mägdeleinhaus“ (Haus 25),[1] die Büros der systematischen Theologie im ehemaligen „englischen Haus“ (Haus 26). Die Fakultätsbibliothek befindet sich in Haus 31,[9] zusammen mit der Bibliothek der Erziehungswissenschaften und der Judaistik, als gemeinsame Zweigbibliothek der Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt.[10]

Eine Besonderheit der Theologischen Fakultät Halle ist die Vielfalt des studentischen Lebens in mehreren Konvikten: Das Evangelische Konvikt befindet sich im selben Campus, daneben existieren das Schlesische Konvikt und das Reformierte Convict (RC).

Lehrangebot

Gelehrt werden die fünf klassischen Fächer Altes Testament, Neues Testament, Kirchengeschichte, Systematische Theologie und Praktische Theologie. Außerdem gibt es, in der Tradition der Missionswissenschaft, eine Professur für Religionswissenschaft/Interkulturelle Theologie sowie den an der juristischen Fakultät angesiedelten, aber durch Kooption mit der Theologischen Fakultät verbundenen Lehrstuhl für Staatskirchen- und Kirchenrecht. Die biblischen Sprachen Hebräisch, Aramäisch und Griechisch sowie Latein werden ebenfalls regelmäßig angeboten.

Es gibt neben dem grundständigen Diplomstudiengang evangelische Theologie, mit dem Berufsziel Pfarramt, Lehramtsstudiengänge evangelische Religion für Grund-, Sekundarschule und Gymnasium, sowie Bachelor- und Masterstudiengänge, die jeweils frei mit anderen Fächern kombiniert werden können.

Professoren (Stand Mai 2019)

Literatur

  • Udo Schnelle (Hrsg.): Reformation und Neuzeit. 300 Jahre Theologie in Halle. Berlin/New York 1994, ISBN 978-3-11-014588-5, DOI 10.1515/9783110875386
  • Friedemann Stengel: Die Theologischen Fakultäten in der DDR als Problem der Kirchen- und Hochschulpolitik des SED-Staates bis zu ihrer Umwandlung in Sektionen 1970/71. Leipzig 1998, ISBN 3-374-01708-8
  • Irene Dingel (Hrsg.): Die Theologische Fakultät Wittenberg 1502 bis 1602: Beiträge zur 500. Wiederkehr des Gründungsjahres der Leucorea. Leipzig 2002, ISBN 3-374-02019-4
  • Arno Sames (Hrsg.): 500 Jahre Theologie in Wittenberg und Halle 1502 bis 2002. Beiträge aus der Theologischen Fakultät der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg zum Universitätsjubiläum 2002. Leipzig 2003, ISBN 3-374-02115-8
  • Christian Stephan: Die stumme Fakultät. Biographische Beiträge zur Geschichte der Theologischen Fakultät der Universität Halle. Dössel 2005, ISBN 3-89923-103-1
  • Armin Kohnle: Professorenbuch der Theologischen Fakultät der Universität Wittenberg: 1502 bis 1815/17. Leipzig 2016, ISBN 3-374-02747-4
  • Veronika Albrecht-Birkner: Hallesche Theologen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Traditionen – Rezeptionen – Interaktionen. (Hallesche Forschungen, Band 54.) 2 Bände, Halle 2019, ISBN 978-3-447-11253-6

Weblinks

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 OpenStreetMap (Haus 25)
  2. Siegfried Hermle: Martin Luther (AT). In: wibilex. Januar 2008, abgerufen am 17. Mai 2019.
  3. Gianfranco Miletto: Die Hebraistik in Wittenberg (1502–1813): Andreas Sennert, Theodor Dassov und Christoph Wichmannshausen. In: Klaus Fitschen u. a. (Hrsg.): Kulturelle Wirkungen der Reformation 2. Leipzig 2018, S. 239–247.
  4. Stefan Schorch, Ernst-Joachim Waschke (Hrsg.): Biblische Exegese und hebräische Lexikographie. Das „Hebräisch-deutsche Handwörterbuch“ von Wilhelm Gesenius als Spiegel und Quelle alttestamentlicher und hebräischer Forschung, 200 Jahre nach seiner ersten Auflage (= Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 427), de Gruyter, Berlin/Boston 2013, ISBN 978-3-11-026612-2, XI.
  5. Oliver Janz: Bürger besonderer Art. Evangelische Pfarrer in Preußen 1850–1914. de Gruyter, Berlin 1994, S. 156, 248 f.
  6. Ernst-Joachim Waschke: Hermann Gunkel, der Begründer der religionsgeschichtlichen Schule und der gattungsgeschichtlichen Forschung. In: Arno Sames (Hrsg.): 500 Jahre Theologie in Wittenberg und Halle – 1502 bis 2002. Leipzig 2003, ISBN 3-374-02115-8, S. 129–142.
  7. Woskin-Stipendium
  8. 8,0 8,1 OpenStreetMap (Haus 30)
  9. OpenStreetMap (Haus 31)
  10. Siehe die Tour durch die Theologische Fakultät auf der Homepage der Theologischen Fakultät Halle.
51.47733333333311.971083333333
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Theologische Fakultät Halle aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.