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Theodor Reik

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Theodor Reik (geboren 12. Mai 1888 in Wien, Österreich-Ungarn; gestorben 31. Dezember 1969 in New York City) war ein österreichisch-amerikanischer Psychoanalytiker.

Leben und Werk

Theodor Reik studierte unter bedrückenden materiellen Verhältnissen in Wien Psychologie, Philosophie, Literatur- und Religionswissenschaft. 1910 machte er Bekanntschaft mit Sigmund Freud und las dessen Werk Die Traumdeutung. Freud, der sich mit dem jungen Studenten anfreundete, unterstützte bald darauf mehrere Jahre dessen Ausbildung zum Psychoanalytiker durch einen monatlichen Geldbetrag. 1912 erschien Reiks Doktorarbeit Flaubert und seine „Versuchung des heiligen Antonius“, die erste auf psychoanalytischer Grundlage stehende literaturkritische Studie.

Im Ersten Weltkrieg wurde Theodor Reik von Januar 1915 bis Oktober 1918 als Kavallerieoffizier eingezogen. Über seine Erfahrungen berichtete er später kurz in „The Search Within.“[1]

Gedenktafel für Theodor Reik in der Reichenhaller Straße 1 in Berlin, aus der Reihe Mit Freud in Berlin

Reik arbeitete bis 1928 als Sekretär der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Danach wurde er Mitarbeiter am Berliner Psychoanalytischen Institut, bis er als Jude aufgrund der nationalsozialistischen Machtübernahme zur Emigration gezwungen war: Reik floh 1933 in die Niederlande (Mitglied der „Vereeniging van Psychoanalytici in Nederland“), 1938 emigrierte er in die USA.

Reik war im Gegensatz zu den meisten Psychoanalytikern seiner Zeit kein ausgebildeter Mediziner, was ihn in Konflikt mit dem damaligen Gesetz brachte, das nur Ärzten die Ausübung von Heilberufen gestattete. 1925 wurde er wegen Verstoßes gegen das so genannte Kurpfuscherei-Gesetz angeklagt, da er ohne medizinische Ausbildung psychoanalytische Therapien betrieb. Sigmund Freud, der Begründer der Psychoanalyse, nahm dies zum Anlass, die Schrift Die Frage der Laienanalyse (1926) zu veröffentlichen, in der er klar Stellung bezog für eine fundierte psychotherapeutische Ausbildung und zugleich für die Zulassung anderer Berufssparten zur Psychotherapie und Psychoanalyse. Das Klima in der US-amerikanischen Psychoanalyse, die sich in diesem Punkt den Wünschen Freuds widersetzte und Nicht-Medizinern die Zulassung zur Ausbildung und Ausübung der Psychoanalyse verwehrte, erschwerte es Reik, sich dort psychoanalytisch zu betätigen. So verweigerte ihm die Psychoanalytische Vereinigung von New York die vollwertige Mitgliedschaft. 1948 gründete Reik die National Psychological Association for Psychoanalysis, eine eigene psychoanalytische Vereinigung, die auch Nichtmedizinern offenstand. Ihr angegliedert war eine Klinik, die seinen Namen trug.[2] Die neue Vereinigung gibt auch eine eigene Zeitschrift (The Psychoanalytic Review) heraus.[3]

Reik hinterließ ein umfassendes Schrifttum, von dem die religionspsychologischen neben den kriminal- und kunstpsychologischen Schriften als die bedeutendsten gelten. Seine Werke „Der eigene und der fremde Gott“ wie „Geständniszwang und Strafbedürfnis“ aus der Mitte der 1920er-Jahre sind in ihrer analytischen Brillanz weiterhin grundlegend, wie auch die umfangreiche Studie „Aus Leiden Freuden“ noch heute als bahnbrechendes Werk über den Sado-Masochismus gilt. Masochismus erscheint dort, abweichend von gängigen Theorien, letztlich als passiver Sadismus. Monografien und Arbeitstagebücher gehören ebenfalls zu Reiks Werk. Reik war bis zu seinem Tod als Psychoanalytiker in eigener Praxis tätig.

1961 promovierte der Psychoanalytiker Arno Gruen bei Reik. Seit den 1970er Jahren wurden Reiks Schriften wieder auf deutsch zugänglich gemacht.

In Berlin erinnert seit dem 29. Mai 2005 eine Gedenktafel aus der Reihe Mit Freud in Berlin an ihn und sein Leben und Wirken.[4]

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Richard Beer-Hofmann. 1912.
  • Flaubert und seine „Versuchung des heiligen Antonius“. 1912.
  • Arthur Schnitzler als Psycholog. 1913, Neuausgabe: Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1993.
  • Die Pubertätsriten der Wilden: über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker, Freiburg [Breisgau]: Ahriman-Verl., 2006. ISBN 978-3-89484-604-6. Erstmals erschienen als Serie in der Zeitschrift 'Imago' (Vol IV, 1915/16)[5]
  • Probleme der Religionspsychologie I. Teil: Das Ritual. 1919. Mit einer Einleitung von Sigmund Freud. Internationaler Psychologischer Verlag.[6][7]
  • Das Werk Richard Beer-Hoffmanns. Löwit, Wien, Berlin 1919.
  • Über kollektives Vergessen, Internationale Zeitschrift für Psychoanalyse, VI. Jahrgang, 1920
  • Der eigene und der fremde Gott. 1923, Neuausgabe: Der eigene und der fremde Gott : zur Psychoanalyse d. religiösen Entwicklung, Mit e. Vorw. z. Neuausg. von Alexander Mitscherlich, Frankfurt (am Main) : Suhrkamp, 1975.
  • Geständniszwang und Strafbedürfnis: Probleme d. Psychoanalyse u. d. Kriminologie, Wien : Internat. Psychoanalyt. Verlag, 1925, wieder abgedruckt in: Psychoanalyse und Justiz, hrsg. von Tilmann Moser, Frankfurt (am Main) : Suhrkamp, 1971/1974
  • Dogma und Zwangsidee: eine psychoanalyt. Studie zur Entwicklg d. Religion, Wien : Internationaler Psychoanalyt. Verlag, 1927 Neuausgabe: Stuttgart, Berlin, Köln, Mainz : Kohlhammer, 1973
  • Wie man Psychologe wird, Wien: Internat. Psychoanalyt. Verlag, 1927.
  • Das Ritual : Psychoanalyt. Studien, Wien: Internationaler Psychoanalytischer Verlag, 1928.
  • Lust und Leid im Witz: 6 psychoanalyt. Studien, Wien: Internationaler Psychoanalyt. Verlag, 1929.
  • Der Schrecken und andere psychoanalytische Studien, Wien: Internationaler Psychoanalyt. Verlag, 1929.
  • Freud als Kulturkritiker, Wien : Dr. M. Präger, 1930
  • Warum verließ Goethe Friederike? Eine psychoanalytische Monographie. 1930, Neuausgabe: Tübingen: Ed. diskord, 1990.
  • Gebetmantel und Gebetriemen der Juden. 1931.
  • Der unbekannte Mörder: von d. Tat zum Täter, Wien: Internationaler Psychoanalyt. Verl., 1932, Neuausgabe: Der unbekannte Mörder. Psychoanalytische Studien, Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 1978
  • Nachdenkliche Heiterkeit. 1933.
  • Der überraschte Psychologe: über Erraten u. Verstehen unbewusster Vorgänge, Leiden: Sijthoff, 1935
  • Wir Freud-Schüler. 1936.
  • Aus Leiden Freuden, deutsche Originalausgabe 1940 bei Imago (London). Die Neuausgabe Aus Leiden Freuden. Masochismus und Gesellschaft (Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 1976) enthält auch die Ergänzungen der amerikanischen Ausgabe Masochism in Modern Man (New York 1941).
  • From Thirty Years with Freud. 1940, dt. Dreissig Jahre mit Sigmund Freud Mit bisher unveröffentlichten Briefen von Sigmund Freud an Theodor Reik, München: Kindler, 1976.
  • A Psychologist Looks at Love. 1944.
  • Psychology of Sex Relations. 1945.
  • Listening with the Third Ear. The Inner Experience of a Psychoanalyst, New York 1948, dt. Hören mit dem dritten Ohr. Die innere Erfahrung eines Psychoanalytikers, Hamburg: Hoffmann und Campe Verlag 1976, Neuausgabe: Eschborn bei Frankfurt am Main; 3. Auflage klotz, Magdeburg 2007, ISBN 978-3-88074-483-7.
  • Fragment of a Great Confession. 1949.
  • The Secret Self. 1952.
  • The Haunting Melody. 1953.
  • The Search Within. 1956.
  • Of Love and Lust. 1957, dt. Von Liebe und Lust : über d. Psychoanalyse romant. u. sexueller Emotionen, Frankfurt am Main: Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1985.
  • Myth and Guilt. 1957.
  • Mystery on the Mountain. 1959.
  • The Creation of Woman. 1960.
  • Sex in Man and Woman. 1960, dt. Mann und Frau : d. emotionalen Variationen d. Sexualität, Frankfurt am Main : Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1986
  • The Temptation. 1961.
  • Jewish Wit. 1962.
  • The Need to be Loved. 1963, dt. Das Verlangen, geliebt zu werden, München : Kindler, 1974
  • Pagan Rites in Judaism: From sex initiation, magic, moon-cult, tattooing, mutilation and other primitive rituals to family loyalty and solidarity, New York: Farrar, Straus and Co., 1964.
  • Voice from the Inaudible. 1964.
  • Curiosities of the Self. 1965, dt. In Gedanken töten : bewusste u. unbewusste Todeswünsche in psychoanalyt. Sicht, München: Kindler, 1981.
  • The Many Faces of Sex. 1966.

Literatur

  • Erika Freeman: Insights; conversations with Theodor Reik. Englewood Cliffs, N.J. : Prentice-Hall, 1971
  • Zvi Lothane: Listening with the third ear as an instrument in Psychoanalysis: The contributions of Reik and Isakower. In: Psychoanalytic Review 1981, 68:487–503.
  • Josef Rattner: Theodor Reik. In: J. Rattner: Klassiker der Psychoanalyse. 2. Aufl. Beltz Verlag, Weinheim 1995, S. 770–799, ISBN 3-621-27276-3 (früherer Titel: Klassiker der Tiefenpsychologie), S. 191–225.
  • Ulrich Weinzierl: Arthur Schnitzler. Lieben, Träumen, Sterben. Frankfurt am Main : Fischer TB, 5. Auflage, 1998, ISBN 3-596-13448-X, S. 97–105
  • Thomas Müller: Reik, Theodor. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 21, Duncker & Humblot, Berlin 2003, S. 331 f. (Onlinefassung).
  • Elisabeth Roudinesco und Michel Plon: Theodor Reik. In: Wörterbuch der Psychoanalyse. Aus dem Französischen übersetzt von Christoph Eissing-Christophersen u. a. Wien : Springer, 2004, ISBN 3-211-83748-5, S. 853–855.
  • Reik, Theodor. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 18: Phil–Samu. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. De Gruyter, Berlin u. a. 2010, ISBN 978-3-598-22698-4, S. 207–222.
  • Doris Schildknecht: Theodor Reik und sein Hören mit dem dritten Ohr – Ein Beitrag zur Theorie des Zuhörens und Verstehens. Verlag für Tiefenpsychologie und Anthropologie, Bad Rappenau 2016, ISBN 978-3-9816670-9-7.

Weblinks

 Commons: Theodor Reik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

  1. Elke Mühlleitner: Biographisches Lexikon der Psychoanalyse. Die Mitglieder der Psychologischen Mittwoch-Gesellschaft und der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung 1902–1938, Edition Diskord Tübingen 1992, S. 260–263.
  2. Theodor Reik Clinical Center for Psychotherapy (TRCC) (Memento vom 3. November 2007 im Internet Archive). Siehe auch englische Wikipedia
  3. The Psychoanalytic Review (englisch)
  4. Gedenktafel für Theodor Reik in Berlin
  5. (Leseprobe) Anmerkung: der Untertitel ("über einige Übereinstimmungen im Seelenleben der Wilden und der Neurotiker") ist identisch mit dem des Werks Totem und Tabu von Freud.
  6. Volltext bei archive.org
  7. Anm.: Fritz Erik Hoevels schreibt in seinem Herausgeber-Vorwort (siehe Seite viii): "Titel ... beweist, daß noch mindestens ein weiterer Band ähnlicher Abhandlungen Reiks geplant war. Dazu sollte es aber aufgrund der Erfolge Hitlers leider nicht mehr kommen."
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