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Technische Textilie

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Als Technische Textilien werden alle textilen Materialien (linienförmige textile Gebilde wie z. B. Cord und textile Flächengebilde wie z. B. Gewebe, Gestricke, Gewirke, Vliesstoffe, Filze) und daraus gefertigte textile Fertigerzeugnisse (wie z. B. Schutzanzüge oder Zelte) bezeichnet, die vorrangig in Hinsicht ihrer technischen und funktionellen Eigenschaften und nicht wegen ihres ästhetischen und dekorativen Charakters hergestellt werden. Über viele Jahre hinweg (in den USA z.T. auch heute noch) existierte auch der Begriff „Industrielle Textilien“, wobei es dabei vorrangig um die Abgrenzung zu den traditionellen Textilien, die von Konsumenten als Bekleidung und Heimtextilien genutzt werden, und nicht nur um eine Anwendung dieser Erzeugnisse in der Industrie ging, wie es der Begriff sprachlich implizierte. Der heutige Begriff kann als Abgrenzung zu den traditionellen Bekleidungstextilien und Heimtextilien, bei denen der ästhetische und dekorative Aspekt im Vordergrund steht, obwohl auch eine ansteigende Anzahl von Erzeugnissen sowohl funktionelle und dekorative Eigenschaften im gleichen Maße in sich vereinen.(z. B. flammhemmend ausgerüstete Möbelbezugsstoffe oder atmungsaktive Freizeitbekleidung).[1]

Diese Definition geht über die in den 1960er Jahren entstandene hinaus, die den Zweck technischer Textilien überwiegend in ihrer Anwendung als Arbeitsgegenstände oder Arbeitsmittel in der Produktion sah.[2]

Als industrielle Textilien werden solche bezeichnet, die als Komponente eines anderen Produkts dienen und damit zur Festigkeit, Leistungsfähigkeit und zu anderen Eigenschaften dieses Produkts beitragen (wie z. B. Cord in Reifen), die als Arbeitsmittel bei der Herstellung andere Produkte genutzt werden (wie z. B. textile Filtermedien oder Papiermaschinenbespannungen) oder die direkt zur Erfüllung wichtiger Funktionen dienen können (wie z. B. als Stadionüberdachungen).[3] Diese Definition umschließt damit einen überwiegenden Teil der Erzeugnisse, die wir heute als „Technische Textilien“ bezeichnen und bietet ebenfalls einen breiten Spielraum für die Zuordnung der unterschiedlichen Anwendungsgebiete solcher Textilien.

Letztlich hat sich der Begriff der technischen Textilien und die oben gegebene Definition weitgehend durchgesetzt, da diese die Einordnung neuer Produkte eines der sich am dynamischsten entwickelnden Teilgebiete der Textilindustrie am besten ermöglicht. Trotzdem tauchen auch immer wieder neue Oberbegriffe auf, die für diese Art von Erzeugnissen oder nur einen Teil diese Erzeugnisse angewendet werden, wie z. B. Funktionstextilien, Hochleistungstextilien.

Anwendungsgebiete

Dämmstoffvlies aus Hanffasern

Für die Unterteilung der Anwendungsgebiete der Technischen Textilien wird heute häufig die der TECHTEXTIL, der Internationalen Fachmesse für Technische Textilien und Vliesstoffe, genutzt:[4]

Vergleichbare Unterteilungen nach Anwendungsbereichen sind auch in Standardwerken über technische Textilien enthalten. [5][6]

Über diese Anwendungsgebiete hinweg kann auch eine Unterteilung nach den verschieden Funktionen der technischen Textilien vorgenommen werden:

Historische Entwicklung

Erzeugnisse, die wir heute als Technische Textilien bezeichnen und darunter in Wirtschaftsstatistiken erfassen, wurden schon vor tausenden von Jahren hergestellt. Eine genaue Angabe zu der frühesten Nutzung ist schwierig, da ihre Herstellung mittels Naturfasern erfolgte und sie deshalb der Verrottung unterlagen. Manchmal sind es nur Zeichnungen oder Gravuren in Steinen, die uns auf die Herstellung oder Nutzung hinweisen. Zu diesen Technische Textilien mit einer sehr langen Tradition zählen z. B.:[7]

  • Seile, die schon um 2900 v. Chr. in Ägypten aus Papyruspflanzen (auch aus Flachsfasern und bestimmten Grassorten) hergestellt wurden und ebenso aus Mesopotamien (hier auch aus Ziegenhaar) und von den antiken Griechen und Römern bekannt sind. Ab dem Mittelalter sind die Seiler als Berufsgruppe auch in Deutschland bekannt. Die Herstellung der Seile erfolgte über viele Jahrhunderte hauptsächlich auf Basis von Hanffasern und Manilahanf, weniger aus Sisalfasern, Baumwollfasern, Flachsfasern, Ramiefasern oder Jute. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die Naturfasern immer mehr von Polyamidfasern, aber auch Polyesterfasern und Polypropylenfasern verdrängt.
  • Netze, die wegen ihrer Bedeutung für den Fischfang ebenfalls zu den ältesten technischen Textilien gehören. Ein Fund eines Netzes von Korpilahti (Finnland), das aus Schnüren aus Weidenbast bestand, wird auf 8000 v. Chr. datiert. Aber auch Netze, die aus dieser Zeit stammen, wurden z. B. auch in Nahal Hemar (Israel) gefunden. Netzfragmente, die auf das 6. bis 4. Jahrhundert v. Chr. datiert werden, stammen auch aus Friesack in Brandenburg und Hohenviecheln nahe Wismar. Sie bestanden aus Weiden- und Ulmenbast.: Später wurden Netze aus Flachs- und Hanfgarn hergestellt In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ging unter dem Einfluss von synthetischen Filamentgarnen der Einsatz der Naturfasern für Netze stark zurück.
  • Segel, die von den Ägyptern schon im 4. Jahrtausend v. Chr. genutzt worden sein sollen. Es ist bekannt, dass Minoer, Phönizier und Ägypter im 2. Jahrtausend v. Chr. Schiffe mit Segeln hatten, die aber wahrscheinlich aus Schilfmatten oder Tierfellen waren; aber es gab auch schon Hinweise auf Segel aus Flachs- und Hanfgeweben. Im Mittelalter nutzen die Wikinger Segel aus gewalktem Wollgewebe, die zusätzlich mit Talg, Teer oder Fischöl ausgerüstet waren; solche Gewebe existierten in Nordeuropa noch bis ins 19. Jahrhundert. Ab dem 14. Jahrhundert begann die Herstellung der Segelgewebe auf speziellen Webstühlen speziell durch die Niederländer: Die anfangs meistens verwendeten Hanfgarne wurden vom Flachsgarnen immer mehr zurückgedrängt. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurden vor allem in den USA Segelgewebe aus Baumwolle hergestellt, obwohl es auch Hinweise gibt, dass Inder Baumwolle auch schon in der Antike für Segel verwendet haben sollen. Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts verdrängten Gewebe aus Polyester- und Polyacrylnitrilfasern die Baumwolle, wobei die Segelproduktion sich immer mehr auf Sport- und Freizeitboote beschränkte.
  • Zelte, die nach dem Verlassen der Höhlen für die nomadisierenden Menschen als Wohnraum frühzeitig in der Menschheitsgeschichte von großer Bedeutung wurden. Sicherlich sind anfänglich Felle und Wollfilze für die Zelte benutzt worden; später Gewebe aus Flachs und Hanf, aber auch aus Ziegenhaar sowie mehr und mehr aus Baumwolle. Mit dem starken Aufkommen der Camping-Zelte ab Mitte des 20. Jahrhunderts kamen Gewebe aus Chemiefasern zum Einsatz: Obwohl schon die Überdachung des Kolosseums zur Römerzeit mit Segelgeweben aus Flachs oder Hanf erfolgte, bilden eine Vorstufe des eigentlichen Textilen Bauens erst die Großraumzelten für Volksfeste ab Mitte des 19. Jahrhunderts. Ab Mitte des 20. Jahrhunderts nutzte man für textile Flächentragwerksbauten und auch Traglufthallen Polyestergewebe mit Polyvinylchlorid-Beschichtung und ab den 1970er Jahren insbesondere auch Glasfasergewebe mit PTFE-Beschichtung.

So ergaben sich im Laufe der Geschichte immer neue Anwendungsgebiete für technische Textilien in der Wechselwirkung mit Anforderungen aus Industrie, Bauwesen, Medizin und Haushalt, aber auch ab Mitte des 20. Jahrhunderts durch die Leistungsfähigkeit der immer zahlreicher zur Verfügung gestellten Chemiefasern und neuen Herstellungsverfahren, wie z. B: für Nähgewirke und Vliesstoffe. Die Herstellung von technischen Textilien wurde zu einem immer bedeutenderen Teil der Textilindustrie. So stieg Ihr Anteile an der Gesamttextilproduktion z. B. von 1980 bis 1990 in Westeuropa von 9 auf 22 %.[8]

Markt

Seit Mitte der 1990er Jahre hat die Produktion technischer Textilien bis 2010 real um 40 % zugenommen. Dieser Wirtschaftsbereich wuchs damit gegen den Trend der Textilindustrie insgesamt.[9] Der Gesamtumsatz bei der Herstellung technischer Textilien betrug nach Angaben des Gesamtverbandes textil + mode im Jahr 2013 2,252 Mrd. € und lag damit 5,5 % unter dem des Jahres 2012.Darin nicht eingeschlossen sind Seilerwaren(obwohl Seile, Netze zu den traditionellen technischen Textilien gehören), die statistisch gesondert erfasst werden, und einen Umsatz von 143 Mio. € 2013 erreichten. Ebenso werden die Vliesstoffe und Erzeugnisse daraus als gesonderter Bereich erfasst, obwohl ebenfalls ein erheblicher Teil technische Anwendungen aufweist. Der Umsatz bei der Herstellung lag 2013 für diesen Bereich bei 1,376 Mrd. € und damit 0,8 % über dem von 2012. Der Gesamtumsatz der Textilindustrie erreichte 2012 9,937 Mrd. €, wobei darin aufgrund des am 1. Januar 2007 in Kraft getretenen Mittelstandsentlastungsgesetzes nur noch Produktionszahlen der Betriebe mit einer Mitarbeiterzahl von 50+ erfasst sind. Für die Betriebe ab einem Mitarbeiter wird eine Hochrechnung von 16, 059 Mrd. € für die gesamte deutsche Textilindustrie ausgewiesen. [10]

Anderseits wurden 2011 auch Ergebnisse für das Jahr 2010 in einem Innovationsreport Textil 2011 veröffentlicht [11], wonach nach Angaben des Industrieverbandes Veredlung – Garne – Gewebe – Technische Textilien e. V. die Umsatzzahlen für Technische Textilien 7, 8 Mrd. € erreicht haben sollen und damit ca. 52 % des Gesamtumsatzes der Textilindustrie in Deutschland ausmachen. Dabei wird der Gesamtumsatz der Textilindustrie mit 15,1 Mrd. € ausgewiesen, was auf eine Erfassung von Betrieben mit auch geringen Beschäftigungszahlen hindeutet, die auch eine Ursache für den Unterschied in Angaben für den Bereich Technischen Textilien sein könnte; außerdem ist auch die Erfassung zusätzlicher Produktgruppen Technischer Textilien denkbar, die bei der Erfassung durch das Statistische Bundesamt anderen Warengruppen zugeordnet ist. In diesem Innovationsreport wird der Weltmarkt für Technische Textilien auf 127, 2 Mrd. € im Jahr 2010 angegeben. Bei den Anwendungsmärkten werden für Deutschland der Markt Mobiltech mit 22 %, gefolgt von Indutech mit 18 % und Meditech mit 13 % vom Gesamtanwendungsmarkt angegeben.

Einzelnachweise

  1. A. R. Horrocks, S. C: Annand (Hrsg.):Handbook of Technical Textiles. Woodhead Publishing, Cambridge 2000, ISBN 1 85573 385 4, S. 2
  2. Manfred Schädel: Die Entwicklung der VVB Technische Textilien im ökonomischen System des Sozialismus. in: Jahrbuch der Wirtschaftsgeschichte, Teil IV. Akademie Verlag, Berlin 1969, S. 42, siehe [1]
  3. Sabit Adanur (Hrsg.): Wellington Sears Handbook of Industrial Textiles. Technomic Publishing Co., Inc., Lancaster • Basel 1995, ISBN 1-56676-340-1, S.3
  4. Techtextil-Offizieller Katalog, Messe Frankfurt Medien und Service GmbH, Frankfurt am Main 2011, S.597 – 600
  5. A. R. Horrocks, S. C: Annand (Hrsg.):Handbook of Technical Textiles. Woodhead Publishing, Cambridge 2000, ISBN 1 85573 385 4, S. 20 – 22
  6. Sabit Adanur (Hrsg.): Wellington Sears Handbook of Industrial Textiles. Technomic Publishing Co., Inc., Lancaster • Basel 1995, ISBN 1-56676-340-1, S. 8–11
  7. bezogen auf Angaben in: Stefan Mecheels, Herbert Vogler, Josef Kurz: Kultur- & Industriegeschichte der Textilien. Wachter GmbH, Bönnigheim 2009, ISBN 978-3-9812485-3-1; S. 585–601
  8. Sabit Adanur (Hrsg.): Wellington Sears Handbook of Industrial Textiles. Technomic Publishing Co., Inc., Lancaster • Basel 1995, ISBN 1-56676-340-1, S. 4
  9. Deutsche Bank Research: Textil-/Bekleidungsindustrie: Innovation und Internationalisierung als Erfolgsfaktoren, 6. Juli 2011
  10. Gesamtverband textil + mode: Konjunkturbericht 02/2014 [2]; abgerufen 5. August 2014
  11. INNtex Innovation Netzwerk Textil e.V.: Innovationsbericht Textil 2011, Chemnitz Juni 2011

Literatur

  • Fabia Denninger (Hrsg.): Lexikon Technische Textilien. Deutscher Fachverlag, Frankfurt am Main 2009, ISBN 978-3-86641-093-0
  • Petra Knecht (Hrsg.): Technische Textilien. Deutscher Fachverlag. Frankfurt am Main 2006, ISBN 3-87150-892-6
  • A. R. Horrocks, S. C: Annand (Hrsg.): Handbook of Technical Textiles. Woodhead Publishing, Cambridge 2000, ISBN 1-85573-385-4
  • Sabit Adanur (Hrsg.): Wellington Sears Handbook of Industrial Textiles. Technomic Publishing Co., Inc., Lancaster • Basel 1995, ISBN 1-56676-340-1
  • Gerhard Straßer: Greiftechnologie für die automatisierte Handhabung von technischen Textilien in der Faserverbundfertigung. Herbert Utz Verlag • München 2012, ISBN 978-3-8316-4161-1

Weblinks

  • Zeitschrift Technische Textilien [3]; abgerufen am 12. Februar 2013
  • Internationale Fachmesse Technische Textilien und Vliesstoffe [4]; abgerufen am 12. Februar 2013
  • Industrieverband Veredlung Garne Gewebe Technische Textilien [5]: abgerufen am 12. Februar 2013
  • Forschungskuratorium Textil e. V. (Dachmarke für Textilforschung in Deutschland) [6]
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