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Tante-Emma-Laden

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Tante-Emma-Laden ist eine in Deutschland und der Schweiz gebräuchliche umgangssprachliche Bezeichnung für ein kleines Einzelhandelsgeschäft, das Lebensmittel und weitere Artikel des täglichen Bedarfs anbietet. Bezeichnend ist, dass der Laden oft so klein ist, dass nur eine Person, häufig die Ladenbesitzerin persönlich – eben die „Tante Emma“ –, dort arbeitet.

In Österreich spricht man vom Greißler. Auch der Begriff Krämer ist als Synonym in Deutschland gebräuchlich.

Lebensmittelladen, 1950er Jahre
Tante-Emma-Laden, 2007

Geschichte

Typische „Tante Emma“, 1953
„Tante-Emma-Laden“ in Puerto Princesa (Philippinen), 2013
Kinder-Kaufmannsladen „Tante Emma“, 2014

Überwiegend als Anbieter von Lebensmitteln bzw. Kolonialwaren (woher sich auch der lange Zeit noch verwendete Begriff Kolonialwarenladen herleitete), aber auch anderen Produkten für den täglichen Bedarf (Haushaltswaren, Textilien, Kurzwaren, Schreibwaren usw.) sorgten sie früher häufig für die lokale Warenversorgung der Bevölkerung. Übliche Elemente persönlicher Kundenbindung waren unter anderem Einkauf „auf Anschreiben“, Rabattmarken-Hefte, Gratiszugaben und Warenproben, Hauslieferungen, Reservierungen und Sonderbestellungen auf Kundenwunsch, Zusammenstellung von Geschenkkörben, Aufschnittplatten usw. Kinder wurden stets mit einer kleinen Aufmerksamkeit bedacht. Mit dem gesetzlichen Verbot der Preisbindung ab 1974 und dem Siegeszug der Discounter war der Niedergang dieser Verkaufskultur endgültig besiegelt.[1]

Heute gilt der nostalgische Begriff Tante-Emma-Laden als Synonym für eine (noch) intakte persönliche Beziehung und Dienstleistungsbereitschaft zwischen dem lokalen Händler und seinen Kunden, ganz im Gegensatz zu anonymen Discountern, Kaufhäusern mit Selbstbedienung, Supermärkten, Einkaufszentren, Boutiquen in Einkaufspassagen oder Warenhäusern.

Besonders im ländlichen Raum dienen die Tante-Emma-Läden noch immer der Nahversorgung mit Lebensmitteln. Aufgrund der Altersstruktur der Ladenbetreiber ist ein weiterer Rückgang der klassischen Tante-Emma-Läden absehbar. Initiativen von (meist mittelständischen) Lebensmittelgroßhandlungen führen in einigen Regionen teilweise zur Renaissance von Tante-Emma-Geschäften. Bis 2005 führte die österreichische REWE-Tochter Billa kleinere Lebensmittelläden unter dem Namen „Emma“.

Seit den 1980er Jahren werden die klassischen Tante-Emma-Läden in Deutschland von Lebensmittelläden abgelöst, die von Immigranten betrieben werden. Heutzutage haben viele Einwanderer aus der Türkei kleine Läden, die an Tante-Emma-Läden erinnern. Sie werden mit einem Augenzwinkern „Onkel-Mehmet-Läden“ genannt.[2] Vor allem in den letzten Jahren haben diese Gewerbetreibenden eine bedeutende Rolle in der Nahversorgung der Bevölkerung in manchen Stadtteilen übernommen.[3]

Eine Umkehr versucht die Gemeinde Gemmerich (Taunus) nach drei Jahren ohne Geschäft im Ort. 2009 beschloss der Gemeinderat die Errichtung eines kleinen Ladengeschäfts mit einem Backwarenangebot auf Rechnung der Gemeinde.[4] In anderen Gemeinden etablieren sich allmählich genossenschaftliche Modelle, so zum Beispiel in Düren und Barmen.[5] Auch von privatwirtschaftlicher Seite gibt es mittlerweile Wiederbelebungsversuche des Tante-Emma-Prinzips. So eröffnete im Oktober 2011 in Düsseldorf ein Tante-Emma-Laden mit dem Namen „Emmas Enkel“, der das typische Ladenlokal nostalgisch inszeniert und zugleich mit einem Online-Shop und Bringdienst verbindet.[6]

Miniaturisierte Nachbildungen von Tante-Emma-Läden sind heute noch als Kinderspielzeug beliebt und werden „Kaufladen“ genannt.

Begriffsherkunft

Im Brockhaus Wahrig steht unter Tante-Emma-Laden: „Kleines Einzelhandelsgeschäft; die Zahl der Tante-Emma-Läden ist weiter zurückgegangen [nach dem früher häufigen Namen Emma; Tante Emma, die einfache Durchschnittsfrau, zu der man als Nachbar noch ein persönliches Verhältnis hat, als Kontrast zu den unpersönlichen Selbstbedienungsläden und Supermärkten]“.[7]

Früher war Emma – wie Minna – eine geläufige Bezeichnung für Dienstmädchen. Heinz Küpper verzeichnet den „Tante-Anna-Laden“[8]. Das Wort „Tante“ wird mehrfach übertragen gebraucht, etwa für „(ältere) weibliche Person“, und es ist jugend- und kindersprachlich üblich. Küpper datiert seine Belege für Tante-Anna- bzw. Tante-Emma-Laden mit 1950 ff. und 1955 ff. Auch „Tante Emma“ mit der Bedeutung „Inhaberin eines kleinen Einzelhandelsgeschäfts“ stammt nach seinen Belegen aus der Nachkriegszeit.[9]

In diese Zeit fällt der Niedergang des Lebensmitteleinzelhandels mit Bedienung. Die zuerst unrentabel werdenden Kleinstbetriebe wurden in der Regel nicht sofort aufgegeben, sondern von einem Familienmitglied, meistens der Frau des Inhabers, als Nebenerwerbsbetrieb weitergeführt. Die verbleibenden Vollbetriebe mit oft mehreren Angestellten und dementsprechenden Kosten empfanden diese Nebenerwerbskaufleute als „unfaire“ Konkurrenz und belegten sie mit dem damals abschätzig gemeinten Namen Tante-Emma-Laden. So sollte insbesondere deren mangelnde Professionalität betont werden.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

 Commons: Tante-Emma-Laden – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lützenkirchen, Heike. Lebensmittelhändler im Bergischen Land : Vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts. URN: urn:nbn:de:hbz:6-67449424276. URL: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:6-67449424276. Datum der Einsichtnahme: 15. September 2012. - Hier insbes. Kapitel 4.5. (S.321 ff.)
  2. http://www.dw-world.de/dw/article/0,,1630030,00.html
  3. Deutsches Institut für Urbanistik: Von Tante Emma zu Onkel Ali? Ethnische Ökonomie: Integrationsfaktor und Integrationsmaßstab. Kurzfassung online unter difu.de
  4. Mathias Welp: Tante Emma schlägt zurück. Reportage, D, 2010, für ZDF (Vom Überlebenskampf kleiner Läden).
  5. Mehr Dorv fürs Dorf enorm Magazin 1/2011
  6. Tante Emma reloaded Die Welt, 4. November 2011
  7. Zitiert nach: Gerhard Wahrig et al., Deutsches Wörterbuch in sechs Bänden, Band 6, Brockhaus/DVA, Wiesbaden/Stuttgart 1984, S. 174
  8. Illustriertes Lexikon der deutschen Umgangssprache in 8 Bänden, Band 8, Klett, Stuttgart 1984, S. 2821
  9. Vgl. Tante-Emma-Laden, Der Sprachdienst 1996, S. 134
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