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Tötung auf Verlangen

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Die Tötung auf Verlangen ist ein Straftatbestand innerhalb der Tötungsdelikte. Er ist sowohl im deutschen (§ 216 StGB) wie auch im österreichischen (§ 77 StGB) und im schweizerischen Strafgesetzbuch (Art. 114 StGB) enthalten. Gemeinsam ist den jeweiligen nationalen Bestimmungen, dass derjenige milder bestraft wird, der einen Menschen auf dessen ernsthaftes und eindringliches Verlangen tötet. Die Vorschrift privilegiert damit die Tötung eines anderen Menschen.

Tatbestand im deutschen StGB

Der Schutzzweck der Norm ist einerseits der umfassende Lebensschutz, andererseits aber auch die Verhinderung von Sterbehilfe. Es soll einer Relativierung des Lebens als objektives Rechtsgut entgegengewirkt werden.

Die Einordnung des Delikts ist umstritten. Während die rechtswissenschaftliche Literatur es größtenteils als Privilegierung zum Totschlag einstuft, handelt es sich nach Meinung der Rechtsprechung um einen eigenen Tatbestand, der jedoch – wenn er denn einschlägig ist – die Anwendung des § 212 StGB (Totschlag) sperrt. Die Sperrwirkung ist letztlich unstrittig und umfasst auch die an sich ebenfalls verwirklichten Körperverletzungsdelikte (siehe unten). Eine Sperrwirkung für § 211 StGB (Mord) wird ebenfalls nach allen Ansichten angenommen, jedoch bestehen verschiedene Meinungen wie weitreichend diese ist. Die Literatur sieht den Mord als eine Qualifikation des Totschlags an, womit der gesamte Mordtatbestand gesperrt ist. Nach der Rechtsprechung ist Mord ein eigenständiger Straftatbestand, und damit grundsätzlich nicht gesperrt. Jedoch kommt es beim § 216 gerade darauf an, dass das Verlangen des Opfers die Motivation für die Tötung ist, was beim Vorliegen eines täterbezogenen Mordmerkmals (z.B. Mord aus Habgier) nicht der Fall sein kann. Denkbar ist demnach lediglich ein Nebeneinander von Mord, begangen mit tatbezogenen Merkmalen(z.B. heimtückisch) und Tötung auf Verlangen.

Der Straftatbestand ist anwendbar, wenn der Getötete vom Täter ausdrücklich und ernsthaft verlangt hat, ihn zu töten. Der Nachweis ist beweistechnisch oft sehr schwierig. Es reicht allerdings nicht aus, dass sich der Täter dies allein vorgestellt hat. Der Täter muss gerade wegen des Verlangens des Getöteten gehandelt haben. War er ohnehin zuvor entschlossen, das Opfer zu töten, so handelt er hinsichtlich des Mordes oder Totschlags – aber nicht nach § 216 StGB – als sog. „omnimodo facturus“ tatbestandsmäßig. Gemeinhin wird angenommen, dass die Tötung auch durch Unterlassen (§ 13 StGB) geschehen kann.

Im subjektiven Tatbestand reicht Eventualvorsatz aus. Irrt sich der Täter, greift in der Regel § 16 Abs. 2 StGB, sodass die Strafbarkeit weiterhin im Deliktsbereich des § 216 StGB verbleibt. Liegt der Irrtum beim Täter fahrlässig vor, so kann er jedoch nicht nach § 222 StGB wegen fahrlässiger Tötung bestraft werden, da es beim Tötungsvorsatz verbleibt.

Auch der Versuch ist nach § 216 Abs. 2 StGB strafbar. Zwar ist eine Teilnahme im Sinne von Beihilfe oder Anstiftung zur Tötung auf Verlangen nicht ausgeschlossen, jedoch ist davon das Opfer selbst ausgenommen, da es sich hierbei um eine notwendige Teilnahme (Anstiftung zur Tötung) handelt, ohne die das Delikt nicht denkbar wäre.

Rechtswidrigkeit

Unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit ist wegen der Atypik des Delikts ein Rechtfertigungsgrund schwerlich vorstellbar. Insbesondere die Notwehr und die Einwilligung sind nicht davon erfasst, da gerade der § 216 StGB Eingriffe in das höchstpersönliche Rechtsgut nicht zulässt (Einwilligungssperre).

Abgrenzung

Problematisch ist bei der Tötung auf Verlangen stets die Abgrenzung zur straflosen Beihilfe zum Suizid. Dabei wird als Kriterium teilweise dasjenige der „Tatherrschaft“ angelegt: Dominiert der Täter den Handlungsablauf, so ist er strafbar wegen Tötung auf Verlangen, unterstützt er jedoch allein die Handlungen des Suizidenten, so bleibt es bei der Straflosigkeit der Beihilfe zur Selbsttötung. Dies wurde unter anderem im sogenannten Siriusfall behandelt. Es ist jedoch zu bemerken, dass das Gesetz die „Beihilfe zur Selbsttötung“ nicht in Abgrenzung zur Tötung auf Verlangen straffrei stellt, sondern lediglich nicht erwähnt. Mithin ist bei der Auslegung, was als Tötung auf Verlangen zu gelten hat, nicht auf eine Abgrenzung zur Beihilfe zum Suizid Rücksicht zu nehmen; erst wenn diese Auslegung geschehen ist, kann das, was nicht unter sie hineinfällt, als Beihilfe zur Selbsttötung bezeichnet werden.

In Österreich besteht dieses Problem hingegen nicht. Hier werden „Mitwirkung am Selbstmord“ (§ 78 StGB) und „Tötung auf Verlangen“ (§ 77 StGB) gleichermaßen bestraft.

Schwierigkeiten kann auch die Abgrenzung zwischen Veranlassung einer Selbstgefährdung und einverständlicher Fremdgefährdung bereiten. Nur ersteres ist strafbar. Häufig problematisch ist hier das Merkmal der Freiverantwortlichkeit.

Neben der Tötung auf Verlangen ist regelmäßig auch eine Körperverletzung mit Todesfolge gemäß § 227 StGB einschlägig. Letztere wird mit wenigstens drei Jahren Haft geahndet. Daher entfaltet die Tötung auf Verlangen (§ 216 StGB) auch gegenüber der Körperverletzung mit Todesfolge (§ 227 StGB) sog. Sperrwirkung. Demgegenüber treten § 223 StGB (Körperverletzung) und § 224 StGB (gefährliche Körperverletzung) hinter § 216 zurück.

Literatur

  • Günther Jakobs: Tötung auf Verlangen, Euthanasie und Strafrechtssystem. Bayerische Akademie der Wissenschaften, München 1998. ISBN 3-7696-1599-9.
  • Anselm Winfried Müller: Tötung auf Verlangen – Wohltat oder Untat? Kohlhammer-Verlag, Stuttgart 1997. ISBN 3-17-015110-X.
  • Christian Tenthoff: Die Strafbarkeit der Tötung auf Verlangen im Lichte des Autonomieprinzips. Duncker & Humblot, Berlin 2008. ISBN 978-3-428-12717-7.
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