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Suramin

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Dieser Artikel informiert zur Chemikalie Suramin, auch unter dem deutschen Handelsnamen Germanin bekannt. Zu anderen Bedeutungen von Germanin, siehe Germanin (Begriffsklärung).
Strukturformel
Strukturformel von Suramin
Allgemeines
Freiname Suramin
Andere Namen

8-((4-Methyl-3-((3-((3-((2-methyl-5-((4,6,8-trisulfonaphthalen-1-yl)­carbamoyl)­phenyl)­carbamoyl)­phenyl)­carbamoylamino)­benzoyl)­amino)­benzoyl)­amino)­naphthalen-1,3,5-trisulfonsäure (IUPAC)

Summenformel
  • C51H40N6O23S6 (Suramin)
  • C51H34N6Na6O23S6 (Suramin·Hexanatriumsalz)
CAS-Nummer
  • 145-63-1 (Suramin)
  • 129-46-4 (Suramin·Hexanatriumsalz)
PubChem 5361
ATC-Code

P01CX02

Kurzbeschreibung

Weißes bis schwach gelbliches oder pinkfarbenes Pulver[1]

Arzneistoffangaben
Wirkstoffklasse

Antiprotozoikum

Eigenschaften
Molare Masse
  • 1297,29 g·mol−1 (Suramin)
  • 1429,17 g·mol−1 (Hexanatriumsalz)
Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die eingeschränkte Gültigkeit der Gefahrstoffkennzeichnung bei Arzneimitteln beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [2]
keine Einstufung verfügbar
H- und P-Sätze H: siehe oben
P: siehe oben
Toxikologische Daten

620 mg·kg−1 (LD50Mausi.v.)[1]

Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.
Vorlage:Infobox Chemikalie/Summenformelsuche vorhanden

Suramin ist ein farbloses Analogon des Azofarbstoffs Trypanblau. Seit den 1920er-Jahren wird Suramin als Antiprotozoikum gegen die Schlafkrankheit und andere Trypanosomen-Krankheiten eingesetzt.

Geschichte

Collagenbild zum Thema „Bekämpfung der Schlafkrankheit durch deutsche Kolonialärzte“. Oben Prof. Robert Koch, der als Mikrobiologe die Grundlagen des Forschungsprojekts gelegt hatte, daneben Schlafkrankenstationen und -behandlung in Kamerun, unten das Medikament Suramin oder „Bayer 205“

Suramin wurde erstmals 1916 von den Chemikern Oskar Dressel, Richard Kothe und Bernhard Heymann der Firma Bayer & Co. in Elberfeld unter der internen Bezeichnung Bayer 205 synthetisiert (alle drei erhielten dafür die Adolf-von-Baeyer-Denkmünze). Die medizinische Entwicklung und die begleitenden Tierversuche fanden im Chemotherapeutischen Laboratorium in Elberfeld unter der Leitung von Wilhelm Roehl statt. In Deutschland wurde der Wirkstoff unter dem Handelsnamen Germanin® vertrieben. Die Formel wurde aus wirtschaftlichen Gründen geheim gehalten, aber 1924 durch Ernest Fourneau vom Institut Pasteur entschlüsselt und veröffentlicht.[3][4]

Anwendung als Antiparasitikum

Der Wirkstoff Suramin ist hochgradig toxisch für Zellen. Seine Anwendung geht mit dem Risiko erheblicher Nebenwirkungen einher, tötet jedoch bei geeigneter Dosierung die Parasiten ab. Die Medizin verfügte damit Anfang der 1920er-Jahre erstmals über ein wirksames Mittel gegen die Schlafkrankheit, die bis dahin in weiten Teilen Afrikas mit verheerenden Epidemien grassierte. Die Tests in Ostafrika führte der Robert-Koch-Schüler Friedrich Karl Kleine durch. Suramin hat sich seither auch bei anderen Trypanosomen-Krankheiten bewährt. Außerdem wurde es erfolgreich zur Bekämpfung der Onchozerkose angewendet, einer verbreiteten tropischen Wurmerkrankung, die zur Flussblindheit führt.

Erprobung neuer Anwendungen

Seit einiger Zeit wird Suramin als Therapeutikum gegen das HI-Virus und verschiedene Krebs-Erkrankungen klinisch erprobt, Lymphome, Lungen-, Nieren- und Prostatakarzinome.

Eine neue Entdeckung ist, dass Suramin in Leberzellen den programmierten Zelltod (Apoptose) deutlich hemmen kann, obwohl es diesen in anderen Geweben fördert. Akutes Leberversagen kann bei Hepatitis-B-Infektionen und Medikamenten- oder Pilzvergiftungen auftreten, ein tödlich verlaufender Vorgang, gegen den es noch keine medikamentöse Therapie gibt.[5]

In der Universität von Kalifornien (San Diego) konnten durch Suramin bei Mäuseexperimenten erfolgreich autismusähnliche Symptome behandelt werden.[6] Dem Experiment liegt die Annahme zugrunde, dass eine Art „nichtgenetischer Autismus“ durch eine fehlerhafte Zellinteraktion verursacht würde. Die Existenz eines „nichtgenetischen Autismus“ ist jedoch nicht nachgewiesen, weswegen bei solchen Experimenten meist nicht von Autismus, sondern nur von autismusähnlichen Symptomen gesprochen wird.[7][8][9]

Eine klinische Studie mit dem niederdosierten Wirkstoff (20 mg/kg), an der 10 Kinder und Jugendliche im Alter von 5-14 Jahren teilnahmen, führte zu Verbesserungen in den Kategorien Sprache, soziale Interaktion und stereotypes Verhalten.[10]

Erprobung gegen Aids

Das Team von Robert Gallo hatte gezeigt, dass Suramin durch Verhinderung der Reverse Transkriptase, die Verbreitung des HI-Virus in lebenden Tieren reduzierte.[11] Ende der 1980er Jahre wurde deshalb Suramin als Mittel gegen HIV/Aids getestet, dabei kam es mehrfach zu schweren Nebenwirkungen. In einer Studie verstarben von 98 Patienten 16 während der Behandlung oder kurz danach.[12] Eine weitere Studie, bei der es auch zu schweren Nebenwirkungen kam, zeigte keine Wirkung auf die Entwicklung von opportunistischen Infektionen während der Therapie und damit keinen klinischen Nutzen für HIV bezogene Krankheiten.[13]

Handelsnamen

Antrypol, Bayer 205, Belganyl, Fourneau 309, Germanin, Moranyl, Naganol, Naginin, Naphuride.

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 Suramin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 10. März 2011.
  2. Diese Substanz wurde in Bezug auf ihre Gefährlichkeit entweder noch nicht eingestuft oder eine verlässliche und zitierfähige Quelle hierzu wurde noch nicht gefunden.
  3. Walter Sneader: Drug Discovery: A History. John Wiley & Sons, 2005, ISBN 0-471-89979-8, S. 378f.
  4. Ernest Fourneau: Sur une nouvelle série de médicaments trypanocides. In: C. R. Séances Acad. Sci. Nr. 178, 1924, S. 675.
  5. Suramin bei akutem Leberversagen.
  6. Single dose reverses autism-like symptoms in mice. abgerufen am 19. Juni 2014.
  7. Helen Briggs: Autism 'begins long before birth'. In: bbc.com. 27. März 2014, abgerufen am 29. Mai 2017 (english).
  8. R. Stoner, M. L. Chow u. a.: Patches of disorganization in the neocortex of children with autism. In: The New England journal of medicine. Band 370, Nummer 13, März 2014, S. 1209–1219, doi:10.1056/NEJMoa1307491, PMID 24670167, PMC 4499461 (freier Volltext).
  9. S. De Rubeis, J. D. Buxbaum: Genetics and genomics of autism spectrum disorder: Embracing complexity. In: Human molecular genetics. [elektronische Veröffentlichung vor dem Druck] Juli 2015, doi:10.1093/hmg/ddv273, PMID 26188008 (Review).
  10. Naviaux, R. K., Curtis, B., Li, K., Naviaux, J. C., Bright, A. T., Reiner, G. E., Westerfield, M., Goh, S., Alaynick, W. A., Wang, L., Capparelli, E. V., Adams, C., Sun, J., Jain, S., He, F., Arellano, D. A., Mash, L. E., Chukoskie, L., Lincoln, A. and Townsend, J.: Low-dose suramin in autism spectrum disorder: a small, phase I/II, randomized clinical trial. In: Annals of Clinical and Translational Neurology. 2017, S. 2328-9503. doi:10.1002/acn3.424.
  11. Luc Montagnier, Robert Gallo: AZT - die erste medikamentöse Therapie für HIV. Animalresearch
  12. B. D. Cheson, A. M. Levine, D. Mildvan, L. D. Kaplan, P. Wolfe, A. Rios, J. E. Groopman, P. Gill, P. A. Volberding, B. J. Poiesz u. a.: Suramin therapy in AIDS and related disorders. Report of the US Suramin Working Group. PMID 3650339
  13. Lawrence D. Kaplan, Peter R. Wolfe, Paul A. Volberding, Paul Feorino, Donald I. Abrams, Jay A. Levy, Roberta Wong, Lilian Kaufman, Michael S. Gottlieb: Lack of response to suramin in patients with AIDS and AIDS-related complex. In: The American Journal of Medicine. 82 (3), 1987, S. 615–620. PMID 3548350

Literatur

  • Y. L. Zhang u. a.: Suramin is an active site-directed, reversible, and tight-binding inhibitor of protein-tyrosine phosphatases. In: J. Biol. Chem. Band 273, 1998, S. 12281–12287. PMID 9575179 PDF

Weblinks

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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Suramin aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.