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Stromausfall

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Unter einem Stromausfall (auch englisch blackout) versteht man eine unbeabsichtigte Unterbrechung der Versorgung mit Elektrizität.

Die Energieübertragung erfolgt mit elektrischem Strom, der gleichzeitig erzeugt und zu den Verbrauchsstellen transportiert werden muss. Daher folgt ein Stromausfall aus der Unterbrechung eines Stromkreises oder aus einem Ungleichgewicht zwischen bereitgestellter und angeforderter Leistung.

Kurzschluss (Erdschluss mit Baum) in einer Stromversorgungs-Freileitung

Einteilung

Stromausfälle im Bereich von Stromnetzen auf der Hochspannungsebene werden nach der Dauer unterschieden:

  • Kurzzeitige Ausfälle im Zeitbereich von wenigen Sekundenbruchteilen werden umgangssprachlich auch als Netzwischer bezeichnet, bei denen nach dieser kurzen Zeit die Energieversorgung automatisch wieder hergestellt wird. Ursachen können auf der Verteilebene kurzfristige Ereignisse wie Blitzeinschläge, Erdschluss, Lichtbogenfehler bei Freileitungen oder in seltenen Fällen auch Schaltfehler im Bereich von Schaltanlagen oder Umspannwerken sein. Unterbrechungsfreie Stromversorgungen und Notstromaggregate sollten in der Lage sein, ausreichend schnell auf diese kurzzeitigen Ausfälle zu reagieren, sodass keine systemstörende Dauerunterbrechung die Folge ist. Typische Reaktionszeiten liegen zwischen 15 und 50 ms.
  • Kurzzeitige Spannungsabsenkung infolge von Überlastung aufgrund unvorhergesehener Ereignisse. Dieser Zustand wird im Englischen auch als Brownout – nach der starken Abschwächung von Glühlampenbeleuchtung benannt – oder Sag bezeichnet und tritt insbesondere in kleineren oder unterdimensionierten Stromnetzen mit zu gering verfügbarer Regelleistung auf. In der Regel kommt es dabei zu keinen ernstzunehmenden Schäden. Doch reagieren elektronische Geräte durchaus unterschiedlich auf einen Brownout: Bei manchen kommt es zu überhaupt keinen Beeinträchtigungen, wohingegen andere Gerätschaften empfindlicher auf einen kurzzeitigen Spannungsabfall antworten. Beispielsweise kann ein fehlender Batteriespeicher zu einem Daten- oder Funktionsverlust führen. Ein sogenannter Brownout-Detector kann einem solchen Szenario vorbeugen.[1] Brownouts sind beispielsweise im japanischen Stromversorgungsnetz relativ häufig, auch aufgrund der gemischten Netzfrequenz von 50 Hz und 60 Hz, während im europäischen Verbundsystem überregionale Brownouts nur sehr selten vorkommen. Brownouts können auch unmittelbar vor einem Totalausfall als Vorbote auftreten.
  • Mittel- bzw. langfristiger Stromausfall oder Totalausfall, welcher durch einen kompletten Spannungsausfall im Minutenbereich bis in den Bereich einiger Stunden reichen kann. Dieser Ausfall wird im Englischen auch als Blackout bezeichnet. Vergleichsweise sehr lange Ausfallszeiten im Bereich von Tagen bis zu einigen Wochen sind mit großräumigen Schäden an der Infrastruktur wie der Leitungen verbunden, beispielsweise als Folge extremer Wetterereignisse im Winter (siehe Liste historischer Stromausfälle, Münsterländer Schneechaos November 2005).

Lokale und regionale Stromausfälle

  • Betrifft ein Stromausfall nur ein einzelnes Gerät, ist ein Defekt des Gerätes oder dessen Zuleitung anzunehmen.
  • Fällt der Strom in einem oder mehreren Zimmern oder einer Gerätegruppe aus, ist ein Auslösen der Sicherung („Durchbrennen“ der Schmelzsicherung) bzw. des Leitungsschutzschalters eines Stromkreises (seltener mehrere) oder des Fehlerstrom-Schutzschalters (RCD, häufig dreiphasig geschaltet, womit er viele Stromkreise trennt) wahrscheinlich.
  • Ist ein ganzes Haus von einem Stromausfall betroffen, könnten auch die Hauptsicherung oder eine Beschädigung der Zuleitung die Ursache sein.
  • Ist eine größere (industrielle) Anlage, z. B. eine Fabrik, von einem Ausfall des Anschlusses an das externe Stromnetz betroffen, wird dies als Schwarzfall, englisch Station blackout (SBO) bezeichnet.[2] Der Schwarzfall kann von einem Ausfall der Stromzuleitung, des Stromanschlusses oder der Steuerung der Anlage oder von einem Ausfall des übergeordneten Stromnetzes verursacht sein.
  • Sind einzelne Straßenzüge, Siedlungen oder – im ländlichen Raum – begrenzte Gebiete vom Stromnetz getrennt, liegt im Allgemeinen ein Defekt im Niederspannungsnetz (230/400 V) vor. In ländlichen Gegenden können auch Freileitungen unterbrochen oder eine Turm- oder Transformatorenstation ausgefallen sein.
  • Sind einzelne Stadtteile (Bezirke) oder in ländlichen Regionen ganze Ortschaften ausgefallen, liegen meist Unterbrechungen im sogenannten Mittelspannungsnetz vor. Eine der häufigsten Ausfallsursachen sind Bauarbeiten, in deren Rahmen 10 kV bis 30 kV führende Mittelspannungsleitungen beschädigt werden. Eine Ursache können, vor allem in ländlichen Regionen, auch direkte Blitzeinschläge in die Mittelspannungsleitungen sein, welche aus Kostengründen meist als Freileitung ausgeführt sind. Ein weiterer seltener Grund kann sein, dass Last abgeworfen werden muss, um das restliche Netz stabil zu halten. Dies gehört zu den äußersten Maßnahmen, die ein Netzbetreiber zur Stabilisierung ergreifen kann.[3]

Überregionale Stromausfälle

  • Zu netzweiten, überregionalen Stromausfällen kommt es beispielsweise, wenn die Regelung des Netzes nicht oder nicht schnell genug auf Störungen oder Veränderungen im Stromnetz reagiert. Häufigste Ursache jener Störungen ist die Missachtung des N-1-Kriteriums, welches besagt, dass zu keiner Zeit der Ausfall eines bestimmten Betriebsmittels wie einer Leitung, eines Transformators oder Generators zu einem Gesamtausfall führen darf. Weitere Ursache können unmittelbare Mehrfachfehler sein – allerdings sind diese Fehler durch den hohen Automatisierungsgrad eher selten. Blitzeinschläge sind in der höchsten Spannungsebene kaum die Ursache von Ausfällen und werden durch Überspannungsableiter an den Leitungsenden abgefangen. In manchen Fällen führen Blitzeinschläge durch die automatische Wiedereinschaltung zu kurzzeitigen Unterbrechungen einzelner Leitungen.
  • Extreme Wetterlagen, Schnee und Eis wie etwa bei dem Münsterländer Schneechaos oder im Jahr 1998 in der Region von Québec in Kanada. Zur Abhilfe können zusätzliche Einrichtungen wie der Lévis-Enteiser zur Enteisung von Freileitungen installiert werden, wenn die Eigenerwärmung der Freileitungen bei extremen Wetterlagen im Winter nicht mehr ausreicht.
  • Ein magnetischer Sturm führte 2003 zu einem einstündigen Netzausfall in Malmö.[4] Ein starker magnetischer Sturm wie der Sonnensturm von 1859 könnte einen überregionalen Stromausfall auslösen.[5]
  • Gezielte sabotierende Angriffe gegen Kraftwerke, Umverteiler oder Strommasten wie beispielsweise in der Feuernacht 1961 in Südtirol können ebenfalls zu überregionalen Stromausfällen führen.

Wenn die Stromversorgung in einem Netz vollständig zusammengebrochen ist und selbst die Kraftwerke keinen Strom mehr aus dem Netz beziehen können, so spricht man auch von einem Schwarzfall. In diesem Fall können nur schwarzstartfähige Kraftwerke wie besonders dafür vorbereitete Gasturbinenkraftwerke oder Flusskraftwerke ohne äußere Energiezuführung starten. Die Leistung jener schwarzstartfähigen Kraftwerke dient in der Folge dazu, nicht schwarzstartfähige Kraftwerke wie Kohlekraftwerke in Stufen zu starten. Manche nicht schwarzstartfähige Kraftwerke, beispielsweise Kernkraftwerke, verfügen aus Sicherheitsgründen auch über eigene schwarzstartfähige Einheiten, meist in Form von Gasturbinen, mit denen die Eigenversorgung und auch das Starten des Kraftwerks ohne äußere Energiezuführung möglich ist.

Szenario eines großen Stromausfalls

Als Anlässe für einen Stromausfall eines ganzen Gebiets werden von Energieversorgungsunternehmen meist ein Defekt in einem Kraftwerk, die Beschädigung einer Leitung, ein Kurzschluss oder eine lokale Überlastung des Stromnetzes angegeben. Diese Anlässe wären jedoch bei einer funktionierenden Regelung im Allgemeinen kein Grund für einen Stromausfall. Überregionale Stromnetze werden nach dem (n−1)-Kriterium betrieben. Das bedeutet, dass zu jeder Zeit ein elektrisches Betriebsmittel, ein Transformator, eine Leitung oder ein Kraftwerk ausfallen darf, ohne dass es zu einer Überlastung eines anderen Betriebsmittels kommen darf oder gar zu einer Unterbrechung der Energieversorgung. Nach diesem Standard müssen in Deutschland und im Gebiet der UCTE die Verbundnetze geführt werden. Kommt es allerdings –  z. B. durch einen Defekt in einem Kraftwerk –  zum gleichzeitigen Ausfall mehrerer Trafos oder Leitungen, kann es zur Unterbrechung der Stromversorgung kommen. Im korrekt betriebenen System müssen also mindestens zwei Ereignisse zusammenkommen, damit eine Versorgungsunterbrechung entstehen kann.

Das im Übertragungsnetzbetrieb gültige (n-1)-Kriterium wurde ursprünglich für Systeme mit lokaler Netzabdeckung und geringen Transportentfernungen entwickelt. Gegen großflächige und überregionale Netzausfälle (Blackouts), deren Häufigkeit und Ausmaße weltweit zunehmen, erweist sich dieses Kriterium als unwirksam.[6] In den Dekaden zwischen 1965 und 1995 traten großflächige Netzausfälle noch vereinzelt auf, nach 2005 waren es im Durchschnitt 14 Ereignisse im Jahr.[7] Sie haben ihre Gründe im Mehrfachversagen, kaskadierenden Fehlern im Netz und werden u. a. auf die hohe Auslastung des Übertragungsnetzes (was zu Einschränkungen der Netzerneuerungen, Netzverstärkungen und Erweiterungen führt), die unstete Einspeisung aus regenerativen Energiequellen und die Verletzlichkeit großer Übertragungsstrecken vom Erzeuger bis zum Verbraucher zurückgeführt. Die Abschaltung der 7 + 1 Kernkraftwerke im März 2011 verschärfte diese Situation durch Wegfall von Leistung in Süddeutschland.

Die Untersuchungen der Ursachen der weltweit aufgetretenen Blackouts zeigen als wesentliche Ursachenkomplexe: Die Privatisierung und Liberalisierung führten zur Vernachlässigung der Netze und deren Infrastrukturen; der verstärkte Zuwachs von erneuerbarer Energie bewirkt die Instabilität des Netzes.[8]

Auswirkungen

Lässt sich für den momentanen Bedarf im eigenen Netz nicht genügend Energie aktivieren, z. B. bei Ausfall der Netzregelung, sinkt insbesondere die Netzfrequenz, denn die Lastdifferenz wird zunächst aus der kinetischen Energie aller rotierenden Massen in den Generatoren gedeckt. Dieser Fall wird als Unterfrequenz bezeichnet und ist im Westeuropäischen Verbundnetz (UCTE-Regelzone) in fünf Stufen unterteilt: Dabei wird neben der kurzfristigen Aktivierung von Reserven insbesondere der automatische Lastabwurf vollzogen.

Kann dadurch keine Stabilisierung erreicht werden, erfolgt als letzte Konsequenz eine Auftrennung in mehrere, zueinander asynchrone Netzbereiche, zwischen denen kein Leistungsfluss mehr stattfindet. In einzelnen Netzbereichen kommt es damit zu totalen Ausfällen, da sich die Kraftwerke automatisch vom Netz trennen. Größere kalorische Kraftwerke (Grundlastkraftwerke) wie Kohlekraftwerke oder Kernkraftwerke versuchen, sich bei Netztrennung durch Reduktion der Leistung im Eigenbedarf zu fangen und diesen nicht optimalen Betriebszustand für einige Stunden aufrecht zu halten. Gelingt dieses Auffangen und Halten im Eigenverbrauch des Kraftwerks nicht, werden die betroffenen Kraftwerksblöcke abgeschaltet, was zu einem längeren Prozess der Wiederinbetriebnahme führt.

Folgen

Die Netzanschlüsse sind auf unterschiedliche lokal getrennte Umspannwerke geschaltet, um beim Ausfall eines Umspannwerks über das andere weiter mit Strom versorgt werden zu können. Das übergeordnete Netz ist bei beiden Umspannwerken in der Regel dasselbe, so dass sich eine Störung dort auch auf beide Anschlüsse auswirkt. Viel wichtiger ist z. B. in Krankenhäusern die Verwendung einer Anlage zur unterbrechungsfreien Stromversorgung (USV).

Im Bereich der EDV können Stromausfälle zum Verlust nicht gesicherter Daten sowie im Einzelfall zur Beschädigung von Geräten führen. Einzelne Geräte können bei Stromausfall noch Meldungen an andere Geräte absetzen, z. B. ein Dying-Gasp-Signal.

Schwerwiegende wirtschaftliche Schäden können auch in Industriebetrieben entstehen, die auf eine fortwährende Energiezufuhr angewiesen sind und einen Produktionsprozess nach einer Leistungsunterbrechung nicht ohne Weiteres fortführen können (etwa die chemische Industrie, Lebensmittelverarbeitung usw.).

Auch im privaten Bereich können vor allem längere Stromausfälle unangenehme Folgen haben:[9]

  • Beleuchtung: Elektrisches Licht, Ampeln, Signale fallen aus, ebenso elektrische Rollladenantriebe.
  • Mobilität: Aufzüge, Skilift, Seilbahn oder Parkhausschranken fallen aus, genauso wie Abfahrtsanzeigen des öffentlichen Verkehrs. Eisenbahnen haben zum Teil eigene Stromversorgungsnetze. Akkus für Radbeleuchtung oder Taschenlampen können nicht mehr so einfach aufgeladen werden.
  • Wärme: Die Heizung/Lüftung bzw. Klimaanlage fällt aus, Elektroheizungen, aber auch Öl-, Gas- und Pellets-Zentralheizungen haben ohne elektrischen Strom keine Steuerung, keinen Zündfunken und keine Umwälzpumpe. Wäsche kann nur noch an Luft trocknen.
  • Lebensmittel: Lebensmittel werden im Kühl- sowie Gefrierschrank nicht länger gekühlt und können bei einem längeren Stromausfall verderben bzw. auftauen.
  • Kochen: Elektroherd, Mikrowelle, Kaffeeautomat, Wasserkocher usw. funktionieren ohne den elektrischen Strom nicht.
  • Nachrichten: Rundfunk und Fernsehen mit Netzspannung funktionieren nicht. Radiogeräte mit Akkus oder Batterien funktionieren unter Umständen, sofern die Sendeanlagen nicht vom Stromausfall betroffen sind.
  • Kommunikation: Mobiltelefonie, Festnetz sowie Computer und Internet stehen bei längeren Stromausfällen nur eingeschränkt oder gar nicht zur Verfügung.
  • Geld: Geldautomaten von Banken sind meistens nicht funktionsfähig.
  • Einkaufen: In Supermärkten gibt es meist Einschränkungen, da weder Kassen noch die Kühlung der Lebensmittel funktionieren, wenn kein Notstromaggregat vorhanden ist. Getränkebonier- und -zapfsysteme in der Gastronomie fallen aus. Elektrische Schiebe- und Drehtüren sind funktionsunfähig.
  • Treibstoff: Die meisten Tankstellen haben weder einen eigenen Stromerzeuger noch eine Einspeisevorrichtung für einen Stromerzeuger. Ohne Strom funktionieren die Pumpen nicht, die die Zapfsäulen und Zapfhähne mit dem Treibstoff aus den unterirdischen Tanks speisen.
  • Wasser: Bei einem längeren Stromausfall fallen Trinkwasseraufbereitung und Abwasserentsorgung mit Pumpen aus. Bei Wasserversorgungsnetzen, welche durch das natürliche Gefälle und ohne Pumpen betrieben werden (wie bei der Wiener Wasserversorgung über die Hochquellenwasserleitungen), hat ein Stromausfall auf die Versorgung nur geringe Auswirkung.
  • Sicherheit: Türsprechanlagen und Türöffner, Zutritts-Sicherungssysteme, Alarmanlagen, Feuermelder und Warnlichter für Flugverkehr auf hohen Bauwerken funktionieren nur, falls und solange Akkus oder Notstromsysteme ersatzweise liefern. Krankenhäuser haben hierzulande Notstromaggregate und besonders kritische Bereiche wie Operationssaal und Intensivmedizin haben eine Unterbrechungsfreie Stromversorgung. Fluchtwegmarkierungsleuchten in größeren (Wohn-) Gebäuden sind meist einzeln akkugestützt und leuchten eine Zeitlang.

Eine Studie des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) kommt zu dem Ergebnis, dass durch einen langandauernden und großflächigen Stromausfall alle kritischen Infrastrukturen betroffen wären und ein Kollaps der gesamten Gesellschaft kaum zu verhindern wäre. Trotz dieses Gefahren- und Katastrophenpotenzials sei ein diesbezügliches gesellschaftliches Risikobewusstsein nur in Ansätzen vorhanden.[10]

Notstrombetrieb

Kritisch sind Stromausfälle besonders für Krankenhäuser, da diese Strom zum Betrieb medizinischer Geräte benötigen. Aber auch sicherheitsrelevante Systeme (wie Radargeräte der Flugsicherung, Ampeln oder Signalanlagen der Eisenbahn) oder andere Versorger (wie Wasserwerke, Gaswerke oder Telekommunikationsunternehmen) benötigen Strom zum Arbeiten. Aus diesem Grund verfügen beispielsweise Krankenhäuser und andere kritische Einrichtungen ebenso wie viele Unternehmen über Notstromaggregate, die häufig mit Dieselgeneratoren betrieben werden und sich automatisch zuschalten, sobald ein Stromausfall eintritt (Allgemeine Ersatzstromversorgung). Zusätzlich verfügen viele Einrichtungen über mehrere Netzanschlüsse an (weitgehend) unabhängige Netze.

Der Zeitraum, der im Notstrombetrieb überbrückt werden kann, unterscheidet sich stark. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll zur Information der Bevölkerung mindestens 3 Tage sendefähig bleiben – beim Rundfunk Berlin-Brandenburg sind es zum Beispiel 8 Tage, allerdings auf nur einer Hörfunkwelle anstatt der im Normalbetrieb sechs Frequenzen.[11]

Telekommunikation

Die zentralen Telekommunikationseinrichtungen und Hauptvermittlungsstellen sind durchgängig für den längeren Notstrombetrieb vorbereitet. Die Ortsvermittlungsstellen, die bei Kupferkabeln die Endgeräte mit Strom versorgen können, sind dagegen meist nur mit Pufferbatterien für 4 Stunden ausgelegt. Bei längerfristigem Ausfall werden daher dort nur noch wenige Endstellen und insbesondere öffentliche Telefonzellen weiterbetrieben. Die Mobilfunknetze arbeiten bei Stromausfall mit Notstromakkus. So kann zwar ein Weiterbetrieb über etwa einen Tag sichergestellt werden, jedoch nur auf einem stark verringerten Kanalangebot. Für den BOS-Funk ist eine Batteriepufferung von mindestens 12 Stunden vorgesehen,[12] die den vollständigen Betrieb aller Endgeräte sicherstellt; danach kann es auch dort zur Einschränkung der Vermittlungsfähigkeit kommen.

Volkswirtschaftliche Kosten

Ein großer Teil der Folgen beinhaltet, dass in der betroffenen Volkswirtschaft Teile der Wertschöpfung für einen gewissen Zeitraum ausfallen. Wirtschaftsminister Philipp Rösler sagte im Mai 2011 dazu: „In Studien wird die Schadenshöhe eines Blackouts mit mindestens 6,50 Euro je Kilowattstunde angegeben. Wir verbrauchen etwa 1,6 Milliarden Kilowattstunden am Tag. Das tägliche Bruttoinlandsprodukt in Deutschland beträgt etwa 6 Milliarden Euro. Wenn in ganz Deutschland einen Tag lang der Strom ausfiele und nichts mehr produziert werden könnte, wäre das also schon ein erheblicher Schaden. Hinzu kämen indirekte Kosten.“[13]

Eine Studie der Technischen Universität Berlin aus dem Jahr 2011 schätzt diese volkswirtschaftlichen Kosten im gewichteten Mittel auf mindestens 8,50 Euro/kWh. Die Kosten der einzelnen Verbrauchergruppen werden dabei auf mindestens folgende Werte geschätzt:[14]

Landwirtschaft Industrie Dienstleistungen Öff. Verwaltung Haushalte
2,34 EUR/kWh 2,49 EUR/kWh 16,35 EUR/kWh 5,53 EUR/kWh 15,70 EUR/kWh

Genau genommen sind alle Zahlen hypothetisch, da die tatsächlichen Schäden außer die Nichterbringbarkeit von Leistungen kaum abschätzbar sind. Das Hamburger Weltwirtschafts-Institut (HWWI) kam 2013 etwa zu dem Schluss:

  • Es gibt ein wachsendes Risikopotential
  • Die Studie beschränkt sich bewusst auf Stromausfälle einer Länge von nicht mehr als einer Stunde.
  • Schwer abzuschätzende Kosten bei längeren Ausfällen, wie beispielsweise durch die Unterbrechung der Lieferketten oder den Ausfall von Kühlsystemen, werden damit aus der Analyse ausgeklammert.[15]

Aus einem österreichischen bzw. in Folge europäischen Forschungsprojekt stammt der Blackout-Simulator,[16] mit dem eine Kostensimulation (Nichtverfügbarkeit von Leistungen) durchgeführt werden kann. Hierbei können jedoch keine Schäden in Folge eines Blackouts berücksichtigt werden.

Stromausfall in Kernkraftwerken („Schwarzfall“)

Zur Absicherung gegen externe Netzausfälle müssen die Kernkraftwerke (KKW) in Deutschland nach der kerntechnischen Regel „KTA 3701“[17] über mindestens zwei netzseitige Versorgungsmöglichkeiten sowie – bei Ausfall der externen Netze – über eine automatische Umschaltung auf Eigenbedarfsleistung des Kraftwerkes (Lastabwurf auf Eigenbedarfsleistung) verfügen. Erst bei Ausfall dieser drei Einspeisewege tritt der Notstromfall ein, der durch das redundante Notstromsystem des Kraftwerkes abgesichert wird, das den Strombedarf für die redundanten Nachkühlpumpen für die Nachwärmeabfuhr abdeckt. Der Notstromfall ist in den „Probabilistischen Sicherheitsanalysen (PSA)“ der KKW ein expliziter Untersuchungsfall („auslösendes Störfallereignis“) und wird in [18] mit einer Eintrittshäufigkeit von H = 2,5 × 10−2/Jahr angegeben.

Verschiedentlich hatten KKW aber bereits mit Problemen zu kämpfen, die das ordnungsgemäße Funktionieren dieser Notstromaggregate respektive deren Zuschalt-Vorrichtungen betrafen. Am bekanntesten diesbezüglich sind wohl die Nuklearunfälle von Fukushima und die Störfälle von 2006 im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark. Ähnliche Vorfälle ereigneten sich 1975 im Kernkraftwerk Greifswald, 1982 im belgischen Kernkraftwerk Doel, 1999 im französischen Kernkraftwerk Blayais, 2000 im New Yorker Kernkraftwerk Indian Point 2, 2001 im taiwanesischen Kernkraftwerk Maanshan, 2004 im Kernkraftwerk Biblis, 2007 im französischen Kernkraftwerk Dampierre und Kernkraftwerk Penly und schweizerischen Kernkraftwerk Beznau 1 und 2011 im französischen Kernkraftwerk Tricastin.

Am 26. April 1986 übte das Bedienungspersonal des Kernkraftwerks Tschernobyl das Beherrschen eines Kernreaktors (Block 4) bei einem vollständigen Stromausfall. Dabei kam es auf Grund schwerwiegender Verstöße gegen die geltenden Sicherheitsvorschriften und wegen der bauartbedingten Eigenschaften des mit Graphit moderierten Kernreaktors zu einem unkontrollierten Leistungsanstieg, der zum Brand und zur Explosion des Reaktors (Katastrophe von Tschernobyl) führte.

Zuverlässigkeit der Stromversorgung in der Bundesrepublik Deutschland

Ausfallzeiten in verschiedenen Ländern

Die Bundesnetzagentur (BNetzA) hat in ihrer Verfügbarkeitsstatistik für das Jahr 2014 ermittelt, dass die Nichtverfügbarkeit von elektrischer Energie bei 12 Minuten und 28 Sekunden lag, was der niedrigste Wert seit Beginn der systematischen Messungen war. 2013 lag der Wert bei über 15 Minuten, 2008 bei 16,89 Minuten[19]

2006 hatte er bei über 20 Minuten gelegen. Obwohl häufig befürchtet, ist ein nennenswerter Einfluss der Energiewende bzw. der dezentralen Einspeisung Erneuerbarer Energien auf die Versorgungssicherheit weiterhin nicht feststellbar.[20][21] Mit einer durchschnittlichen Nichtverfügbarkeit von Strom von 15,91 Minuten für Endverbraucher war Deutschland im Jahr 2012 das Land mit der höchsten Versorgungssicherheit.[22]

Stromausfälle im Bahnstromnetz und im öffentlichen Netz haben fast nie wechselseitige Auswirkungen, weil beide Systeme weitgehend unabhängig voneinander betrieben werden.


Mit dem SAIDI (System Average Interruption Duration Index) kann eine international anerkannte Aussage über die Qualität des Stromnetzes getroffen werden.

SAIDI-Werte für Deutschland 2006–2012

Die Zuverlässigkeit des Verbundnetzes wird heute – wie die Erfahrungen aus den zurückliegenden Netzausfall-Ereignissen zeigen – durch das Risiko von Mehrfachfehlern (kaskadierende Fehler) im Netz bestimmt. Der Systemindex (SAIDI) liefert hierüber keine Aussagen.[6][7][8]

Allgemeindaten Niederspannung Mittelspannung SAIDI
Berichtsjahr Anzahl Netzbetreiber/Netze Letztverbraucher (in Mio.) Anzahl Unterbrechungen (insg. in Tsd.) SAIDI (Minuten) Anzahl Unterbrechungen (insg. in Tsd.) SAIDI (Minuten) SAIDI (Minuten) Nichtverfügbarkeit in %
2014 874/884 49,6 147,8 2,19 26,0 10,09 12,28 0,0023 %
2013 868/878 49,5 151,4 2,47 27,8 12,85 15,32 0,0029 %
2012 866/883 49,3 159,0 2,57 32,0 13,35 15,91 0,0030 %
2011 864/928 48,9 172,0 2,63 34,7 12,68 15,31 0,0029 %
2010 890/963 49,0 169,2 2,80 37,1 12,10 14,90 0,0028 %
2009 821/842 48,4 163,9 2,63 35,1 12,00 14,63 0,0028 %
2008 813/834 48,4 171,5 2,57 36,6 14,32 16,89 0,0032 %
2007 825 48,5 196,3 2,75 39,5 16,50 19,25 0,0037 %
2006 781 48,5 193,6 2,86 34,4 18,67 21,53 0,0041 %

Daten: Bundesnetzagentur[23]

Stromausfall in den Medien

Der Roman Blackout – Morgen ist es zu spät von Marc Elsberg beschreibt die katastrophalen Auswirkungen eines großflächigen Stromausfalls in Europa über zwei Wochen.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Stromausfall – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Was ist ein Brownout? In: www.next-kraftwerke.de. Abgerufen am 20. Juli 2016.
  2. US Legal Definition „Station blackout“
  3. Stromausfallgefahr wächst – Ursachen für einen Stromausfall
  4. Halloween Space Weather Storms of 2003, NOAA Technical Memorandum OAR SEC-88, Space Environment Center, Boulder, Colorado, Juni 2004, Seite 37, abgerufen 17. Dezember 2013
  5. Wie gefährlich sind koronale Massenauswürfe? Ein Rückblick auf das Carrington-Event von 1859
  6. 6,0 6,1 [1], Bundesnetzagentur.
  7. 7,0 7,1 Marko Čepin (University of Ljubljana): Assessment of Power System Reliability: Methods and Applications, Springer, 2011.
  8. 8,0 8,1 Power Blackout Risks – Risk Management Options – Emerging Risk Initiative (PDF; 2,0 MB)
  9. Flyer des BBK Stromausfall, Vorsorge und Selbsthilfe (PDF) – Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
  10. Petermann, Th. et al: Was bei einem Blackout geschieht. Folgen eines langandauernden und großräumigen Stromausfalls. edition sigma, Berlin 2011, ISBN 978-3-8360-8133-7 (Studien des Büros für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag 33)
  11. https://www.drk-wb.de/download-na.php?dokid=16233
  12. http://www.stmi.bayern.de/imperia/md/content/stmi/sicherheit/feuerwehr/kommunikation/npol_bos_grundsatz_ims_09_12_04_c.pdf
  13. Interview vom 28. Mai 2011, faz.net
  14. Praktiknjo, A., Hähnel, A., Erdmann, G.: Assessing energy supply security: Outage cost in private households. Energy Policy. (39) 2011. doi:10.1016/j.enpol.2011.09.028
  15. Licht ins Dunkel: Eine Schätzung potenzieller Schäden aus Stromausfällen in Deutschland, HHWWI Update | Ausgabe 09 2013
  16. Blackout-Simulator
  17. Übergeordnete Anforderungen an die elektrische Energieversorgung in Kernkraftwerken (PDF; 100 kB), KTA 3701, April 2004.
  18. Bewertung des Unfallrisikos fortschrittlicher Druckwasserreaktoren in Deutschland (PDF; 8,5 MB), GRS, GRS-175, Okt. 2002 (Kap. 5.1 Auslösende Ereignisse).
  19. Bundesnetzagentur: Weiterhin hohe Versorgungssicherheit in deutschen Elektrizitätsnetzen (PDF)
  20. 12 Minuten ohne Strom. In: Süddeutsche Zeitung, 21. August 2015. Abgerufen am 21. August 2015.
  21. Bundesnetzagentur: Pressemeldung vom 21. Oktober 2016 Zitat: „Die Energiewende und der steigende Anteil dezentraler Erzeugungsleistung haben weiterhin keine negativen Auswirkungen auf die Versorgungsqualität.“
  22. Christoph Pieper et al, Die wirtschaftliche Nutzung von Power-to-Heat- Anlagen im Regelenergiemarkt. In: Chemie Ingenieur Technik 87, Issue 4, (2015), 390–402, S. 390, doi:10.1002/cite.201400118.
  23. Bundesnetzagentur: Versorgungsqualität – SAIDI-Wert 2012
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