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Strahlenexposition

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Als Strahlenbelastung oder auch Strahlenexposition bezeichnet man die Einwirkung von ionisierender Strahlung auf Lebewesen oder auf Materie. Im Gegensatz zum Begriff Strahlenexposition setzt Strahlenbelastung im Sprachgebrauch des Strahlenschutzes eine schädigende Wirkung voraus.

Quantifizierung der Strahlenexposition

Natürliche und künstliche Strahlenbelastungen

Zur Quantifizierung der Strahlenexposition von Menschen verwendet man den Begriff der Strahlendosis.

Als Energiedosis D (SI-Maßeinheit Gy) bezeichnet man die spezifische Energiemenge, die von einer bestimmten Materiemenge durch Absorption der Strahlung aufgenommen wird. Wird von einem Organ mit einer Masse mT (SI-Maßeinheit kg) eine bestimmte Energie E (SI-Maßeinheit J) absorbiert, so wird der Quotient als Organenergiedosis DT,R bezeichnet:

Um die Wirkung der Strahlung auf den menschlichen Körper auszudrücken, reicht die Angabe der Energiedosis nicht aus, da die verschiedenen Strahlungsarten bei gleicher Energiemenge im Körpergewebe unterschiedliche biologische Wirkungen haben. Die biologischen Wirksamkeiten werden durch Strahlungswichtungsfaktoren berücksichtigt. Das Produkt aus Organenergiedosis und Wichtungsfaktor heißt Organdosis (früher Äquivalentdosis). Die SI-Maßeinheit ist das Sv. Anzumerken ist, dass die Wichtungsfaktoren (zum Beispiel für Belastung durch Neutronenstrahlung) nicht unumstritten sind.

Als dritter Schritt in diesem komplexen System von Begriffen und Maßeinheiten ist noch die unterschiedliche Strahlenempfindlichkeit der Organe und Gewebe zu berücksichtigen. Die Haut des Menschen ist beispielsweise weniger empfindlich gegenüber einer Strahlenexposition als verschiedene innere Organe. Daher führt man den Begriff der effektiven Dosis ein, bei der durch organspezifische Faktoren deren Empfindlichkeiten Rechnung getragen wird. Die effektive Dosis ist die Summe der gewichteten Organdosen aller einzelnen Organe und ein Maß für das Risiko, das durch die Strahlung verursacht wird. Die Angabe einer Strahlendosis ohne genauere Bezeichnung bezieht sich meistens auf die effektive Dosis. Mit der effektiven Dosis wird das Auftreten von stochastischen Strahlenschäden quantifiziert.

Vereinfacht gesagt wird also aus der vom Körper aufgenommenen Energiedosis durch Gewichtung der biologischen Gefährlichkeit der Strahlenart und der Gefährdung der belasteten Organe die Rechengröße effektive Dosis ermittelt. Dieser Wert kann verwendet werden, um die Folgen der Strahlenbelastung abzuschätzen.

Die Strahlenbelastung wird in Europa auf der Basis von Artikel 35 des Euratom-Vertrags (EAGV) beziehungsweise § 2 Absatz 1 des Strahlenschutzvorsorgegesetzes (StrVG) in Deutschland, mit Hilfe von Gamma-Ortsdosisleistungs-Messnetzen erfasst. In Deutschland betreibt das Bundesamt für Strahlenschutz hierzu das ODL-Messnetz mit etwa 1800 Sonden. Die radiologische Gefährdungslage beschreibt die Bewertung der Gefahren radioaktiver Strahlung.

Strahlenexposition durch natürliche Quellen

Strahlenexposition in Deutschland

Die gesamte Welt und damit auch die Menschen sind ständig ionisierender Strahlung ausgesetzt. Die Ursache dafür sind natürliche Strahlenquellen, die unabhängig vom Menschen entstanden sind und existieren. Aus dem Weltall gelangt kosmische Strahlung auf die Erde. Aufgrund der schützenden Lufthülle ist die Stärke von der Höhenlage abhängig. Im Durchschnitt führt die kosmische Strahlung am Boden zu einer effektiven Dosis von etwa 300 µSv pro Jahr. Reist man mit einem Flugzeug, so reduziert sich die Schutzwirkung der Lufthülle, in Abhängigkeit von Flughöhe und geographischen Breite des Fluges, im Innern eines Flugzeuges in 10 bis 12 Kilometer Höhe sind 5 µSv pro Stunde eine typische Dosisleistung.[1] Bei einem Flug von Frankfurt nach Tokio wird man dadurch einer Strahlenbelastung in der Größenordnung von 60 µSv (beim Flug in niedrigen Breiten, etwa über Indien) bis über 100 µSv (beim Flug über den Pol, wo das Erdmagnetfeld weniger schützend ist) ausgesetzt.[1][2] Wegen der kosmischen Strahlung (Höhenstrahlung) zählt das fliegende Personal zu den Berufsgruppen mit der höchsten mittleren Strahlenexposition. Mit durchschnittlich 2,35 Millisievert effektiver Dosis pro Person lag die mittlere Strahlenexposition im Jahr 2009 um 20 Prozent höher als noch 2004. Die Bandbreite reichte von weniger als 0,2 Millisievert bis zu Spitzenwerten von sieben Millisievert pro Jahr. Die Höhenstrahlung veränderte sich während eines etwa elfjährlichen Zyklus mit der Sonnenaktivität und hat im Zeitraum von 2004 bis 2009 deutlich zugenommen.[3]

Eine weitere Strahlungsquelle sind die natürlichen Radionuklide in den Böden und Gesteinen der Erdkruste, die als terrestrische Strahlung bezeichnet wird. Ursache sind Radionuklide, die vor der Entstehung des Sonnensystems gebildet wurden und nun aufgrund ihrer langen Halbwertzeit noch übrig geblieben sind. So können beispielsweise Monazit-Minerale hohe Gehalte von Uran und Thorium aufweisen.

Aus dem Boden gelangen die natürlichen Radionuklide in Wasser, Pflanzen und Tiere und damit in die Nahrung des Menschen. Alle Nahrungsmittel und auch das Wasser enthalten geringe Konzentrationen natürlicher Radionuklide. Am häufigsten ist das radioaktive Element 40K. So enthält jeder Mensch selbst eine gewisse Menge natürlicher Radionuklide. Diese sind die Ursache für eine Aktivität von etwa 9.000 Becquerel (Bq) im Körper eines durchschnittlichen Menschen.[4]

Eine besondere Stellung unter den natürlichen Radionukliden nimmt das Radon ein. 222Rn ist ein radioaktives Edelgas, das aus dem Boden stammt und in geringer Konzentration praktisch überall vorkommt. Es entsteht aus dem Zerfall von Uran und zerfällt selbst in eine Reihe weiterer Nuklide. Im Freien wird es rasch verdünnt, in Wohnungen kann es sich jedoch unter Umständen zu höheren Konzentrationen anreichern, insbesondere in einigen Gebieten Deutschlands, in denen besondere geologische Verhältnisse existieren. Die durchschnittliche Radonkonzentration in Wohnungen beträgt in Deutschland etwa 50 Bq/m³, in Österreich sind 400 Bq/m³ als Richtwert (wobei in zahlreichen Gegenden der Wert höher liegt), für Neubauten 200 Bq/m³ als Planungsrichtwert angegeben (ÖNORM S5280-2,3 und Natürliche Strahlenquellen-Verordnung NatStrV).[5]

Insgesamt beträgt die effektive Dosis des Menschen durch natürliche Quellen etwa 2,4 mSv pro Jahr, etwa die Hälfte davon wird durch das Radon verursacht. Der Wert schwankt jedoch regional und liegt in Deutschland zwischen ein und fünf Millisievert pro Jahr, in Österreich liegt die Belastung mit ionisierender Strahlung durchschnittlich bei etwa 100 nSv/h (70–200 nSv/h, Alarmpegel der Ortsdosisleistung ist 300 nSv/h), die Dosis also bei etwa 1 mSv/Jahr; einschließlich Radon sind es etwa 2,5 mSv/Jahr.[6] Innerhalb Europas gibt es Dosen bis etwa 10 mSv pro Jahr. Die höchste natürliche Strahlenbelastung weltweit findet sich im iranischen Ramsar mit einer jährlichen effektiven Dosis von ca. 200 mSv.[7]

Übersicht: Kosmische Strahlung

Zunahme der Strahlenexposition durch kosmische Strahlung mit der Höhe, Abnahme des terrestrischen Anteils
Höhe über dem Erdboden Effektive Dosis im Jahr
300 km (außerhalb des Space Shuttles) 400…500 mSv (bei ruhiger Sonne)
300 km (Space Shuttle) 100…200 mSv (bei ruhiger Sonne)
10 km (Flugzeug-Reisehöhe) 40 mSv (bei Daueraufenthalt)
3800 m 1,8 mSv
3000 m 1 mSv
2000 m 0,6 mSv kosmisch + ca. 1 mSv terrestrisch
0 m 0,3 mSv kosmisch + 0,5 – 2 mSv terrestrisch
Geschätzte Strahlenexposition pro Jahr im Weltall
Aufenthaltsort im All Effektive Dosis im Jahr
interstellar 300…700 mSv
interplanetar ≈ 200 mSv (bei ruhiger Sonne)
Mond ≈ 100 mSv (bei ruhiger Sonne)

Strahlenbelastung pro Jahr von Bauteilen im Weltraum:

Strahlenexposition durch künstliche Quellen

Bildgebende Verfahren in der Medizin

Mit der Entwicklung von Industrie, Forschung und Medizin hat sich der Mensch in zunehmendem Maße radioaktive Stoffe und ionisierende Strahlung nutzbar gemacht. Diese sind Ursache einer zusätzlichen, so genannten zivilisatorischen Strahlenexposition. Der weitaus größte Teil davon ist der Medizin zuzurechnen, vor allem der diagnostischen Anwendung der Röntgenstrahlung und in der Nuklearmedizin. Bei den meisten Untersuchungen treten Dosen auf, die mit jenen vergleichbar sind, die der Mensch seit jeher durch natürliche Strahlenquellen aufnimmt. Insgesamt beträgt die effektive Dosis durch medizinische Anwendungen im Durchschnitt etwa 1,9 mSv pro Jahr. Den höchsten Anteil an der medizinischen Strahlenexposition hat die Computertomographie. 6,1 % aller medizinischen Aufnahmen sind vom Computertomographen, der Anteil an der Strahlenexposition liegt aber bei 51,9 %. Eine Computertomographie des Bauchraumes führt zu einmaligen Expositionsdosen von 10–25 mSv.

In einer retrospektiven Kohortenstudie wurden in den Regionen Arizona, Dallas, Orlando, Florida und Wisconsin zwischen 1. Januar 2005 und 31. Dezember 2007 die kumulativen effektiven Strahlendosen von 952.420 Personen zwischen 18 und 64 Jahren errechnet. In diesem Zeitraum unterzogen sich 655.613 Versicherte (68,8 %) mindestens einem bildgebenden medizinischen Verfahren mit Strahlenexposition. Die durchschnittliche kumulative effektive Dosis durch die Bildgebung betrug 2,4 ± 6,0 mSv pro Versicherten und Jahr. Einer moderaten effektiven Dosis zwischen 3 und 20 mSv waren 193,8 pro 1000 Versicherten und Jahr ausgesetzt. Dies entspricht der Größenordnung, wie sie bei berufsmäßig strahlenexponierten Personen im Gesundheitswesen und in der Nuklearindustrie, die sich unter laufender Kontrolle befinden, erreicht werden darf. Bei Patienten erfolgt diese Kontrolle allerdings nicht. Hohe effektive Expositionen zwischen 20 und 50 mSv wurden bei 18,6 und sehr hohe Belastungen über 50 mSv bei 1,9 pro 1000 Versicherten und Jahr errechnet. Im Allgemeinen beobachtete man eine Zunahme der Strahlendosis mit zunehmendem Lebensalter, wobei Frauen noch stärker belastet waren als Männer. Computertomografien und nuklearmedizinische Untersuchungen trugen zu 75,4 % zur kumulativen effektiven Dosis bei. 81,8 % der gesamten Strahlendosis wurde bei ambulanten Untersuchungen appliziert.[8]

Deutschland nimmt mit etwa 1,3 Röntgenaufnahmen pro Einwohner und Jahr einen Spitzenplatz ein. Die medizinische Anwendung von ionisierender Strahlung führt zu einer zusätzlichen Strahlenexposition von grob 2 mSv/a pro Einwohner. Auf diese lassen sich theoretisch 1,5 % der jährlichen Krebsfälle zurückführen.[9]

Kerntechnische Anlagen

Ein weiterer, allerdings sehr geringer Teil der zivilisatorischen Strahlenexposition ist auf den Normalbetrieb von kerntechnischen Anlagen, beispielsweise Kernkraftwerken, zurückzuführen. Technisch bedingt gelangen beim Betrieb von Kernkraftwerken geringe Mengen radioaktiver Stoffe über den Kamin in die Luft oder werden über das Kühlwasser in die Umgebung abgegeben. Die daraus resultierende effektive Dosis liegt im Mittel unter 10 µSv pro Jahr, also weit unterhalb der natürlichen Strahlenexposition.[10] [11] Dennoch sind laut einer Studie, deren Ergebnis das Bundesamt für Strahlenschutz bestätigt, in der Nähe von deutschen Kernkraftwerken (Umkreis von 5 km) bei Kindern unter 5 Jahren häufiger Leukämieerkrankungen zu beobachten als im statistischen Mittel. Aufgrund der geringen radioaktiven Abgabe von Leistungsreaktoren (Faktor 1.000 zu niedrig) kann der Befund nicht mit den Leistungsreaktoren als Alleinverursacher erklärt werden. Um die Ursache dieses Zusammenhangs erklären zu können, sind weitere Untersuchungen notwendig.[12][13]

Forscher der Internationalen Agentur für Krebsforschung haben Daten von 308.000 Nukleararbeitern, darunter 40.000 Frauen, aus Frankreich, Großbritannien und den USA analysiert. Ihre Gesundheit war durchschnittlich 27 Jahre lang kontrolliert worden.[14] Die Personendosis betrug im Mittel jährlich 1,74 Millisievert, woraus mittlere Organdosen für das rote Knochenmark von 1,1 Millisievert im Jahr und 16 Millisievert für das Berufsleben abgeschätzt wurden.[15] Das Risiko, an Leukämie zu sterben, erhöhte sich für die betroffene Personengruppe um knapp fünf Prozent gegenüber dem Risiko von nicht strahlenexponierten Personen (relatives Risiko 1,05).

Deutlich größer können die Belastungen bei gravierenden Unfällen sein. Für das erste Jahr nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl wurde eine zusätzliche durchschnittliche effektive Dosis von 1,0 mSv in Bayern und 0,1 mSv in Nordrhein-Westfalen errechnet. Die derzeitige zusätzliche Strahlenexposition in Deutschland durch den Reaktorunfall beträgt noch ca. 16 µSv/a.

Kohleförderung und Kohlenutzung

Wenn man von kerntechnischen Unfällen absieht (der bislang wohl folgenschwerste 1986 in Tschernobyl kontaminierte weite Teile Europas), ist die Strahlenbelastung von Menschen durch Förderung und Verbrennung von Kohle deutlich höher als diejenige durch Kernkraftwerke. Kohle aller Lagerstätten enthält Spuren verschiedener radioaktiver Substanzen, vor allem von Radon, Uran und Thorium. Bei der Kohleförderung, vor allem aus Tagebauen, über Abgase von Kraftwerken oder über die Kraftwerksasche werden diese Substanzen freigesetzt und tragen über ihren Expositionspfad zur künstlichen Strahlenbelastung bei. Dabei gilt die Bindung an Feinstaubpartikel als besonders kritisch. In der Umgebung von Kohlekraftwerken können teilweise höhere Belastungen gemessen werden als in der Nähe von Kernkraftwerken. Die weltweit jährlich alleine für die Stromerzeugung verwendete Kohle enthält unter anderem etwa 10.000 t Uran und 25.000 t Thorium.[16] Nach Schätzungen des Oak Ridge National Laboratory werden durch die Nutzung von Kohle von 1940 bis 2040 weltweit 800.000 t Uran und 2 Mio. t Thorium freigesetzt werden.[17] [18] [19]

Förderung von Öl und Gas

siehe Radioaktiver Abfall#Entsorgung ohne genauen Nachweis

Elektrotechnische Quellen

Elektrotechnische Anlagen können neben niederfrequenter elektromagnetischer Strahlung (siehe Elektromagnetische Umweltverträglichkeit) auch ionisierende Strahlung aussenden. Bis in die 1980er Jahre waren der Schutz und die Schutzvorschriften gegen Röntgenstrahlung aus militärischen Radargeräten unzureichend (Näheres siehe hier).

Andere technische Quellen

Kernwaffentests fallen mittlerweile mit ca. 5 µSv (in Deutschland) nicht mehr stark ins Gewicht. In den 1960er Jahren dagegen war die Strahlenexposition für Mitteleuropäer höher als nach dem Unfall in Tschernobyl.

In technischen Messsystemen werden ionisierende Partikel (Ölbohrtechnik für die Exploration und kompakte Strahler für Werkstoffmessungen) eingesetzt. Deren Handhabung erzeugt radioaktiven Abfall, der bei unkontrollierter Entsorgung oder Deponie die Umwelt gefährdet oder vergiftet. Bekanntes triviales Beispiel waren die früher üblichen Zifferblätter von Armbanduhren mit Leuchtfarbe, die durch Radiumzusatz angeregt wurde, die Starter von Energiespar-Leuchtstofflampen und die Sensoren von Rauchdetektoren.

Strahlenexposition durch Lebensmittel und Genussmittel

Wildbret und Wildpilze

Bedeutsame Strahlenexpositionen können über die Nahrungskette erfolgen. Nach dem Reaktorunglück von Tschernobyl wurden beispielsweise in einigen Landkreisen Bayerns große Mengen 137Cs durch Starkregen ausgefällt. Während Ackerboden kaum noch belastet ist, verbleibt das 137Cs in den oberen Schichten des Waldbodens und kann eine beträchtliche Belastung von Pilzen und Wildbret bewirken. Der höchste 2008 durch das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit in Wildpilzen gemessene Wert lag bei 10.484 Bq/kg.[20] 2009 lag der Spitzenwert bei 8.492 Bq/kg[21] und im Zeitraum von Mai bis Dezember 2010 wurden bei vier Proben Werte von mehr als 1.000 Bq/kg ermittelt.[22] Wildschweine sind gegenüber Hirschen und Rehen um ein Vielfaches stärker belastet, da sie ihre Nahrung in der Streuschicht des Waldbodens finden, dort insbesondere in Trüffeln, die speziell Cäsium anreichern können. Die höchste 2008 in einer Probe Wildschweinfleisch in Bayern gemessene Wert lag bei 7.604 Bq/kg, der Durchschnitt aller Proben bei 707 Bq/kg, und somit deutlich über der für die Verkehrsfähigkeit des Fleisches gesetzte Höchstgrenze von 600 Bq/kg. [23] 2013 waren einzelne Proben Wildschweinfleich sogar mit über 10.000 Bq / kg belastet.[24] Die orale Aufnahme von 1000 Bq 137Cs bewirkt eine Belastung von 14 µSv (Grenzwerte siehe Einheit Sievert, Abschnitt Strahlenbelastung und Grenzwerte).

Tabak

Eine weitere Strahlenquelle ist Tabak. Das Rauchen von täglich 20 Zigaretten führt laut diversen Studien zu einer mittleren jährlichen Strahlenbelastung in einer Höhe von 0,29 bis 13 mSv durch 210Po und radioaktives Blei (210Pb).[25] [26] Andere Quellen sprechen von einer gesamten Strahlenbelastung in Höhe von 70 µSv pro Zigarette in der Partikelphase. Davon werden zwischen 40 % und 70 % im Filter zurückgehalten.

Schutz vor ionisierender Strahlung

Da die Wirkungen auf rein statistischen Werten beruhen, kann man nur schwer Grenzwerte für die Normalbevölkerung festlegen. In der Praxis legt man dafür die Schwankungsbreite der natürlichen Strahlenexposition zu Grunde. Jeder Grenzwert ist auch ein gesellschaftlich relevanter Wert. Das bedeutet, dass die gesetzlichen Werte nur so hoch sein können, wie sie die menschliche Gesellschaft akzeptiert.

Für den Schutz der Bevölkerung und der Umwelt vor Strahlung aus der gezielten Nutzung von Radioaktivität ist folgender Grenzwert (effektive Dosis) in der europäischen Richtlinie 96/29/EURATOM und der deutschen, österreichischen sowie der schweizerischen Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) festgelegt:

  • 1 mSv pro Jahr für Personen der allgemeinen Bevölkerung (damit sollen auch speziell strahlenempfindliche Segmente wie keimendes Leben oder Kinder abgedeckt sein[27]).

Für volljährige Personen (mit Ausnahme von schwangeren Frauen), die beruflich strahlenexponiert sind, gelten nach den o. g. Rechtsnormen folgende Grenzwerte (effektive Dosis):

  • 20 mSv pro Jahr
  • 50 mSv in einem Jahr, aber nicht mehr als 100 mSv in 5 Jahren.

Außerdem gibt es Grenzwerte für bestimmte Organdosen. In außergewöhnlichen Fällen sind auch Überschreitungen erlaubt.

Nach der deutschen und österreichischen Strahlenschutzverordnung werden die beruflich strahlenexponierten Personen in zwei Kategorien eingeteilt:

  • Personen der Kategorie A: Sie dürfen eine maximale Jahresdosis von über 6 mSv erreichen, müssen aber jährliche ärztliche Untersuchungen durchlaufen (in Dtl. nur zur Arbeit im Kontrollbereich). Es ist i. d. R. jener Personenkreis, der sich regelmäßig in Kontrollbereichen aufhält.
  • Personen der Kategorie B: Beruflich strahlenexponierte Personen, bei denen nicht davon auszugehen ist, dass sie mehr als 6 mSv innerhalb von 12 Monaten erhalten. In Österreich müssen auch sie während der Tätigkeit im Strahlenbereich laufend dosimetriert werden; in Deutschland gilt dies i. Allg. nur für Personen, die sich im Kontrollbereich aufhalten.

Wichtig sind aber auch Grenzwerte, die für Hilfsdienste festgelegt werden, da diese naturgemäß höher sein müssen, wenn es um die Rettung von Menschenleben oder besondere Sachwerte geht. So wurden in Österreich für Einsatzkräfte bei Personengefährdung und Hilfeleistung folgende Grenzwerte festgelegt und u. a. vom Österreichischen Bundesfeuerwehrverband übernommen:

  • 15 mSv im normalen Feuerwehreinsatz (Einsatzdosis)
  • 100 mSv zur Menschenrettung – dieser Wert darf einmal pro Jahr aufgenommen werden (Lebensrettungsdosis)
  • 250 mSv im Katastrophenfall, diese darf nur einmal im Leben aufgenommen werden (Katastrophendosis).

Die gleichen Werte haben in Deutschland als "Dosisrichtwerte" Eingang in die Feuerwehr-Dienstvorschrift FwDV 500 „Einheiten im ABC-Einsatz“ gefunden.

Die Berufslebensdosis für strahlenexponierte Personen soll 0,4 Sv, für Astronauten 1–4 Sv nicht überschreiten.

Tabellen

Die folgende Tabelle zeigt Art und Ausmaß verschiedener Arten von Strahlenexpositionen. Bei den Zahlenangaben handelt es sich um Mittelwerte. Abweichungen nach oben und unten sind je nach Wohnort, Tätigkeit möglich. Für die Bundesrepublik Deutschland werden diese Werte in einem jährlichen Parlamentsbericht veröffentlicht, in Österreich vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) zusammen mit dem Bundesministerium für Gesundheit (BMG), in der Schweiz vom Bundesamt für Bevölkerungsschutz (BABS) innerhalb des Eidgenössischen Departementes für Verteidigung, Bevölkerungsschutz und Sport (VBS), in Slowenien von der Slovenian Nuclear Safety Administration (SNSA), einer Agentur des Ministrstvo za okolje in prostor (MOP, das Umwelt- und Raumplanungsministerium).

Effektivdosen der Strahlungsquellen in mSv/a

Art der Strahlenquelle DE AT
Natürliche Strahlenquellen
Kosmische Strahlung 0,3(m) 1,0
Terrestrische Strahlung
• Äußerliche Bestrahlung 0,4
• Einatmen von Radon (und Folgeprodukten) 1,1 1,6
• sonstige innere Strahlung (Ingestion natürlicher Radionuklide) 0,3 0,3
Summe natürliche Strahlenquellen ≈ 2 ≈ 3
Künstliche Strahlenquellen
Medizinische Anwendungen 1,9 1,3
Kernkraftwerke (Normalbetrieb) < 0,01
Folgen des Tschernobyl-Unfalls(t) < 0,016 < 0,01
Atombombenversuche/Kernwaffentests < 0,01
Sonstige künstliche Strahlung < 0,02
• Anw. radioakt. Stoffe und ion. Str. in Forschung Technik, Haushalt < 0,02
• Berufliche Strahlenexposition ca. 0,05
Summe künstliche Strahlenquellen ≈ 2 < 1,5
Summe nat. + künstl. Strahlenquellen ≈ 4 ≈ 4,3
(m) auf Meeresniveau
(t) Pegel 25 Jahre nach dem Unfall

Beispiele für Dosen

Beispiele für Dosen
Art der Exposition Dosis
Herddosis (Zielgewebe)
(Angaben in mGy)
Strahlentherapie bei Krebs 20.000–80.000
Radiojodtherapie bei gutartigen Erkrankungen 120.000–400.000
Äquivalentdosis (Ganzkörper)
(Angaben in mSv)
Schwellendosis für akute Strahlenschäden 250
Computertomographie (Brustkorb) 6–8
Flugzeugreise (8 h, Höhe 12 km) 0,04–0,1
Röntgenaufnahme (Schädel) 0,1

Siehe auch

Literatur

Deutschland
Österreich
  • Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft – Sektion V, Bundesministerium für Gesundheit – Sektion III: Radioaktivität und Strahlung in Österreich. Daten und Bewertung. Jahresbericht 2007-2008, Wien Juli 2011.

Literatur speziell:

Weblinks

Wiktionary: Strahlenbelastung – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Länderspezifisches:

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 Claus Grupen: Grundkurs Strahlenschutz: Praxiswissen für den Umgang mit radioaktiven Stoffen. Springer, 2008, ISBN 978-3-540-75848-8 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. nirs.go.jp (englisch)
  3. IDW-Online 18. August 2011
  4. Martin Volkmer: Radioaktivität und Strahlenschutz. Köln, 2012 ISBN 9783926956453 S. 56 (PDF, 13.8 MB)
  5. Österreichische Fachstelle für Radon, Kompetenzzentrum Radioökologie und Radon (CC-RARA); Österreichischen Radon-Datenbank, vergl. Wolfgang Ringer: Radon – Die unsichtbare Gefahr in der Atemluft. In: ages.at > Gesundheit > Strahlenschutz > Radon. AGES Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, 20. November 2009, abgerufen am 2. September 2013..
    Grenzwerte in: Thomas Hofmann, Hans P. Schönlaub, Geologische Bundesanstalt (Hrsg.): Geo-Atlas Österreich. 1 Auflage. Böhlau, Wien/Köln/Weimar 2007, ISBN 978-3-205-77726-7, Radon in Österreich, S. 100/101.
  6. vergl. Strahlenfrühwarnsystem Österreich, umweltnet.at und Begleitartikel
  7. Norbert Krappitz: Handbuch Reisemedizinische Gesundheitsberatung. Deutscher Arzte-Verlag, 2009, ISBN 978-3-7691-1270-2 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  8. Reza Fazel et al.: Exposure to low-dose ionizing radiation from medical imaging procedures. In: New Engl. J. Med. 361, Nr. 9, 2009, S. 849–857, PMID 19710483; Zitiert nach: H. S. Füeß: Strahlenbelastung durch Bildgebung nicht ohne. In: MMW-Fortschr. Med. 151, Nr. 51–52, 2009, S. 25.
  9. Sarah Darby de Gonzalez: Risk of cancer from diagnostic X-rays: estimates for the UK and 14 other countries. In: Lancet . 363, 2004, S. 345–351, doi:10.1016/S0140-6736(04)15433-0.
  10. Umweltradioaktivität in der Bundesrepublik Deutschland 2004 und 2005 (PDF 2,4 MB) – Bericht der Leitstellen des Bundes und des Bundesamtes für Strahlenschutz, abgerufen am 2. September 2013.
  11. Umweltradioaktivität und Strahlenbelastung: Jahresbericht 2009 – Bericht des Bundesamtes für Strahlenschutz
  12. Bundesamt für Strahlenschutz: Stellungnahme zu SSK-Bericht über KiKK-Studie, 26. Februar 2009, abgerufen am 9. Juni 2012
  13. Bundesamt für Strahlenschutz: Epidemiologische Studie zu Kinderkrebs in der Umgebung von Kernkraftwerken – KiKK-Studie, Abschließende Stellungnahme des Bundesamtes für Strahlenschutz, September 2009, abgerufen am 5. Oktober 2014
  14. Klervi Leuraud, David B. Richardson u. a.: Ionising radiation and risk of death from leukaemia and lymphoma in radiation-monitored workers (INWORKS): an international cohort study. In: The Lancet Haematology. 2015, doi:10.1016/S2352-3026(15)00094-0.
  15. Thierry-Chef I, Richardson DB u.a.: Dose Estimation for a Study of Nuclear Workers in France, the United Kingdom and the United States of America: Methods for the International Nuclear Workers Study (INWORKS) http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26010707
  16. http://www.world-nuclear.org/info/inf30.html
  17. Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. (Hrsg.): Feinstaub und Radioaktivität aus Tagebauen – die verschwiegene Gefahr (= BUNDhintergrund September 2003). Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V., Düsseldorf 2003 Online PDF über Wayback Machine (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive) 362 kB, abgerufen am 2. September 2013.
  18. BUND Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V. (Hrsg.): Feinstaub und Radioaktivität aus Tagebauen. Aktuelle Zwischenergebnisse (= BUNDaktuell April 2004). Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V., Düsseldorf 2004 Online PDF 697 kB, abgerufen am 2. September 2013
  19. Dirk Jansen: Radioaktivität aus Kohlekraftwerken (= BUNDhintergrund Oktober 2008). Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Landesverband Nordrhein-Westfalen e.V., Düsseldorf 2008 Online PDF 205 kB, abgerufen am 2. September 2013
  20. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Radiocäsium in Waldpilzen - Untersuchungsergebnisse 2008 Online, abgerufen am 2. September 2013.
  21. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Radiocäsium in Waldpilzen - Untersuchungsergebnisse 2009 Online, abgerufen am 2. September 2013.
  22. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Untersuchung der Radiocäsiumbelastung in Wildpilzen aus Bayern von Mai - Dezember 2010 Online, abgerufen am 2. September 2013.
  23. Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit: Radiocäsium in einheimischen Wildbret - Untersuchungsergebnisse 2008 Online, abgerufen am 2. September 2013.
  24. Meldung des Bayerischen Rundfunk, aus Basis von Daten des Bayerischen Landesamts für Umwelt [1], abgerufen am 5. April 2014.
  25. A. Savidou, K. Kehagia, K. Eleftheriadis: Concentration levels of 210Pb and 210Po in dry tobacco leaves in Greece. In: Journal of Environmental Radioactivity. 85, Nr. 1, 2006, S. 94–102, doi:10.1016/j.jenvrad.2005.06.004.
  26. National Council on Radiation Protection & Measurements (Hrsg.): Radiation Exposure of the U.S. Population from Consumer Products and Miscellaneous Sources. In: NCRP Report. 95, 1987 (Radiation Exposure of the U.S. Population from Consumer Products and Miscellaneous Sources).
  27. Bundesamt für Gesundheit (Schweiz): Radioaktivität und Strahlenschutz, 1999, S. 15
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