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Strafantrag (Deutschland)

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Ein Strafantrag ist das Verlangen einer Person, dass jemand wegen einer bestimmten Straftat strafrechtlich verfolgt wird. Er ist von der Strafanzeige zu unterscheiden (s. u.).

Geregelt ist der Strafantrag in Deutschland in den § 77 bis 77e des Strafgesetzbuches (StGB) und § 158 der Strafprozessordnung (StPO).

Antragsdelikt, Offizialdelikt

Bei einem Antragsdelikt ist der Strafantrag Voraussetzung für die Strafverfolgung (z. B. bei Hausfriedensbruch und in der Regel auch bei Beleidigung). Den Gegensatz hierzu bildet das Offizialdelikt, das stets von Amts wegen verfolgt wird.

Es werden absolute und relative Antragsdelikte unterschieden. Bei absoluten Antragsdelikten ist die Erhebung der öffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen vom Vorliegen eines Antrages abhängig (z. B. § 123 StGB: Hausfriedensbruch), wohingegen bei den relativen Antragsdelikten die Strafverfolgungsbehörde sich über das Fehlen des Strafantrags hinwegsetzen darf, wenn sie ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung bejaht. Dies ist eine Ermessensentscheidung, die vom Gericht nicht überprüft werden kann. Ein relatives Antragsdelikt ist z. B. die (einfache) Körperverletzung (§ 223, § 230 StGB).

Einige Delikte werden beim Hinzutreten besonderer Umstände zu Antragsdelikten. So sind Diebstahl, Unterschlagung, Betrug und Untreue grundsätzlich Offizialdelikte. Beziehen sie sich jedoch auf geringwertige Sachen bzw. geringwertige Vermögensvorteile, so sind sie nur als relative Antragsdelikte verfolgbar (§ 248a, § 263 Abs. 4, § 266 Abs. 2 StGB). Noch weiter gehen die Beschränkungen bei den genannten Delikten, wenn die Tat durch einen Angehörigen des Geschädigten begangen wird oder zwischen Täter und Geschädigtem eine häusliche Gemeinschaft besteht. Dann kann die Tat als absolutes Antragsdelikt unabhängig von der Schadenshöhe gemäß § 247 StGB nur auf Antrag verfolgt werden.

Umgekehrt wird das relative Antragsdelikt § 303b Abs. 2 StGB (Computersabotage bei betrieblichen oder behördlichen Datenverarbeitungen) zu einem Offizialdelikt, wenn ein besonders schwerer Fall gemäß § 303b Abs. 4 StGB vorliegt, denn § 303c StGB sieht nur für § 303b Abs. 1 bis 3 ein Antragserfordernis bzw. das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung vor.

Die Staatsanwaltschaft wird in der Regel erst dann tätig, wenn ein wirksamer Strafantrag vorliegt. Nur wenn zu befürchten ist, dass wichtige Beweismittel verloren gehen könnten, beginnt sie schon zuvor mit den Ermittlungen. Spätestens bei Anklageerhebung muss der Strafantrag jedoch vorliegen.

Rechtsnatur

Der Strafantrag ist kein Tatbestandsmerkmal, sondern nur Prozessvoraussetzung (Strafverfolgungsvoraussetzung). Die Tat ist daher auch dann rechtswidrig, wenn kein Strafantrag gestellt wird. Im praktischen Sinne kann die Staatsanwaltschaft nur dann ermitteln, wenn ein Antrag vorliegt und wenn tatsächliche Anhaltspunkte für eine begangene Straftat vorliegen. Voraussetzung ist der nötige Anfangsverdacht. Durch Beweisverbote, die regelmäßig bei Informationen im Kernbereich privater Lebensgestaltung entstehen, kann die Behörde im praktischen Sinne keine Verfolgung anstreben, auch wenn es sich nicht um ein Antragsdelikt handelt.

Antragsberechtigung

Antragsberechtigt ist in der Regel nur derjenige, der durch die Tat verletzt ist, § 77 StGB. In bestimmten Fällen ist das Antragsrecht auch vererblich. Bei Amtsträgern kann den Antrag auch der Dienstvorgesetzte stellen (sog. Beamtenbeleidigung). Bei Geschäftsunfähigkeit bzw. beschränkter Geschäftsfähigkeit des Verletzten ist der gesetzliche Vertreter (Eltern, Vormund, Betreuer) antragsberechtigt.

Form, Frist, Rücknahme

Gemäß § 158 Abs. 2 StPO kann der Antrag bei der Staatsanwaltschaft, der Polizei oder einem Gericht gestellt oder bei der Staatsanwaltschaft oder einem Gericht zur Niederschrift gegeben werden. Der Strafantrag ist bedingungsfeindlich. Grundsätzlich ist es nicht maßgeblich, ob der Antragsberechtigte explizit das Wort „Strafantrag“ benutzt, solange sich aus seinem Vorbringen zweifelsfrei erkennen lässt, dass er die strafrechtliche Verfolgung einer bestimmten Tat verlangt.

Eine Tat, die nur auf Antrag verfolgbar ist, wird nicht verfolgt, wenn der Antragsberechtigte es unterlässt, den Antrag bis zum Ablauf einer Frist von drei Monaten zu stellen. Die Frist beginnt mit Ablauf des Tages, an dem der Antragsberechtigte von der Tat und der Person des Täters Kenntnis erlangt (§ 77b StGB). Der Strafantrag kann bis zum rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens zurückgenommen werden, § 77d Abs. 1 S. 1 StGB. Danach kann er jedoch nicht erneut gestellt werden, § 77d Abs. 1 S. 3 StGB. Eine Rücknahme kann Kosten für den Anzeigenden verursachen (§ 470 StPO).

Eine Festnahme aufgrund eines Verdachtes einer absolut antragspflichtigen Straftat (absolutes Antragsdelikt) ist auch dann möglich, wenn kein Strafantrag vorliegt. Dies gilt entsprechend, wenn eine Straftat nur mit Ermächtigung oder auf Strafverlangen verfolgbar ist, § 127 Abs. 3 StPO.

Abgrenzung

Eine Strafanzeige ist nur die Mitteilung an ein Strafverfolgungsorgan, dass man Kenntnis von einem Sachverhalt hat, der möglicherweise eine Straftat darstellt.

Der Antrag im Sinne von § 171 StPO ist kein Strafantrag in diesem Sinne, da er auch von Dritten gestellt werden kann, die nicht antragsberechtigt nach § 77 StGB sind. § 171 StPO besagt, dass es demjenigen, der einen Antrag auf Erhebung der öffentlichen Klage gestellt hat, mitgeteilt werden muss, wenn die Verfolgung eingestellt wird. Man spricht vom „Strafantrag im weiteren Sinne“.

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