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Sterben

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Übergeordnet
Biologischer Prozess
Untergeordnet
Zelltod
Gewebetod
Gene Ontology
QuickGO

Sterben ist das Erlöschen der Organfunktionen eines Lebewesens, das zu seinem Tod führt.

Etymologie

Sterben geht auf die westgermanische Wurzel *sterb-a-st zurück. Die Ausgangsbedeutung ist „starr, steif werden“, wie das altnordische stjarfi „Starrkrampf“ gut zeigt; lat. nach geschwundenem Anlaut-S torpére „steif sein“, „betäubt sein“; russ. sterbnútї „hart werden“, „erstarren“, „absterben“. Das Wort gehört in weiterer Folge zur großen Wortgruppe um starr (Storch, Störr, Sterz usw.). Das Bemühen ums nackte Überleben wird gemeinhin als Todeskampf bezeichnet (hierbei werden ggfs. übermenschliche Kräfte aktiviert).

Biologische Sterbephasen

Biologisch gesehen läuft das natürliche Sterben eines Menschen in folgenden Phasen ab:

  1. Einschränkung der Wahrnehmung durch verringerte Hirnaktivität.
  2. Die Atmung wird flacher.
  3. Das Sehvermögen wird schlechter.
  4. Das Hörvermögen funktioniert nur noch partiell.
  5. Die Sehfähigkeit geht völlig verloren.
  6. Tritt der Herzstillstand ein, folgt unmittelbar, innerhalb weniger Minuten, der Hirntod.
  7. Hirntod – der Funktionsverlust der Hirnzellen.

An den Herzstillstand und den Hirntod anschließend beginnt die Zersetzung des Körpers. Durch die fehlenden Teile des Stoffwechsels, das heißt den ausbleibenden Transport von Sauerstoff und Nährstoffen, sterben die Zellen ab. Den Anfang machen dabei Gehirnzellen (Neuronen). Zehn bis zwanzig Minuten nach dem Hirntod sterben viele Zellen des Herzgewebes ab. Dann folgt der Tod der Leber- und der Lungenzellen. Erst ein bis zwei Stunden später stellen auch die Zellen der Nieren ihre Funktion ein. Biologisch ist das Sterben der Verlust von immer mehr Organfunktionen.

Sterben als eine medizinische Kettenreaktion

Wenn alle Lebensfunktionen eines Organismus endgültig stillstehen, ist der Tod eingetreten. Nach medizinischen Kriterien ist dies ein Vorgang, der in mehreren Stufen abläuft: Der klinische Todesfall tritt ein, wenn Herzschlag und Atmung aussetzen. In dieser Phase kann der Mensch unter Umständen durch Herzmassage und künstliche Beatmung wiederbelebt werden; schlägt diese Reanimation fehl, erleidet zuerst das Gehirn durch die fehlende Versorgung mit frischem Blut irreparable Schäden. Sein besonders aktiver Stoffwechsel und seine geringe Kapazität, Energie zu speichern, machen dieses Organ stark anfällig für jegliche Unterbrechung der Sauerstoff- und Nährstoffzufuhr. Der Hirntod gilt heute juristisch als Todeszeitpunkt. Mit ihm versiegt auch die elektrische Aktivität des Gehirns – Wahrnehmung, Bewusstsein und die zentralnervöse Steuerung elementarer Lebensfunktionen fallen für immer aus. Eine besondere Bedeutung hat dabei der Hirnstamm, der aus dem Mittelhirn, der Brücke und dem verlängerten Mark besteht. Selbst wenn andere Bereiche des Gehirns bereits zerstört sind, können die Zentren des Hirnstammes den Patienten in einem vegetativen Zustand am Leben erhalten: Er kann atmen und schlucken oder bei Schmerzen das Gesicht verziehen, aber seine Wahrnehmungen nicht mehr verarbeiten.

In der Haut entstehen etwa eine halbe Stunde später erste Totenflecken, da das Blut in die tiefer gelegenen Teile der Leiche absackt und sie verfärbt. Die Körpertemperatur sinkt ab. Nach etwa zwei Stunden setzt die Leichenstarre, auch Totenstarre genannt, ein, da Eiweiße, die sonst während der Muskelbewegung aneinander vorbeigleiten, ein starres Netz bilden. Dieser Effekt wird von der Außentemperatur sehr stark beeinflusst. Für jedes einzelne Organ gibt es einen individuellen Zeitraum, in dem bei nachlassender Funktionsfähigkeit ein Weiterleben möglich wäre (siehe Organspende), wenn die Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff wieder aufgenommen werden würde. Nach Ablauf dieser Zeitspanne ist das nicht mehr möglich und das Organ stirbt endgültig ab. Die genaue Bestimmung des jeweiligen Ablaufs dieser Zeit ist von außen unter Umständen nicht möglich bzw. aufwendig.

Orte des Sterbens

Immer wieder wird behauptet, dass „früher die meisten Menschen zu Hause“ starben.[1] Dabei wird nicht näher definiert, welcher Zeitraum mit „früher“ und welcher Ort mit „zu Hause“ gemeint ist; auch deshalb fehlen für diese allgemeine Aussage hinreichende Belege.

Da die Erhebung entsprechender Daten in den meisten Ländern bisher nicht oder nicht geregelt und einheitlich erfolgt, können keine konkreten Zahlen zur Frage nach Sterbeorten herangezogen werden. In Deutschland ist die Datenlage in Hinblick auf unter anderem Alter, Geschlecht und Todesursache sehr präzise, der Sterbeort dagegen wird statistisch nicht erfasst. Ein Gutachten von 2004 stellt fest, dass die angegebenen Zahlen zu Sterbeorten in verschiedenen Publikationen zumeist auf unbelegten Behauptungen beruhen.[2]

Nach diesem Gutachten wird aufgrund näherer Untersuchungen angenommen, dass in Deutschland etwa 42 bis 43 % aller Todesfälle im Krankenhaus geschehen.[3] Das Sterben verlagert sich oft aufgrund abwegiger Vorstellungen über die medizinischen Möglichkeiten in die Akutabteilungen der Krankenhäuser.[4] Obwohl sich Sterbende und ihre Angehörigen im Krankenhaus in dieser Situation insbesondere ärztlichen Beistand erhoffen, werden sie überwiegend von Pflegekräften begleitet, während sich Ärzte eher zurückziehen.[5] Manche Patienten erwarten bei Aufnahme in ein Krankenhaus weitere Therapie zur Wiederherstellung verlorengegangener Funktionen und Rettung in aussichtsloser Situation. Sie und ihre Angehörigen vertrauen dabei auch auf die sogenannte Apparatemedizin, die durchaus ihre Berechtigung im Einsatz bei abwendbaren lebensbedrohlichen Zuständen hat, am unvermeidbaren Lebensende aber zu einer ungewollten Lebensverlängerung führen kann.

In Heimeinrichtungen wie Betreutes Wohnen, Alten- und Pflegeheimen geht es um eine Wohnform am Lebensende unter möglichst weitgehender Beibehaltung des bisherigen Lebensstils mit den gewohnten Aktivitäten des täglichen Lebens, die aber durch den unterschiedlich hohen Verlust von Fähigkeiten in diesen Bereichen gekennzeichnet sein kann. In diesen Institutionen, die manche ihrer Bewohner durchaus als ihr Zuhause betrachten, geschehen etwa 15 bis 25 % aller Todesfälle.[6] Sterbebegleitung am Lebensende ist eine der pflegerischen Aufgaben dieser Einrichtungen.

Stationäre Hospize sind als pflegerische Einrichtungen darauf spezialisiert, Personen ein Leben und Sterben in Würde zu ermöglichen, die an einer tödlichen Krankheit im Endstadium leiden und deren Pflege in der häuslichen Umgebung oder im Pflegeheim aufgrund schwerwiegender Beschwerden nicht gewährleistet ist und bei denen Krankenhausbehandlung nicht (mehr) erforderlich ist. Hier finden etwa 1 bis 2 % der Gesamttodesfälle statt.[7] Stationäre Hospize werden heute in erster Linie durch Kranken- und Pflegekassen finanziert. 10 % der Kosten eines Hospizes muss allerdings der Träger (z. B. durch Einwerbung von Spenden und ehrenamtliches Engagement) aufbringen.

In manchen Krankenhäusern wurden inzwischen spezielle Abteilungen für unheilbar Schwerkranke eingerichtet, die in Deutschland Palliativstationen genannt werden. Deren Grundfinanzierung erfolgt über die Krankenkassen, die etwas wohnlichere Ausstattung dieser Stationen wird auch aus Spenden bestritten.

Die meisten Menschen mit eigener Familie wünschen sich, zuhause sterben zu können, Menschen ohne familiäre Bindungen möchten dagegen eher nicht daheim sterben.[7] Durch den Fortschritt des Rettungswesens ist das Sterben in der gewohnten Umgebung seit den 1950er-Jahren seltener geworden. In etwa 25 bis 30 % aller Fälle findet das Sterben in häuslicher Umgebung statt.[8] Medizinische und pflegerische Versorgung erfolgt hier durch Angehörige, Hausärzte und ambulante Pflegedienste, ergänzt durch das an vielen Orten bestehende Angebot einer ehrenamtlichen Sterbebegleitung durch ambulante Hospizdienste oder -vereine.

Lebensbilanz

Die australische Sterbebegleiterin Bronnie Ware veröffentlichte 2011 ein Buch darüber, was Sterbende am meisten bereuen. Vier von insgesamt fünf Dingen betreffen Versäumnisse in deren Leben.[9][10]

  • Auf Platz 1 steht der Wunsch, "den Mut gehabt zu haben, mein eigenes Leben zu leben". Viele beklagten, zu oft Erwartungen anderer entsprochen zu haben, statt ihren eigenen Wünschen nachgegangen zu sein.
  • Vor allem Männer bedauerten in ihren letzten Tagen und Stunden, zu viel ihrer Lebenszeit in der „Tretmühle des Arbeitslebens“ verbracht zu haben und sich zu wenig um Kinder, Partner und Freunde gekümmert zu haben.
  • Ich hätte meine Gefühle besser ausdrücken sollen.
  • Ich wünschte, ich hätte mich mehr um meine Freunde gekümmert.
  • Ich wünschte, ich hätte mir mehr Freude gegönnt.

Viele Menschen merken laut Ware erst am Ende ihres Lebens, dass man sich bewusst für Glück und Freude entscheiden kann. Viele würden aber in fest gefügten Verhaltensweisen festhängen und hätten Dinge wie Lachen oder Albernsein vergessen oder verlernt. Die Mehrheit der Menschen hänge in Alltag, Familienpflichten, Geldverdienen und anderen äußeren Umständen fest.

Kritik

Der größte Teil der Kritik an den Bedingungen der Moderne bezüglich des Lebensendes betrifft die Medikalisierung und die mögliche Verlängerung des Sterbeprozesses sowie die Verlegung Sterbender aus dem vertrauten Umfeld in stationäre Einrichtungen, vor allem in Krankenhäuser und Pflegeheime. Dies entspräche einer Verdrängung und Tabuisierung des Sterbevorgangs und Todes.[11] Während im Mittelalter noch Kataloge von Maßnahmen unter dem Titel Ars moriendi (Die Kunst des Sterbens) bereitgehalten wurden, müssten Sterbende heutzutage oft in einem relativ unpersönlichen Umfeld ihr Leben beenden.

Als ethisch problematisch wurde in den vergangenen Jahren eine Lebensverlängerung um Monate oder Jahre durch künstliche Ernährung (vor allem mittels PEG-Sonde) diskutiert.[12][13][14]

Rezeption, öffentlicher Umgang mit Sterben

Elisabeth Kübler-Ross (1926-2004), eine schweizerisch-US-amerikanische Psychiaterin, gilt als Begründerin der Sterbeforschung. Sie befasste sich mit dem Tod und dem Umgang mit Sterbenden, mit Trauer und Trauerarbeit. Die Beobachtungen von Kübler-Ross sind ein zentraler Grundstein der heutigen Erkenntnisse über die Situation Sterbender; Kübler-Ross wurde etwa 1969 durch ihr Buch Interviews mit Sterbenden schlagartig bekannt. Ihr Ziel war es, von den Sterbenden zu lernen, wie man mit Sterbenden umgeht und welche Hilfe sich diese erhoffen. Zu diesem Zweck führte sie Interviews mit unheilbar kranken Menschen. Während der Gespräche wurden die Betroffenen direkt auf ihre Gefühle und Gedanken zu Tod und Sterben angesprochen. Vor allem Ärzte erregten sich anfangs über diese Methode; das Feedback der Patienten war dagegen einhellig: Von 200 Patienten nahmen 198 diese Möglichkeit zur Aussprache an. Die von ihr bei diesen Forschungsarbeiten erarbeiteten fünf Phasen des Sterbens sind heute psychologisches Allgemeinwissen.

Durch zahllose Workshops und Vorträge, die sie in vielen Ländern der Erde abhielt, gab sie vielen Menschen - insbesondere Ärzten, Pflegekräften, Sozialarbeitern und Seelsorgern - neue Impulse zum Umgang mit sterbenden und trauernden Menschen. Ihre Kernbotschaft dabei und in ihren über 20 Büchern war, dass die Helfenden zuerst ihre eigenen Ängste und Lebensprobleme („unerledigten Geschäfte“) so weit wie möglich klären müssen, ehe sie sich Sterbenden hilfreich zuwenden können.

In Deutschland gibt es seit Jahren öffentliche Diskurse zum Thema Patientenverfügung. Diese veranlassen viele Menschen - vor allem Ältere - über das Sterben nachzudenken. Es gibt eine Fülle an Ratgeberbüchern und anderen Büchern, die Sterben und Tod aus verschiedenen Blickwinkeln und mit verschiedenen Schwerpunkten beleuchten.[15]

Der Tod der eigenen Eltern, naher Angehöriger, Bekannter oder Nachbarn ist für viele ein Anlass, über das eigene Sterben nachzudenken; ebenso sind dies christliche Gedenktage für die Verstorbenen:

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Wiktionary: sterben – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikiquote: Sterben – Zitate

Einzelnachweise

  1. Beispiel: www.notfallseelsorge.de, Abschnitt Sterben damals und heute.
  2. Gutachten Jaspers und Schindler, S. 19–23 und 408 – 409, abgerufen am 18. Juli 2011.
  3. Birgit Jaspers, Thomas Schindler: Stand der Palliativmedizin und Hospizarbeit in Deutschland und im Vergleich zu ausgewählten Staaten. 2004, S. 23., abgerufen am 18. Juli 2011.
  4. G. Fasselt: Sterbebeistand/Sterbebegleitung. In: W. Korff, L. Beck, P. Mikat (Hrsg.): Lexikon der Bioethik. Band 3, Gütersloh 2000, S. 440–444.
  5. Gutachten Jaspers und Schindler, S. 24.
  6. Gutachten Jaspers und Schindler, S. 23., abgerufen am 3. Oktober 2011.
  7. 7,0 7,1 Gutachten Jaspers und Schindler, S. 19.
  8. Gutachten Jaspers und Schindler, S. 23., abgerufen am 3. Oktober 2011.
  9. Buch: siehe #Literatur; Blog auf www.inspirationandchai.com, englisch, abgerufen am 5. Mai 2012.
  10. Das Leben im Rückblick. auf: hr-online.de, abgerufen am 5. Mai 2012.
  11. Sterben in unserer Gesellschaft - Ideale und Wirklichkeiten. In: Bundeszentrale für politische Bildung: Aus Politik und Zeitgeschichte. 4/2008.
  12. Michael de Ridder: Medizin am Lebensende: Sondenernährung steigert nur selten die Lebensqualität. In: Deutsches Ärzteblatt. 105, 9/2008.
  13. J. McCue: The Naturalness Of Dying. In: JAMA. 273, 1995.
  14. M. Synofzik: PEG-Ernährung bei fortgeschrittener Demenz. In: Der Nervenarzt. 78, 2007.
  15. zum Beispiel: Sterben. Über das Unausweichliche. Verlag Publik-Forum, Oberursel 2011, ISBN 978-3-88095-213-3.
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