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Stent

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Der Titel dieses Artikels ist mehrdeutig. Weitere Bedeutungen sind unter Stent (Begriffsklärung) aufgeführt.
Stent für den Gallengang
In die Speiseröhre eingelegter Stent zur Offenhaltung bei Speiseröhrenkrebs
Stents für periphere Gefäße
Ein „gecoverter“ Gefäß-Stent: Die Stentmaschen sind bedeckt. Diese seltene Art von Stents kann z. B. bei blutenden Rissen (Rupturen) in Gefäßen implantiert werden.

Ein Stent (deutsch Gefäßstütze[1]) ist ein medizinisches Implantat zum Offenhalten von Gefäßen oder Hohlorganen.[2] Es handelt sich meist um eine Spiraldrahtprothese in Röhrchenform aus Metall oder Kunstfasern.

Verwendung finden Stents zum einen in Blutgefäßen, speziell den Herzkranzgefäßen, um nach deren Aufdehnung (PTCA) einen erneuten Verschluss zu verhindern; eine solche Behandlung wird als Stentangioplastie bezeichnet. Zum anderen dienen Stents in der Krebsbehandlung dazu, durch bösartige Tumoren verursachte Verengungen von Atemwegen (Luftröhre), Gallenwegen oder der Speiseröhre nach einer Aufdehnung offenzuhalten.

Herkunft des Wortes

Es gibt mehrere Herleitungen des Wortes Stent:

  • Laut Oxford English Dictionary bezeichnete das Wort „stenting“ in der englischen Sprache jahrhundertelang das Versteifen oder Stärken von Kleidungsstücken.
  • Medizinhistorisch scheint das Wort Stent auf den englischen Zahnarzt Charles Stent (1807–1885) zurückzugehen. Stent erfand 1856 ein Material, das in der Mund- und Gesichtschirurgie benutzt wurde, um Abdrücke von Zähnen und Kiefern zu formen. 1916 bezieht sich erstmals Jan F. Esser, ein niederländischer plastischer Chirurg, schriftlich auf das von Charles Stent erfundene Material. Esser wird 1920 in einem Lehrbuch Plastic Surgery of the Face von dem englischen Militärarzt H.D. Gillies zitiert, der erstmals das Wort Stent als Nomen für die aus Stents Material hergestellte Form benutzt.
  • Die heute benutzte Form des Stents wurde zu Anfang „wall stent“, also „Wand-Stent“, genannt.

Expandierbare Stents wurden ab Ende der 1970er Jahre von Julio Palmaz in Texas entwickelt, der darauf 1988 ein Patent erhielt und mit der Firma Johnson & Johnson zusammenarbeitete.

Medizinische Aspekte

Blutgefäßstents, die vor allem in die Herzkranzgefäße eingesetzt werden, können sich wieder verschließen. Dies kann zum einen kurze Zeit nach dem Einsetzen des Stents geschehen, da der Stent als Fremdmaterial die lokale Blutgerinnung anregt, so dass sich ein Thrombus im Stent bilden kann. Eine solche In-Stent-Thrombose verläuft häufig fulminant tödlich. Daher ist es wichtig, nach dem Einsetzen des Stents vor allem die Funktion der Blutplättchen (Thrombozyten) zu hemmen. Als Basistherapie hat sich die Thrombozytenaggregationshemmung mit Acetylsalicylsäure etabliert. In der ersten Zeit erfolgt eine zusätzliche Hemmung über einen anderen Angriffspunkt durch Tirofiban intravenös während der Stenteinlage bzw. später mit Clopidogrel, Ticagrelor oder Prasugrel, die wie Acetylsalicylsäure als Tabletten eingenommen werden können. Diese doppelte Hemmung der Blutplättchenfunktion bezeichnet man als duale Thrombozytenaggregationshemmung.

Daneben kann es im Laufe der Zeit zu einem langsamen Verschluss des Stents durch Neubildung von Bindegewebe kommen. Eine solche Restenose soll durch medikamentenfreisetzende Stents (DES, s. u.) verhindert werden, die die Gewebeneubildung hemmen. Da es länger dauert, bis diese Stents mit Endothel überzogen sind und so nicht mehr so stark die lokale Blutgerinnung anregen, muss die duale Thrombozytenaggregationshemmung länger erfolgen.[3]

Mittlerweile ist die akute Koronarangiographie mit Aufdehnung der verengten Herzkranzgefäße und Stenteinlage Therapie der Wahl beim akuten Herzinfarkt, falls ein Katheterlabor zeitnah erreicht werden kann.[4] Risiken bei der Stenteinlage in die Herzkranzgefäße bestehen in einer Verletzung des Gefäßes mit Blutung, in einer akuten Thrombose mit Infarzierung des durch das Gefäß versorgten Gewebes sowie in dem unbeabsichtigten Verschluss von Seitenästen des Gefäßes durch den Stent.

Grafik Stent im Gefäß, nach Ballondilatation; Angioplastie DGA

In der Augenheilkunde werden Stents im Rahmen der mikroinvasive Glaukomchirurgie (MIGS) eingesetzt. Dabei wird mit den kleinen Implantaten der Abfluss des Kammerwassers aus dem Auge verbessert und damit der Augeninnendruck gesenkt.[5] Mit dem iStent beispielsweise wird eine Verbindung zwischen der Vorderkammer des Auges und dem natürlichen Abflussweg, dem Schlemmschen Kanal, durch das Trabekelmaschenwerk hindurch geschaffen.[6]

Mit Medikamenten beschichtete Stents (drug eluting stents)

Eine Weiterentwicklung ist die Verwendung von Gefäßstents, die mit aktiven Substanzen, z. B. Glucocorticoiden, Zytostatika, Immunmodulatoren oder Antiproliferativa, beschichtet sind.

Ein drug eluting stent (DES) setzt kleine Mengen von Arzneistoffen frei, die die Zellneubildung hemmen. Zwei Wirkstoffe haben sich bei der Behandlung mit medikamentenfreisetzenden Stents durchgesetzt: das Immunsuppressivum Sirolimus und das Krebstherapeutikum Paclitaxel. Solche Stents werden in Deutschland seit 2002 neben dem konventionellen unbeschichteten Stent (bare metal stent/BMS) vor allem zur Therapie der koronaren Herzkrankheit eingesetzt.

Cordis brachte als erstes Unternehmen den medikamentenfreisetzenden Stent Cypher auf den Markt. Mittlerweile haben fast alle großen Unternehmen einen beschichteten Stent auf den Markt gebracht, so zum Beispiel Boston Scientific, Medtronic, Terumo und Abbott. Im Wesentlichen unterscheiden sich die Stents durch das verwendete Medikament und Polymer. Medtronic setzt dabei statt auf den sonst üblichen Stahl auf eine Kobalt-Nickel-Legierung, andere Hersteller auf eine Kobalt-Chrom-Legierung (L605).

Die aktuelle Datenlage zum Vergleich der unterschiedlichen Stentarten ist nicht eindeutig und die Diskussion hierüber ist nicht abgeschlossen. So werden in Studien weiterhin medikamentenfreisetzende Stents mit unbeschichteten Stents, Stents mit Bypass sowie die medikamentenfreisetzenden Stents untereinander verglichen. Außerdem wird nach verschiedenen Patientengruppen differenziert, wie zum Beispiel Patienten mit akutem Herzinfarkt oder Diabetes mellitus.

Metaanalysen zeigen bezüglich der Sterblichkeitsrate von Patienten keinen signifikanten Unterschied zwischen medikamentenfreisetzenden Stents und unbeschichteten Stents, obwohl man eine erhöhte Stentthrombose-Rate im Langzeitverlauf bei Paclitaxel-Stents beobachtet hatte.[7] Es wird momentan empfohlen, die medikamentenfreisetzenden Stents bevorzugt bei erhöhtem Risiko einer Restenose (wie bei Diabetikern), jedoch zurückhaltend bei erhöhtem Risiko einer Stentthrombose einzusetzen.

Medikamentenfreisetzende Stents sollen nicht eingesetzt werden, wenn die Möglichkeit einer verlängerten Clopidogrelgabe z. B. wegen einer anstehenden chirurgischen Behandlung nicht gegeben ist oder wenn damit zu rechnen ist, dass der Patient die Medikation nicht einhält.[8]

Eine Metaanalyse der Technischen Universität München, die alle weltweit vorliegenden Studienergebnisse zu medikamentenfreisetzenden Stents zusammenfasst und somit Daten von insgesamt 3669 Patienten berücksichtigt, scheint eine Überlegenheit des Sirolimus-freisetzenden Stents im Vergleich zu Paclitaxel zu zeigen: Demnach ist das Risiko einer Restenose mit Sirolimus halb so groß wie bei Paclitaxel.[9]

Bioresorbierbare Stents

Hintergrund

Die Verwendung von Drug-eluting Stents aus Metallen bzw. Legierungen hat einige Nachteile. So können mit der Zeit Thrombosen auftreten, das Gefäß ist nicht mehr so flexibel, eine Revaskularisation wird behindert und die Auswertung von Computertomografie-Bildern wird erschwert.[10][11]

Zurzeit werden daher unterschiedliche Arten bioresorbierbarer Stents entwickelt. Der Grundgedanke ist dabei, nur solange das Gefäß abzustützen, wie dies klinisch notwendig ist. Nach der Stützphase von einigen Wochen bis wenigen Monaten lösen sich diese Stents im Körper des Patienten auf und erlauben im Gegensatz zu den bekannten permanenten Stents wieder die freie physiologische Beweglichkeit des Gefäßes (Vasomotion). Weitere potenzielle Vorteile bioresorbierbarer Stents sind besseres klinisches Langzeitverhalten wie zum Beispiel das Vermeiden von chronischen Entzündungen, von Spätthrombosen und von Wiederverschlüssen. Außerdem ist in vielen Fällen die Akzeptanz bei Patienten besser (psychologische Vorteile). Studien haben gezeigt, dass die kritische Zeitspanne der Gefäßheilung meist nach 3 Monaten überstanden ist.[12][13] Das Ziel ist daher, das Gefäß nur während der kritischen Zeit zu stützen.

Materialien

Traditionelle biokompatible Metalle wie Tantal, Titan oder Chrom degradieren zu langsam, da sich im Körper auf ihnen eine Passivierungsschicht bildet. Zudem können die Abbauprodukte nicht verstoffwechselt werden. Jedoch sind Metalle, die eine Rolle im Stoffwechsel spielen, biokompatibel. Die beiden geeignetsten Kandidaten sind daher Legierungen von Magnesium und Eisen. Reines Magnesium degradiert zu schnell. Der Schwerpunkt der Forschung bei metallischen Stents liegt auf der Steuerung der Korrosion und Passivierung der Legierungen im jeweiligen Einsatzgebiet. Gute Ergebnisse wurden mit biodegradierbarem Metallischem Glas erreicht. Ebenfalls geeignet sind Legierungen aus Magnesium und aus Metallen der Seltenen Erden, da seltene Erden eine geringe Zytotoxizität haben.

Statt Metallen können auch abbaubare Polymere für Stents verwendet werden. Ein typisches Material ist Polylactat (PLA). Die Forschung konzentriert sich vor allem darauf, die guten Eigenschaften herkömmlicher permanenter Metallstents mit den polymeren Werkstoffen zu erreichen. Insbesondere die Mechanik und Biokompatibilität stellen für Polymeransätze eine Hürde dar.

Radioaktive Stents

Die Radioaktivität von aktivierten Stents verhindert das überschießende Zellwachstum der Innenhaut des Blutgefäßes und beugt der Restenose vor. Um unerwünschte Nebenwirkungen, wie z. B. das Auswaschen von Medikamenten oder von Radionukliden in den Blutkreislauf, zu verhindern, werden Techniken wie die Ionenimplantation oder auch die Aktivierung des Grundmaterials (Neutronenaktivierung) verwendet. Dennoch ergeben sich in der Praxis strahlenschutztechnische Probleme.

Der erste radioaktive Stent wurde 1992 am Forschungszentrum Karlsruhe (FZK, heute KIT) produziert; er war ein Stent aus Stahl, dessen Legierungselemente aktiviert wurden.

Die wichtigsten Nuklide in Bezug auf die Stentbeschichtung sind Palladium-103 und Phosphor-32. Das radioaktive Isotop des Phosphors wurde erstmals mit Ionenimplantation in das Grundmaterial des Stents eingebracht. Hierbei erreichte man eine homogene Verteilung über den gesamten Stent und eine gute Haftung auf dem Grundmaterial. In klinischen Studien wurde die Wirksamkeit dieses Produkts bestätigt.

Um einen Stent mit Palladium zu versehen, wird zuerst eine Goldschicht durch Galvanisieren auf dem Stent aufgebracht. Diese dient als Haftvermittler für das Palladium, welches ebenfalls galvanisch auf dem Stent abgeschieden wird. Im Anschluss wird das Palladium mit einer letzten Goldschicht abgedeckt, um ein Auswaschen zu verhindern. Auch wird auf diese Weise die unerwünschte niederenergetische Gammastrahlung des Palladiums absorbiert.

Aktuell spielen radioaktive Stents in der medizinischen Praxis keine Rolle. Bereits seit 2007 erfolgt entsprechend (in Deutschland) auch keine zusätzliche Vergütung (Zusatzentgelt) mehr. [14]

Weblinks

 Commons: Stents – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

  1. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 6. Januar 2010, S. N1.
  2. Peter Reuter (Hrsg.): Springer Lexikon Medizin. Springer, Berlin 2004, Lemma Stent
  3. Thomas Michel: Treatment of Myocardial Ischemia. 1941. In: Laurence L. Brunton, John S. Lazo, Keith L. Parker: Goodman & Gilman's The Pharmacological Basis of Therapeutics. 11. Auflage. McGraw-Hill, New York 2006, ISBN 0-07-142280-3, S. 842.
  4. Leitlinien Herzinfarkttherapie: Akutes Koronarsyndrom mit persistierender ST-Streckenhebung (STEMI). (PDF; 2,1 MB)
  5. Grace Richter, Anne Coleman: Minimally invasive glaucoma surgery: current status and future prospects. Clin Ophthalmol 2016:10 189–206
  6. Ronald D. Gerste: Mikroinvasive Glaukomchirurgie - Geeignete Ergänzung der Kleinschnitt-Kataraktchirurgie. Ophthalmochirurgie 2015; 27:103
  7. In: Lancet. 2007 Sep 15;370(9591), S. 937–948.
  8. 'Medikamente freisetzende Koronarstents und mit Medikamenten beschichtete Ballonkatheter – Positionspapier der DGK doi:10.1007/s12181-011-0375-6
  9. In: J Am Coll Cardiol. 2007 Oct 2;50(14), S. 1373–1380.
  10. P. W. Serruys, J. A. Ormiston, Y. Onuma u. a.: A bioabsorbable everolimus-eluting coronary stent system (ABSORB): 2-year outcomes and results from multiple imaging methods. In: Lancet. 373, Nr. 9667, 14. März 2009, S. 897–910. PMID 19286089, doi:10.1016/S0140-6736(09)60325-1
  11. J. A. Ormiston, P. W. Serruys, E. Regar u. a.: A bioabsorbable everolimus-eluting coronary stent system for patients with single de-novo coronary artery lesions (ABSORB): a prospective open-label trial. In: Lancet. 371, Nr. 9616, 15. März 2008, S. 899–907. PMID 18342684, doi:10.1016/S0140-6736(08)60415-8
  12. P. W. Serruys, H. E. Luijten, K. J. Beatt u. a.: Incidence of restenosis after successful coronary angioplasty: a time-related phenomenon. A quantitative angiographic study in 342 consecutive patients at 1, 2, 3, and 4 months. In: Circulation. 77, Nr. 2, Februar 1988, S. 361–371. PMID 2962786.
  13. M. J. Post, C. Borst, R. E. Kuntz: The relative importance of arterial remodeling compared with intimal hyperplasia in lumen renarrowing after balloon angioplasty: a study in the normal rabbit and the hypercholesterolemic Yucatan micropig. In: Circulation. 89, Nr. 6, 1994, S. 2816–2821. PMID 8205696.
  14. [1]
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