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Steherrennen

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Dieser Artikel beschäftigt sich mit dem Steherrennen im Bahnradsport. Zum Begriff Steherrennen im Galopprennsport: siehe Pferderennen.
Steherrennen auf der Radrennbahn Bielefeld, Steher Timo Scholz hinter Schrittmacher Karsten Podlesch (2011)
Steherrennen 1958 auf der Radrennbahn in Berlin-Weißensee, ganz rechts Manfred Klieme

Das Steherrennen ist eine Disziplin des Bahnradsports.

Prinzip

Steher (veraltet Dauerfahrer) werden Radrennfahrer genannt, die in einem dauerhaft hochgehaltenen Tempo über längere Distanzen (50 oder 100 Kilometer) auf einer Radrennbahn fahren.

Heutzutage sind Steherrennen Bahnrennen, bei denen der Radrennfahrer (der Steher) hinter einem Motorrad im Windschatten fährt. Dazu werden speziell für diesen Zweck ausgerüstete Schrittmacher-Maschinen benutzt, die dem Radrennfahrer vorausfahren und ihm Windschatten geben. Der Fahrer des Motorrades, Schrittmacher genannt, steht auf Fußrasten der Maschine (davon leitet sich aber nicht der Name der Disziplin ab, siehe unten), damit dieser einen möglichst großen Windschatten erzeugt. Anstelle der Sitzbank sind die Motorräder mit einer höher gelegten Stütze und verlängerten Lenkerenden ausgestattet. Bei Steherrennen werden Geschwindigkeiten von teilweise über 100 km/h erzielt und auch über längere Abschnitte gehalten.[1]

Die Radrennfahrer sind nicht mit den Schrittmachern verbunden, sondern werden durch eine Abstandsrolle auf Distanz zum Motorrad gehalten. Ihre Fortbewegung erfolgt ausschließlich durch ihre Beinarbeit. Der Radrennfahrer versucht dabei, möglichst nahe an der Rolle des vor ihm fahrenden Schrittmacher-Motorrades zu bleiben, um möglichst viel Windschatten zu erhalten. Verliert er den engen Kontakt zum Schrittmacher, so kommt der Fahrer „von der Rolle“ (daher stammt auch die Redewendung „von der Rolle sein“[2]).

Steherrennen finden auch häufig im Rahmen von Sechstagerennen statt.

Herkunft und Entwicklung

Der französische Stehermeister Paul Bourotte hinter einem Fünferrad (Quintuplet) als Schrittmacher (1897)

Der Begriff „Steher“ leitet sich vom englischen „stayer“ ab, das heißt jemand mit Ausdauer („to stay“ – anhalten, bleiben). Der Begriff wurde und wird im Pferderennsport zur Unterscheidung von Kurzstrecken- (Flieger-) und Langstreckrennen (Steherrennen) verwendet. Die früher übliche deutsche Entsprechung „Dauerrennen“ weist auf denselben Umstand hin. In der Frühzeit dieser Sportart fuhren die Rennfahrer zunächst ohne Schrittmacher, dann mit Fahrrädern als Schrittmacher, und zwar speziellen Vierer-, Fünfer- oder Sechserräder mit entsprechender Besatzung. Dabei ging es zunächst weniger um Rennen gegeneinander als um Rekorde: Höchstgeschwindigkeiten, Zeit pro Strecke und Strecke pro Zeit – oft über sehr lange Distanzen (100 Kilometer unterste Grenze) und Zeiten (24 Stunden und mehr), so dass „to stay“ bzw. „Dauerfahren“ tatsächlich wörtlich genommen werden konnte. Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurden schließlich Motorräder als Schrittmacher benutzt.

Besonders in der Zeit bis zum Zweiten Weltkrieg waren Steherrennen äußerst gefährlich, da das Material, insbesondere die Reifen, noch fehlerhaft war und es zu vielen Stürzen kam, bei denen Steher oder Schrittmacher entweder schwer verletzt wurden oder ums Leben kamen. (siehe Liste von tödlich verunglückten Radrennfahrern sowie Rennbahnkatastrophe von Berlin)

Bei dem Lärm der Motoren ist eine Verständigung zwischen Schrittmacher und Steher akustisch nur durch kurze, in ihrer Bedeutung zuvor festgelegte Rufe möglich. Dazu benutzen die Schrittmacher Helme mit nach hinten geöffneten Ohrenklappen.[3]

Heute ist die Zuschauerresonanz bei Steher-Rennen nicht mehr so groß wie vor 20 oder 30 Jahren, wo noch Zehntausende von Besuchern auf die Radrennbahnen kamen, dennoch faszinieren sie immer noch viele Menschen. Deutsche Steher-Hochburgen sind unter anderem Erfurt, Nürnberg, Forst und Leipzig.

1993 wurde die Trennung zwischen Profis und Amateuren abgeschafft. Wie in anderen Disziplinen des Bahnradsports auch wurden die Steherweltmeisterschaften in der neuen Elite-Klasse ausgetragen. Der letzte Steherweltmeister der Amateure war der Berliner Carsten Podlesch, der in der ersten Elitekonkurrenz 1993 Dritter wurde und bei der letzten ausgetragenen Steherweltmeisterschaft der Elite 1994 erneut Weltmeister. Seit 1994 richtet die UCI keine Steher-Weltmeisterschaften mehr aus, da der Stehersport nur noch in wenigen europäischen Nationen (im Wesentlichen Deutschland, Schweiz und Niederlande) ausgeübt wird. Allerdings werden jährlich weiterhin Steher-Europameisterschaften ausgetragen.

Motorräder für Steherrennen

Die Motorräder für Steherrennen sind meistens älteren Baujahrs. Die Maschinen weisen etliche besondere Eigenschaften auf: Sie haben einen großvolumigen, meist einzylindrigen, niedertourigen Motor mit einem in der Halle tendenziell eher erträglichen, tiefen Klangbild. Die Drehmoment-Charakteristik des Motors erlaubt schnelles Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen. Die Lenker sind als Stangen weit nach hinten verlängert, um durch eine aufrechte Sitzposition einen bestmöglichen Windschatten zu ermöglichen. Am Heck der Maschine ist eine breite kugelgelagerte Rolle als Abstandshalter angebracht. Steher vermeiden jeden – auch nur kurzen – Radkontakt mit der Rolle, da es dabei wegen der doppelten Bremswirkung leicht zu Stürzen kommen kann.

Einzelnachweise

  1. Theilmeier, Die wilde, verwegene Jagd, S. 48
  2. sprichwoerterbuch.de
  3. Wir über den Stehersport auf stayer.de

Literatur

  • Toni Theilmeier: Die wilde, verwegene Jagd. Der Aufstieg des professionellen Stehersports in Deutschland. Die frühen Jahre bis 1910 (= Schriftenreihe zur Fahrradgeschichte. Band 6). Kutschera, Leipzig 2009, ISBN 978-3-931965-23-5.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Steherrennen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Steherrennen aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.