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Staubexplosion

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Eine Staubexplosion ist die Variante einer Explosion, bei der in der Luft feinverteilte feste Stoffpartikel gezündet werden. Die Folge ist eine plötzlich verlaufende Kraftentfaltung, die auf dem Ausdehnungsbestreben von plötzlich erhitzten Gasen und Dämpfen beruht.

Bedingungen

Gemische aus Staub und Luft sind explosionsfähig, wenn der Staub aus brennbarem Material besteht wie z. B. Kohle, Mehl, Holz, Kakao, Kaffee, Stärke oder Cellulose. Auch anorganische Stoffe und Elemente wie Magnesium, Aluminium und sogar Eisen und Stahl sind in dieser Form explosiv (oder zumindest brennbar). Neben der Brennbarkeit (der Fähigkeit, mit dem Luftsauerstoff exotherm zu reagieren) ist die geringe Partikelgröße der Stäube entscheidend, d. h. die explosiven Effekte steigen mit abnehmender Größe. Durch den Prozess der Zerkleinerung entstehen sehr große Oberflächen, wodurch die Staubpartikel sehr gut Wärme aufnehmen und damit durchzünden und dann sehr schnell oxidieren können. Durch diese Effekte ist es möglich, dass auch Materialien, die in fester Form als nicht brennbar gelten, in dieser feinverteilten Form brennen können. Feine Stahlwolle z. B. brennt mit heller Flamme, während ein massiver Stahlblock unter normalen Umständen niemals entzündet werden könnte. Entscheidend für die Zündfähigkeit sind auch der Sauerstoffanteil in der Luft und der Aggregatzustand (z. B. tiefstgekühlt flüssig und damit hochkonzentriert).

Bei Nahrungs- und Futtermittelstäuben sind die wesentlichen Voraussetzungen einer Staubexplosion gegeben, wenn je nach Feinheit und Substanz 60–2000 Gramm Staub je Kubikmeter Luft auf eine geeignete Zündquelle treffen.

Als Zündquelle können verschiedene elektrische oder mechanische Effekte mit ausreichender Temperatur und Energiedichte dienen. Ein Funke kann ausreichen, der z. B. durch das Ziehen eines elektrischen Steckers oder Fehlfunktionen in Elektrogeräten entsteht. Aber auch im ordnungsgemäßen Zustand treten beim Betätigen von Schaltern und dergleichen unter gewissen Umständen energiereiche Funken auf. Ebenfalls eine bedeutende Gefahrenquelle besteht in der elektrostatischen Elektrizität, im kleinen z. B. durch elektrostatisch wirksame Kleidung, viel mehr aber auch in Fördermitteln (Transportbänder aus Gummi o. Ä.), die durch ihre andauernde Reibung und Bewegung ganz erhebliche elektrostatische Spannungen und Ladungen erzeugen können (Bandgenerator). Weitere Zündquellen sind heiße Oberflächen (Nahrungsmittelproduktion), Schleif- oder Reibfunken, Glimmnester u.ä.

Auch eine große Menge Hausstaub, der oft zu 80 Prozent aus abgeschilferten Hautzellen des Menschen und weiterem organischen Material besteht und der sich z. B. in einer abgehängten, aber nicht luftdicht abgeschlossenen Decke sammelt, kann im Brandfall zünden und durch die Druckwelle, die weiteren Hausstaub aufwirbelt, bei ungenügender Abtrennung der abgehängten Decken zwischen den Räumen eine Staubexplosion in einem gesamten Stockwerk auslösen.

Kubisches Gesetz

Die Explosionskonstante ist die Kenngröße der Explosionsfähigkeit eines Staubes. Das „kubische Gesetz“ (nicht zu verwechseln mit einer kubischen Funktion) beschreibt dabei die Abhängigkeit des maximalen zeitlichen Druckanstiegs vom Volumen des Behälters. Die maximale Explosionskonstante charakterisiert den maximalen Anstieg des Explosionsdrucks über die Zeit bei optimaler Brennstoffkonzentration in einem Behälter mit dem Volumen :[1]

Sie entspricht dem maximalen Druckanstieg in einem 1 m³-Behälter unter den in der VDI-Richtlinie 3673 (Druckentlastung von Staubexplosionen) definierten Prüfbedingungen und ist u. a. abhängig von der Oberflächenstruktur und der Korngrößenverteilung des Staubes.[2]

Fotosequenz einer Staubexplosion

Prävention

Maßnahmen zur Verhinderung von Staubexplosionen werden im Bereich des Staubexplosionsschutzes beschrieben. Diese Maßnahmen dienen der Minimierung des Gefährdungspotentials und sind als Ergebnisse der aktuellen Forschungen in aktuelle Normungsvorhaben und Gesetzesinitiativen eingeflossen. Es werden Bestimmungen unterschieden, die sich an den Betreiber explosionsgefährdeter Anlagen richten und die für die Herstellung explosionsgeschützter Betriebsmittel notwendig sind. Prinzipiell hat der Betreiber das Gefährdungspotential seiner Anlage zu begutachten und die daraus bedingten Maßnahmen zu definieren.

Eines der größten Vorhaben zur Prävention gegen Staubexplosionen waren die von der Berufsgenossenschaft Nahrungsmittel und Gaststätten angestoßenen Forschungen, bei der in Deutschland über 700 Staubexplosionen hauptsächlich in Silos, Entstaubungsanlagen, Mühlen und Förderanlagen der Nahrungsmittelindustrie ausgewertet wurden.[3] Anschließend wurde in einem Staublabor 1200 Produkte und Produktgemische der Nahrungsmittel- und Futtermittelindustrie auf ihre explosionstechnischen Kenngrößen untersucht und mittels einer Datenbank der Industrie zur Verfügung gestellt.

Geeignete Vorsorgemaßnahmen bestehen in der regelmäßigen Kontrolle der gesamten Anlagen wie z. B. der regelmäßigen Überprüfungen der elektrischen Geräte, der Erdung statisch aufladbarer Gegenstände und der Einhaltung der notwendigen Sauberkeit. Das ist besonders wichtig, da schon eine wenige Millimeter dicke Staubschicht bei entsprechender Verwirbelung und gleichzeitigem Auftreten eines Zündfunkens zu einer Staubexplosion führen kann. Außerdem sind alle Maßnahmen einzuhalten, die im Explosionsschutzdokument für die jeweilige Anlage festgeschrieben sind.

Gefahr und möglicher Ablauf von Staubexplosionen sind schwer einzuschätzen. Das erklärt sich beispielhaft mit Hilfe des folgenden Szenarios: Durch unzureichende Reinigungsmaßnahmen in einem Mühlengebäude sammelt sich eine Mehlstaubschicht auf einem Elektromotor. Als Folge der guten thermischen Isolationsfähigkeit der Stäube kommt es zum Überhitzen des Motors, wodurch sich die Staubschicht entzündet. Dadurch entstehen Glutnester, die ohne sichtbare Flamme glimmen. Durch das Öffnen einer Tür entsteht eine Luftströmung, die zu einer Verwirbelung der Staubschicht in der Nähe der Glutnester führt. Es kommt zu einer Verpuffung, die zunächst keine Schäden anrichtet. Allerdings wird durch diese Verpuffung Mehlstaub in die Luft gewirbelt, sodass nun eine explosionsfähige Atmosphäre mit großem Volumen entsteht. Die noch vorhandenen Glutnester entzünden das Staub-Luft-Gemisch; erst diese Explosion richtet den Hauptschaden an, bis hin zur Zerstörung der gesamten Anlage.

Im Steinkohlebergbau sind Explosionen von Kohlestaub gefürchtet. Solche Staubexplosionen entstehen im Bergwerk häufig durch Schlagwetterexplosionen, die den überall vorhandenen Kohlestaub zunächst aufwirbeln und dann zünden. Verhindern lassen sich untertägige Kohlenstaubexplosionen durch Wasservorlagen, die sich an der Stollenkappe befinden und durch Aufplatzen beim Durchlaufen einer Schlagwetterexplosion den Kohlenstaub mit Wasser niederschlagen.

Zur Bestimmung der Explosionsfähigkeit von Stäuben kommt häufig die modifizierte Hartmann-Apparatur zum Einsatz. Diese besteht aus einem zylindrischen Glasgefäß, in dem die Staubprobe durch einen definierten Luftstoß aufgewirbelt und durch einen Funken oder eine Glühwendel entzündet wird. Wird visuell eine Flammenausbreitung beobachtet, so ist die Staubprobe als staubexplosionsfähig einzustufen.

Brandbekämpfung

Bei Löscharbeiten darf durch den Wasserstrahl kein Staub aufgewirbelt werden, weil sich dadurch ein zündfähiges Staub-Luft-Gemisch bilden könnte. Durch die Zündung könnte die nachfolgende Explosion zu einer weiteren Ausbreitung des Feuers führen. Aus diesem Grund ist die Staubbildung in der Nähe des Brandbereichs zu beobachten. Weiterhin wird bei der Beurteilung der Gefahren von Bränden in staubgefährdeten Bereichen die Möglichkeit einer Gasexplosion übersehen, die durch eine unvollständige Verbrennung der Stäube entstehen (z. B. Kohlenmonoxid), die dann als Luft-Gas-Gemische gezündet werden können.

Ein Beispiel ist die Explosion am 14. Dezember 1970 am Kieler Nordhafen mit 6 Toten und 17 Verletzten.[4] In der Bremer Rolandmühle löste ein kleiner Brand am 6. Februar 1979 die bisher größte Mehlstaubexplosion in Deutschland aus. Für die Schwere des Schadens war eine Kettenreaktion mit teilweise heftigeren Explosionen verantwortlich. Die Schadensbilanz verzeichnete 14 Tote und 17 Verletzte sowie einen Sachschaden von über 100 Mio. Mark, heute etwa Fehler Mio. Euro.[5][6]

Literatur

  • Wolfgang Bartknecht: Explosionen. Ablauf und Schutzmaßnahmen. 2., überarbeitete und ergänzte Auflage. Springer, Berlin u. a. 2013, ISBN 978-3-662-07158-8.
  • John Barton (Hrsg.): Dust Explosion Prevention and protection. (A Practical Guide). Institution of Chemical Engineers, Rugby 2002, ISBN 0-85295-410-7.
  • Siegfried Bussenius: Wissenschaftliche Grundlagen des Brand- und Explosionsschutzes (= Brand- und Explosionsschutz. Bd. 1). Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1996, ISBN 3-17-013867-7.
  • Rolf K. Eckhoff: Dust Explosions in the Process Industries. 2. Auflage. Butterworth-Heinemann, Oxford 1997, ISBN 0-7506-3270-4.
  • Ute Hesener: Ein wissensbasiertes System zur Sicherheitsbetrachtung bei staubverarbeitenden Anlagen (= Fortschrittberichte VDI. Reihe 3: Verfahrenstechnik. Nr. 508). VDI-Verlag, Düsseldorf 1997, ISBN 3-18-350803-6.
  • Erich Lienenklaus, Klaus Wettingfeld: Elektrischer Explosionsschutz nach DIN VDE 0165. Eine praxisnahe Einführung in die zu beachtenden Verordnungen, Normen und Richtlinien (= VDE-Schriftenreihe Normen verständlich. Bd. 65). 2., überarbeitete Auflage. VDE-Verlag, Berlin u. a. 2001, ISBN 3-8007-2410-3.
  • Heinz Olenik, Wolf-Dieter Dose, Herbert F. Rading: Elektroinstallation und Betriebsmittel in explosionsgefährdeten Bereichen. Hüthig und Pflaum, München u. a. 2000, ISBN 3-8101-0130-3.

Einzelnachweise

  1. Handbuch des Explosionsschutzes S.102.
  2. Definition von Explosionskennwerten.
  3. Hartmut Beck, Arno Jeske: Berichte über Staubexplosionen – Einzelergebnisse und Dokumentation. In: Kommission Reinhaltung der Luft im VDI und DIN: Sichere Handhabung brennbarer Stäube. Tagung Nürnberg, 23.–25. Oktober 1996 (= VDI-Berichte. 1272). VDI-Verlag, Düsseldorf 1996, ISBN 3-18-091272-3, S. 365–387.
  4. Schulzeitreisen
  5. WDR: Quarks & Co. - Vorsicht Explosionsgefahr!, S. 7, Schaden: über 100 Millionen Mark (PDF; 379 kB), abgefragt am 5. Februar 2011.
  6. Diese Zahl wurde mit der Vorlage:Inflation ermittelt, auf volle Millionen EUR gerundet und gilt für den zurückliegenden Januar.

Weblinks

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