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Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten

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Logo des Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten
Logo der Jugendorganisation des Stahlhelm

Der „Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten“ war ein paramilitärisch organisierter Wehrverband zur Zeit der Weimarer Republik, der kurz nach Ende des Ersten Weltkrieges im Dezember 1918 von dem Reserveoffizier Franz Seldte in Magdeburg gegründet worden war. Seldte war zusammen mit Theodor Duesterberg Vorsitzender der Vereinigung. Diese galt als bewaffneter Arm der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP). So stellte der Stahlhelm bei Parteiversammlungen vielfach den (bewaffneten) Saalschutz.

1918 bis 1933

Der Stahlhelm verstand sich als Organisation, in der das Wirken aller Kriegsteilnehmer Anerkennung finden sollte, und stand in eindeutiger Opposition zum politischen System der Weimarer Republik. Im Stahlhelm herrschte eine Weltanschauung vor, die sich stark an der Kaiserzeit orientierte. Ehemaligen Frontsoldaten jüdischen Glaubens wurde die Mitgliedschaft verwehrt (siehe hierzu Reichsbund jüdischer Frontsoldaten). In eigenen Untergliederungen (Scharnhorstbund, Jungstahlhelm, Studentenring Langemarck, Landsturm) wurden ab 1924 interessierte Heranwachsende und ältere frontunerfahrene Männer militärisch ausgebildet, wobei die Reichswehr tatkräftige Unterstützung leistete. Die Mitglieder und ihre Führer verstanden sich als Personalreserve für die durch den Versailler Vertrag zahlenmäßig auf 100.000 Mann beschränkte Reichswehr. Die Mitgliederzahl vergrößerte sich bis 1930 auf über 500.000 Mitglieder. Der Stahlhelm war somit nach dem Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold der zweitstärkste paramilitärische Verband der Weimarer Republik.

Einzug der Fahnenkompanien des Stahlhelm während der Großveranstaltung „Zehn Jahre Versailler Vertrag“, Deutsches Stadion, Berlin, Juni 1929.

Finanziert wurde der Stahlhelm von ehemaligen Militärs und den im Deutschen Herrenklub zusammengeschlossenen Unternehmern sowie von ostelbischen Großgrundbesitzern.

Obwohl sich der Stahlhelm offiziell als überparteilich darstellte, trat er seit 1928 offen als republikfeindlich und demokratiefeindlich in Erscheinung. Ziele waren die Errichtung einer Diktatur in Deutschland, die Vorbereitung eines Revanchekrieges und die Errichtung eines antiparlamentarischen Ständestaates. In der „Fürstenberger Hassbotschaft“ vom September 1928 hieß es: „Wir hassen mit ganzer Seele den augenblicklichen Staatsaufbau, seine Form und seinen Inhalt“, weil er ein Hindernis dagegen darstelle, „unser geknechtetes Vaterland zu befreien, […], den notwendigen Lebensraum im Osten zu gewinnen und das deutsche Volk wieder wehrhaft zu machen“.[1] Deshalb bezeichneten die Stahlhelm-Mitglieder gegen Ende der Weimarer Republik sich selbst in Abgrenzung zur NSDAP auch als die „deutschen Faschisten“. Zu weiteren Grundforderungen gehörten die Schaffung eines „völkisch großdeutschen Reiches“,[2] die Bekämpfung der Sozialdemokratie sowie des „Händlergeistes des Judentums“ und der demokratisch-liberalen Weltanschauung, die Vergabe führender Stellen im Staat an Frontsoldaten und eine Politik für Lebensraum im Osten.[3]

Gemeinsam mit der DNVP unter Alfred Hugenberg und der NSDAP unter Adolf Hitler organisierte der Stahlhelm einen Volksentscheid gegen den Young-Plan. Der „Stahlhelm“ gehörte 1931 zu den Gründungsorganisationen der gegen die Weimarer Republik gerichteten Harzburger Front. Im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahl 1932 stellte der Stahlhelm mit Theodor Duesterberg einen eigenen Kandidaten auf.

1933 bis 1935

Mitglieder des sogenannten „Wehrstahlhelms“ (1934)

Nach der Machtübernahme der NSDAP wurde der Stahlhelm als einzig noch gegenüber den NSDAP-Organisationen bestehender Verband gesehen: „Hunderttausende ehemalige Angehörige des aufgelösten ‚Reichsbanners‘ wie des gleichfalls aufgelösten ‚Roten Frontkämpferbundes‘ waren in den Stahlhelm eingetreten, um dort Schutz zu finden, einige auch, um politisch zu wühlen.“ (Duesterberg)

Im Nürnberger Prozess antwortete Theodor Gruß, Bundeskämmerer des Stahlhelms bis zu dessen Auflösung 1935 und bis 1939 dessen Liquidator, auf die Frage nach den Auffassungen im Stahlhelm gegenüber den politischen Parteien Deutschlands: „Der Stahlhelm war gegen alle radikalen politischen Strömungen. Er verfolgte dabei aber nicht ein Vernichtungs- oder Ausrottungsprinzip, sondern er hatte immer wieder versucht, durch Aufklärung, Überzeugung, durch Werbung diese extremen Richtungen mit den gemäßigten Richtungen zu vereinigen. Ein Beweis dafür, daß die politischen Gegner des Stahlhelms ihn doch letzten Endes verstanden haben, ergab das Frühjahr 1933, als viele Mitglieder, verfolgte Mitglieder der SPD und KPD, im Stahlhelm Schutz und Hilfe suchten. Sie wurden dort von uns aufgenommen, aber der Stahlhelm geriet dadurch in die schwersten Konflikte mit der Partei. Die Partei konnte sich nicht damit einverstanden erklären, daß die von ihr verfolgten Leute vom Stahlhelm geschützt wurden. …“[4]

Entwaffnungs-Aktion gegen den Braunschweiger Stahlhelm

Die Entwaffnungs-Aktion gegen den Stahlhelm in Braunschweig, der von der NSDAP so genannte Stahlhelm-Putsch am Montag, dem 27. März 1933, ist ein Beispiel des Drucks auf den Stahlhelm. Durch die Aufnahme ehemaliger Reichsbanner-Mitglieder in seine Reihen war dort lokal versucht worden, die Bedeutung des Verbands zu stärken. Dagegen richtete sich eine massive Aktion der SA und SS, zum Teil in Zusammenarbeit mit der lokalen Polizei, die die zeitweise Inhaftierung der 1500 Stahlhelm-Mitglieder und -Führer und ein vorübergehendes Organisations-Verbot einschloss. 1000 der Verhafteten waren Mitglieder der SPD und KPD.[5] Viele der Bewerber um die Neuaufnahme wurden misshandelt. Die Ereignisse fanden durch Presseberichte umgehend reichsweite Beachtung, wobei der Widerstand des Braunschweiger Stahlhelm ein außergewöhnliches Ereignis im gesamten Deutschen Reich war. Die von Seiten des NS-Regimes propagandistisch eingesetzte wahrheitswidrige Bezeichnung „Putsch“ sollte nach außen hin den Eindruck erwecken, als habe es sich hierbei um einen versuchten Staatsstreich des Stahlhelm gegen die amtierende Reichsregierung Hitlers gehandelt.

Seldtes Übertritt zur SA

Stahlhelm-Gründer Franz Seldte wurde im Kabinett Hitler Reichsarbeitsminister und trat im April 1933 der NSDAP bei. Im August 1933 wurde er SA-Obergruppenführer und später Reichskommissar für den Freiwilligen Arbeitsdienst. Die Funktion als Reichsarbeitsminister behielt er bis 1945.

Gleichschaltung und Auflösung

Nachdem Seldte am 27. April 1933 erklärt hatte, dass er sich und den Stahlhelm als „geschlossene soldatische Einheit dem Führer“ unterstelle, erfolgte in den Jahren 1933/34 die Gleichschaltung des Stahlhelms, seiner Nebenorganisationen und aller übrigen militaristischen Organisationen durch Unterstellung unter die SA. Die unter 35-jährigen Mitglieder, rund 314.000, übernahm ab Juli die SA direkt als „Wehrstahlhelm“. Unter der Bezeichnung „SA-Reserve I“ wurden die 36- bis 45-jährigen Mitglieder des Stahlhelms bis September 1933 organisatorisch der SA-Führung unterstellt, die über 45-jährigen als „SA-Reserve II“. Im Januar 1934 „verschmolzen“ diese Verbände mit der SA. Der Rest erhielt im März 1934 den Namen „Nationalsozialistischer Deutscher Frontkämpferbund (Stahlhelm)“. Am 7. November 1935 löste Hitler auch diese Organisation auf.

Nach 1945

Im Jahre 1951 wurde der „Stahlhelm“ in Köln als eingetragener Verein neu gegründet, woran sich auch der ehemalige Generalfeldmarschall Albert Kesselring beteiligte. Alt- und Neonazis sowie Teile der rechtsextremen Szene knüpfen bis heute auch an die Ideologie des „Stahlhelm“ an, der sich später in „Der Stahlhelm e. V. – Bund der Frontsoldaten – Kampfbund für Europa“ umbenannte[6] und eine Zeit lang seinen Hauptsitz im niedersächsischen Jork hatte. Manche der Landesverbände des Vereins haben sich inzwischen (2011) selbst aufgelöst.[7]

Publikationen

Das Zentralorgan Der Stahlhelm erschien zuerst als Halbmonatsschrift, ab 1924 als Wochenzeitung. Die Auflage überschritt Mitte der 1920er Jahre deutlich 100.000, fiel danach aber auf unter 100.000 zurück. Neben kleineren Organen für Studenten und Monatsbriefen für Stahlhelmführer erschien in den Jahren 1925/26 Die Standarte mit dem Untertitel Beiträge zur geistigen Vertiefung des Frontgedankens. Nichtamtliche Führerbeilage zum Stahlhelm. Sie wurde in den Jahren 1926–1929 mit dem neuen Zusatz Wochenschrift des neuen Nationalismus von Ernst Jünger, Franz Schauwecker und anderen herausgegeben.[8]

Bekannte Mitglieder

Literatur

  • Volker R. Berghahn: Der Stahlhelm: Bund der Frontsoldaten 1918-1935 (= Beiträge zur Geschichte des Parlamentarismus und der Politischen Parteien, Band 33). Droste-Verlag, Düsseldorf 1966.
  • Bernhard Mahlke: Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten (Stahlhelm) 1918–1935 (1934–1935 „Nationalsozialistischer deutscher Frontkämpferbund [Stahlhelm] [NSDFB]“), in: Dieter Fricke u. a. (Hrsg.): Lexikon zur Parteiengeschichte. Die bürgerlichen und kleinbürgerlichen Parteien und Verbände in Deutschland (1789–1945). VEB Bibliographisches Institut, Leipzig 1986, Band 4, S. 145–158.

Weblinks

 Commons: Stahlhelm, Bund der Frontsoldaten – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Hans-Ulrich Wehler: Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 4: Vom Beginn des Ersten Weltkrieges bis zur Gründung der beiden deutschen Staaten 1914–1949 C.H. Beck Verlag, München 2003, S. 390 f.
  2. Uwe Schulte-Varendorff: Kolonialheld für Kaiser und Führer. General Lettow-Vorbeck – Mythos und Wirklichkeit. Ch. Links Verlag, Berlin 2006. ISBN 3-86153-412-6, S. 96. Zitiert von Schulte-Varendorff aus: Verfassungswidrig und niemals rechtsgültig! In: Deutsche Zeitung, 30. Jg., Nr. 557, Morgenausgabe, vom 28. November 1925.
  3. Uwe Schulte-Varendorff: Kolonialheld für Kaiser und Führer. General Lettow-Vorbeck – Mythos und Wirklichkeit. Ch. Links Verlag, Berlin 2006. ISBN 3-86153-412-6, S. 96. Zitiert von Schulte-Varendorff aus: Maike Wächter: Der Stahlhelm in Bremen. Hausarbeit für die erste Lehrerprüfung, Bremen 1964, S. 9.
  4. Befragung des Zeugen Theodor Gruß. In: Der Prozeß gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof : Amtlicher Wortlaut in deutscher Sprache. Bd. 21 : Verhandlungsniederschriften 12. Aug. 1946 – 26. Aug. 1946. Nürnberg : Internationaler Militärgerichtshof, 1948, S. 124 ff., hier S. 130 f.
  5. Nürnberg, 13. August 1946, Befragung Dr. Böhm: "The SA surrounded the place where the meeting was being held and arrested all the members. Upon investigation, it was shown that of approximately 1,500 participants, over a thousand were former members of the SPD and the KPD." http://www.nizkor.org/hweb/imt/tgmwc/tgmwc-21/tgmwc-21-202-07.shtml
  6. Preußen-Chronik: Stahlhelm – Bund der Frontsoldaten; zuletzt abgerufen 29. November 2011.
  7. Neofaschistischer »Der Stahlhelm e.V.« hat sich selbst aufgelöst!, zuletzt abgerufen 29. November 2011.
  8. Zur publizistischen Tätigkeit Jüngers siehe:Ernst Jünger in Cyberspace iv. John King, abgerufen am 18. April 2011 (eng.).
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