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Sprechrhythmus

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Unter Sprechrhythmus versteht man die zeitliche Gliederung der gesprochenen Sprache. Er ergibt sich aus der regelmäßigen Wiederkehr von Bewegungen der Atemmuskulatur, die ihren Ausdruck in der zeitlichen Abfolge von betonten und unbetonten Silben findet. Der Rhythmus gehört zusammen mit dem Akzent, der Intonation, dem Sprechtempo und der Quantität zu den so genannten suprasegmentalen Merkmalen gesprochener Sprache, auch Prosodie genannt.

Die Rhythmik der Sprache in Phonetik und Linguistik

Die Isochronie-Hypothese

Innerhalb der von dem britischen Phonetiker A. Lloyd James (1940) erstmals in dieser Form getroffenen Unterscheidung zwischen akzentzählenden und silbenzählenden Sprachen geht man mit der Isochronie-Hypothese davon aus, dass bei akzentzählenden Sprachen die Zeit zwischen zwei betonten Silben (bei variierender Silbenlänge) in etwa gleich lang zu sein scheint, während bei den silbenzählenden Sprachen die Silben (bei variierenden Betonungsintervallen) in etwa gleich lang zu sein scheinen.

Die ersten beiden rhythmischen Klassen wurden später um eine dritte Klasse ergänzt, in welcher man von der immer gleich bleibenden Länge einer Mora ausgeht.[1]

Der Kerngedanke dieser Hypothese besteht in der Annahme, es gäbe in jeder Sprache gleichlange (isochrone) Intervalle der einen oder der anderen Art (rhythmische Dichotomie).

Klasse Sprachen
Akzentzählende Englisch/andere germanische, Russisch/andere slawische, Arabisch, Deutsch, Niederländisch, Thai, europäisches Portugiesisch
Silbenzählende Spanisch, Französisch/andere romanische, Singapur-Englisch (Singlisch), brasilianisches Portugiesisch
Morazählende Japanisch, Estnisch, Sanskrit
Unklassifizierte Tschechisch, Finnisch, Tamil, Griechisch, Polnisch, Katalanisch, ...

Die Hypothese des physiologischen Rhythmus

Der Linguist und Neurologe Eric Heinz Lenneberg formulierte in seinem Werk Biologische Grundlagen der Sprache (1967) unter anderem die Hypothese eines physiologischen Sprech- und Sprachrhythmus als regelmäßiger Impuls von 160 plus oder minus 20 Millisekunden (also in etwa einer Sechstelsekunde), der den neuromuskulären Automatismen insgesamt und damit auch jenen der Spracherzeugung zugrunde liegt.[2] (im Zuge dessen definierte er die Silbe als Einheit nicht akustischer oder linguistischer, sondern physiologischer Natur[3]).

Der Literaturwissenschaftler und Linguist Hans Lösener führt in Der Rhythmus der Rede: linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte des Sprachrhythmus (1999) als Kritik an der synonymen Verwendung der Begriffe Rhythmus und Metrum (Lennebergs Impuls) einen unkritischen Zugang zu der platonischen Neufestlegung des Rhythmusbegriffs an.[4] Ihm zufolge führt dieser Rhythmusbegriff zu einer Trennung zwischen Rhythmus und Sinn sowie zwischen Metrik und Semantik.[5]

Zugleich beschreibt er die Suche der Rhythmustheorien nach dem Metrum in der Sprache als besonders durch die Faszination bedingt, die es auf die Linguistik als missing link zwischen Sprache und Natur ausübt. In diesem Zusammenhang – das Metrum als Bindeglied zwischen sprachlichem und biologischem – zitiert er Lenneberg als einen Vertreter der auf biologischen Rhythmen basierenden Sprachrhythmik.[6]

Tatsächlich spricht Lenneberg in Biologische Grundlagen der Sprache wie es scheint recht willkürlich einmal von einem regelmäßigen Impuls oder Schlag, an dem die rhythmische Struktur festgemacht wird, dann wieder von einem Trägerimpuls mit Modulationen als Rhythmus, und in der Zusammenfassung der betreffenden Ausführungen überhaupt von einer rhythmischen Metrik. Diese wie gleichwertig behandelt erscheinenden Benennungen mögen tatsächlich Hinweise auf eine unkritische Übernahme des platonischen Rhythmusbegriffes sein. Des Weiteren spricht er von den Grundlagen der Sprache als in der physischen Natur des Menschen liegend. Einige seiner darüber hinausgehenden Ausführungen lassen allerdings auf ein Offenlassen der Möglichkeit einer gegenseitigen Bedingtheit von Sprache aus linguistischer und biologischer Sicht schließen.[7]

Siehe auch

Literatur

  • Andreas Dufter: Ansätze zu einer rhythmologischen Sprachtypologie. In: Sascha Brawer (Hrsg.): Proceedings 5. TaCos. Tagung der Computerlinguistik-Studenten, Saarbrücken, 25.–28. Mai 1995. Universität, Saarbrücken 1995, S. 75–87.
  • Otto von Essen: Allgemeine und angewandte Phonetik. 5., neubearbeitete und erweiterte Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1979, S. 195–201.
  • Eric H. Lenneberg: Biological Foundations of Language. John Wiley and Sons, New York 1967, ISBN 0-471-52626-6, S. 489.
  • Eric H. Lenneberg: Biologische Grundlagen der Sprache. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1972, ISBN 3-518-27817-7, S. 597.
  • Hans Lösener: Der Rhythmus der Rede: linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte des Sprachrhythmus. Niemeyer, Berlin 1999, ISBN 3-484-22059-7, S. 251.
  • Helmut Martinetz: Das sprechtechnische Repertoire. In: Helmut Martinetz: „Die klingende Visitenkarte“. Das was ich spreche, bin ich ... (= Studien zur Linguistik; Band 11). Litverlag, Münster 2005, ISBN 3-8258-8398-1, S. 53 ff.

Einzelnachweise

  1. coli.uni-saarland.de
  2. Eric H. Lenneberg: Biologische Grundlagen der Sprache. 3. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-518-27817-7, S. 152.
  3. Eric H. Lenneberg: Biologische Grundlagen der Sprache. 3. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-518-27817-7, S. 145.
  4. Hans Lösener: Der Rhythmus der Rede: linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte des Sprachrhythmus. 1999, S. 81.
  5. Hans Lösener: Der Rhythmus der Rede: linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte des Sprachrhythmus. 1999, S. 22.
  6. Hans Lösener: Der Rhythmus der Rede: linguistische und literaturwissenschaftliche Aspekte des Sprachrhythmus. 1999, S. 81.
  7. Eric H. Lenneberg: Biologische Grundlagen der Sprache. 3. Auflage. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-518-27817-7, S. 138–152.

Weblinks

Wiktionary: Sprechrhythmus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
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