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Spondeus

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Spondeus (auch Spondäus; Plural Spondeen; griechisch σπονδεῖος spondeios, von σπονδή spondē „Trankopfer“, Versmaß des Opferliedes; lateinisch spondēus) bezeichnet in der Verslehre einen Versfuß, der im quantitierenden griechischen und lateinischen Versmaß aus zwei langen Silben besteht, in metrischer Notation also:

— —

In der metrischen Formelnotation wird der Spondeus mit sp abgekürzt.

Der Spondeus tritt nicht versbildend auf, das heißt, es gibt kein aus Spondeen bestehendes Versmaß, sondern er erscheint im Vers als rhythmische Variante vor allem des Daktylus und des Anapäst, seltener bei Jambus oder Trochäus. Im Hexameter, wo er in den ersten vier Füßen eintreten kann, dient er als Mittel der Abwechslung zur Vermeidung von Eintönigkeit. Mit Spondeus im fünften Fuß wird der Hexameter als Spondiacus oder Spondeiazon bezeichnet, besteht er nur aus Spondeen, heißt er Holospondeus.

Deutsche Spondeen

Im Deutschen tritt bei der Nachbildung der antiken quantitierenden Versmaße an die Stelle der Silbenlänge als organisierendes Prinzip die Silbenbetonung. Der Spondeus ist nach diesem Prinzip im Deutschen nur schwer nachzubilden, da zwei aufeinanderfolgende betonte Silben eine dazwischen liegende Sprechpause bedingen (Hebungsprall). Wenn das Versmaß eine solche Sprechpause an der betreffenden Stelle erlaubt oder fordert, wie zum Beispiel an den Hauptzäsuren des Hexameters, dann kann ein Spondeus problemlos gebildet werden.

Ist eine Zäsur nicht zulässig, so kann man stattdessen zwar zwei lange Silben aufeinanderfolgen lassen („Blutmond“), von denen dann meist die erste betont ist, das regelhafte Prinzip der Nachbildung (Betonung für Länge) wird dadurch jedoch nicht erfüllt. Diesem Muster entsprechende Wörter wie „Sturmnacht“, „Bluttat“ oder „Vollmond“ kann man als spondeische Wortfüße bezeichnen.

Das Problem des Spondeus im Deutschen verlangte jedoch nach einer Lösung, da die Ausdruckskraft des Hexameters wesentlich durch den Wechsel von Daktylen und Spondeen im Vers bedingt ist. Am nachhaltigsten damit befasst hat sich der als Übersetzer der (in Hexametern verfassten) Homerischen Epen bekannte Johann Heinrich Voß. Seine Lösung war der sogenannte „geschleifte Spondeus“. Dabei wird die von der Betonung her stärkere Silbe in die schwächere Position gesetzt, also in die Position der (metrischen) Senkung.

Das folgende Beispiel der Nachbildung eines homerischen Hexameters von Voß zeigt alle drei Formen deutscher Spondeen:

Díe er sodánn  ‖  sáumsélig erfánd zúr tráurigen Féldschlácht[1]
—◡◡ˌ— ‖ —ˌ—◡◡ˌ— —ˌ—◡◡ˌ— —

Man hat hier an der Trithemimeres-Zäsur Hebungsprall zwischen „-dann“ und „saum-“, einen geschleiften Spondeus im vierten Fuß, wo das gegenüber „-fand“ betoungsstärkere „zur“ in der schwächeren Position erscheint, und am Ende im sechsten Fuß den spondeischen Wortfuß „Feldschlacht“.

Bekannt ist auch Voß' Beispiel eines Spondeiazon:

Als ringsher pechschwarz aufstieg graundrohende Sturmnacht[2]
— —ˌ— —ˌ— —ˌ— —ˌ—◡◡ˌ— —

Ein anderes Beispiel aus seiner Übersetzung von Vergils Aeneis:

All' jetzt, froh Wettschwungs, kraftvoll rings, heben die Arm' auf[3]

Man hat Voß wegen solcher Verse kritisiert und ihm einen übertriebenen Rigorismus in der Nachbildung antiker Metren vorgeworfen. Andreas Heusler brandmarkte Voß' geschleifte Spondeen als „falsche Spondeen“ und sprach von „Spondeenkrankheit“. In der Tat fällt es schwer, Voß zu folgen, wenn er dem Vers

Düstere Sturmnacht zog, und graunvoll wogte das Meer auf
—◡◡ˌ—◡ˌ—◡ˌ—◡ˌ—◡◡ˌ— —

„kunstlose Natürlichkeit“ bescheinigt, und demgegenüber „durch Kunst veredelte Natur“ in der „mit geschleiften Spondeen überfrachteten“[4] Version

Düsterer zog Sturmnacht, graunvoll rings wogte das Meer auf
—◡◡ˌ— —ˌ— —ˌ— —ˌ—◡◡ˌ— —

zu erkennen meint.[5] Auch wenn die Art, wie Voß seine geschleiften Spondeen zum Vortrag brachte, die Anerkennung von Zeitgenossen wie Wieland, Herder und Goethe fand, gefolgt ist man ihm letztlich nicht, sondern hat sich für die „kunstlose Natürlichkeit“ entschieden und im Hexameter rhythmische Eintönigkeit durch Wechsel von Daktylus und Trochäus vermieden.

Literatur

  • T. V. F. Brogan: Spondee. In: Roland Greene, Stephen Cushman et al. (Hrsg.): The Princeton Encyclopedia of Poetry and Poetics. 4. Auflage. Princeton University Press, Princeton 2012, ISBN 978-0-691-13334-8, S. 1351 f (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  • Andreas Heusler: Deutscher und antiker Vers. Der falsche Spondeus und angrenzende Fragen. Straßburg 1917.
  • Otto Knörrich: Lexikon lyrischer Formen. 2. Auflage. Kröner, Stuttgart 2005, ISBN 3-520-47902-8, S. 518–520.
  • Johann Heinrich Voß: Zeitmessung der deutschen Sprache. Beilage zu den Oden und Elegieen. Nicolovius, Königsberg 1802, Digitalisat.
  • Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur. 8. Auflage. Kröner, Stuttgart 2013, ISBN 978-3-520-84601-3, S. 773.

Einzelnachweise

  1. Homer Ilias IV,240 (Übersetzung von Johann Heinrich Voß)
  2. Voß: Zeitmessung der deutschen Sprache. Königsberg 1802, S. 132.
  3. Vergil Aeneis VIII,452
  4. Günter Häntzschel: Johann Heinrich Voß : seine Homer-Übersetzung als sprachschöpferische Leistung. Beck, München 1977, ISBN 3-406-05158-8, S. 71
  5. Voß: Zeitmessung der deutschen Sprache. Königsberg 1802, S. 248.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Spondeus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.