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Spätblühende Traubenkirsche

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Spätblühende Traubenkirsche
Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina)

Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina)

Systematik
Ordnung: Rosenartige (Rosales)
Familie: Rosengewächse (Rosaceae)
Unterfamilie: Spiraeoideae
Tribus: Steinobstgewächse (Amygdaleae)
Gattung: Prunus
Art: Spätblühende Traubenkirsche
Wissenschaftlicher Name
Prunus serotina
Ehrh.

Die Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina), auch Späte Traubenkirsche oder Amerikanische Traubenkirsche genannt, ist eine Pflanzenart aus der Gattung Prunus. Sie stammt aus Nordamerika und zählt in Europa mancherorts zu den problematischen Neophyten.

Die in Europa heimische Gewöhnliche Traubenkirsche erreicht etwas geringere Wuchshöhen, wächst bevorzugt auf feucht-nassen Böden und ist vor allem in Auwäldern in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt verbreitet.

Beschreibung

Blühender Strauch
Blütenstand

Habitus

Die raschwüchsige Spätblühende Traubenkirsche ist in Europa ein Strauch bis kleiner Baum, der in der Regel Wuchshöhen von weniger als 20 Metern erreicht. In einigen Fällen, z. B. im Freiburger Mooswald, treten Exemplare mit bis zu 30 m Höhe auf und in ihrer Heimat Nordamerika kommen Exemplare mit Wuchshöhen von bis zu 35 Metern vor. Die Spätblühende Traubenkirsche bildet eine längliche Baumkrone und eine dichte Belaubung aus. Ihre relativ kurzen Äste sind waagrecht ausgerichtet und dunkelbraun berindet. Die Rinde junger Zweige ist kahl. Die Langtriebe besitzen eine Endknospe.

Blatt

Die wechselständig angeordneten Laubblätter sind in Blattstiel und Blattspreite gegliedert. Der 6 bis 25 Millimeter lange Blattstiel besitzt zwei bis vier Drüsen. Die einfache Blattspreite ist 4 bis 12 Zentimetern lang. Ihre Form variiert von länglich-eiförmig bis länglich-lanzettlich. Sie besitzt eine keilförmige Basis und verläuft zur Blattspitze hin zugespitzt. Der Blattrand ist gezähnt. Die kleinen, knorpeligen Zähne sind nach innen gekrümmt. Die Blattunterseite ist hellgrün gefärbt. Entlang der Mittelrippe stehen gelbliche Härchen. Die Blattoberseite zeigt eine glänzende (im Gegensatz zur heimischen Gewöhnlichen Traubenkirsche) dunkelgrüne Farbe.[1] Im Herbst nehmen die Blätter lebhaft gelbe bis orange Farben an. Sie wachsen nicht nur an Zweigen und Ästen, sondern sind als kleine Blättchen auch an den Fruchttrauben zu finden.

Blütenstand und Blüte

Die Blütezeit reicht von Mai und Juni. Bis zu 30 Blüten stehen in einem 6 bis 15 Zentimeter langen, walzenförmigen, traubigen Blütenstand zusammen. Der Blütenstand steht zunächst aufrecht, orientiert sich dann im weiteren Verlauf nach unten, bis er schließlich zu Ende der Blühperiode überhängt. Am Grund des Blütenstandes befinden sich Laubblätter mit einem Durchmesser von etwa 8 bis 10 Millimetern und kleinen Tragblätter. Die Blütenstiele sind 3 bis 8 Millimeter lang. Die zwittrigen, duftenden Blüten sind radiärsymmetrisch und fünfzählig mit doppelter Blütenhülle. Die fünf Kronblätter sind weiß.

Frucht

Die Früchte sind zuerst hellrote, dann violett-rote, bei der Reife schwarze Steinfrüchte bis 1 Zentimeter Größe. Die Kirschen haben an der dem Stiel gegenüberliegenden Seite eine kleine, kreisförmig eingezogene Delle und am Stielansatz kleine Kelchblätter. Die Kirschkerne sind kleiner als durchschnittlich große Sauerkirsch­kerne und etwas länglicher. Die essbaren Kirschen reifen Ende Juli bis Ende August, sind aromatisch-süß, haben aber oft einen unangenehm bitteren Nachgeschmack. Sie können als Obst gegessen, zu Säften oder Mus verarbeitet werden (ähnlich wie Schlehen). In skandinavischen Ländern werden Destillate aus den schwarzen Beeren hergestellt. In den USA finden die Früchte bei der Aromatisierung von Rum und Brandy Verwendung.

Chromosomenzahl

Die Chromosomenzahl beträgt 2n = 32.[2]

Synökologie

Die Spätblühende Traubenkirsche gilt als Wirtspflanze für die Blattlaus Myzus persicae, die eine Viruserkrankung der Zuckerrübe überträgt.

Giftigkeit

Besonders die Samen in den Steinkernen, viel weniger auch Blüten und Rinde, enthalten cyanogene Glykoside und sind für Mensch und Tier giftig. Der Verzehr kann zu Vergiftungserscheinungen führen.

Alle Pflanzenteile sind giftig, besonders die Samen und die Rinde. Die Hauptwirkstoffe in der Rinde sind Prunasin und Scopoletin und in frischen Blättern wurde ein Blausäuregehalt von 210 mg/100 g festgestellt.[3][4]

Beim Menschen treten vergleichbare Vergiftungserscheinungen wie bei Prunus laurocerasus auf.[3][4]

Nach dem Fressen von Blättern oder Rinde sind bei tragenden Schweinen teratogene Wirkungen aufgetreten; bei einer Angoraziege war die Vergiftung tödlich, nachdem sie die Blätter gefressen hatte.[3][4]

Verbreitung und Standort

Ursprüngliche Verbreitung der Spätblühenden Traubenkirsche (Prunus serotina)

Die Spätblühende Traubenkirsche ist ursprünglich in Nordamerika beheimatet, insbesondere im Osten der U.S.A. Sie kommt aber auch in den gemäßigten Klimazonen der südamerikanischen Anden in Ecuador und Peru vor. In Nordperu bei Cajamarca wird sie bei traditionellen Festen nach Karneval, sogenannten "Unshas", verwendet.

Als Neophyt hat sich die Spätblühende Traubenkirsche in Europa stark selbständig ausgebreitet. Sie kommt dort insbesondere in lichten Wäldern, in Ufergebüschen sowie als Zierstrauch oder -baum in Gärten vor. In der Jungbestockung der deutschen Wälder ist sie nach den Ergebnissen der Dritten Bundeswaldinventur (2012) mit einer Gesamtfläche von 104.000 Hektar bzw. einem Flächenanteil von knapp vier Prozent inzwischen die häufigste fremdländische Baumart.[5]

Die Spätblühende Traubenkirsche gedeiht am besten auf feuchten Sand- und Lehmböden mit sauren bis schwach basischen Boden-pH. Sie kommt hauptsächlich im Tiefland vor und kann auch mit gelegentlichen Überschwemmungen leben. Sie verträgt Sonne bis lichten Schatten, wächst gut im Stadtklima und ist windfest, da sie ein Herzwurzelsystem ausbildet. Gegenüber Winter- und Spätfrosten zeigt sie sich relativ unempfindlich. Die Spätblühende Traubenkirsche eignet sich deswegen auch als Pionierbesiedler von Brachflächen, ist aber auf Grund ihrer Ausbildung von Wurzelbrut nur schlecht wieder einzudämmen, wenn sie auf einen gut geeigneten Lebensraum trifft. Sie zählt zu den Bienennährgehölzen, der Nektarwert ist mäßig, der Pollenwert schlecht.

Geschichte als invasive Pflanze in Europa

Bereits 1623 wurde die Spätblühende Traubenkirsche nach Europa gebracht. Erste Erwähnungen für Deutschland stammen aus dem Jahr 1685. Der Anbau erfolgte als Ziergehölz in Gärten und Parks. Da die Spätblühende Traubenkirsche in ihrer Heimat auf armen Böden gute Wuchsleistungen erbringt und wertvolles Holz liefert, erhoffte man ähnliche Eigenschaften beim Anbau in Deutschland. Im späten 19. Jahrhundert wurde im Rahmen sogenannter Fremdländerversuchsanbauten die Eignung für die Forstwirtschaft getestet. Allerdings stellte sich heraus, dass die Spätblühende Traubenkirsche unter hiesigen Verhältnissen in der Regel mehr oder weniger nur strauchförmig wächst. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts begann man in den Niederlanden mit großflächigen Anpflanzungen. Man erhoffte sich eine Erhöhung der Bodenfruchtbarkeit in Nadelbaum­kulturen, auf Heideflächen und auf windexponierten Standorten. Bis in die 50er Jahre wurde mit der Späten Traubenkirsche aufgeforstet.

Unmittelbar danach begann die Bekämpfung als schädlicher invasive Pflanze – so in den Niederlanden seit 1963 als bospest (dt. „Waldpest“) –, da die Spätblühende Traubenkirsche eine dichte Strauchschicht bildet, die viele forstwirtschaftliche Arbeiten erschwert und andere Gehölze bei der Naturverjüngung behindert. Die Bekämpfung zeigte zuerst beträchtliche Erfolge, da sich große Berge Gestrüpps ansammelten. Die Spätblühende Traubenkirsche bildet aber aus versehentlich vergessenen Wurzelstücken sehr vitale Wurzelbrut, die schneller wachsen und dichtere Bestände bilden als Kernwüchse. Herbizide erwiesen sich als wenig brauchbar, da sie andere Gewächse ebenso schädigten und sich nachteilig auf den Boden auswirkten. Erfolgreich war nur eine komplizierte Methode aus sorgfältigem Absägen der Stämme, gezieltem und nicht zu großflächigem Ausbringen von Herbiziden sowie die Abdeckung der Stubben mit Folien, um den Stockausschlägen das Licht zu nehmen. Diese Art der Bekämpfung ist aufwändig und teuer. Einige Fachleute sind der Meinung, dass sich die Bestände der Spätblühenden Traubenkirsche von allein wieder lichten, wenn man die betroffenen Flächen einer ungestörten Sukzession überlässt.

In Erprobung befindet sich gegenwärtig eine Form der biologischen Bekämpfung mit dem Violetten Knorpelschichtpilz (Chondrostereum purpureum). Hierbei wird eine Myzelsuspension des Pilzes an frischen Schnittflächen der Spätblühenden Traubenkirsche aufgetragen. Aus bisher vorliegenden Untersuchungen wird deutlich, dass Chondrostereum purpureum bei sachgerechter Applikation erhebliche Schädigungen bei Prunus serotina hervorrufen kann. Da Chondrostereum purpureum in der Natur sehr häufig vorkommt und zudem relativ kurzlebig ist, werden von der Anwendung als Mykoherbizid keine ökologischen Auswirkungen auf die lokale Pilzflora oder andere Organismen befürchtet. Die bisherigen Freilandversuche in den Wäldern der Berliner Forsten lassen jedoch noch keine abschließende Beurteilung über die Praxistauglichkeit des Verfahrens zu.[6][7]

Literatur

  • Uwe Starfinger: Die Einbürgerung der Spätblühenden Traubenkirsche (Prunus serotina Ehrh.) in Mitteleuropa. In: Landschaftsentwicklung und Umweltforschung. Nr. 69, Technische Universität Berlin, Berlin 1990, ISBN 3-7983-1357-1 (Zugleich Dissertation an der Technischen Universität Berlin [1990]).
  • C. Haag, U. Wilhelm: Die Spätblühende Traubenkirsche. Arbeiten mit „unerwünschter“ Baumart oder Verschleppung einer Katastrophe? In: AFZ, der Wald. Allgemeine Forstzeitschrift für Waldwirtschaft und Umweltvorsorge, 53. Jahrgang, Heft 6, 1998, S. 276–279, Deutscher Landwirtschaftsverlag, München 1998 ISSN 1430-2713

Einzelnachweise

  1. Scholz, Scholz: Prunus... In: Hildemar Scholz (Hrsg.): Illustrierte Flora von Mitteleuropa. Begründet von Gustav Hegi. 2., völlig neubearbeitete und erweiterte Auflage. Band IV Teil 2B: Spermatophyta: Angiospermae: Dicotyledones 2 (3) (Rosaceae, 2. Teil)., Blackwell, Berlin/ Wien u. a. 1995, ISBN 3-8263-2533-8, S. 470ff.
  2. Erich Oberdorfer: Pflanzensoziologische Exkursionsflora für Deutschland und angrenzende Gebiete. 8. Auflage. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3131-5, S. 573.
  3. 3,0 3,1 3,2 Lutz Roth, Max Daunderer, Kurt Kormann: Giftpflanzen – Pflanzengifte. Vorkommen, Wirkung, Therapie, allergische und phototoxische Reaktionen. Mit Sonderteil über Gifttiere. 6., überarbeitete Auflage. Sonderausgabe. Nikol, Hamburg 2012, ISBN 978-3-86820-009-6.
  4. 4,0 4,1 4,2 Dietrich Frohne, Hans Jürgen Pfänder: Giftpflanzen, Ein Handbuch für Apotheker, Ärzte, Toxikologen und Biologen. 5., neu bearbeitete und erweiterte Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2004, ISBN 3-8047-2060-9.
  5. F. Kroiher, A. Bolte: Naturschutz und Biodiversität im Spiegel der BWI 2012. In: AFZ-Der Wald. 21/2015.
  6. Paul Heydeck, Malte Münte: Der Violette Knorpelschichtpilz als „Bioherbizid“ gegen Traubenkirsche. In: AFZ DerWald. 4/2008. (PDF; 525 kB)
  7. Malte Münte: Spätblühende Trauben-Kirsche in Berlin. In: AFZ DerWald. 13/2009. (PDF; 1,6 MB)

Weblinks

 Commons: Spätblühende Traubenkirsche (Prunus serotina) – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien


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