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Sowjetische Militäradministration in Deutschland

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SMAD ist eine Weiterleitung auf diesen Artikel. Eine weitere Bedeutung findet sich bei Nanoteilchen.
Die Regierung der DDR bei Wassili Iwanowitsch Tschuikow: Übertragung der Verwaltungshoheit

Die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD, Советская военная администрация в Германии) war nach dem Zweiten Weltkrieg die oberste Besatzungsbehörde und somit De-facto-Regierung in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) Deutschlands von Juni 1945 bis zur Übertragung der Verwaltungshoheit an die Regierung der DDR am 10. Oktober 1949.

Aufbau und Geschichte

SMAD-Offizier für Kultur Alexander Dymschitz bei einer Rede 1947
SMAD-Übergabe des Guts Großbeeren an die Verwaltung der späteren DDR (Juni 1949)

Mit der Berliner Erklärung vom 5. Juni 1945 (auch als Berliner Deklaration oder Juni-Deklaration bezeichnet) übernahmen die vier Siegermächte des Zweiten Weltkrieges durch ihre Oberbefehlshaber kraft Besatzungsrechts die oberste Regierungsgewalt im Gebiet des Deutschen Reiches.

Formale Grundlage der SMAD war der Befehl Nr. 1 des Obersten Befehlshabers der sowjetischen Besatzungstruppen in Deutschland vom 9. Juni 1945. Er folgte interalliierten Abmachungen aus der Endphase des Zweiten Weltkrieges, nach denen jede Besatzungsmacht innerhalb ihrer Besatzungszone eine autonome Militärregierung einzurichten hatte. Die SMAD war dem Rat der Volkskommissare und damit Josef Stalin direkt unterstellt.[1]

Die organisatorischen Strukturen der SMAD entsprachen inhaltlich und geografisch dem neuentstehenden deutschen Verwaltungsaufbau in der SBZ. Neben der Zentralbehörde in Berlin-Karlshorst bestanden SMA-Einrichtungen auf Länderebene (Mecklenburg(-Vorpommern), Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Thüringen und Sachsen) sowie ein Netz unterschiedlicher regionaler bis lokaler Militärkommandanturen. Spezielle Fachabteilungen überwachten die Tätigkeiten der verschiedenen deutschen Verwaltungsbehörden. An der Spitze der SMAD stand ihr ‚Oberster Chef‘, dies waren von Juni 1945 bis März 1946 G. K. Schukow, von März 1946 bis März 1949 Wassili D. Sokolowski und schließlich bis 1953 (seit Oktober 1949 als Chef der Sowjetischen Kontrollkommission) Wassili Tschuikow. Diese Offiziere waren in Personalunion Oberkommandierende der Gruppe der Sowjetischen Streitkräfte in Deutschland.

Als sichtbarstes Zeichen ihrer Regierungshoheit erließ die SMAD von 1945 bis 1949 zahlreiche schriftliche Befehle an eigene und deutsche Dienststellen. Daneben regierte sie aber auch auf eher informeller Ebene mittels mündlicher, nur selten dokumentierter Weisungen und Kommentare oder auch nur durch die nicht zu übersehende Präsenz ihrer Mitarbeiter in den deutschen Verwaltungsstellen.

Obwohl die SMAD über ein beträchtliches Gestaltungspotenzial verfügte, waren ihre Kompetenzen innerhalb des stalinistischen Herrschaftssystems begrenzt. So war die SMAD verschiedenen sowjetischen Dienststellen unterstellt, die mitunter konkurrierende Konzepte verfolgten. Daneben verfügten einzelne SMAD-Mitarbeiter wie Wladimir Semjonowitsch Semjonow und Sergei Iwanowitsch Tjulpanow, Leiter der Zensur- und Propagandaabteilung, über besondere Beziehungen zum sowjetischen Staatsapparat oder zur KPdSU. Auch auf personalpolitischer Ebene wurde Moskau aktiv: Der populäre Marschall Schukow wurde bereits nach einigen Monaten an der SMAD-Spitze durch seinen weithin unbekannten Stellvertreter Marschall Sokolowski ersetzt.

Das Verhältnis der sowjetischen Militärregierung zum sowjetischen Innenministerium NKWD und anderen sowjetischen Organen, die oft unabhängig von ihr in der SBZ operierten, war ambivalent. Einerseits wussten leitende Besatzungsoffiziere das vorhandene Drohpotenzial geschickt zu nutzen, um bei Verhandlungen mit deutschen Dienststellen ihre Vorstellungen durchzusetzen. Andererseits beklagten sich SMAD-Mitarbeiter wiederholt darüber, dass die sowjetischen Geheimdienste mit ihrem Vorgehen die materielle und politische Aufbauarbeit der Militärregierung in Deutschland gefährdeten.

Es bleibt festzustellen, dass die SMAD zunächst – wie die übrigen alliierten Militärregierungen in Deutschland – den Wiederaufbau des Landes innerhalb der von der eigenen Regierung vorgegebenen Rahmenbedingungen umzusetzen versuchte. Die anscheinend willkürlichen massenhaften Verhaftungen und die politische Verfolgung waren nicht das Ergebnis der SMAD-Politik, obwohl die Militärregierung diese Realität für ihre Interessen zu nutzen wusste und sicherlich nicht wenige Besatzungsoffiziere einer allgemeinen Bestrafung der „Deutschen“, die nicht an individuelle Kriterien gebunden war, positiv gegenüberstanden.

Die SMAD kritisierte mehrfach aus sachorientiertem Eigeninteresse Exzesse bei den Verfolgungsmaßnahmen, die erkennbar über die Bestrafung von NS- und Kriegsverbrechern hinausgingen.

Am 10. Oktober 1949 wurde die SMAD aufgelöst und die Sowjetische Kontrollkommission (SKK) in Nachfolge gebildet.[2]

Gesetzgebung unter Besatzungsrecht

Anfang Juli 1945 setzte die sowjetische Militärregierung deutsche Provinzial- und Länderverwaltungen ein. Diese erhielten das Recht

„Gesetze und Verordnungen, die Gesetzeskraft haben, auf den Gebieten der gesetzgebenden, richterlichen und vollstreckenden Gewalt zu erlassen, wenn sie den Gesetzen und Befehlen des Kontrollrates oder den Befehlen der sowjetischen Militärverwaltung nicht widersprechen.“[3]

Diese formale Eigenständigkeit der deutschen Verwaltung war jedoch eingeschränkt. Zum einen behielt die sowjetische Besatzungsmacht sich eine übergeordnete Gesetzgebungskompetenz vor, zum anderen waren die Provinzial- und Länderverwaltungen mit Kommunisten besetzt worden. Als die Gesetzgebungskompetenz später auf die neu gewählten Landtage überging, blieb es auch weiterhin bei einem von den sowjetischen Behörden vorgezeichneten Entscheidungsrahmen. Aus formaler Sicht war zwar keine sowjetische Zustimmung zu Landesgesetzen erforderlich, aber über die SED und über die Blockausschüsse konnte die Militärregierung eine politische Steuerung vornehmen.

Zentralverwaltungen

Die SMAD ordnete mit Befehl Nr. 17 vom 27. Juli 1945 den Aufbau sogenannter Deutscher Zentralverwaltungen (DZVs) innerhalb der SBZ an, „zwecks Entwicklung der Wirtschaft und Wiederherstellung des Verkehrs- und Nachrichtenwesens, der Gesundheitsfürsorge und Volkserziehung“. Diese Zentralverwaltungen sollten die SMAD entlasten und gleichzeitig den Aufbau eines sozialistischen Staats auf deutschem Gebiet vorbereiten; einige davon, wie etwa die Zentralverwaltung für Justiz, gingen 1949 bei Gründung der DDR nahtlos in Ministerien über. Zunächst entstanden bis zum Herbst 1945 elf solcher Zentralverwaltungen: für Verkehrswesen, Nachrichtenwesen, Brennstoffindustrie, Handel und Versorgung, Industrie, Landwirtschaft, Finanzen, Arbeit und Sozialfürsorge, Gesundheitswesen, Volksbildung, Justiz. Durch weitere SMAD-Anordnungen bildeten sich bis Mitte 1947 fünf weitere Zentralverwaltungen: für deutsche Umsiedler (aufgelöst 1948), Statistisches Zentralamt, Zentrale Deutsche Kommission für Sequestrierung und Beschlagnahme, Deutsche Zentralverwaltung des Innern, Deutsche Verwaltung für Interzonen- und Außenhandel.[4]

Persönlichkeiten

Oberste Chefs:

Juni 1945 bis März 1946: Georgi Konstantinowitsch Schukow
März 1946 bis März 1949: Wassili Danilowitsch Sokolowski
März 1949 bis 1953 (seit Oktober 1949 als Chef der SKK): Wassili Iwanowitsch Tschuikow

Stellvertreter:

Mai 1947 bis 1949 Bogdan Kobulow

Kulturabteilung:

1945 bis 1949 Alexander Lwowitsch Dymschitz, Sergei Iwanowitsch Tjulpanow

Auswahl wichtiger SMAD-Befehle

  • Nr. 001: Über die Organisation der militärischen Administration zur Verwaltung der sowjetischen Okkupationszone in Deutschland (9. Juni 1945)
  • Nr. 002: Erlaubnis zur Bildung und Tätigkeit aller antifaschistischen Parteien und Gewerkschaften (10. Juni 1945)
  • Nr. 003: Abgabe von Waffen (15. Juni 1945)
  • Nr. 005: Organisierung eines normalen Lebens in den Provinzen und Ländern, Gründung (9. Juli 1945)
  • Nr. 008: Übertragung des Eisenbahnverkehrs in der SBZ und Groß-Berlin an die deutschen Eisenbahnen zum 1. September 1945 (11. August 1945)
  • Nr. 009: Wiederingangsetzung der Produktion (21. Juli 1945)
  • Nr. 011: Abgabe von Wertsachen
  • Nr. 013: Schaffung von Verwaltungsbezirken (25. Juli 1945)
  • Nr. 017: Gründung der deutschen Zentralverwaltung (27. Juli 1945)[5]
  • Nr. 040: Vorbereitung der Schulen auf den Schulbetrieb (25. August 1945)
  • Nr. 044: Erhöhung der Sozialrenten und Ermehrung von Erholungsheimen und Sanatorien (18. März 1948)
  • Nr. 049: Entfernung aller NSDAP-Mitglieder aus dem Justizdienst (4. September 1945)
  • Nr. 050: Vorbereitung der Hochschulen auf den Beginn des Unterrichts (4. September 1945)
  • Nr. 051: Wiedereinrichtung und Tätigkeit der Kulturinstitutionen (25. September 1945)
  • Nr. 064: Beendigung der Sequesterverfahren in der SBZ (17. April 1948)
  • Nr. 069: Wertpapiere in Tresoren in Verzeichnisse aufnehmen (15. Oktober 1945)
  • Nr. 103: Aufstellung von Wirtschaftsplänen für 1946 (19. Oktober 1945)
  • Nr. 105: Bildung der Deutschen Verwaltung für Statistik (19. Oktober 1945)
  • Nr. 110: Gesetzgebungskompetenz an Länder- und Provinzverwaltung und Erklärung, dass die Bodenreform rechtens ist (22. Oktober 1945)
  • Nr. 111: Währungsreform für das Gebiet der Sowjetischen Besatzungszone und Groß-Berlins (23. Juni 1948)[6]
  • Nr. 117: Ausstattung der deutschen Zentralverwaltung für Handel und Versorgung mit Weisungsrecht gegenüber den Landesverwaltungen (27. Oktober 1945)
  • Nr. 124: dem Deutschen Reich gehörende Vermögenswerte werden beschlagnahmt (30. Oktober 1945)
  • Nr. 126: Vermögen der NSDAP, ihrer Organe und der ihr angeschlossenen Verbände werden konfisziert (31. Oktober 1945)
  • Nr. 160: Über die Verantwortung für Sabotage- und Diversionsakte (3. Dezember 1945)
  • Nr. 167: Übernahme der 1945 unter Militärverwaltung gestellten Betriebe in sowjetisches Staatseigentum (5. Juni 1946)
  • Nr. 176: Wiederherstellung der Konsumgenossenschaften in der SBZ (18. Dezember 1945)
  • Nr. 209: Schaffung von Neubauernhöfen und Beseitigung deutscher Adelssitze (9. September 1947)
  • Nr. 234: Maßnahmen zur Steigerung der Arbeitsproduktivität und zur weiteren Verbesserung der materiellen Lage der Arbeiter und Angestellten in der Industrie und im Verkehrswesen (9. Oktober 1947)

Siehe auch die SMAD-Befehle 28, 92 und 228 als Instrumente zur Rehabilitierung von Opfern des Nationalsozialismus im Artikel über die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes

Literatur

  • Jan Foitzik: Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD). 1945–1949. Struktur und Funktion. Akademie Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-05-002680-4 (Quellen und Darstellungen zur Zeitgeschichte 44), Online.
  • Jan Foitzik, Nikita W. Petrow: Die sowjetischen Geheimdienste in der SBZ/DDR von 1945 bis 1953. Walter de Gruyter, Berlin [u. a.] 2009, ISBN 978-3-11-023014-7 (Texte und Materialien zur Zeitgeschichte 17).
  • Jan Foitzik: Inventar der Befehle des Obersten Chefs der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD) 1945–1949. Offene Serie. Im Auftrag des Instituts für Zeitgeschichte zusammengestellt und bearbeitet. Saur, München [u. a.] 1994, ISBN 3-598-11261-0 (Texte und Materialien zur Zeitgeschichte 8).
  • Horst Möller, Alexandr O. Tschubarjan (Hrsg.): SMAD-Handbuch. Die sowjetische Militäradministration in Deutschland 1945–1949. R. Oldenbourg Verlag, München 2009, ISBN 978-3-486-58696-1.

Weblinks

 Commons: Sowjetische Militäradministration in Deutschland – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Martin Broszat, Gerhard Braas, Hermann Weber: SBZ-Handbuch, 1993, ISBN 3-486-55262-7, S. 39.
  2. Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland: 1949–55: Zwei Staaten – zwei Wege: Sowjetische Kontrollkommission, abgerufen am 6. April 2013.
  3. Zitiert n. Diemut Majer: Grundlagen des Besatzungsrechts 1945–1949, in: Hans Erich Volkmann (Hrsg.): Ende des Dritten Reiches – Ende des Zweiten Weltkriegs. Eine perspektivische Rückschau. München 1995, ISBN 3-492-12056-3, S. 146.
  4. Martin Broszat, Hermann Weber (Hrsg.): SBZ-Handbuch: Staatliche Verwaltungen, Parteien, gesellschaftliche Organisationen und ihre Führungskräfte in der Sowjetischen Besatzungszone, Oldenbourg, München 1993, ISBN 978-3-486-55262-1, S. 201.
  5. Befehl Nr. 17 des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland betreffend die Einsetzung von deutschen Zentralverwaltungen in der sowjetischen Besatzungszone vom 27. Juli 1945. Abgerufen am 13. September 2008.
  6. http://www.dhm.de/ausstellungen/kalter_krieg/zeit/z1948.htm Deutschland im kalten Krieg: 1948
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