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Sophie von der Pfalz

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Sophie von der Pfalz, Porträt aus dem Jahr 1650

Sophie, Prinzessin von der Pfalz, auch bekannt als Sophie von Hannover (* 14. Oktober 1630 in Den Haag; † 8. Juni 1714 in Herrenhausen) war durch ihre Heirat Herzogin zu Braunschweig und Lüneburg und Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg. Durch den Act of Settlement war sie ab 1701 die designierte Thronfolgerin der britischen Monarchie.

Leben

Frühe Jahre

Sophie von der Pfalz als Indianerin (um 1644), gemalt von ihrer Schwester Luise Hollandine

Prinzessin Sophie wurde 1630 als zwölftes Kind des Kurfürsten Friedrich V. von der Pfalz, des böhmischen „Winterkönigs“ aus dem Haus Wittelsbach, und von Elisabeth Stuart, Tochter König Jakobs I./VI. von England und Schottland im holländischen Exil geboren, wo ihre Eltern in Den Haag sowie auf einem Jagdschloss in Rhenen lebten. Ihr Vater starb, als sie erst zwei Jahre alt war. Die Mutter gab sie, wie auch ihre Geschwister, zur Erziehung an eine Adelsfamilie in Leiden, was damals in Königshäusern oft praktiziert wurde, so wie die Mutter selbst einst in Schottland aufgezogen worden war. Die finanzielle Lage der „Winterkönigin“ wurde allerdings zunehmend schwierig. Mit der Mutter sprach Sophie englisch, mit den Geschwistern deutsch oder niederländisch, darüber hinaus fließend französisch; in Briefen lässt sie häufig, oft in ironischer Absicht, niederländische Ausdrücke oder Sprichworte einfließen.

Nach dem Scheitern des Eheprojekts mit ihrem Cousin, dem späteren Karl II. von England und Schottland, zog sie 1650 nach Heidelberg an die Residenz ihres Bruders Karl Ludwig, des Kurfürsten von der Pfalz, der nach Ende des Dreißigjährigen Krieges 1649 dorthin zurückgekehrt war, und lebte dort bis zu ihrer Eheschließung. Sophie sorgte für dessen Kinder Elisabeth Charlotte und Karl. Die unter den ständigen Streitereien der Eltern leidenden Kinder bedurften der Fürsorge ihrer Tante, wobei das Mädchen – allgemein bekannt als Liselotte von der Pfalz – ihr besonderer Liebling war.[1]

Heirat ins Haus der Welfen

Herzog Georg Wilhelm zu Braunschweig-Lüneburg aus dem Haus der Welfen war seitens seiner Landstände nahegelegt worden, zu heiraten und für Nachwuchs zu sorgen, wie es seine herzogliche Pflicht sei – und im Gegenzug eine Erhöhung seiner Apanage zu erhalten. Die passende Braut wurde ihm in Form von Sophie von der Pfalz vorgestellt, welche er und sein jüngster Bruder Ernst August im Herbst 1656 auf einer Reise nach Heidelberg kennenlernten. Obwohl eigentlich mit dem älteren Bruder Georg Wilhelm verlobt, heiratete Prinzessin Sophie jedoch am 17. Oktober 1658 in Heidelberg Herzog Ernst August zu Braunschweig-Lüneburg. Grund war, dass Georg Wilhelm sich auf seinem Junggesellenabschied in Venedig, wohin die Welfen-Brüder alljährlich zum Karneval fuhren, eine venerische Infektion zugezogen hatte und anschließend die geplante Hochzeit, sehr zum Ärger von Sophie und ihrem Bruder Karl Ludwig, auf unbestimmte Zeit vertagte. Indem er seinen Bruder Ernst August überredete, an seiner Stelle die (für damalige Verhältnisse als 28-jährige schon etwas ältliche) Braut zu nehmen, suchte er die Ehre des Hauses zu retten; später äußerte er Sophie gegenüber einmal, er bedaure es sehr, sie nicht genommen zu haben.[2] Zugleich gab Georg Wilhelm ein Eheverzichtsversprechen ab, damit das Fürstentum Lüneburg später an Ernst August fiele und dieser dadurch zu einer für die Prinzessin passenden Partie werde[3], woran er sich aber nicht hielt; dies sollte später zu der unglücklichen Ehe ihrer Kinder führen, Georgs und Sophie Dorotheas, der „Herzogin von Ahlden“.

Das Ehepaar lebte zunächst im Leineschloss in Hannover am Hof des dort regierenden Georg Wilhelm. Sophie hatte ihre 7-jährige Nichte Liselotte von der Pfalz aus Heidelberg nachgeholt, nachdem deren Eltern sich getrennt hatten, und wurde nun für vier Jahre deren Ziehmutter. Gemeinsam besuchten sie ihre Mutter bzw. Großmutter, die „Winterkönigin“, in Den Haag. Ernst August wurde 1662 Fürstbischof von Osnabrück und das Ehepaar zog mit zwei kleinen Söhnen und Liselotte auf Schloss Iburg. 1663 kehrte Liselotte nach Heidelberg zurück; sie würde, nachdem sie 1671 an den französischen Königshof verheiratet wurde, bis zu Sophies Tod zweimal pro Woche 20–30 Seiten lange Briefe an „ma tante“ senden und entsprechende empfangen.

1673 bezog die fürstbischöfliche Familie die von Ernst August neu erbaute Residenz, das Schloss Osnabrück. Auch Sophie brachte hierfür Ideen ein, nachdem sie sich in Frankreich beim Besuch vieler Schlösser und Gärten hatte inspirieren lassen. Insbesondere die Gestaltung des Schlossparks machte sie sich zur Aufgabe. 1679 besuchte sie mit ihrer 13-jährigen Tochter Sophie Charlotte („Figuelotte“ genannt) ihre Nichte Liselotte in Paris und Versailles, inkognito als Madame de Osnabruck; die angestrebte Verlobung Figuelottes mit dem Grand Dauphin fand allerdings nicht statt, da Ludwig XIV. sich für eine andere Kandidatin entschied.[4]

Kurz nach ihrer Rückkehr starb 1679 Ernst Augusts älterer Bruder Johann Friedrich ohne Erben und so konnte er 1679 die Herrschaft im Fürstentum Calenberg antreten. Sie zogen nun zurück nach Hannover, doch trauerte Sophie der Osnabrücker Residenz nach: Ich werde mein Leben lang den Garten und das Schloss in Osnabrück vermissen. Mein Garten, meine Blumen, mein Haus, meine Möbel: Ich finde mich dieser Freuden auf einmal beraubt.[5]

Für seine Dienste dem Kaiser gegenüber wurde Ernst August 1692 mit der Verleihung der neunten Kurwürde belohnt. Offiziell wurde er nun Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg genannt, gemeinhin jedoch als Kurfürst von Hannover bezeichnet.

Wirken

Großer Garten in Hannover-Herrenhausen, im Vordergrund das Schloss
Denkmal der Kurfürstin Sophie im Großen Garten

1664–65 reiste Sophie nach Italien. Während ihrer Grand Tour sammelte sie viele Erfahrungen, die ihr späteres Wirken in ihrem Kurfürstentum prägen sollten.[6]

Sie fertigte zahlreiche Stickarbeiten an, darunter einen bis heute erhaltenen Behang für Altäre, den sie 1691 dem Kloster Loccum schenkte.[7]

Sophie kümmerte sich in ihrer neuen Funktion als Kurfürstin von Braunschweig-Lüneburg um die Ausgestaltung der hannoverschen Sommerresidenz in Schloss Herrenhausen, während ihr Mann und seine Mätresse, die Platen, zumeist im Leineschloss lebten.

Um den gehobenen Ansprüchen zu genügen, wurde der Große Garten, den ihr Schwager Johann Friedrich hatte anlegen lassen, ab 1680 unter ihrer Leitung neu gestaltet und erweitert, wobei ihr Henry Perronet zur Seite stand, der bereits den Osnabrücker Garten mit ihr angelegt hatte. Neben den italienischen und französischen Reiseeindrücken war es vor allem die niederländische barocke Gartenkunst ihrer Jugend, die sie inspirierte. Ferner steuerte der Hofbibliothekar Johann Friedrichs, den Ernst August übernommen hatte, seinen philosophischen Rat bei: Gottfried Wilhelm Leibniz. So wurde der Garten geradezu zu „geronnener Philosophie“.[8] Bis zu ihrem Tod im Jahr 1714 vervierfachte der Große Garten seine Ausdehnung.

Ein Denkmal im Großen Garten erinnert an sie, die als 83-jährige während eines Platzregens im Garten stolperte und starb. Sophie wurde zunächst in der Kapelle des Leineschlosses beigesetzt; nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Sarkophag in das Welfenmausoleum im Berggarten in Herrenhausen überführt.[9]

Das britische Erbe

Sophie von der Pfalz (1706)
Christine van den Heuvel vom Hauptstaatsarchiv Hannover mit einem Faksimile der für Sophie ausgestellten Sukzessionsurkunde von 1706

Als 1701 in England durch einen Parlamentsbeschluss der antikatholische Act of Settlement erlassen wurde, stand die protestantische Sophie als Tochter der englischen Prinzessin Elisabeth und Cousine König Jakobs II. unvorhergesehen an zweiter Stelle in der englischen Thronfolge, da sie außer Jakobs Tochter, der Thronfolgerin Anne Stuart, die zu diesem Zeitpunkt einzige protestantische Nachfahrin der Könige von England und Schottland war. Der Act of Settlement bestimmte, dass von nun an nur protestantische Erben Anspruch auf den englischen Thron erheben konnten. Da die in Frage kommenden Angehörigen der Pfälzer Linie der Wittelsbacher allesamt entweder verstorben oder zum Katholizismus konvertiert waren, blieb nur Sophie, die jüngste Tochter des protestantischen „Winterkönigs“, übrig.

Königin Anne betrachtete die Verwandten aus Hannover mit Argwohn und verweigerte ihnen die Einreise, eine Apanage oder das Recht, einen Landsitz in Großbritannien nehmen zu dürfen. Sie hätte es vorgezogen, dass die Thronnachfolge ihrem Vater Jakob und dessen (katholischen) Nachkommen aus zweiter Ehe zugesprochen worden wäre. Aus Einsicht in die politische Notwendigkeit einer protestantischen Erbfolge fand sie sich mit den Bestimmungen des Act of Settlement notgedrungen ab. Da Queen Anne immerhin 35 Jahre jünger war als Sophie, rechnete diese selbst nicht mit ihrer Thronbesteigung. Nur drei Wochen vor ihrem Tod zitierte Sophie in einem Brief an Leibniz – mit Blick auf die kränkelnde Anne – das niederländische Sprichwort: „Krakende wagens gaan lang“ (quietschende Wagen fahren lange)[10]. Hätte Sophie aber nur sieben Wochen länger gelebt, wäre sie dennoch Königin der Königreiche Großbritannien und Irland geworden. Am 1. August 1714 bestieg ihr Sohn Georg Ludwig, Kurfürst von Braunschweig-Lüneburg (Hannover), als Georg I. den britischen Thron als erster König aus dem Haus Hannover. Die dann folgende Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover währte 123 Jahre – bis zur Thronbesteigung Königin Victorias im Jahre 1837.

Der Act of Settlement ist bis heute in Kraft. Das bedeutet, dass als britische Thronfolger auch in Zukunft ausschließlich die protestantischen Nachkommen der Sophie von der Pfalz infrage kommen. Sie ist die gesetzlich garantierte Stammmutter des britischen Königshauses.

Kinder aus der Ehe mit Ernst August

  • Georg Ludwig (1660–1727), seit 1714 als Georg I. König von Großbritannien
  • Friedrich August (1661–1690), gefallen im Krieg gegen die Türken
  • Maximilian Wilhelm (1666–1726), kaiserlicher Feldmarschall
  • Sophie Charlotte (1668–1705), seit 1701 Königin in Preußen, nach ihr ist das Schloss Charlottenburg in Berlin benannt
  • Karl Philipp (1669–1690), gefallen im Krieg gegen die Türken
  • Christian Heinrich (1671–1703), ertrunken in der Donau beim Feldzug gegen die Franzosen
  • Ernst August (1674–1728), Herzog von York und Albany, Bischof von Osnabrück

Literatur

(Alphabetisch nach Autoren geordnet.)

  • Peter Burschel: „j’avais le plaisir de me voir comparée à tous les astres“. Gelebte Räume in den Memoiren der Kurfürstin Sophie von Hannover. In: Claudia Ulbrich, Hans Medick, Angelika Schaser (Hrsg.): Selbstzeugnis und Person. Transkulturelle Perspektiven. Böhlau, Köln/Weimar/Wien 2012, ISBN 978-3-412-20853-0, S. 335–347.
  • Karin Feuerstein-Praßer: Sophie von Hannover (1630–1714). „Wenn es die Frau Kurfürstin nicht gäbe ...“. Pustet, Regensburg 2004, ISBN 3-7917-1867-3.
  • Mathilde Knoop: Kurfürstin Sophie von Hannover (= Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Niedersachsen und Bremen. Band 32 = Niedersächsische Biographien. Band 1). Hahn, Hannover 1999, ISBN 3-7752-5817-5 (Nachdruck der Ausgabe Hildesheim 1964).
  • Alheidis von Rohr: Sophie Kurfürstin von Hannover (1630–1714). Begleitheft zur Ausstellung. Mit einem Beitrag von Waldemar R. Röhrbein. Historisches Museum am Hohen Ufer, Hannover 1980.
  • Heidrun Siller: Sophie (auch Sophia), Kurfürstin von Hannover. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, S. 588 f. (Onlinefassung).
  • Petra Widmer: Die Gartenkunst im Leben der Kurfürstin Sophie von Hannover (1630–1714). In: Die Gartenkunst 12 (2/2000), S. 167–178.

Weblinks

 Commons: Sophie von der Pfalz – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Thea Leitner: Skandal bei Hof, S. 12, Ueberreuter, 1993, ISBN 3-8000-3492-1
  2. Dirk von der Cruysse, Madame sein ist ein ellendes Handwerck, Liselotte von der Pfalz, 14. Aufl. 2015, S. 57ff.
  3. Renate du Vinage: Ein vortreffliches Frauenzimmer. Das Schicksal von Eleonore d’Olbreuse, der letzten Herzogin von Braunschweig-Lüneburg-Celle. 2. Auflage. Otto Meissners, Berlin 2010, S. 41, 43
  4. Dirk von der Cruysse, Madame sein ist ein ellendes Handwerck, Liselotte von der Pfalz, S. 261–272.
  5. Wolf Schneider: Ernst August I. und Sophie von der Pfalz als Bischofspaar in Iburg und Osnabrück (1662-1672) in: Heimatjahrbuch Osnabrücker Land 2003, S. 204
  6. Ulrich Ackermann: Die Italienreise der Kurfürstin Sophie von Hannover. Fremdheitserfahrungen einer Fürstin des Barockzeitalters. In: Akademische Schriftenreihe. Bd. V144968, Grin Verlag, 2010, ISBN 978-3-640-54144-7.
  7. Charlotte-Elisabeth Orléans, Malte-Ludolf Babin: Liselotte von der Pfalz in ihren Harling-Briefen, Band 1, 2007, S. 245
  8. Horst Bredekamp, Leibniz und die Revolution der Gartenkunst, Wagenbach 2012, ISBN 3-8031-5183-X
  9. Helmut Knocke, Hugo Thielen: Mausoleum, in: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 92
  10. R. Geerds (Hg.), Die Mutter der Könige von Preußen und England. Memoiren und Briefe der Kurfürstin Sophie von Hannover, Ebenhausen-Leipzig, Langewiesche-Brandt, 1913, Brief an Leibniz vom 20. Mai 1714, S. 437
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