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Son of Saul

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Filmdaten
Deutscher TitelSon of Saul
OriginaltitelSaul fia
ProduktionslandUngarn
OriginalspracheUngarisch,
Jiddisch,
Deutsch,
Polnisch
Erscheinungsjahr2015
Länge107 Minuten
Stab
RegieLászló Nemes
DrehbuchLászló Nemes,
Clara Royer
ProduktionGábor Rajna,
Gábor Sipos
MusikLászló Melis
KameraMátyás Erdély
SchnittMatthieu Taponier
Besetzung

Son of Saul (Originaltitel: Saul fia, deutsch „Sauls Sohn“) ist ein ungarisches Filmdrama des Regisseurs und Autors László Nemes über die Möglichkeiten und Grenzen des Widerstandes in einem NS-Judenvernichtungslager im Zweiten Weltkrieg. Das Drehbuch wurde von Nemes und Clara Royer gemeinsam verfasst. Der Film wurde bei den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 2015[1][2] erstaufgeführt und gewann dort den Großen Preis der Jury.[3] Danach wurde er in einer Sondervorstellung auf dem Toronto International Film Festival 2015 gezeigt.[4] In Deutschland kam der Film am 10. März 2016 ins Kino.

Der Regisseur L. Nemes spricht im Interview selbst über seine Idee, das Geschehen aus der Sicht eines einzelnen Auschwitz-Häftlings zu erzählen: „… den Zuschauer dichter ans Geschehen ranholen, als dass er immer nur auf die Handlung achtet.“ Er will das Geschehene aus Sicht eines Einzelnen wahrnehmen, denn bisher (in Filmen über die Judenvernichtungsaktionen) ging der Einzelne immer im Kollektiv der Opfer unter.[5]

Handlung

Oktober 1944, das NS-Vernichtungslager Auschwitz befindet sich angesichts der herannahenden sowjetischen Truppen der Roten Armee in Chaos und Auflösung. Der Jude Saul Ausländer arbeitet in dem Sonderkommando, das die Verbrennung der Leichen der in den Gaskammern Ermordeten durchführen muss. Die Religion der Juden untersagt ihnen die Einäscherung von Toten. Eines Tages entdeckt Saul den Leichnam eines Jungen, in dem er seinen Sohn zu erkennen glaubt. Er versucht, den Leichnam des Jungen vor der Schändung zu bewahren und will einen Rabbiner finden, um eine heimliche Bestattung zu ermöglichen. Zwischenzeitlich werden die anderen Mitglieder des Sonderkommandos der unmttelbar bevorstehenden Auflösung des Konzentrationslagers gewahr und zerstören das Krematorium. Saul verfolgt geradlinig und ohne den eigenen Tod zu fürchten nur noch seinen eigenen Plan, um seinem Sohn die letzte Ehre zu erweisen, für den einzustehen er nie zuvor die Möglichkeit hatte. In den Tumulten der Auflösung gelingt den Häftlingen die Flucht in den umliegenden Wald. Doch der Rabbiner stellt sich als falsch heraus und Saul verliert den Leichnam im Fluss. Zusammen mit anderen Häftlingen findet er Zuflucht in einer kleinen Hütte. Beim Anblick eines vorbeikommenden kleinen Bauernjungen lächelt Saul zum ersten und einzigen Mal. Das Kind läuft davon und die SS-Wachen des Lagers nähern sich der Hütte. Dann wird das Bild schwarz und Gewehrschüsse sind zu hören.

Geschichtlicher Hintergrund

Obwohl die Geschichte fiktiv ist, können zentrale Teile der Handlung als historisch belegt gelten.

Die Gefangenen in den Sonderkommandos wurden zu der Sklavenarbeit mit den toten Körpern der Mitgefangenen in den Krematorien und bei den Gaskammern von der Totenkopf-SS gezwungen. Sie konnten die Tätigkeit nicht von sich aus ablehnen oder beenden. Die Gefangenen der Sonderkommandos wurden von der SS regelmäßig als Gruppe vollständig ermordet, damit keine Zeugen der Massenmorde überlebten, was diese Gefangenen wussten.

Zu den wenigen mündlichen Berichten aus den Konzentrationslagern gab es während des Kriegs 1944 auch ein einziges Mal vier Fotografien direkt vom Vorgang der Massenmorde.[6] Der griechische Häftling Alexis wurde, nachdem er den Negativfilm weitergegeben hatte, auch ermordet. Seine Schwarz-Weiß-Aufnahmen konnten vom polnischen Widerstand im Ausland veröffentlicht werden. Sie sind u. a. 2016 bei einer Ausstellung von Werken Gerhard Richters in Baden-Baden zu sehen (als Vorlage seiner Serigrafien Birkenau).

Es gab mehrmals Aufstände der von der SS als Sonderkommando missbrauchten Gefangenen, von denen die Häftlinge allerdings gegenseitig nichts wissen konnten (Treblinka II bei Warschau am 2. August 1943, Lager Sobibor bei Lublin am 14. Oktober 1943 und Auschwitz II am 7. Oktober 1944). Deren Aufstand und die damit verbundenen Verzögerungen in der Mordmaschinerie haben in allen drei Beispielen wahrscheinlich zum Überleben vieler Häftlinge geführt, die sonst durch die SS vergast worden wären. Die SS versuchte anschließend jeweils mit dem Abriss der Gebäude die Spuren ihres Massenmords zu verwischen. Im KZ Auschwitz blieb ihr dafür aber nicht mehr genug Zeit (die staatliche Gedenkstätte dort kann Reste der Krematorien konservieren).

Die mit den Rollen verkörperten Personen haben keine konkrete Entsprechung Einzelner in der Literatur oder den überlieferten mündlichen Berichten über das Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz mit Ausnahme der Rolle des Arztes Miklós Nyiszli (1901–1956; dargestellt von Sándor Zsótér).

Kritik

Frank Schnelle von epd Film beschreibt die Arbeit des Filmemachers: „Die Art und Weise, in der Regisseur László Nemes dieses Geschehen inszeniert, ist neu- und einzigartig.“ Schnelle merkt allerdings auch an: „In der Tat wird niemand diesen Film ‚gerne sehen‘ – dazu ist er zu sehr Tortur, zu schmerzhaft in seiner Intensität. Aber gerade darin liegt seine ungeheure Kraft: an die unvorstellbare Grausamkeit des KZs nicht bloß zu erinnern, sondern die Bedingungen – die Beklemmung, die Panik, die unfassbare Gewalt – mit Hilfe einer ganz eigenen Filmsprache beinah physisch erfahrbar zu machen.“[7]

Dem entgegnen in ihren Kritiken Susan Vahabzadeh in der Süddeutschen Zeitung[8] und Verena Lueken in der FAZ[9] mit dem Vorwurf, dass der Bezug zur Gewaltausübung der SS als Marketingmittel für den Filmverkauf wie Pornografie eingesetzt werde. Dem Lob des Films von Claude Lanzmann und der Filmjurys sei deshalb nicht zu folgen.

In Kritiken wird wiederholt betont, dass der Film erstmalig in der Beobachtung einer Person im innersten Kreis des Vernichtungslagers die Shoa ins Zentrum stellt. Allerdings gibt es über die Gruppe der KZ-Häftlinge in den sogenannten Sonderkommandos, im SS-Vokabular auch Brenner genannt, bereits das Filmdrama Die Grauzone (2001) von Tim Blake Nelson, das den Widerstand im deutschen Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau im Jahr 1944 ebenfalls in Anlehnung an Greifs Bücher thematisiert.

Auszeichnungen

Der Film gewann als ungarischer Beitrag den Oscar als bester fremdsprachiger Film.[10][11][12] Bei den Golden Globe Awards 2016 konnte er den Preis als bester fremdsprachiger Film gewinnen.

Literatur

  • Gideon Greif: Wir weinten tränenlos … Augenzeugenberichte des jüdischen ‘Sonderkommandos’ in Auschwitz. Köln 1995; Neuauflage Frankfurt am Main 1999, ISBN 3-596-13914-7; Übersetzungen: Jerusalem 1999 (Hebräisch); Warsaw 2002 (Polnisch); New Haven 2003 (englisch).
  • Gideon Greif: Aufstand in Auschwitz. Die Revolte des jüdischen „Sonderkommandos“ am 7. Oktober 1944. Unter Mitarbeit von Itamar Levin. Aus dem Hebräischen von Beatrice Greif übersetzt. Böhlau Verlag,Köln 2015, ISBN 978-3-412-22473-8.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. The 2015 Official Selection. In: Cannes. Abgerufen am 16. April 2015.
  2. Screenings Guide. In: Festival de Cannes. 6. Mai 2015. Archiviert vom Original am 26. Juni 2015. Abgerufen am 8. Mai 2015.
  3. Henry Barnes: Cannes 2015: Jacques Audiard’s Dheepan wins the Palme d’Or – as it happened. In: The Guardian. 24. Mai 2015. Abgerufen am 24. Mai 2015.
  4. Toronto to open with ‘Demolition’; world premieres for ‘Trumbo’, ‘The Program’. In: ScreenDaily. 28. Juli 2015. Abgerufen am 28. Juli 2015.
  5. Johanna Adorján: Interview mit Oscar-Gewinner. Eine primitive Art des Widerstands. Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung vom 8. März 2016.
  6. Georges Didi-Huberman: Images in Spite of All. Four Photographs from Auschwitz. University of Chicago Press, 2008; first published as Images malgré tout. Les Éditions de Minuit, 2003.
  7. Frank Schnelle: Kritik zu Son of Saul. In: epd-film.de. 25. Februar 2016.
  8. Susan Vahabzadeh: Pornografie des Schmerzes. In: sueddeutsche.de. 9. März 2016.
  9. Verena Lueken: Auschwitz sollte nicht gut aussehen. In: FAZ.net. 9. März 2016.
  10. Academy Awards 2016. Die Nominierungen im Überblick. In: Süddeutsche Zeitung. 14. Januar 2016. Abgerufen am 14. Januar 2016.
  11. Scott Roxborough: Oscars: Hungary Selects ‘Son of Saul’ for Foreign-Language Category. In: The Hollywood Reporter. 11. Juni 2015. Abgerufen am 11. Juni 2015.
  12. 9 Foreign Language Films Advance In Oscar® Race. In: Oscars. 17. Dezember 2015. Abgerufen am 18. Dezember 2015.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Son of Saul aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.