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Sitzblockade

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Sitzblockade in Leipzig, um Neonazis am Marschieren zu hindern (Oktober 2004)
Sitzblockade während einer Demonstration in Frankreich
Österreichische Soldaten beim Üben von Griffen für das Auflösen von Sitzblockaden

Eine Sitzblockade ist eine Form des politischen Protestes. Die Beteiligten setzen sich auf den Boden und verhindern so den regulären Betrieb beispielsweise auf einer Straße oder vor einer Zufahrt. Häufig geschieht dies an Orten, die symbolhaft für die bekämpften politischen Ziele stehen, zum Beispiel vor Atomkraftwerken. Entweder beenden die Beteiligten den Sitzprotest selbst nach einer gewissen Zeit oder er wird durch die Polizei unter Anwendung von unmittelbarem Zwang, zum Beispiel Wegtragen oder Einsatz von Hilfsmitteln wie Schlagstock oder Wasserwerfer, beendet. Sitzblockaden gelten als Form des zivilen Ungehorsams oder des zivilen Widerstandes.[1] Die juristische Wertung von Sitzblockaden ist in Deutschland nicht eindeutig. Gemäß Urteil des Bundesverfassungsgericht können Sitzblockaden unter bestimmten Umständen Versammlungen nach Art. 8 des Grundgesetzes sein. Nur wenn dies nicht der Fall ist, kann ggf. eine strafrechtlich relevante Nötigung vorliegen.[2]

Juristische Bewertung

Strafrechtlich wurde eine Sitzblockade früher stets als Nötigung bewertet, da in der Rechtsprechung auch psychische Gewalt, sofern sie vom Betroffenen körperlich empfunden wurde, unter den Begriff der Gewalt fiel. Dass die Sitzblockade einer Straße als „körperliche Gewalt“ empfunden werden konnte, wurde unter anderem damit begründet, dass der Fahrer des blockierten Fahrzeugs zwar grundsätzlich trotz der Blockade weiterfahren könne, er jedoch in der Regel nicht die Verantwortung dafür übernehmen wolle, die vor ihm sitzenden Blockierer zu verletzen oder gar zu töten. Nach damaliger Sichtweise stellten die Blockierer somit zwar kein physisches, wohl aber ein psychisches Hindernis für den Fahrzeugführer dar. Daraus folgte, dass sich Sitzblockierer allein durch ihre bloße Anwesenheit der Nötigung strafbar machten.

Diese Definition wurde durch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) im Jahr 1995 (Az.: 1 BvR 718/89) gekippt. Die Ausweitung des Gewaltbegriffs auf psychische Gewalt verstieß laut Meinung der Richter gegen den Bestimmtheitsgrundsatz des Artikels 103 Abs. 2 des Grundgesetzes. Dieser Bestimmtheitsgrundsatz zielt auf eine umfassende Rechtssicherheit für die Bürger ab und soll sicherstellen, dass jeder Bürger klar erkennen kann, welche rechtlichen Folgen sich aus seinem Verhalten ergeben. Nach Ansicht der Richter ist die Ausdehnung des Gewaltbegriffs auf eine rein psychische Wirkung nicht zulässig, vielmehr kann nur die Anwendung körperlicher Gewalt zu einer Strafbarkeit wegen Nötigung führen.[3]

Aufgrund der Bindungswirkung des BVerfG-Urteils musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) dieser Sichtweise anschließen, so dass in Entscheidungen des BGH die reine Anwendung psychischer Gewalt grundsätzlich nicht mehr als ausreichend für den Straftatbestand der Nötigung angesehen wird. Diese Sichtweise gilt laut BGH jedoch nur für die Blockade des ersten Fahrzeuges (also in der Regel jenes Fahrzeugs, welches Ziel der Blockade ist, zum Beispiel Castor-Transport, Militärtransport, etc.), nicht aber für nachfolgende Fahrzeuge. Auf die Fahrer dieser Fahrzeuge wirkt insofern körperlicher Zwang, als sie das vor ihnen stehende Fahrzeug nicht passieren können. Wenn also im Rahmen einer Sitzblockade mehr als ein Fahrzeug blockiert wird, kann sich hieraus eine strafbare Nötigung ergeben.[4]

Eine Sitzblockade, verbunden mit Anketten, Einhaken oder aktivem Widerstand gegen das Wegtragen, wird auch vom Bundesverfassungsgericht im Regelfalle als Nötigung nach § 240 des Strafgesetzbuches (StGB) angesehen, vor allem wenn das darin enthaltene Tatbestandsmerkmal der Gewalt auf Blockadeaktionen angewandt werden kann, „bei denen die Teilnehmer über die durch ihre körperliche Anwesenheit verursachte psychische Einwirkung hinaus eine physische Barriere errichten“,[5] wenn die Blockade also tatsächlich unüberwindbar ist.

Hoch umstritten ist die Frage, inwiefern sich Teilnehmer einer Sitzblockade mit dem Ziel, eine andere, nicht verbotene Versammlung zu verhindern gem. § 21 des VersG strafbar machen. Die Staatsanwaltschaft Dresden leitete nach einer Blockade einer Straßenkreuzung am 19. November 2011, die Teil der geplanten Aufmarschstrecke einer auf Grund von Massenprotesten gescheiterten Demonstration von Neonationalsozialisten war, 351 Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der „Versammlungssprengung“ (§ 21 Versammlungsgesetzes) ein[6]. Durch das Amtsgericht Dresden ergingen teils Verurteilungen[7], teils Freisprüche (Urteil des AG Dresden vom 2. Mai 2013). Kritiker sehen durch die Verurteilungen die Versammlungsfreiheit der Teilnehmer an der Blockade verletzt.[8]

Beispiele

1982 hat die einwöchige Sitzblockade des Atomwaffenlagers bei Großengstingen auf der Schwäbischen Alb für großes Aufsehen gesorgt. Damals waren in der Eberhard-Finckh-Kaserne die atomaren Kurzstreckenraketen Lance stationiert. Die dazugehörenden Atomsprengköpfe, jeder versehen mit der doppelten Sprengkraft der Hiroshima-Bombe, waren im „Sondermunitionslager Golf“ gelagert, das sich in einem nahen Wald befand. Rund 750 Menschen beteiligten sich an der gewaltfreien Blockade vom 1. bis 8. August 1982.

1983 machten dann insbesondere wiederkehrende Sitzblockaden in Mutlangen Schlagzeilen. In dem schwäbischen Ort protestierten damals zahlreiche Menschen gegen die Stationierung der ersten Pershing-II-Raketen auf der Mutlanger Heide in Folge des NATO-Doppelbeschlusses, darunter auch viele Prominente wie Heinrich Böll, Günter Grass und Dieter Hildebrandt.

Im frühen 21. Jahrhundert gab es zum Beispiel Sitzblockaden der Anti-Atomkraft-Bewegung gegen Atommülltransporte in den CASTOR-Behältern oder, ausgehend von Globalisierungskritikern, gegen den G8-Gipfel in Heiligendamm.

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Sitzblockade – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten

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Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Sitzblockade aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.