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Sidonie Nádherny von Borutin

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Sidonie Nádherná von Borutín, ab 1898 Freiin Nádherná von Borutín (geb. 1. Dezember 1885 in Vrchotovy Janovice; gest. 30. September 1950 in Harefield, London) (auch: Sidi [von] Nádherný, tschechisch Sidonie Nádherná z Borutína) war eine böhmische Baronin und Salonière.

Leben

Sidonie Amálie Vilemína Karolína Julie Marie, genannt Sidi, Nádherná von Borutín war das jüngste Kind des Großgrundbesitzers Karel Boromejský Jan Ludvík Ritter Nádherný von Borutín (1849-1895) und seiner Frau Amalie Klein von Wisenberg (1854-1910), einer Tochter des Unternehmers Albert Klein von Wisenberg. Ihre älteren Brüder waren Jan Karel Ludvík Sidonius Adalbert Julius Otmar Maria und Karel Maria Ludvík Hubert Adalbert Nádherný von Borutín, mit denen sie zusammen am 13. Mai 1898 in den österreichischen Freiherrenstand erhoben wurde.

Literarische Berühmtheit erlangte sie durch ihre Freundschaft zum Dichter Rainer Maria Rilke, mit dem sie von 1906 bis zu dessen Tod 1926 korrespondierte, und die Freundschaft, dann Liebe zum Schriftsteller Karl Kraus. Sie lernte Kraus am 8. September 1913 im Wiener Café Imperial kennen, der sich in sie verliebte. Mit Kraus verband sie bis zu dessen Tod eine konfliktreiche, aber lange und intensive Beziehung.[1] Kraus hätte diese wohl gern legalisiert, aber Rainer Maria Rilke hintertrieb mit dem Hinweis auf einen „unaustilgbaren Unterschied“ (gemeint war offensichtlich Kraus' jüdische Herkunft) perfide eine Heirat.[2]

Sidonie hatte 1914 vor, eine standesgemäße Ehe mit einem Grafen einzugehen, was der Beginn des Weltkriegs verhinderte. 1915 versöhnte sie sich wieder mit Kraus, der große Teile seines Dramas Die letzten Tage der Menschheit auf Schloss Janowitz schrieb. 1918, zu Ende des Krieges, brach sie wieder mit ihm. 1920 heiratete sie den Österreicher Maximilian Thun-Hohenstein, trennte sich jedoch ein Jahr später wieder von ihm und ließ sich 1933 scheiden. Noch Ende 1920 versöhnen sich Kraus und Sidonie wieder. 1924 kommt es erneut zum Bruch, 1927 zur letzten Versöhnung, der aber nicht mehr große Leidenschaft folgt.

Die Korrespondenzen, die Sidonie von Nádherný mit Rilke und Kraus pflegte, sind mittlerweile veröffentlicht und dokumentieren ihre Bedeutung als Diskussionspartnerin, „kreative Zuhörerin“ und Repräsentantin einer späthabsburgischen Kultur.

Nádherný war aber nicht nur Freundin berühmter Männer, sondern auch eine emanzipierte und kulturinteressierte Frau: Auf dem Familienbesitz Schloss Janowitz bei Prag veranstaltete sie zahlreiche politische und kulturelle Salons. Zu ihrem Kreis gehörten neben Kraus und Rilke auch der Architekt Adolf Loos, der Schriftsteller Karel Čapek, die Komponistin Dora Pejačević und der Maler Max Švabinský.

1942 wurde Schloss Janowitz von deutschen Truppen beschlagnahmt und dem SS-Truppenübungsplatz Böhmen zugeordnet. Nach dem Krieg versuchte Sidonie Nádherný vergeblich, den Familienbesitz zurückzuerhalten: Schloss Janowitz wurde von der Armee genutzt und 1948 von den tschechoslowakischen Kommunisten enteignet. 1950 starb sie verarmt im englischen Exil.

1999 wurde ihr Sarg nach Schloss Janowitz überführt und dort im Schlosspark bestattet. Das Schloss ist inzwischen, im Gedenken an die ehemalige Besitzerin, zu einer kulturellen und wissenschaftlichen Begegnungsstätte geworden.

Literatur

Biographie

Briefwechsel

  • Elke Lorenz: „Sei Ich ihr, sei mein Bote“. Der Briefwechsel zwischen Sidonie Nádherný und Albert Bloch, Iudicium, München 2002, ISBN 3-89129-742-4 (deutsch / englisch).
  • Karl Kraus: Briefe an Sidonie Nádherný von Borutin. 1913-1936, 2 Bände, herausgegeben von Friedrich Pfäfflin, Wallstein, Göttingen 2005, ISBN 978-3-89244-934-8.
  • Rainer Maria Rilke – Sidonie Nádherný von Borutin, Briefwechsel 1906-1926, herausgegeben von Joachim W. Storck unter Mitarbeit von Waltraud und Friedrich Pfäfflin, Wallstein, Göttingen 2007, ISBN 978-3-89244-983-6.

Weblinks

Quellen

  1. Alexandra Pontzen: Retuschen am Bild der Geliebten auf literaturkritik.de, März 2006
  2. Rainer Maria Rilke - Sidonie Nádherny von Borutin: Briefwechsel 1906-1926, Hrsg. Joachim W. Storck, Waltraud und Friedrich Pfäfflin. Wallstein Verlag, Göttingen 2005, ISBN 978-3-89244-983-6. Ein Brief, in dem sich Rilke abfällig über Kraus äußert (21. Februar 1914), ist auch im Internet auf der Seite www.rilke.de zu finden
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