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Sexualdimorphismus

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Unterschiedliche sekundäre Geschlechts­merkmale der Reiherente (Aythya fuligula): oben das Männchen, unten das Weibchen

Sexualdimorphismus (lateinisch sexus „Geschlecht“, und altgriechisch δίμορφος dímorphos, deutsch ‚zweigestaltig‘),[1][2] Geschlechts­dimorphismus oder sekundäres Geschlechts­merkmal bezeichnet in der Biologie deutliche Unterschiede in der Erscheinung zwischen geschlechtsreifen männlichen und weiblichen Individuen derselben (Tier)Art, die nicht auf die Geschlechtsorgane bezogen sind;[3] Beispiele sind unterschiedliche Körpergröße oder Körperfärbung von Weibchen und Männchen.

Morphologie: Unterschiede im Erscheinungsbild

Bei vielen Tieren sind die mit der Geschlechtsreife sich herausbildenden sekundären Geschlechtsmerkmale dauerhaft, andere Arten zeigen den Sexualdimorphismus nur zur Paarungszeit. Oft besteht ein Zusammenhang zwischen Geschlechts­hormonen, den sich dadurch bildenden unterschiedlichen Balzkleidern, dem unterschiedlichen Verhalten bei der Paarung und der arbeitsteiligen elterlichen Fürsorge um den Nachwuchs. Die makroskopischen Sexualdimorphismen sind genetisch determiniert. Die vielfältigen physiologischen Unterschiede reichen vom Hormonsystem über den allgemeinen Stoffwechsel bis zur Steuerung von Wachstumsprozessen und Ausbildung von Präferenzen.

Körpergröße

Bei manchen Tiefsee-Anglerfischen wie dem Rutenangler (Cryptopsaras couesii) ist das Zwergmännchen mit dem Weibchen dauerhaft verwachsen

Die Männchen sind größer oder kleiner als die Weibchen. Bei Säugetieren und vielen Vögeln sind häufig die Männchen größer als die Weibchen. Dagegen ist bei Raubvögeln wie Greifvögeln und Eulen, bei Reptilien, Kröten und Gliederfüßern das Weibchen oft größer als das Männchen. Der Extremfall sind die Zwergmännchen: Bei manchen Tiefseefischen wie den Tiefsee-Anglerfischen degenerieren die Männchen zu „Anhängseln“ des Weibchens, mit denen sie vollkommen verwachsen sind und über deren Blutkreislauf sie mit ernährt werden. Ähnlich ist es bei dem Grünen Igelwurm, wo die Zwergmännchen im Inneren des Weibchens leben und dort auch die Eier befruchten.

Färbung

Wenn die Körperoberfläche zwischen den Geschlechtern unterschiedlich gefärbt ist, wird dies Sexualdichroismus genannt (beispielsweise die Gefiederfärbung bei Vögeln, Fellfärbung bei Säugern, Schuppenfärbung bei Fischen).

Die unterschiedliche Körper­be­haarung erwachsener Frauen und Männer ist ein Geschlechts­dimorphismus.

Unterschiedliche Organausbildungen

Bei manchen Tierarten bilden die Geschlechter unterschiedlich gestaltete Organe. Diese können Waffen sein für den Kampf zwischen den Männchen (z. B. das Gehörn von Schafen oder vergrößerte Eckzähne wie bei Wildschweinen, Zweizahnwalen, Moschustieren), Merkmale, um einen Geschlechtspartner aufmerksam zu machen (z. B. der Hahnenkamm oder Duftdrüsen für Pheromone oder Schwanzfedern der Fasane) oder Sensoren, um die Reize eines Geschlechtspartners wahrzunehmen (z. B. die Antennen der Schmetterlinge). Bei Säugetieren können Männchen und Weibchen unterschiedlich ausgeprägte Körperbehaarung besitzen (z. B. die Brust- und Bartbehaarung des Menschen, Mähne vieler Löwen).

Zusätzliche Organbildungen

Bei einigen Tierarten produziert eines der Geschlechter zusätzliche Organe. Diese können Waffen sein für Rivalitätskämpfe (z. B. das Geweih der Hirsche oder der Sporn der Hähne), Merkmale, um einen Geschlechtspartner aufmerksam zu machen (z. B. das Pfauenrad oder Leuchtorgane bei Leuchtkäfern) oder Organe zur Brutpflege (z. B. voll ausgebildete Milchdrüsen bei weiblichen Säugetieren, äußerlich erkennbar als weibliche Brust oder Euter; Bruttaschen bei Seenadeln oder Marsupium der Asseln oder Stachelhäutern).

Ethologie: Unterschiede im Verhalten

Häufig zeigen die Geschlechter unterschiedliche Verhaltensweisen. Diese werden als tertiäre Geschlechtsmerkmale bezeichnet.[4][5] Die Unterschiede verstärken sich oft während der Balz, meist stehen sie in direktem Zusammenhang mit der Partnersuche und Partnerwahl. Ein Beispiel ist der Gesang der Singvogelmännchen. Dazu können auch langwierige Verhaltensmuster zum Bau von Einrichtungen durch eines der Geschlechter gehören wie Nestbau für die kommende Brutpflege (z. B. durch Spechte oder Siamesische Kampffische) oder auch für die Balz geeignete Vorrichtungen (wie Lauben durch Laubenvögel).

Erklärung der Unterschiede

Sexuelle Selektion führte zum Geschlechts­dimor­phismus beim Hirschkäfer (Lucanus cervus): links das Männchen, rechts das Weibchen.

Ursächlich für alle sekundären Geschlechtsmerkmale sind geschlechts­spezifische Selektionsdrücke, welche sowohl äußerer (natürlicher) wie sexueller Selektion unterliegen.[6]

Bei vielen Arten mit promiskem Verpaarungsverhalten können Männchen potentiell deutlich mehr Nachkommen zeugen als die Weibchen. Die Weibchen dieser Arten zeigen bei der Partnerwahl ein wählerischeres Verhalten als die Männchen. Es erhöht die biologische Fitness der Nachkommen der Weibchen, wenn sie bei diesem Paarungs­verhalten solche Männchen auswählen, deren Merkmale eine besonders hohe Qualität aufweisen. Dies wiederum führt dazu, dass sich vorwiegend Männchen mit starker Ausprägung dieser Merkmale verpaaren, woraus ein sexuell bedingter Selektionsdruck entsteht. Umgekehrt steigert es den Erfolg der Männchen, wenn sie sich mit möglichst vielen Weibchen verpaaren, woraus ebenfalls ein entsprechender Selektionsdruck entsteht.

Für den Bruterfolg ist es vorteilhaft, wenn der Nachwuchs vor Prädatoren geschützt aufwächst. Brutpflegende Eltern sind daher in ihrem Habitat meist unauffällig und gut getarnt.

Erfolgt die Brutpflege nur durch einen Elternteil, so stellt diese Verhaltensweise einerseits einen ethologischen Sexualdimorphismus dar, und begünstigt andererseits die Ausbildung weiterer Sexualdimorphismen, da die Erfordernisse an die Brutpflege geschlechtsspezifisch wirksam sind. Ein ausgeprägter Geschlechts­dimorphismus kann auch ein Maß für den Grad der ethologischen Unterschiede zwischen den Geschlechtern darstellen, häufig betrifft dies Unterschiede im Paarungsverhalten wie Polygynie oder, seltener, Polyandrie.

Es gibt eine Reihe von Arten, bei denen die Weibchen größer sind als die Männchen weil das Weibchen eine große Anzahl von Eier legt, wie beispielsweise bei Insektenköniginnen oder es ihre Gebärfähigkeit erhöht.

Eine weitere Erklärung kommt ohne erkennbaren Nachweis eines deutlichen Vorteils aus und macht primär eine sich selbst verstärkende sexuelle Präferenz verantwortlich.[7] Beispielsweise wurde der Einfluss der sexuellen Präferenz für bestimmte Körpergrößen bei riffbewohnenden Fischen untersucht.[7]

Renschsche Regel

Die Renschsche Regel, 1950 von dem deutschen Zoologen Bernhard Rensch formuliert,[7][8] ist eine allometrische Regel zum geschlechtsspezifischen Größenunterschied bei Tieren. Sie besagt, dass unter verwandten Arten Größenunterschiede bei größeren Arten deutlicher sind und dass bei großen Arten die Männchen und bei kleinen Arten die Weibchen tendenziell größer sind.[9]

Zu den Tiergruppen, die diesem Muster folgen, gehören insbesondere Reptilien,[10] aber auch Primaten, Robben, Paarhufer,[11] Küstenvögel,[8][12] Kolibris und blütenbesuchende Milben[13].

Siehe auch

  • Dimorphismus (zwei verschiedene Erscheinungsvorkommen bei derselben Art)
  • Polymorphismus (mehrere Genvarianten innerhalb einer Population)

Literatur

Dokumentarfilme

  • Véronique Kleiner: Warum sind Frauen kleiner als Männer? ARTE France, Frankreich 2013 (52 Minuten, Info bei Arte; internationale Wissenschaftler verschiedener Fachrichtungen zur Evolutionsgeschichte).

Weblinks

 Commons: Sexualdimorphismus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Sexualdimorphismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Erich Pertsch: Langenscheidts Großes Schulwörterbuch Lateinisch-Deutsch. Langenscheidt, Berlin 1978, ISBN 3-468-07201-5.
  2. Wilhelm Gemoll: Griechisch-Deutsches Schul- und Handwörterbuch. Freytag/Hölder-Pichler-Tempsky, München/Wien 1965.
  3. Eintrag: Sexualdimorphismus. In: Lexikon der Biologie. Band 7, Herder, Freiburg.
  4. Bernhard Rensch: Die stammesgeschichtliche Sonderstellung des Menschen, 1957, Seite 33
  5. Wolfgang Clauss, Cornelia Clauss: Humanbiologie kompakt. Springer, 2009. S. 348.
  6. Brian J. Olsen, Russell Greenberg, Jeffrey R. Walters, Robert C. Fleischer: Sexual dimorphism in a feeding apparatus is driven by mate choice and not niche partitioning. In: Behavioral Ecology 24, Nr. 6, 2013, S. 1327–1338, doi:10.1093/beheco/art071.
  7. 7,0 7,1 7,2 Stefan P. W. Walker, Mark I. McCormick: Sexual selection explains sex-specific growth plasticity and positive allometry for sexual size dimorphism in a reef fish. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 276, Nr. 1671, 22. September 2009, 3335–3343, doi: 10.1098/rspb.2009.0767.
  8. 8,0 8,1 James Dale, Peter O Dunn, Jordi Figuerola, Terje Lislevand, Tamás Székely, Linda A Whittingham: Sexual selection explains Rensch's rule of allometry for sexual size dimorphism. In: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences 274, Nr. 1628, 7. Dezember 2007, S. 2971–2979, doi: 10.1098/rspb.2007.1043.
  9. Ehab Abouheif, Daphne J. Fairbairn: A comparative analysis of allometry for sexual size dimorphism: assessing Rensch's rule. In: American Naturalist 149, Nr. 3, März 1997, S. 540–562.
  10. Robert M. Cox, Marguerite A. Butler, and Henry B. John-Alder: The evolution of sexual size dimorphism in reptiles. In: Sex, Size and Gender Roles: Evolutionary Studies of Sexual Size Dimorphism. 2007, S. 38–49.
  11. D. J. Fairbairn: Allometry for sexual size dimorphism: Pattern and process in the coevolution of body size in males and females. In: Annual Review in Ecology and Systematics 28, 1997, S. 659–687.
  12. Tamás Székely, Robert P. Freckleton, John D. Reynolds: Sexual selection explains Rensch's rule of size dimorphism in shorebirds. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 101, Nr. 33, 2003, S. 12224–12227, doi:10.1073/pnas.0404503101
  13. R. K. Colwell: Rensch’s rule crosses the line: convergent allometry of sexual size dimorphism in hummingbirds and flower mites. In: The American Naturalist 156, 2000, S. 496–510.
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