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Ich-Botschaft

Aus Jewiki
(Weitergeleitet von Selbstoffenbarung)
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Mit Ich-Botschaften sind in kommunikationspsychologischen Theorien persönliche Äußerungen im Sinne einer „Selbstoffenbarung” gemeint, die die eigene Meinung und die Gefühle des Sprechers mitteilen. Der Begriff (englischsprachig: „I-Message”) stammt ursprünglich[1] von dem US-amerikanischen Psychologen Thomas Gordon.[2] Er verstand unter Ich-Botschaften authentische und bewertungsfreie Selbstoffenbarungen.[2] Ich-Botschaften und Aktives Zuhören sind wichtige Bestandteile im Gordon-Modell. Friedemann Schulz von Thun weist Ich-Botschaften in seinem Vier-Seiten-Modell Bedeutung bei der „Selbstkundgabe” zu und versteht darunter „Nachrichten mit persönlichem Selbstoffenbarungsanteil“.[3]

Merkmale

Für Gordon besteht eine Ich-Botschaft aus 3 Bestandteilen:[4][5]

  • Unjudgmental description of behaviour: Als erstes soll das auslösende Verhalten ohne Bewertung beschrieben werden. Gute Ich-Botschaften beginnen nach Gordon deswegen häufig dem Wort "Wenn...". Es soll deutlich werden, dass der unerwünschte Effekt nicht immer eintritt, sondern nur unter der genannten Bedingung.[4]
  • Tangible and concrete undesirable effect: Als zweites soll die greifbare und anschauliche Wirkung des Verhaltens beschrieben werden. Damit sollte ausgedrückt werden, dass das nachfolgende Gefühl durch diese konkrete Wirkung ausgelöst wird und nicht direkt durch das Verhalten selbst.[4]
  • Feeling: Als drittes sollte das Gefühl ausgedrückt werden, das erzeugt wird.[4] Diese logische Reihenfolge sei nicht hochheilig.[4]

Beispiele:

  • "Wenn du laut bist, verstehe ich nichts und ärgere mich."
  • "Wenn du keine Hausaufgaben machst, muss ich mehr erklären, weswegen ich dann frustriert bin."

Laut Patrzek (2008) enthalten Ich-Botschaften auch einem Tatsachenanteil.[6] In diesem wird mitgeteilt, was die Gefühle verursacht hat.

Wirkung im Kommunikationsprozess

Ich-Botschaften wird in entsprechenden kommunikationspsychologischen Theorien eine deeskalierende Wirkung zugeschrieben. Sie beeinflussten positiv eine partnerschaftliche Beziehung und eine offene Gesprächssituation. Der Sprecher selbst bekomme beim Formulieren der Ich-Botschaft mehr Klarheit für sich und seine Bedürfnisse und übernehme dafür tendenziell Eigenverantwortung. Dem Gesprächspartner würde gleichzeitig Mitverantwortung in Form eines Verantwortungspielraums für das weitere Geschehen in die Hand gelegt.

In der Ich-Form vorgebracht, würden geäußerte Gefühlsstimmungen nicht zu verletzender Kritik an der anderen Person, wie möglicherweise bei einer „Du-Botschaft” (z. B. „Du lügst immer!“). Die Ich-Botschaft soll eine unfruchtbare Konfrontationssituation vermeiden.

Ich-Botschaften sollen 3 Vorteile gegenüber einer Du-Botschaft haben:[7]

  • Der Empfänger erfährt etwas über die tatsächlichen Bedürfnisse und Gefühle des Senders.
  • Der Empfänger muss sich nicht verteidigen, weil er nicht angegriffen wird.
  • Eine Diskussion, wer recht hat, kann vermieden werden.

Kritik, Problematik

In den 70er-Jahren sei die Empfehlung, Ich-Botschaften zu senden, zwar als verheißungsvolle Neuerung verbreitet worden, einige seien aber über Formulierungen wie „Ich bin der Ansicht, dass du rücksichtslos bist” kaum hinausgekommen, was nicht dem Geist der Ich-Botschaft entspreche.[8] Es wird kritisiert, dass Ich-Botschaften Ärger auch verschleiern könnten, während der Ärger bei Du-Botschaften greifbarer und direkter sei, weshalb der Partner besser darauf reagieren könne.[9] Schulz von Thun weist darauf hin, dass eine allzu mechanische Anwendung von Ich-Botschaften auch die Gefahr mit sich bringt, dass der Sender sich als Kommunikationsprofi aus der Betroffenheit entfernt und gleichsam über dem Geschehen stehen würde.[3] Schlimmstenfalls ließen sich durch Ich-Botschaften Gefühle von Unsicherheit kaschieren, indem Überlegenheit signalisiert werde.[3] Ich-Botschaften sollten - so Schulz von Thun - dementsprechend im Bewusstsein eingesetzt werden, dass Selbsterkenntnis gefördert und mitmenschliche Kommunikation erleichtert werden soll.[3]

Du-Botschaften

Bei Du-Botschaften wird eine Aussage über den anderen gemacht.[3] Häufig würden Ich-Botschaften („Ich fühle mich übergangen.“) in eine Du-Botschaft („Du bist rücksichtslos.“) übersetzt. Die Du-Botschaft sei ein durchaus taugliches Kampfmittel“, denn durch die Vermeidung einer gefühlsmäßigen Ich-Botschaft werde die Innenwelt unkenntlich gemacht und der Empfänger in Bedrängnis gebracht.[3] Dies habe zwei Nachteile:[3]

  • Der Sender verliere selbst an Klarheit über seine Gefühle
  • Der Empfänger werde unfähig, sich auf eine konstruktive Problemlösung einzulassen, weil er sich angegriffen fühle und den Wunsch nach einer Rehabilitation in den Vordergrund stellen würde.

Rosenberg hat die Nachteile von Du-Botschaften in seinem Konzept der Gewaltfreien Kommunikation näher beleuchtet.

Einzelnachweise

  1. Hannelore Josuks, Gottfried Adam, Gottfried Schleinitz: Professionelle Kommunikation in Pflege und Management. Ein praxisnaher Leitfaden. 2. Auflage. Schlütersche Verlagsgesellschaft, Hannover 2011, ISBN 978-3-89993-276-8, S. 65 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  2. 2,0 2,1 Thomas Gordon, W. Sterling Edwards: Making the Patient Your Partner. Communication Skills for Doctors and Other Caregivers. 2. Auflage. Greenwood Publishing Group, Westport 1997, ISBN 0-86569-273-4, S. 112 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 3,4 3,5 3,6 Friedemann Schulz von Thun: Miteinander reden: 1. Störungen und Klärungen. 50. Auflage. 1., Rowohlt, Hamburg 2013, ISBN 978-3-499-17489-6, S. 88f., 126f. und 304f. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 Thomas Gordon: Teacher Effectiveness Training. The Program Proven to Help Teachers Bring Out the Best in Students of All Ages. Crown Publishing, New York 2003, ISBN 0-609-80932-6, S. 142-148 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  5. Thomas Gordon: Parent Effectiveness Training. The Proven Program for Raising Responsible. Three Rivers Press, New York 2000, ISBN 0-609-80693-9, S. 132 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  6. Christine Rabe, Martin Wode: Mediation. Grundlagen, Methoden, rechtlicher Rahmen. Springer, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-642-38129-4, S. 192, doi:10.1007/978-3-642-38130-0 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  7. Pschyrembel® Wörterbuch Pflege. Walter de Gruyter, 2003-01-01, ISBN 9783110899313 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche, abgerufen am 19. Juni 2015).
  8. Wolfgang Weilharter: Die Methode der Gewaltfreien Kommunikation. Kurze Einführung und erste Diskussion. In: Arbeitsgemeinschaft der evangelischen Religionslehrer an Allgemeinvildenden Höheren Schulen in Österreich (Hrsg.): Protestantische Identität. Gender und Gewalt im Religionsunterricht. 28, Nr. 1-4, LIT, Wien 2009, ISBN 978-3-643-50148-6, S. 297 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
  9. Alois Krist: Spannung statt Spaltung. Dimensionen eines förderlichen Umgangs mit Aggression in der Kirche. LIT, Berlin 2010, ISBN 978-3-643-10754-1, S. 170 (Eingeschränkte Vorschau in der Google Buchsuche).
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