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Geschichte der Schrift

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Replik einer Keilschrift-Tontafel

Die Geschichte der Schrift umfasst viele unterschiedliche Schriften, die in verschiedenen Regionen der Welt erfunden wurden. Einige Schriften haben sich über Jahrtausende verändert und zu den in der Gegenwart verwendeten Schriften weiterentwickelt.

Dieser Artikel behandelt historische Schriften und die Geschichte der heute verwendeten Schriften. Einen Überblick über die heutigen Schriften gibt der Artikel Schriften der Welt.

Die ältesten Schriften

Die in Henan gefundenen chinesischen Zeichen, die auf ungefähr 6600 v. Chr. datiert und als Jiahu-Schrift gedeutet werden, werden von einigen Forschern als die älteste Schrift überhaupt angesehen. Dies ist jedoch recht umstritten, da diese Zeichen isoliert, d. h. angeblich ohne hochkulturellen Kontext existieren.

Ähnliches gilt für die Vinča-Schrift in Südosteuropa. Es handelt sich dabei um beschriftete Objekte aus Kulturstätten früher Siedlungen wie einerseits Skulpturen und Kulturgegenstände, die mit geometrischen Mustern verziert wurden. Eine eigene Gruppe von Gegenständen sind solche mit Sequenzen eingeritzter Zeichen, die als Inschriften erkennbar sind und nicht mit Ornamenten verwechselt werden können. Das würde bedeuten, dass die Verwendung der Schrift zeitlich betrachtet auf ca. 5500 v. Chr. datiert werden kann. Die Tontafeln von Tărtăria (Rumänien) können beispielsweise auf ca. 5300 v. Chr. datiert werden[1].

Dazu im vermeintlichen Gegensatz könnte die Annahme stehen, dass im Bereich des Fruchtbaren Halbmondes die ersten Schriftsysteme der Welt in einem Stadtstaat (ab dem 4. Jahrtausend v. Chr.) zu finden sind. Man nimmt heute an, dass die erste Schrift im alten Mesopotamien mit der Buchführung ihren Anfang nahm.

Naher Osten

Um 2700 v. Chr. findet in Mesopotamien ein Wechsel von stilisierten piktographischen Zeichen zur Keilschrift statt. Ähnlich alt wie die mesopotamische Schrift sind die ägyptischen Hieroglyphen und die eng verwandte hieratische Schrift. Erheblich jünger ist die phönizische Alphabetschrift (ca. 11. Jahrhundert v. Chr.), aus der sich unter anderem die aramäische Schrift, die hebräische Schrift und die arabische Schrift entwickelt haben.

Keilschrift in Mesopotamien

Das Mesopotamien des vierten Jahrtausends v. Chr., ein Gebiet zwischen Euphrat und Tigris, gliederte sich in das Reich der Akkader im Norden und dem der Sumerer im Süden. Im sumerischen Uruk wurden die ersten Tontafeln mit Keilschrift hergestellt. Diese ersten schriftlichen Aufzeichnungen stellten keine Mythen oder Versdichtungen dar, sondern waren in erster Linie landwirtschaftliche Listen und Tabellen, die als Gedächtnisstütze für die Buchführung und als Informationen über die soziale Verwaltung des Reiches verstanden wurden (siehe Bibliothek in Mesopotamien). Durch die Aufzeichnungen wurde deutlich, dass die Sumerer sowohl ein Rechensystem und Zahlungsmittel erfunden hatten, als auch Zinsen und Darlehen kannten. Eigentumsurkunden wurden gleichfalls gefunden.

Die Entwicklung der Keilschrift konnte über Abschriften auf jeweils einer Tontafel, die Tempelschüler bei ihren Lehrern machten, nachvollzogen werden. Anfänglich handelte es sich bei den verwendeten Zeichen um Piktogramme, um vereinfachte bildhafte Darstellungen eines Gegenstandes oder Wesens. In der Folge wurden mehrere dieser Zeichen miteinander verbunden, um einen komplexeren Gedankengang zu formulieren, die Geburtsstunde von Ideogrammen. Die Form der Keilschriftzeichen wurde schon sehr früh in Registern festgelegt.

Durch jahrhundertelange Weiterentwicklung und Veränderung haben die Piktogramme um 2900 v. Chr. ihre ehemalige Funktion und ihren ursprünglichen Bezug verloren. Nun konnte ein einzelnes Zeichen je nach Sinnzusammenhang verschiedene Bedeutungen haben. Im nächsten Entwicklungsschritt wurde nur noch eine Bedeutung mit einem Zeichen in Verbindung gebracht. Aus ursprünglich 1.500 Piktogrammen entwickelten sich so 600 Zeichen, die regelmäßig verwendet wurden. Mit der Zeit bezogen sich die verwendeten Zeichen immer mehr auf die Lautwerte der Wörter, die gesprochen wurden. Es wurden Schriftzeichen nach dem Rebus-Prinzip dargestellt: Ein Piktogramm stand nicht mehr für das dargestellte Objekt, sondern für ein ähnlich gesprochenes Wort. In Sumer wie auch im alten Ägypten entstand über lange Zeiträume hinweg eine Phonetisierung der Zeichen. Damit ein eindeutiges Lesen möglich wird, mussten die Schreiber Determinative einführen, um die Zeichen nach Objektbedeutung und Lautbedeutung zu klassifizieren.

Ein Römer liest eine Schriftrolle - Von einem Sarkophag im Garten der Villa Balestra, Rom

Die um 2300 v. Chr. beginnende Vorherrschaft der Akkader führte dazu, dass um 2000 v. Chr. nur noch Akkadisch gesprochen wurde. Die Keilschrift konnte nun sowohl Akkadisch als auch das alte Sumerisch darstellen, das inzwischen zu einer heiligen Sprache geworden war. Das Königreich Babylon (ab 1760 v. Chr.) und das Assyrer-Reich im Norden übernahmen ebenfalls die Keilschrift. Nun konnte alles in der Schrift festgehalten werden. Ein Briefwechsel zwischen den Völkern entstand, eine Einrichtung, die wir heute als Post bezeichnen würden, und Umschläge aus Ton. Neben dem Rechnungswesen und anderen wichtigen Informationen wurden religiöse Hymnen, Wahrsagesprüche und Literatur (wie das Gilgamesch-Epos) aufgeschrieben. Es bildete sich der privilegierte Stand des Schreibers heraus, der über das Ansehen eines Aristokraten verfügte. Im Staatswesen konnten machtvolle Positionen besetzt werden, da Zugang zu einer Vielzahl an Informationen bestand. Schreiberschulen wurden eingerichtet, deren Disziplin und Strenge auch anhand von Hausaufgaben dokumentiert wird.

Weitere Völker übernahmen die Keilschrift: Die Bewohner des Landes Elam mit der Hauptstadt Susa (heutiger Iran) und die Hethiter, deren indogermanische Sprache sich vom semitischstämmigen Akkadisch sehr unterscheidet. Die Hethiter ersetzten zunächst ihre eigenen, ganz andersartigen Piktogramme durch die Keilschrift. Auch das Perserreich verwendete etwas später die Keilschrift. Die Verbreitung der Keilschrift verlief im Norden bis nach Armenien, wo Urartäisch gesprochen wurde, im Süden bis nach Palästina, wo Kanaanäisch die vorherrschende Sprache war.

Schriftmedien

Die vorherrschenden Schriftmedien im Zweistromland dieser Zeit (3000 v. Chr. bis 500 v. Chr.) sind vor allem weicher Ton oder Stein, in dem die Schrift vor allem an Reliefs eingemeißelt wurde. Es werden aber auch Texte mit einem Stichel in Silberplatten geprägt. Zunächst wurde bei Ton ein spitzer Griffel verwendet, mit dem jedes Zeichen aus dem Ton herausgekratzt werden musste. Diese Methode wurde aufgegeben und ein Werkzeug mit stumpfem Ende eingeführt: der Keil in Form eines Schilfrohr- oder Holzgriffels. Dies war vor allem für längere Texte vorteilhaft.

Hieroglyphen in Ägypten

Ägyptische Hieroglyphen an einem Tempel

Die frühesten Hieroglyphenfunde stammen aus dem Zeitraum von 3000 v. Chr. Es ist aber nicht gesichert, ob die Schrift nicht schon früher entstand. Bis ca. 390 n. Chr. blieb die Schrift im Wesentlichen erhalten; die Anzahl der verwendeten Zeichen erhöhte sich aber von etwa 700 auf 5000. Erst 1822 entzifferte der Ägyptologe Jean-François Champollion die Hieroglyphenschrift und macht damit die Geschichte des Alten Ägypten zugänglich.

Die Hieroglyphenschrift besteht, wie die Piktogramme der Keilschrift gleicher Zeit, aus stilisierten Zeichnungen. Sie unterscheidet sich aber von ihr insofern, als die einzelnen Zeichen Lautung der gesprochenen wiedergeben. Dadurch können mit ihrer Hilfe sowohl konkrete als auch abstrakte Realitäten dargestellt werden. Landwirtschaftliche und medizinische Texte wurden ebenso niedergeschrieben wie Texte zu Erziehungsfragen, Gebete, Legenden, Rechtstexte und verschiedenartige Literatur. Die Hieroglyphenschrift erlaubt eine enorme Vielfalt und Originalität, weil sie 3 Arten von Zeichen enthält:

  • Piktogramme, die stilisierte Bildzeichen für Objekte und Lebewesen darstellen, die in spezieller Zeichenkombination aber auch Gedanken ausdrücken können,
  • Phonogramme, oft dieselben Zeichen, die aber Laute kennzeichnen, und
  • Determinative, Zeichen, die eine Unterscheidung zwischen Piktogrammen und Phonogrammen deutlich machen.

Hieroglyphen wurden von den Ägyptern als ein Geschenk der Götter und insofern als heilig betrachtet. Vermutlich daher rührt auch ihr Name aus griechisch hieros ("heilig") und glyphein ("einmeißeln"). Entsprechend wurden die Götter dadurch verehrt, dass ihre heiligen Zeichen auf zahlreichen Grab- und Tempelwänden verewigt wurden. Die eigene Geschichte wurde aufgezeichnet, Königslisten, Hochzeiten und Schlachten niedergeschrieben, Verkaufs- und Eheverträge erstellt und eine Fülle an literarischen Werken angefertigt. Ein bekanntes Literaturdenkmal ist das Totenbuch der 19. Dynastie aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. Außerdem entstanden geographische und naturwissenschaftliche Dokumente, Schriften über Pharmazie, Medizin, Weissagekunst, Magie, Kochkunst, Astronomie und Zeitmessung. Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. wird statt des Mondkalenders der Sonnenkalender mit 365 1/4 Tagen pro Jahr eingeführt.

Auch im Alten Ägypten bildete die Schreiberzunft zunehmend eine privilegierte Schicht innerhalb der Gesellschaft. Schreiber kontrollierten die Steuereinnahmen und die Ausbildung, was durch die Vielfalt der hieroglyphischen Zeichen sehr kompliziert war. Nur die begabtesten Schüler studierten bis in das Erwachsenenalter hinein. Diktate und Abschreibübungen waren dabei an der Tagesordnung. "Faule" Schüler sollten durch körperliche Züchtigungen und sogar Gefängnisstrafen diszipliniert werden.

Hieratisch und Demotisch

Um schnelles Schreiben zu gewährleisten, verwendeten die Schreiber neben der aufwändigen Hieroglyphenschrift eine Kursivschrift, die auch Hieratisch ("priesterlich") genannt wird. Von Herodot wurde überliefert, dass sie vorwiegend unter Priestern Verwendung fand. Sie besteht aus den gleichen Elementen wie die Hieroglyphen. Weil sie jedoch schnell geschrieben wurde, scheinen die Zeichen aber "ineinander zu fließen" und es kommt im Laufe der Zeit zu einer immer stärkeren Entfremdung von den ursprünglichen Bildern. Hieratisch wird, anders als die Hieroglyphen, von links nach rechts gelesen. Um 650 v. Chr. wurde eine noch flüssigere und übersichtlichere Kursivschrift, das Demotisch, auch Volksschrift genannt, entwickelt. Ihre Zeichen hängen zusammen und sie wurde zur Gebrauchsschrift in Ägypten. Mit der Entdeckung des Steins von Rosette bot sich für Jean-François Champollion die Gelegenheit, die Hieroglyphen entziffern zu können, da der eingemeißelte Text in drei parallelen Versionen abgefasst worden war: in Hieroglyphen, in Demotisch und Griechisch.

Schriftmedien

Die Ägypter verwendeten als Schriftmedien Stein, Ton, aber auch Rollen aus Papyrus, Leder und Leinen, die sie kunstvoll mit kolorierten Bildern versahen. Die Werkzeuge von Schreibern waren

  • ein meist hölzernes Etui mit mehreren Schreibrohren, die am Ende entweder flachgehämmert oder schräg geschnitten waren,
  • eine Platte als Unterlage und zum Glätten des Papyrus,
  • ein Fässchen mit schwarzer Tinte (aus Rußpulver und Wasser, als Bindemittel wurde Gummi arabicum verwendet),
  • eines mit roter Tinte für Titel, Überschriften und Kapitelanfänge, sowie für Götternamen (aus Zinnoberpulver, einer Quecksilber-Schwefel-Verbindung oder aus Bleioxid)
  • und ein Messer zum Schneiden des Papyrus.

Der längste erhaltene Papyrus misst 40 Meter. Leder (Pergament) wurde vorwiegend für Texte von großer Bedeutung verwendet.

Frühe Schriften im ägäischen Raum

Bereits in der ersten Hälfte des zweiten vorchristlichen Jahrtausends wurde auf Kreta die Linearschrift A gebraucht, die aber bis heute nur teilweise entziffert werden konnte. Auf sie folgt die Linearschrift B, die vor allem vom 14. bis zum 12. Jahrhundert v. Chr. in Gebrauch war. Linearschrift B ist wie Linear A vorwiegend eine Silbenschrift. Die wohl verwandte Kyprische Schrift ist eine reine Silbenschrift und wurde auf Zypern vom 11. bis ins 3. Jahrhundert v. Chr. gebraucht.

Das Alphabet der Phönizier

Hauptartikel: Alphabetschrift

Der Ursprung des phönizischen Alphabets ist bis heute ungeklärt. Eine Theorie führt diese Neuerung innerhalb der Schriften auf eine schrittweise umgewandelte Keilschrift zurück. Eine andere These besagt, dass sich die phönizischen Zeichen aus dem Demotischen abgeleitet haben. Es wurde auch versucht, das Alphabet auf ein babylonisches System von Tierkreiszeichen zurückzuführen. Wieder eine andere stark umstrittene Theorie leitet die phönikische Alphabetschrift von der alten Vinca-Schrift des Balkan ab, setzt also einen eigenen Zeichenvorrat, unabhängig von der Keilschrift und den ägyptischen Hieroglyphen voraus. Recht gut belegt dagegen ist die Ableitung der Phönikischen Schrift von den Sinaitischen Schriftzeichen. Weiterhin gibt es die These, dass das phönizische Alphabet von einer Person erfunden wurde. Für letzteres spricht die Tatsache (ganz unabhängig von der äußeren Form der Zeichen, die sich an bekannte Formen anschließen mögen), dass dieses Schriftsystem einen qualitativen Sprung darstellt.

Das Auffinden der Wadi-el-Hol-Schrift in der oberägyptischen Wüste in den 1990er Jahren hat der Theorie, dass die semitischen Konsonantenschriften unter ägyptischem Einfluss entstanden sind, neuen Auftrieb gegeben. Es handelt sich dabei um Inschriften auf Wüstenfelsen, die neben hunderten von ägyptischen Inschriften zu finden sind. Datiert werden sie auf etwa 1900 oder 1800 vor Christus. Urheber waren vermutlich semitische Einwanderer in ägyptischen Diensten.

Das phönizische Alphabet enthielt zunächst nur Konsonanten. Später wurden einige der Konsonanten (alef, he, wav, jod) auch als Vokalzeichen benutzt. Das hebräische und das arabische Alphabet wurde durch Punkte und Häkchen, die als Vokal- und Aussprachezeichen dienen, ergänzt. Die Griechen deuteten einige Laute als Vokale um (z. B. ajin zu o) und ergänzten das Alphabet mit fehlenden Buchstaben (z. B. Psi).

Aramäische und hebräische Schrift

Im 8. Jahrhundert v. Chr. wurde im Land Aram, im heutigen Syrien, das aramäische Alphabet verwendet, das in nur wenigen Details vom ehemaligen phönizischen Alphabet abweicht. In dieser Schrift wurden einige Bücher des Alten Testaments verfasst. Die ältesten Schriftfunde des alten Hebräisch, auch als eckiges Hebräisch bezeichnet, gehen bis in das 7. Jahrhundert v. Chr. zurück. Die größten Teile des Alten Testaments wurden in Hebräisch niedergeschrieben. Schrift und Sprache unterscheidet sich nicht wesentlich von der heutigen offiziellen Schriftsprache Israels. Neben einer Druckschrift werden für das alltägliche Schreiben Kursivbuchstaben verwendet. Die bekanntesten Schriftfragmente sind die Lederrollen aus Qumran am Toten Meer, die in Hebräisch und Aramäisch verfasst wurden.

Arabische Schrift

Die ersten arabischen Inschriften werden auf 512/513 n. Chr. datiert, die Verbreitung der Schrift begann aber erst, als die Gefährten des Propheten Mohammed den Koran als Botschaft Allahs niederschrieben. Mit der Flucht des Propheten nach Medina beginnt im Jahr 622 n. Chr. die moslemische Zeitrechnung und mit der Verkündung der Worte Mohammeds durch seine Nachfolger verbreitet sich auch die Arabische Schrift.

Europa

Griechischer Text in Form eines Bustrophedon: die Zeilen sind „furchenwendig“ angeordnet, die Schreibrichtung wechselt mit jeder Zeile.

Ausgangspunkt der europäischen Schriften ist die griechische Schrift, von der sich die lateinische Schrift, die kyrillische Schrift und letzten Endes auch die Runen ableiten lassen. Bei der Übernahme der phönizischen Schrift durch die Griechen (vermutlich im 10. Jahrhundert vor Christus hauptsächlich über Kreta [2]) übernahmen die Griechen nicht nur die fallweise bereits von den Phöniziern verwendete Benutzung mancher Zeichen als Vokale, sondern fügten die Zeichen Phi, Chi und Psi dem Repertoire der Buchstaben hinzu. Sie verwendeten nahezu unverändert die semitischen Buchstabennamen (Alpha für phönizisch ʔalf, Beta für bēt, Gamma für gaml usw.). Bei der vorübergehend angewandten wechselnden Schreibrichtung (siehe Grafik rechts) wurde oft auch die Richtung der Zeichen umgedreht. Daher gibt es keine Buchstaben unterschiedlicher Bedeutung, die Spiegelbild eines anderen Buchstabens sind.

Durch Vermittlung über die Etrusker (siehe etruskische Schrift) erbten die Römer das griechische Alphabet, sie verwendeten allerdings kürzere Buchstabenamen (ā, , usw.). Im lateinischen Alphabet kam die Unterscheidung zwischen Groß- und Kleinbuchstaben (Majuskeln und Minuskeln) erst mit der Renaissance auf, als die Humanisten die lateinischen Texte in karolingischen Minuskeln lasen und dabei wahrscheinlich die Inschriften auf den altrömischen Monumenten vor Augen hatten.

Chinesische Schrift

Im 2. Jahrtausend v. Chr. entstand die chinesische Schrift. Die ältesten bisher gefundenen chinesischen Schriftzeichen sind sogenannte Orakelknochen aus der Zeit um 1400 v. Chr. Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends entwickelte sich daraus eine den gesamten Sprachumfang darstellende Schrift, die zwischen 200 v. Chr. und 200 n. Chr. in das klassische Ordnungssystem gebracht wurde. Diese klassischen Zeichen sind im Wesentlichen noch heute gebräuchlich.

Die ersten in China verwendeten Zeichen sind Piktogramme. Eine vollständige Abstraktion von den Piktogrammen, wie in anderen Schriften, hat in der chinesischen Schrift nicht stattgefunden. Heute noch sind manche der ursprünglichen Bildzeichen in dieser Schrift erkennbar.

Im 20. Jahrhundert wurden bei der Schriftreform in der Volksrepublik China vereinfachte Kurzzeichen normiert, die sich seit Jahrhunderten in verschiedenen Handschriften etabliert hatten.

Die Chinesen verwenden Pinsel und schwarze und rote Tusche, um ihre Schriftzeichen auf Papier und Seide zu kalligraphieren. Siegelabdrücke waren schon lange vor dem 14. Jahrhundert bekannt.

Japanische und koreanische Schriften

Die chinesische Schrift verbreitete sich nach Korea und von dort aus nach Japan, beides Länder mit völlig anders gearteten Sprachen. Während es sich bei Chinesisch um eine isolierende Sprache handelt, bei der jedes Wort in jedem Zusammenhang unverändert bleibt, sind Koreanisch und Japanisch agglutinierende Sprachen, bei denen Endungen und Partikeln eine große Bedeutung haben. Diese Adaption führte dazu, dass sich in Japan zwei Silbenalphabete herausbildeten: Katakana für Fremdwörter (zunächst in buddhistischen Texten) und Hiragana für japanische Partikeln. Korea führte 1446 unter König Sejong eine Alphabetschrift ein, die heute die chinesischen Schriftzeichen fast verdrängt hat. Die koreanische Schrift (Hangeul) ist eine Buchstabenschrift der besonderen Art: Sie ahmt die quadratische Form der chinesischen Schriftzeichen nach, gibt aber sämtliche Laute der koreanischen Sprache wieder. Außerdem führte in beiden Ländern die Übernahme der fremden Schrift dazu, dass für die meisten Zeichen die ursprüngliche Aussprache der koreanischen bzw. japanischen Wörter beibehalten wurde, aber mit den chinesischen Schriftzeichen auch die chinesische Aussprache übernommen wurde.

Indische Schriften

Devanagari-Transparente in der indischen Stadt Varanasi

Alle indischen Schriften haben einen gemeinsamen Ursprung und leiten sich von phönizisch/aramäischen Alphabeten ab. Ausgehend von der altindischen Brahmi-Schrift, die um 250 v. Chr. entwickelt wurde, bildeten sich in der gesamten Region Silbenschriften heraus. Die bekannteste dieser Schriften ist die indische Devanagari-Schrift (Deva = Gott, Nagari = Stadt). Eine Gemeinsamkeit der indischen Schriften besteht darin, dass es sich um Silbenschriften handelt und bei nahezu allen der Vokal »a« fast in jeder Silbe vorkommt. Soll ein anderer Vokal folgen, wird dies durch diakritische Zeichen über, unter oder neben der Silbe angezeigt. Welche Schriftformen entwickelt wurden, hing auch vom verwendeten Schreibmaterial ab: In Nordindien wurde auf Birkenrinden geritzt, deshalb bestanden hier die Schriftzeichen aus geraden Linien, hingegen würde eine solche Technik die in Südindien verwendeten Palmblätter spalten. Die südindischen Schriften haben deshalb ein "kringeliges" Erscheinungsbild, während die nordindischen Schriften kantiger sind und alle Silben aussehen, als seien sie auf einer "Wäscheleine aufgehängt". In Nordindien werden Devanagari, die bengalische Schrift, Gurmukhi und die Gujarati-Schrift verwendet, in Südindien die Tamilische Schrift, die Malayalam-Schrift, die Telugu-Schrift und die Kannada-Schrift. Aus den südindischen Schriften abgeleitet sind die südostasiatischen Schriften wie die birmanische Schrift, die im Wesentlichen aus Kreisen besteht.

Amerika

Beweis einer unabhängigen Schrifterfindung scheint die mittelamerikanische Maya-Schrift zu sein. Bei den Schriftsystemen der Azteken und den Quipus (khipu) der Inkas handelte es sich nicht um eine Vollschrift. Die Zeichen der Rongorongoschrift der Osterinsel (Rapanui) konnten bis heute noch nicht entziffert werden. Neueren Datums sind die Schriften der Cherokees (Alphabetschrift) und der Cree (Alphabetschrift). Der Analphabet Sequoyah (ihm zu Ehren haben die Mammutbäume ihren wissenschaftlichen Namen Sequoiadendron giganteum) entwickelte für den Stamm der Cherokee eine Silbenschrift, die sich rasch durchsetzte. Die Schrift der Cree-Indianer wurde von dem Missionar James Evans entworfen und ist ebenfalls eine Silbenschrift, die allerdings keine lateinischen Buchstaben verwendet, sondern bei der durch eine Drehung der einzelnen Elemente die Darstellung verschiedener Silben möglich ist. Diese Schrift wird heute auch von den kanadischen Inuit für ihre Sprache Inuktitut verwendet.

Siehe auch

Literatur

  • Johannes Bergerhausen, Siri Poarangan: Decodeunicode - die Schriftzeichen der Welt. Unicode 6.0. Schmidt, Mainz 2011. ISBN 3-87439-813-7 (Alle 109.242 Schriftzeichen der Menschheit nach dem Unicode-Standard)
  • Ernst Doblhofer: Die Entzifferung alter Schriften und Sprachen. Paul Neff, Wien 1957. Philipp Reclam jun., Stuttgart 1993, Leipzig 2000. ISBN 3-379-01702-7
  • Johannes Friedrich: Entzifferung verschollener Schriften und Sprachen. Springer, Berlin/Heidelberg/New York 1954, 1966.
  • Harald Haarmann: Lexikon der untergegangenen Sprachen. C.H.Beck, München 2002. ISBN 3-406-47596-5
  • Harald Haarmann: Die Geschichte der Schrift. C.H.Beck, München 2004. ISBN 3-406-47998-7
  • Hans J. Nissen, Peter Damerow, Robert K. Englund: Frühe Schrift und Techniken der Wirtschaftsverwaltung im alten Vorderen Orient. Franzbecker, Berlin 1990, 1991, 2004. ISBN 3-88120-110-6
  • Andrew Robinson: Die Geschichte der Schrift. Albatros, Düsseldorf 2004. ISBN 3-491-96129-7
  • Jan Tschichold: Geschichte der Schrift in Bildern. Holbein-Verlag, Basel 1941, 1946, Hauswedell, Hamburg 1951, 1961.
    • Jan Tschichold: An Illustrated History of Lettering and Writing. London 1947 (engl.).

Weblinks

 Wikisource: Schrift – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

  1. Haarmann, Geschichte der Schrift, Seite 20, C.H. Beck, ISBN 3-406-47998-7
  2. Haarmann, Geschichte der Schrift, Seite 87, C.H. Beck, ISBN 3-406-47998-7
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