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Schleier von Manoppello

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Die Kirche Santuario del Volto Santo in Manoppello

Der Schleier von Manoppello, auch als Volto Santo von Manoppello bekannt, ist eine Ikone auf einem hauchdünnen Tuch, die in der kleinen italienischen Stadt Manoppello in den Abruzzen als Reliquie verehrt wird. In den letzten Jahren wurde das Tuch aufgrund der Rätselhaftigkeit seiner Herkunft, seines Materials und des darauf befindlichen Gesichtes bekannt.

Beschreibung des Tuches

Das Innere der Kirche
Schleier von Manoppello

Das Volto Santo (ital. „Heiliges Antlitz“) ist ein 17,5 cm breiter und 24 cm hoher Schleier, der in Manoppello seit dem 17. Jahrhundert in der Kapuzinerkirche Santuario del Volto Santo auf dem Tarignihügel außerhalb der Stadt aufbewahrt wird. Das Tuch wird seit den 1960er Jahren in einem doppelseitig verglasten Reliquiar aus dem frühen 18. Jahrhundert über dem Altar gezeigt. Zuvor befand sich das Reliquiar in einer dunklen Seitenkapelle, in der das Tuch für den Betrachter kaum erkennbar war. Es wurde seit Jahrhunderten nicht mehr aus dem Rahmen genommen und konnte bislang nur mit Hilfe von Mikroskopen, Infrarot- und ultraviolettem Licht sowie ramanspektroskopisch untersucht werden.

Bei dem Trägermaterial handelt es sich möglicherweise um ein Gewebe aus Byssus, auch Muschelseide genannt, ein Stoff, der aus den Haftfäden der im Mittelmeer lebenden Edlen Steckmuschel gewonnen wird. Dieser Stoff galt in der Antike und im Mittelalter als einer der kostbarsten überhaupt. Das Handwerk der Byssusherstellung ist heute fast ausgestorben, weshalb es schwer ist, die Möglichkeiten seiner Verarbeitung zu beurteilen. Muschelseide gilt als nicht bemalbar und nur leicht färbbar.

Die beiden oberen dreieckigen Zwickel bestehen aus einem anderen Material, wahrscheinlich Seide, und wurden offensichtlich später angefügt. Das Gesicht ist durch die Feinheit des Tuches von beiden Seiten gleichermaßen zu sehen.

Der Schleier zeigt das Gesicht eines Mannes mit langen Haaren, Bart, geöffneten Augen und leicht geöffnetem Mund. Auf dem Gesicht sind rötliche Flecken sichtbar, die von einigen als Wunden durch Folterungen oder Geißelung interpretiert werden. Das Gesicht auf dem Schleier lässt ikonografisch eine gewisse Nähe zur toskanischen Vor- und Frührenaissance erkennen, ist jedoch so untypisch, dass eine Zuordnung zu einer kunstgeschichtlichen Epoche oder Schule nicht eindeutig möglich ist. Bemerkenswert ist, dass der Schleier von Manoppello wie das Grabtuch von Turin einzigartig zu sein scheint; die Kunstgeschichte kennt kein gleichartiges Bildnis. Es wirkt bei Kunstlicht wie gemalt, bei Naturlicht hingegen beinahe vollkommen transparent, bei wechselndem Lichteinfall erscheint es hingegen plastisch und lebendig. Die Farben des Schleiers changieren zwischen verschiedenen Gold-, Bronze-, Braun- und Rottönen, ähnlich wie die Farben auf einem Schmetterlingsflügel. Lässt sich das Bildnis auf dem Turiner Grabtuch als fotografisches Negativ eigentlich erst richtig erkennen, wirkt das Antlitz auf dem Schleier als Positiv. Inzwischen sind jedoch auch bislang unerklärliche fotografische Negativeigenschaften der Konvex-Konkav-Vertauschung festgestellt worden.

Hypothesen zur Herkunft des Tuches

Der Schleier als Tuch aus dem Grab Christi

Von einigen Theologen und Forschern wird vermutet, dass es sich eher um ein Abbild als einen Abdruck des Gesichtes Jesu Christi handele, welches zusammen mit dem Turiner Grabtuch und weiteren Tüchern aus dem Grab Jesu in Jerusalem stamme. Der Forschungsstand zum Schleier von Manoppello ist allerdings weitaus geringer entwickelt als der zum Turiner Grabtuch.

Der Schleier wäre dann mit einem der Tücher identisch, am ehesten mit dem genannten Schweißtuch, die in der Darstellung der Auffindung des leeren Grabes nach dem Johannesevangelium erwähnt sind:

Da gingen Petrus und der andere Jünger hinaus und kamen zum Grab; sie liefen beide zusammen dorthin, aber weil der andere Jünger schneller war als Petrus, kam er als erster ans Grab. Er beugte sich vor und sah die Leinenbinden liegen, ging aber nicht hinein. Da kam auch Simon Petrus, der ihm gefolgt war, und ging in das Grab hinein. Er sah die Leinenbinden liegen und das Schweißtuch, das auf dem Kopf Jesu gelegen hatte; es lag aber nicht bei den Leinenbinden, sondern zusammengebunden daneben an einer besonderen Stelle. (Joh 20,3-7 EU).“

Dabei stellt sich die Frage, welche Seite des Schleiertuches die Abdruckseite und welche die reale Gesichtsseite Christi darstellt. Basierend auf der Erkenntnis, dass der Lanzenstich rechts und die markante Nasenverletzung auf der anderen, folglich linken Seite, erfolgte, ergibt sich, dass die Rückseite (von der Treppe aus) das wahre Abbild wiedergibt: Die Wunde auf der linken Nasenseite wird von der aufliegenden Muschelseidentuchseite spiegelbildlich abgebildet, somit auf der rechten Gesichtshälfte. Diese Seite erkennt man beim Betreten der Kirche. Die andere Seite gibt, einem Dia vergleichbar, die Nasenwunde - zutreffend - auf der linken Gesichtsseite wieder; das ist unter Berücksichtigung der Position im Glasschrein in Manoppello die von der Treppe aus sichtbare Rückseite des Byssus-Tuches.[1]

Die Schwierigkeit dieser Deutung besteht allerdings darin, dass der Schleier nicht den Abdruck eines Gesichts wiedergibt. Wäre er etwa dem Leichnam Jesu auf das Gesicht gelegt worden und hätten sich die Züge des Toten darin abgezeichnet, müsste das Bild verzerrt sein, was aber nicht der Fall ist. [2]

Deutung als Schweißtuch der Veronika

Hans Memling: Hl. Veronika, um 1470

Der Kunsthistoriker Heinrich Pfeiffer ist nach zwanzigjähriger Forschung zum Schleier von Manoppello überzeugt, dass es sich bei dem Tuch um das eigentliche Sudarium bzw. das Schweißtuch der Veronika handelt, der einst wichtigsten und meistverehrten Reliquie der Christenheit. Offiziell befindet sich das seit dem Jahr 708 in Rom bezeugte Tuch in der als mächtiger Tresor angelegten Kapelle innerhalb des Veronikapfeilers im Petersdom, der über dem Grundstein der Kirche errichtet wurde. Auf diesem fast schwarz gewordenen Tuch ist allerdings nichts mehr zu erkennen. Pfeiffer kommt aufgrund ikonografischer Untersuchungen zu dem Schluss, dass das Schweißtuch der Veronika seit dem Abriss der alten Petersbasilika 1508 oder dem Sacco di Roma 1527 verschwunden und durch ein anderes Tuch ersetzt worden sei. Vom Vatikan wurde diese bereits früher laut gewordene Vermutung allerdings nie bestätigt.

Nach der örtlichen Überlieferung wurde das Volto Santo bereits um 1506 von einem Unbekannten nach Manoppello gebracht, wirklich bezeugt ist es dort jedoch erst seit dem Jahr 1638, als es den Kapuzinern übergeben wurde.

Deutung als Gemälde Albrecht Dürers

Giorgio Vasari berichtet in seinen Schriften, dass Albrecht Dürer, der das Grabtuch von Turin aus eigener Anschauung kannte, ein auf Byssus gemaltes Selbstbildnis an Raffael geschickt habe, welches ähnliche Qualitäten aufgewiesen haben soll, wie sie beim Volto Santo zu beobachten sind. Dieses Selbstbildnis Dürers ist seit Jahrhunderten verschollen. Der italienische Kunsthistoriker Roberto Falcinelli ist der Ansicht, es in dem Schleier von Manoppello wiedergefunden zu haben. Allerdings weist der Abgebildete keine Ähnlichkeit mit Albrecht Dürer auf, weshalb Falcinelli annimmt, dass es sich bei dem Abgebildeten um Raffael handele, allerdings ohne jede stimmige Erklärung der Farbfreiheit des Schleiers und der Kongruenz des Schleiers zu dem alten "Veronika"-Doppelglasrahmen in der Schatzkammer des Petersdomes.

Besuch Benedikts XVI. und Erhebung der Kirche zur Basilica minor

Schleier von Manoppello

Papst Benedikt XVI. pilgerte als erster Papst am 1. September 2006 auf einer privaten Wallfahrt nach Manoppello, um nach dem Empfang durch Erzbischof Bruno Forte von Chieti-Vasto vor dem Volto Santo zu beten und es aus der Nähe zu betrachten.[3] Abgesehen von der Gewährung eines vollkommenen Ablasses von zeitlichen Sündenstrafen für alle Manoppellopilger durch Papst Clemens XI. im Jahr 1718 wurde das Tüchlein bislang von Rom kaum beachtet, und auch Benedikt XVI. wurde erst durch einen Zeitungsbericht in der Welt vom 23. September 2004 darauf aufmerksam. Papst Benedikt äußerte sich nicht zur Debatte um die Herkunft des Bildes. Er sagte, dies sei ein „Ort, an dem wir über das Geheimnis der göttlichen Liebe nachdenken können, indem wir die Ikone des Heiligen Antlitzes betrachten“ und er dankte „der Gemeinschaft der Kapuzinerpatres, die seit Jahrhunderten Sorge trägt für dieses Heiligtum“.[4] Im Anschluss traf er in der Sakristei der Kirche mit der Wiederbekanntmacherin des Tuchs, Sr. Blandina Paschalis Schlömer OCSO, dem Kunsthistoriker Heinrich Pfeiffer S.J., dem Theologen und Psychologen Andreas Resch CSsR und den Journalisten Paul Badde und Saverio Gaeta zusammen, nach deren Meinungen der Schleier von Manoppello mit dem Schweißtuch der Veronika identisch sei. Benedikt XVI. hat indessen durch die Verwendung des Begriffes Ikone kirchenrechtlich die Bezeichnung des Schleiers als Reliquie vermieden. Eine Ikone ist grundsätzlich ein von Menschen gemaltes Bild.

Per Dekret vom 22. September 2006 verlieh Benedikt XVI. „zur Ehre des Heiligen Antlitzes Unseres Herrn Jesus Christus“ der Kirche den Titel einer Basilica minor. Diese Erhebung wurde laut Dekret gewährt, um „die Verbindung und Verehrung der Kathedra von Sankt Peter mit dieser wichtigen Kirche zu intensivieren“ und um sie als Zentrum besonderer liturgischer und pastoraler Tätigkeiten zu bestätigen. Im Anschluss an den päpstlichen Besuch wurde der Reliquienschrein von Therese von Lisieux, deren Ordensname die Beifügung „vom Heiligen Antlitz“ trägt, vom 2. bis 4. November 2006 vor dem Volto Santo aufgestellt.

Siehe auch

Schleier von Manoppello

Literatur

  • Paul Badde: Das Muschelseidentuch. Auf der Suche nach dem wahren Antlitz Jesu. Ullstein, Berlin 2005, ISBN 3-550-07853-6 (Überarbeitete Neuauflage als: Das Göttliche Gesicht. Die abenteuerliche Suche nach dem wahren Antlitz Jesu. Pattloch, München 2006, ISBN 3-629-02149-2).
  • Werner Bulst, Heinrich Pfeiffer: Das Turiner Grabtuch und das Christusbild. Band 2: Das echte Christusbild. Das Grabtuch, der Schleier von Manoppello und ihre Wirkungsgeschichte in der Kunst. Knecht, Frankfurt am Main 1991, ISBN 3-7820-0633-X.
  • Markus van den Hövel: Der Manoppello-Code. Anmerkungen eines Juristen. Eigentlich eine unglaubliche Geschichte. Edition 2011. Books on Demand, Norderstedt 2011, ISBN 978-3-842-381049.
  • Markus van den Hövel: Das wahre Antlitz Jesu Christi. Das Grabtuch von Turin und das Schleiertuch von Manoppello. Be&Be-Verlag, Heiligenkreuz im Wienerwald 2010, ISBN 978-3-902694-22-5.
  • Markus Nolte: Manoppello. Von Angesicht zu Angesicht (= Bild-Botschaft. Bd. 4). Dialogverlag, Münster 2008, ISBN 978-3-937961-75-0.
  • Heinrich Pfeiffer (Hrsg.): Il Volto Santo di Manoppello. Pescara, Carsa 2000, ISBN 88-85854-88-5 Auch: ebenda 2005.
  • Andreas Resch: Das Antlitz Christi. Grabtuch – Veronika (= Institut für Grenzgebiete der Wissenschaft. Reihe R, Bd. 2). Resch, Innsbruck 2005, ISBN 3-85382-077-8.
  • Blandina Paschalis Schlömer: Der Schleier von Manoppello und das Grabtuch von Turin. Resch, Innsbruck 1999, ISBN 3-85382-068-9.
  • Cornelia Schrader: Vor dem Angesicht. Betrachtungen und Erfahrungen vor dem Muschelseidenbild in Manoppello. Pro Business, Berlin 2006, ISBN 3-939533-30-0.
  • Sr. Blandina Paschalis Schlömer: Jesus Christus Lamm und schöner Hirt (Begegnung mit dem Schleier von Manoppello) Johannes Wiemann Verlag Nürnberg 2015, ISBN 978-3-9817430-2-9 (EAN 9783981743029)

Weblinks

 Commons: Schleier von Manoppello – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. van den Hövel: Der Manoppello-Code. 2009, S. 137 ff.
  2. ZDF Dokumentation
  3. Der Heilige Stuhl: Pilgerreise zum Heiligtum des „Heiligen Antlitzes“ von Manoppello 1. September 2006
  4. L’Osservatore Romano, 22. September 2006, deutsche Ausgabe.

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