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Schiffsbesatzung
Eine Schiffsbesatzung (auch Bemannung) ist die Gesamtheit aller Seeleute auf einem Boot oder Schiff. Zur Besatzung zählen der Kapitän, seine nautischen Offiziere, technische Offiziere sowie – je nach Fahrzeug – andere Mitarbeiter wie Decks-, Maschinen- und Service-Personal.
Der Begriff wird hauptsächlich in der Berufsschifffahrt verwendet, findet aber auch in der Raumfahrt Anwendung.[2]
Regelungen
Der Umfang und die Qualifikation der Besatzung richtet sich nach Vorschriften entsprechend dem Fahrtgebiet und Einsatzbereich. Hier werden einige Rollen explizit definiert, während andere Positionen zwar zur Besatzung gezählt werden, aber in den amtlichen Ausführungen keine Erwähnung finden. So richtet sich die deutsche Schiffsbesetzungsverordnung (SchBesV) von 1998 gem. § 1 an alle deutschen Kauffahrteischiffe, die berechtigt sind, die Bundesflagge zu führen.[3] Dort werden neben dem Kapitän und seinen Offizieren – je nach Größe des Schiffes – noch Schiffsmechaniker und wachbefähigte Seeleute erwähnt. Spezielle Berufe wie Funker, Schiffsarzt, Matrose, Maschinisten, Elektriker, Köche und Stewards können an Bord sein, sind aber dort nicht weiter geregelt. Auch für andere Betriebsformen existieren gesetzliche länderabhängige Besatzungsvorgaben, so beispielhaft für die Schiffsführung gewerblich genutzter Sportboote[4] oder den Betrieb von Traditionsschiffen[5]. Die verschiedenen Besetzungsvorschriften sind oft abhängig von der Schiffslänge, dem Fahrtgebiet und täglicher Fahrenszeit. Grundsätzlich gilt, dass die Besatzung so zusammengesetzt sein muss, dass das Schiff sicher geführt werden kann.
Beispiele für Schiffsbesatzungen unterschiedlicher Epochen
Im Laufe der Jahrhunderte waren an die Schiffsbesatzungen verschiedene Anforderungen gestellt. So war es im Galeeren- oder Segelzeitalter erheblich aufwändiger, ein Schiff sicher zu führen und alle für die Fortbewegung notwendigen Schritte einzuleiten, als es für die heutige weitestgehend automatisierte und maschinisierte Schifffahrt erforderlich ist. Darüber hinaus dauerte zu damaliger Zeit eine Reise erheblich länger und konnte Monate oder gar mehrere Jahre andauern, während heutzutage die gleiche Strecke durch den windunabhängigen Maschinenantrieb in mehreren Tagen oder Wochen bereist werden kann.
Vor diesem Hintergrund sind Schiffsbesatzungen und Schiffe aus damaliger Zeit auch mit einem anderen personellen Mengengerüst ausgestattet gewesen, die zudem in ihren Funktionen komplexe Aufgaben wahrzunehmen hatten. So bildeten Einhaltung der Borddisziplin, langfristige Bevorratung der Mannschaften, Reparatur und Erhaltung des Schiffes mit Bordmitteln während der Reise eine andere Rolle, als es heute der Fall ist.
Um einen Abriss von Schiffsbesatzungen unterschiedlicher Epochen und einen Einblick in die einzelnen Funktionen geben zu können, sind nachfolgend ein paar Schiffsbesatzungen aus diesen Zeiten aufgeführt.[6][7]
Zusammensetzung der Besatzung eines Segelkriegsschiffes aus dem Jahr 1690
Die funktionelle Zusammensetzung der Schiffsbesatzung eines hamburgischen Segelkriegsschiffes ("Convoyer") aus dem Jahr 1690 ist wie folgt überliefert:[8]
Anzahl | Funktion (Rang/Dienstgrad) | Besoldung (Monat) /Anmerkung |
---|---|---|
1 | Kapitän | 150 Taler |
1 | Lieutenant | 150 Taler |
1 | Steuermann | 150 Taler |
1 | Schiffer | 150 Taler |
1 | Kommandeur der Soldaten | 30 Taler |
60 | Soldaten | 12 Taler |
ca. 140 | Schiffsjungen[9] | 7 ½ Taler |
2 | Küper | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
1 | Kochsmaat | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
4 | Quartiermeister | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
2 | Segelmacher | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
1 | Unterbarbier | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
1 | Hauptbootsmannsmaat | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
8 | Büssenschütte(r) [10] | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
1 | Schimmannsmaat (auch: Schiemann) [11] | zwischen 7 ½ und 24 Taler |
1 | Obertrompeter | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
4 | Untertrompeter | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
2 | Constabel [12] | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Feuerwerker | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Mittelzimmermann | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Oberzimmermann | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Schreiber | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Schimmann (auch: Schiemann) [13] | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Barbier | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Koch | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Hauptbootsmann | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Untersteuermann | nicht genau beziffert, reichte aber für gesicherte Existenz |
1 | Schneider | nicht genau beziffert, im Verhältnis zu allen anderen Besatzungsmitgliedern sehr wenig |
1 | Bildhauer | nicht genau beziffert, im Verhältnis zu allen anderen Besatzungsmitgliedern sehr wenig |
1 | Glaser | nicht genau beziffert, im Verhältnis zu allen anderen Besatzungsmitgliedern sehr wenig |
1 | Maler | nicht genau beziffert, im Verhältnis zu allen anderen Besatzungsmitgliedern sehr wenig |
1 | Bordgeistliche | von allen Besatzungsmitgliedern am wenigsten |
Zusammensetzung der Besatzung eines Segelkriegsschiffes aus dem Jahr 1805
Die funktionelle Zusammensetzung der Schiffsbesatzung eines französischen Linienschiffes aus dem Jahr 1805 ist wie folgt überliefert:[14][15]
Anzahl | Französische Funktion (Rang/Dienstgrad) | Übersetzung | Anmerkung |
---|---|---|---|
23 | officiers: | Offiziere: | |
1 | capitaine de vaisseau(fr) | Kapitän zur See | |
1 | capitaine de frégate(fr) | Fregattenkapitän | |
4 | lieutenants de vaisseau(fr) | Kapitänleutnants | |
4 | enseignes de vaisseau(fr) | Fähnrich zur See | |
2 | officiers de garnisons(fr) | Garnisonsoffiziere | Infanterieoffiziere |
1 | agent comptable(fr) | Zahlmeister | beamteter Buchhalter |
1 | officier de santé en chef (fr) | Sanitätsoffizier | Dienstgrad mit medizinischer Grundausbildung [16] |
9 | aspirants(fr) | Offiziersanwärter | |
117 | officiers mariniers: | Unteroffiziere der Marine: | |
2 | maîtres de manœuvre ou d'équipage:
|
Oberbootsmann der Marine | |
2 | second maîtres d'équipage | Bootsmann | ggf. auch Unterbootsmann |
3 | contremaîtres de manœuvre | Obermaat | |
18 | quartiers-maîtres(fr) de manœuvre | Quartiermeister | Dienstgrad vergleichbar mit Maat |
2 | maîtres canonniers des classes | Erster Kanoniermeister der 1. oder 2. Klasse | |
2 | seconds maîtres canonniers des classes | Zweiter Kanoniermeister der 1. oder 2. Klasse | |
24 | aides-canonniers des classes | Hilfskanoniere der 1. oder 2. Klasse | |
2 | maîtres canonniers militaires | Erster Kanoniermeister der 1. oder 2. Klasse | kein Angehöriger der Marine |
1 | second maître canonnier militaire | Zweiter Kanoniermeister der 1. oder 2. Klasse | kein Angehöriger der Marine |
24 | aides-canonniers militaires | Hilfskanoniere | keine Angehörigen der Marine |
2 | maîtres timoniers (fr) | Erster Steuermann | |
5 | seconds maîtres timoniers (fr) | Zweiter Steuermann | |
8 | aides-timoniers (fr) | Steuermannsmaat | siehe auch Maat (Schiff) |
1 | pilote(fr) côtier | KüstenLotse | |
1 | maître charpentier(fr) | Erster Schiffszimmermeister | siehe auch Schiffszimmerer |
2 | seconds maîtres charpentier(fr) | Zweiter Schiffszimmermeister | siehe auch Schiffszimmerer |
5 | aides-charpentiers(fr) | Zimmermannsgehilfe | siehe auch Schiffszimmerer |
1 | maître calfat(fr) | Erster Kalfatmeister | Zuständig für die Abdichtung des Schiffsrumpfes (kalfatern) |
2 | seconds maître calfat(fr) | Zweiter Kalfatmeister | Zuständig für die Abdichtung des Schiffsrumpfes (kalfatern) |
5 | aides-calfats(fr) | Kalfatergehilfen | |
1 | maître voilier (fr) | Erster Segelmachermeister | |
1 | second maître voilier (fr) | Zweiter Segelmachermeister | |
2 | aides-voiliers (fr) | Segelmachergehilfen | |
1 | capitaine d'armes | ||
569 | équipage: | Schiffsbesatzung: | |
95 | matelots(fr) de 1e classe | Matrose 1. Klasse | |
95 | matelots(fr) de 2e classe | Matrose 2. Klasse | |
95 | matelots(fr) de 3e classe | Matrose 3. Klasse | |
95 | matelots(fr) de 4e classe | Matrose 4. Klasse | |
125 | novices | Leichtmatrose | |
60 | mousses(fr) | Schiffsjunge | |
129 | garnisons (fr) | Garnisonssoldaten | Waffengattung Infanterie, keine Marinezugehörigkeit |
28 | surnuméraire: | Zusätzliche Besatzung: | |
3 | armuriers(fr) | Waffenmeister | Handwerksberuf: Waffenschmied bzw. Büchsenmacher |
5 | chirurgiens(fr) | Wundarzt | |
9 | préposés aux vivres | Proviantmeister bzw. Provinantverwalter | |
11 | domestiques(fr) | Diener |
Typische Zusammensetzung der Besatzung eines konventionellen Containerschiffes des 21. Jahrhunderts
Mindestanzahl | Funktion (Rang/Dienstgrad) | Englische gebräuchliche
Rangbezeichnung |
Anmerkung |
---|---|---|---|
7 | Offiziere: | Officers: | |
1 | Kapitän | Captain / Master | |
1 | Leitender Ingenieur | Chief Engineer / Chief | |
1 | Erster Nautischer Offizier | Chief Officer / Chief Mate | |
1 | Zweiter Technischer Offizier / Ingenieur, Elektrischer Ingenieur | 2nd Engineer, Electric Engineer | |
1 | Zweiter Nautischer Offizier | 2nd Officer, 2nd Mate | |
1 | Dritter Technischer Offizier / Ingenieur | 3rd Engineer | |
1 | Dritter Nautischer Offizier | 3rd Officer, 3rd Mate | |
9 | Mannschaftsgrade: | Ratings: | |
1 | Schiffsbetriebsmeister / Bootsmann, Schweißer | Boatswain / Bosun, Fitter | |
Schiffsmechaniker | Shipmechanic / Multi-Purpose-Crew | ||
3 | ~ Vollmatrose, Öler | Able Bodied Seaman (AB), Oiler | |
3 | ~ Leichtmatrose, Wischer | Ordinary Seamen (OS), Wiper | |
1 | Koch | Chief Cook / Cook | |
1 | Steward | Steward / Messman |
Anmerkungen
- ↑ Das Gemälde zeigt ursprünglich den Tod von Lord Nelson in der Seeschlacht von Trafalgar, zeigt dabei aber auch Teile der damaligen Schiffsbesatzung
- ↑ an Bord eines Raumschiffes spricht man ebenfalls von einer Schiffsbesatzung. Diese setzt sich jedoch nicht aus Seeleuten, sondern beispielsweise aus Kosmonauten oder Astronauten zusammen.
- ↑ Schiffsbesetzungsverordnung
- ↑ Anlage 4 zur deutschen Sportbootverordnung
- ↑ Verordnung über den Erwerb von Sportsee und Sporthochseeschifferscheinen und die Besetzung von Traditionsschiffen § 11
- ↑ Sehr häufig sind Schifffahrtsnationen im Laufe Ihrer Geschichte in Kriege verwickelt worden oder hatten immer wieder mit Piraterieproblemen zu kämpfen, so dass Schiffe oftmals als militärisches Interventionsmittel genutzt wurden. Dies spiegelte sich dann auch oft in der personellen Besetzung des Schiffes wider, was auch in diesem Artikel Berücksichtigung findet.
- ↑ Um nicht nur die Situation in Deutschland darzustellen, sondern auch einen Einblick in ausländische Schiffsbesatzungen zu geben, wurde hier auch eine französische Schiffsbesatzung dargestellt, deren französische Bezeichnungen eigen sind, die sich in der Funktion oder ihrer Aufgabe aber durchaus mit Schiffsbesatzungen anderer Nationen vergleichen lassen.
- ↑ nach Grobecker, Bracker, Quinger
- ↑ Damalige Hamburger Bezeichnung für Seeleute bzw. Matrosen
- ↑ Einen Büssenschütte(r) würde man nach heutigem Sprachgebrauch als Büchsenschütze bezeichnen, also einen Scharfschützen, der von der Soldatenplattform eines Segelkriegsschiffes aus den Feind bekämpft
- ↑ Gehilfe des Schimmanns, siehe Schimmann
- ↑ Der Constabel bevorratet nach Pierer´s Universal-Lexikon S. 164, (Altenburg 1862) in einer speziellen Kammer an Bord des Schiffes das Ladezeug, Geschütztaljen und dergleichen sowie den "Mundvorrath". Er ist Unteroffizier der Schiffsartillerie.
- ↑ nach Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. (Altenburg 1862), S. 155: "Schiemann, auf Kriegsschiffen (ist) ein auf den Bootsmann folgender Unteroffizier, welcher das Tau u. Segelwerk des Fockmastes unter seiner Aufsicht hat; der Schiemanns Mat, gleichsam sein Gehülfe, hat die Aufsicht über das Takelwerk des Bugspriets; die unter dem unmittelbaren Befehl des Schiemmannsmat stehenden u. mit ihm die Wache verrichtenden Matrosen heißen Schiemannsgasten.Die ersteren heißen auch wohl Kabel- od. Bootsmannsgasten, weil der Bootsmann bes. das Tauwerk unter seiner Aufsicht hat. Die geschicktesten unter diesen Matrosen (Marsgasten) werden zum Dienst in den Mastkörben u. zur Regierung der obern Segel etc. bestimmt. Daher Schiemannen, die Takelage u. das Tauwerk ausbessern."
- ↑ nach Monaque
- ↑ Die tabellarisch erfassten französischen Funktionen/Ränge/Dienstgrade lassen sich im Einzelfall nicht ins Deutsche übersetzen. In diesem Fall wird die Begrifflichkeit durch eine Umschreibung erklärt oder durch einen Funktioner/Rang/Dienstgrad definiert, der einer deutschen Definition nahe kommt - oder einfach nicht definiert, wenn die Bedeutung unklar ist. Zudem kann es im Laufe der Jahrhunderte Veränderungen bzw. Verschiebungen in den Dienstgraden, Offiziersgraden, Aufgaben u.ä. gegeben haben, die hier ggf. nicht weiter erläutert bzw. berücksichtigt werden. Die Tabelle soll lediglich eine repräsentative Einsichtnahme in die überlieferte Zusammensetzung einer Schiffsbesatzung aus dem Jahr 1805 ermöglichen
- ↑ Der Grad des officier de santé war ein Ergebnis der Reform des medizinischen Systems während der Frühzeit der Napoléonischen Ära. In einem medizinischen Zwei-Klassen-System durchliefen die "officiers de santé" eine kürzere und wenig spezialisierte Ausbildung, die sie auf die Standardfälle des medizinischen Alltags auf dem Lande vorbereiten sollte. Im Gegensatz dazu deckte die Ausbildung zum regulären Arzt das ganze Spektrum der zeitgenössischen Medizin ab. (Zit. aus: Marc Föcking - Pathologia literalis)
Quellen
- Remi Monaque, Trafalgar, Édition „Le grand livre de mois“, Paris 2005, ISBN 2-286-01869-3
- Kurt Grobecker: Hamburgs stolze Fregatten gegen die Korsaren – Konvoischiff(f)ahrt im 17. Jahrhundert, Medien-Verlag Schubert, Hamburg, 2007, ISBN 978-3-937843-12-4
- Prof. Dr. Jörgen Bracker: Hamburg Portrait 1/76, Wapen von Hamburg (III) …ein schwimmender Barockpalast; Museum für Hamburgische Geschichte, Dingwort Verlag Hamburg-Altona, 1976.
- Prof. Dr. Jörgen Bracker: Gottes Freund – aller Welt Feind / Von Seeraub und Konvoifahrt / Störtebeker und die Folgen, Zertani Druckerei und Verlag, Bremen, 2001, ISBN 3-9805772-5-2
- Wolfgang Quinger: "Wappen von Hamburg" I . Ein Konvoischiff des 17. Jahrhunderts. Delius Klasing Vlg GmbH (1980), Hamburg, ISBN 3768803295, ISBN 978-3768803298
- Pierer´s Universal-Lexikon, Altenburg, 1862
Siehe auch
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