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Scheingeschäft

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Ein Scheingeschäft liegt vor, wenn die von den Vertragspartnern gegenseitig abgegebenen Willenserklärungen nicht rechtsverbindlich sein sollen und es daher am erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt (simuliertes Geschäft).

Allgemeines

Im Regelfall wird davon ausgegangen, dass abgegebene Willenserklärungen auf den Abschluss eines Vertrags gerichtet sind, so dass letztlich der beabsichtigte Vertrag zustande kommt. Wollen jedoch die Parteien einverständlich nur den äußeren Schein des Abschlusses eines Rechtsgeschäftes hervorrufen, aber die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Rechtswirkungen sollen dagegen nicht eintreten,[1] liegt ein Scheingeschäft vor.

Rechtsfolgen

In § 117 BGB wird bestimmt, dass Scheingeschäfte nichtig sind. Nichtigkeit bedeutet, dass sie von Anfang an keinerlei Rechtswirkungen entfaltet haben und so behandelt werden, als ob sie nie vorgenommen worden wären. Wird durch ein Scheingeschäft jedoch ein anderes Rechtsgeschäft (= dissimuliertes Geschäft) verdeckt, so gelten nach § 117 Abs. 2 BGB die für das verdeckte Geschäft vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen. Das in Wahrheit gewollte Geschäft ist nach § 117 Abs. 2 BGB voll rechtswirksam.[2]

Abgrenzungen

Bei Strohmanngeschäften, Umgehungsgeschäften und steuerlichem Gestaltungsmissbrauch stellt sich die Frage, ob sie zu den nichtigen Scheingeschäften gehören.

Strohmanngeschäft

Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 22. Oktober 1981[3] sind Scheingeschäfte grundsätzlich von Strohmanngeschäften zu unterscheiden. Da der Rechtserfolg bei einem Strohmanngeschäft meist von beiden Seiten ernstlich gewollt ist, es damit nicht am beiderseitigen Geschäftswillen fehlt,[4] ist ein solches voll wirksam. Entscheidend ist, ob die Parteien die Rechtsfolgen der Vereinbarung wirklich herbeiführen wollen, ob also der Strohmann aus seinem Geschäft persönlich berechtigt und verpflichtet werden oder ob sich der Vertragspartner ausschließlich an den Hintermann halten soll.[3] Der Strohmann will wissentlich die mit einem Vertrag verbunden Rechtsfolgen eintreten lassen. Das Vorschieben eines Strohmanns erfolgt im rechtsgeschäftlichen Verkehr dann nicht zum Schein. Vielmehr ist das Strohmann-Geschäft ernstlich gewollt, daher ist ein solches Geschäft nach ständiger Rechtsprechung des BGH für den Strohmann rechtlich bindend.[5]

Nur wenn zwischen dem Strohmann und seinem Vertragspartner vereinbart wurde, dass Ansprüche für und gegen den Strohmann ausgeschlossen sind, liegt ein Scheingeschäft vor.[6] Unter diesen Voraussetzungen sind Geschäfte mit einem Strohmann nach § 117 Abs. 1 BGB nichtig. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn der Vertragspartner das Geschäft ausschließlich mit dem Hintermann abschließen will oder es sich um ein personenbezogenes Rechtsgeschäft handelt,[2] das von seiner Natur her keinen Strohmann duldet. Aber auch wenn der Vertragspartner und der Strohmann einverständlich davon ausgehen, dass die Rechtswirkungen gerade nicht in der Person des Strohmanns eintreten sollen oder der Strohmann die mit dem Rechtsgeschäft verbundenen Pflichten auch im Außenverhältnis nicht übernehmen will und sein Vertragspartner Kenntnis davon hat,[6] kann ein Scheingeschäft angenommen werden. Nur beim Scheingeschäft wird also nicht der Strohmann, sondern sein Hintermann berechtigt und verpflichtet.

Umgehungsgeschäft

Das Umgehungsgeschäft ist ein Rechtsgeschäft, durch welches die Beteiligten einen gesetzlichen Verbotstatbestand dadurch vermeiden, indem sie eine andere, nicht ausdrücklich verbotene rechtsgeschäftliche Gestaltung wählen. Dies ist nach § 134 BGB nichtig, wenn der Zweck des umgangenen Gesetzes dies verlangt. Doch führt nicht jeder Verstoß gegen ein Gesetz automatisch zur Nichtigkeit des betreffenden Rechtsgeschäftes. Vielmehr muss bei einem Gesetzesverstoß zunächst geprüft werden, ob es sich bei der in Frage stehenden Norm um ein Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB handelt. Ist dies der Fall, muss zusätzlich geprüft werden, ob der Sinn und Zweck der Verbotsnorm die Nichtigkeit des betreffenden Geschäfts verlangt.

Nach römischem Recht umgeht das Gesetz, wer ohne Verstoß gegen den Wortlaut des Gesetzes den Sinn des Gesetzes hintergeht („contra legem facit, qui id facit quod lex prohibet; in fraudem vero, qui salvis verbis legis sententiam eius circumvenit“). Nach herrschender Meinung setzt § 134 BGB nicht die Kenntnis einer Verbotsnorm durch die Parteien voraus (siehe „Ignorantia legis non excusat“). Auch die Verletzung eines beiden Parteien unbekannten Verbots macht einen Vertrag somit nichtig, wenn Sinn und Zweck des Verbots dies erfordern. Umgehungsgeschäfte sind teilweise ausdrücklich verboten (vgl. §§ 306a, § 312, § 475 Abs. 1, § 478 Abs. 4 Satz 3, § 487, § 506 oder § 655e Abs. 1 BGB). Umgehungsgeschäfte sind mithin meist keine Scheingeschäfte, da ein Rechtserfolg beidseitig erwünscht ist, aber durch Vermeidung gesetzlicher Verbote erreicht werden soll. Sie gehören deshalb in die Kategorie der – ebenfalls nichtigen – gesetzlich verbotenen Rechtsgeschäfte.

Steuerlicher Gestaltungsmissbrauch

Eine umfangreiche Kategorie stellen die aus steuerlichen Gründen vorgenommenen Umgehungsgeschäfte dar, die zum Gestaltungsmissbrauch führen können. Steuerumgehung ist der Missbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts zwecks Vermeidung oder Minderung der Steuer.

Grundsätzlich darf ein Steuerpflichtiger die für ihn günstigste rechtliche Form wählen (Grundsatz der Vertragsfreiheit). Werden zivilrechtliche Gestaltungsmöglichkeiten missbraucht, kann dadurch das Steuerrecht nicht umgangen werden. Dabei muss zwischen zwei Tatbeständen unterschieden werden:

  • Wenn das anzuwendende Einzelsteuergesetz Regelungen enthält, deren Ziel die Verhinderung einer Steuerumgehung ist und der konkrete Sachverhalt erfüllt diesen Tatbestand, richtet sich die Rechtsfolge ausschließlich nach dieser einzelsteuergesetzlichen Norm (§ 42 Abs. 1 Satz 2 AO).
  • Ist der Tatbestand jedoch nicht erfüllt, liegt ein Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten dann vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt und der Steuerpflichtige keine außersteuerlichen Gründe für die gewählte Gestaltung nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind (§ 42 Abs. 2 AO). In diesem Fall sind die Steuern so zu erheben, wie sie bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen, Tatsachen und Verhältnissen angemessenen rechtlichen Gestaltung zu erheben wären (§ 42 Abs. 1 Satz 3 AO).

In Ausnahmefällen kann Steuerumgehung als Steuerhinterziehung strafbar sein oder als Steuerordnungswidrigkeit mit Geldbuße geahndet werden, insbesondere, wenn der Steuerpflichtige die Tatsachen gegenüber den Finanzbehörden nicht vollständig offenlegt und dadurch versucht, die Hintergründe zu verschleiern.

Zivilrechtlich sind Rechtsgeschäfte, die steuerlich als Gestaltungsmissbrauch bewertet werden, voll wirksam, weil ihr Rechtserfolg von beiden Seiten gewünscht ist.

Scheinkauf

Als Scheinkauf oder „Commentitia emtio“ bezeichnet man ein vorgetäuschtes Kaufgeschäft, das beispielsweise von einem insolventen Schuldner vorgenommen wird, um den Gläubigern den Kaufgegenstand, der angeblich um einen fingierten Preis an einen anderen verkauft wird, zu entziehen. Der Scheinkauf zählt zu den Scheingeschäften. Ein Scheinkauf ist nichtig (§ 117 Abs. 1 BGB).

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. BGH NJW 1982, 569 f
  2. 2,0 2,1 OLG Karlsruhe NJW 1971, 619
  3. 3,0 3,1 BGH NJW 1982, 569 f.
  4. BGHZ 21, 378, 381
  5. BGH NJW 2002, 2030 unter II 1 mit weiteren Nachweisen
  6. 6,0 6,1 BGH NJW 1982, 569
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