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Schamane

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Dieser Artikel behandelt die Person des Schamanen. Für das gleichnamige Phänomen siehe Schamanismus. Für den historischen Roman siehe Der Schamane.

Bei der nun folgenden Darstellung der einzelnen Aspekte werden die Charakteristika der Schamanen beschrieben, ohne auf ihr spezifisches Auftreten im Rahmen der jeweiligen Schamanismusformen genauer einzugehen, außer in besonders bezeichnenden Ausnahmefällen oder wenn Differenzierungen dies erfordern. Dargestellt ist vorwiegend die Situation im elementaren und Komplexschamanismus. Grundlage ist im Allgemeinen und wenn nicht anders beschrieben das Erscheinungsbild der sibirischen Schamanen[1] sowie die Darstellung Klaus E. Müllers.[2] Ergänzend wurden die Darstellungen der Encyclopædia Britannica sowie spezielle ethnographische Werke zu Rate gezogen.[3]

Äußere Merkmale und Funktionen

Besonderes Merkmal des Schamanenamtes ist der Einsatz bestimmter Formeln und ritueller Handlungen, vor allem zur Erzielung eines Trancezustandes, um Kontakt zur „Götter- und Geisterwelt“, insbesondere zu den Ahnen aufzunehmen. Es werden anlassbezogen unterschiedliche Methoden verwendet, um in Ritualen die Wirkung der Beschwörungsformeln zu verstärken bzw. um einen Schutz für sich und andere aufzubauen (z. B. Verbrennen von Räucherwerk, Schlagen bestimmter Rhythmen auf besonderen Schamanentrommeln, Tanz, Trancetanz, Gesang, im Elementarschamanismus nicht, sonst häufiger psychedelische Drogen, Fasten, Schwitzen, Meditation). Religiös bedingte Trancezustände werden im Allgemeinen interpretiert als Übergang in einen anderen Seinszustand, eine jenseitige Welt wie etwa die Keltische Anderswelt oder die Traumzeit der Aborigines und als Kommunikation mit Geistern oder wie im Buddhismus als Übergang in die Nichtseinswelt des Nirwana, die hier als höchstes Ziel der Religion gilt. Der Schamane kann sich dabei frei zwischen den Welten bewegen. Er tritt in einen anderen Bewusstseinszustand ein, ist daneben aber immer noch in der Lage, mit den um ihn befindlichen Personen zu kommunizieren, Fragen zu stellen und Anweisungen zu geben. Dies unterscheidet ihn von einem Medium, das, wenn auch beabsichtigt, die Kontrolle über seine Handlungen zeitweise verliert, und vom Zustand der Besessenheit, in dem der Wille des Besessenen gänzlich unterworfen wird.

Dem Schamanen werden besondere Kenntnisse und Fähigkeiten der Heilung und Weissagung sowie verschiedenste spezifische Kräfte zugestanden, über die andere Menschen nicht verfügen. Mit diesen Fähigkeiten wirkt der Schamane kulturspezifisch in einer teils großen Zahl von Rollen – vom Lehrer und Heiler über den Wahrsager und Psychopompos (Begleiter der Seelen ins Totenreich) bis hin zum „Zeremonienmeister“, der die Riten überwacht. Das ist im Einzelnen jedoch von der jeweiligen Schamanismusform sowie dem spezifischen kulturellen, religiösen (z. B. Hochreligionen) und ethnischen bzw. ökonomisch-sozialen Umfeld und dessen Traditionen abhängig.

Wesen des Schamanentums, Schamaninnen

Der vorwiegend kultisch definierte, definitorisch umstrittene Begriff Schamane bezeichnet allgemein einen Menschen, der im Mittelpunkt des religiösen und kulturellen Phänomens des Schamanismus steht und oft auch über magische Kompetenzen verfügen kann. Er wird von seinem Umfeld als Medizinmann oder Zauberer angesehen, der in seinen ekstatischen Trance-Reisen Kontakt mit der Welt der Geister, seien es nun Natur-, Tier- oder Ahnengeister, ermöglicht oder durch zeitweise Integrierung dieser Geister in sein »Ich« deren Macht ausübt. Auch Jenseitsreisen (der Schamanenflug)[4] zu den mächtigsten metaphysischen Entitäten innerhalb der schamanischen Kosmologie wie dem Hochgott oder dem Herrn bzw. der Herrin der Tiere werden ihm zugetraut. Sein Amt ist von dem eines Priesters grundverschieden, und im Gegensatz zu diesem trägt er, so Kasten,[5] „hohe Verantwortung für seine Gruppe. Er konnte die Signale der Natur deuten, als deren Teil sich die Menschen verstanden. Weil Krankheiten oder ausbleibendes Jagdwild als Folge von menschlichem Fehlverhalten gedeutet wurden, war es Aufgabe des Schamanen, die Ursache dafür zu erkunden, für einen Ausgleich zu sorgen und die unkontrollierbaren Naturkräfte durch geeignetes Verhalten zu beeinflussen. Im schamanischen Ritual, der kamlanie. reiste der Schamane als Verkörperung seiner Gruppe in andere Welten und setzte sich dort für deren Schicksal ein. Unterstützt von Hilfsgeistern suchte er dort Rat, um die richtigen Entscheidungen für den Einzelnen wie für die Gruppe zu treffen“.

Die Geschlechtsidentität spielt im Schamanismus an sich keine Rolle, zumal sich der Schamane bei seiner Tätigkeit oft in der Kleidung des anderen Geschlechtes zeigt, und weibliche Schamanen waren daher genauso geschätzt wie männliche. Zu Beginn des Schamanismus musste der Schamane offenbar im Prinzip das entgegengesetzte Geschlecht seines Schutzgeistes haben. Im Elementar- und Komplexschamanismus dominieren allerdings männliche Schamanen. In bäuerlichen Gesellschaften mit Besessenheitsschamanismus sieht man aber vorwiegend Schamaninnen. Treten sie in den beiden ersten Formen auf, gelten sie meist als besonders mächtig. Wo priesterliche Ämter in den Hochreligionen Islam, Schintoismus, Buddhismus und Lamaismus ausschließlich Männern zugänglich waren, besetzten Schamaninnen aus der einfachen Bevölkerung die unteren sakralen Ränge und übten die dort traditionellen Funktionen aus, die zudem noch im Ruche des Heidnischen mit abergläubischen Ritualen standen und von Männern meist gemieden wurden. Mit ihrer traditionellen Erfahrung mit Heilkräutern dienten Frauen vor allem der medizinischen Basisversorgung, behandelten vorwiegend leichtere Erkrankungen und versahen das Amt von Geburtshelferinnen. Sie verloren allerdings ihre Schamanenfähigkeit während der Schwangerschaft und mehrere Jahre nach einer Geburt. Oft traten sie erst nach der Menopause in das Amt einer Schamanin ein, zumal sie in der Menstruation zahlreichen Reinheitstabus unterliegen.[6] Auch in den Zar- und Bori-Kulten Nordostafrikas, wo vor allem in den alten Hausa-Staaten die Verehrung vorislamischer Gottheiten weitergeführt wird, also im Umfeld der dortigen Hochreligionen Islam und Christentum, finden sich bevorzugt weibliche Schamanen, desgleichen in den afroamerikanischen Besessenheitskulten der Karibik und Brasiliens (z. B. Voodoo, María Lionza-Kult, Ubanda, Santería, Candomblé usw.).[7]

Schamanenwerdung

Der gesamte Prozess der Schamanenwerdung verläuft in mehreren Stufen, die sich über einen langen Zeitraum hinziehen und teils lebensgefährdende Elemente enthalten können. Die Grundzüge sind bei allen Schamanismusformen ähnlich, variieren aber stark in den Einzelheiten. Die hier geschilderten Abläufe lehnen sich vor allem an die des sibirischen Schamanismus an (Quellen siehe unter[8]).

Auswahl und Berufung

Die für einen Schamanen besonderen Fähigkeiten erhält er auf drei unterschiedliche Weisen: entweder durch Vererbung, durch freiwilliges Ersuchen oder durch Wahl. Viele schamanische Traditionen beruhen allerdings auf dem Konzept der Berufung. In Familien, in denen bereits Vorfahren Schamanen waren, wird die Fähigkeit, Kontakt zur Geisterwelt aufzunehmen, mitunter weiter vererbt. In besonderen Fällen geschieht die Auswahl bereits vor der Geburt, meist durch die Herrin der Tiere. Häufig lässt sie dazu ein geeignetes Kind sterben und verschmilzt dessen Seele zu einer tiermenschlichen Doppelnatur, die dem späteren Schamanen besonders große Macht verleiht. Bestimmte körperliche Merkmale bei der Geburt eines Kindes weisen auf seine Berufung zum Schamanenamt hin. Die eigentliche Berufung erfolgt erst später, frühestens nach Abschluss des zweiten Zahnens, meist aber während der Pubertät, durchschnittlich im Alter zwischen 15 und 30 Jahren. Doch sind auch spätere Berufungen bis zum Ende des sechsten Lebensjahrzehnts bekannt. Diese Berufung zeigt weltweit gemeinsame Merkmale, gewöhnlich Träume oder Visionen oder Auditionen, also visionäre Höreindrücke, in denen Ahnen- oder Tiergeister dem Auserwählten seine Berufung offenbaren. Tatsächlich ist diese Berufung den Betroffenen fast stets unwillkommen, und häufig wehren sie sich eingedenk der Entbehrungen, die auf sie zukommen, heftig dagegen, bis die Geister sie regelrecht niedergerungen haben. Dieser Widerstand ist als Schamanenkrankheit bekannt und war mit Ursache dafür, dass man zeitweise Schamanen als Opfer einer „arktischen Hysterie“, also als Geisteskranke ansah. Diese Krankheit äußert sich in meist schwersten körperlichen wie geistigen Ausfallerscheinungen mit hochpathologischem Charakter, die solange anhalten, bis der Betroffene das angetragene Amt annimmt. Danach verschwinden die Krankheitszeichen binnen Tagen. Weigert sich der Betroffene aber weiterhin, kann lebenslanger Wahnsinn die Folge sein. Allerdings kommt es bei vielen Völkern in Nord- und Südamerika, Südostasien und Indonesien durchaus vor, dass sich manche Menschen zum Schamanen berufen fühlen und dieses Amt freiwillig anstreben. Sie werden mitunter von Geistern in einsame Wälder oder Höhlen entführt, wo sie ihr Ziel durch Fasten und sexuelle Askese zu erreichen suchen. Bis die Geister ihre Kandidatur annehmen und die Ausbildung beendet ist, können mehrere Jahre vergehen.

Ausbildung

Die Geister sind nun freundlich und hilfreich und beginnen damit, dem Schamanen sein künftiges Amt zu lehren, ihn Schritt für Schritt in allen Techniken, Praktiken und Ritualen auszubilden. Während dieser Ausbildungszeit zieht sich der werdende Schamane in die Einsamkeit zurück, wo er verschiedene Initiationen durchläuft, in deren Mittelpunkt der Erwerb derjeniger meist tiergestaltiger Hilfsgeister steht, die ihn auserwählt haben. Sie dienen ihm als Alter Ego, und bei Bedarf kann er sich in sie verwandeln. Dabei lernt er, welche Wege die verschiedenen Welten verbinden, auf denen die Geister sich bewegen, wie sie zu erkennen und zu beschreiten sind und wie er mit diesen Geistern kommunizieren kann. Anschließend unterrichten erfahrene ältere, meist berühmte Schamanen, oft mehrere nacheinander, den Schüler in der korrekten Durchführung von Ritualen und Deutungen der Botschaften aus der spirituellen Welt, insbesondere von Techniken zur Erlangung der rituellen Ekstase. Erforderlich war dies vor allem in Kulturen mit differenziertem religiösem Brauchtum, also im Komplex- und Besessenheitsschamanismus. Die Aneignung des gesamten überlieferten Wissens über die Welt seines Volkes ist ein weiteres Ausbildungsziel. Der Lehrer begleitet den Lehrling nun auf allen seinen Wegen und unterweist ihn in allen Aspekten der Heilkunde sowie in den Formalien, Gebeten, Gesängen, Tänzen, die Geistersprache und Traumdeutung, dazu den Traditionen seines Volkes. Am Abschluss der drei bis fünf Jahre dauernden Ausbildung, die wie bei den Grönland-Eskimos bis zu zwölf Jahre dauern kann, steht die Schamanenweihe.

Odin, der in der germanischen Mythologie als der große Schamane gilt, opfert sich freiwillig und hängt im Weltenbaum Yggdrasil, um so das Geheimwissen der Runen zu erlangen, wie im Hávamál 138 ff. geschildert. Illustration zum Hávamál aus dem Jahre 1908. Vergleichbar sind das Ersteigen der Bäume sibirischer Schamanen während der Initiation und das Ausbrüten des Schamanen als Ei der Vogelmutter im Geäst des Weltenbaums. Vgl.[9]

Initiation und Verwandlung

In manchen Kulturen, vor allem Sibiriens, ging der Ausbildung durch menschliche Schamanen mit der nachfolgenden Weihe noch eine spezielle, meist dreitägige Schamaneninitiation durch die Geistmächte voraus. Dabei wurde eine tiefgreifende Umwandlung des Anwärters vorgenommen, der ein zweites Mal erkrankte und in tiefe Bewusstlosigkeit fiel, wobei sich an seinem Körper abermals Wundmale und Veränderungen zeigten. Der Adept erlebt dabei intensive Visionen, bei denen er von den Geistern in die Unterwelt entführt, dort regelrecht auseinandergenommen und neu zusammengesetzt, also getötet und wiederbelebt wird. Danach wird er in der Unterwelt nochmals intensiv von den Geistern unterrichtet und mit den verschiedenen Geistmächten, dem Herrn bzw. der Herrin der Tiere usw. bekannt gemacht. Manche bedeutende Schamanen erlebten solche Zerstückelungsvisionen mehrmals. Von diesen teilweise an die Dema-Gottheit erinnernden Verwandlungszeremonien gibt es weltweit verschiedene Varianten, doch stimmen sie in den Grundzügen überein. Mitunter erhielten die Novizen nach der Verschmelzung ihrer Freiseele mit Tierseelen noch besondere außersinnliche Wahrnehmungsfähigkeiten, vor allem Hellsehen, Telepathie, ja sogar Psychokinese und Teleportation. Als Seher ihrer Gesellschaft sehen sie vor allem unheilvolle Ereignisse voraus. Nach Abschluss all dieser durch Geistmächte ausgeführten Initiationsprozeduren sind die Novizen andere Menschen, denn sie verfügen nun über eine Doppelnatur. Halb Mensch, halb Geist sind sie nun praktisch Blutsverwandte ihrer Schutz- und Hilfsgeister. Durch den Tausch von Körper und Seele mit den Geistern entsteht eine „affinale Verwandtschaftsbeziehung“. Sie hat allerdings zur Folge, dass der Schamane nur Krankheiten heilen kann, mit deren Krankheitsgeistern er eine Beziehung aufgenommen hat. Hier herrscht das Prinzip strikter Reziprozität: Es wird nur eine Gegenleistung gewährt, wenn vorher dem „zuständigen“ Geist eine Leistung erbracht wurde. Durch diese Verwandtschaftsbeziehungen ist der Schamane nun in der Lage, sich sowohl in der Ober- als auch in der Unterwelt in verschiedene Tiere zu verwandeln. Ein Schamane konnte diese Eigenschaften wieder verlieren, etwa nach einer Frist, die ihm die Geister bereits bei seiner Berufung genannt hatten. Meist verlor er seine Fähigkeiten aber, wenn er sich durch Fehler, Faulheit usw. als ungeeignet erwiesen oder gar Tabus gebrochen hatte. Die Hilfsgeister verließen ihn dann, und er wurde wieder zu einem gewöhnlichen Menschen. Bei schwerwiegenden Vergehen konnte es vorkommen, dass die Geister ihn wahnsinnig werden ließen oder töteten.

Weihe

Nach Abschluss dieser Ausbildung durch Geister und menschliche Lehrer findet meist ein formales Weiheritual statt, bei dem der junge Schamane öffentlich seine Fähigkeiten etwa zur Séance demonstrieren muss. Das Ritual, das bei Völkern im Einflussbereich von Hochreligionen extrem komplex und einer Priesterweihe sehr ähnlich sein kann, dient außerdem dazu, ihn eng in die soziale Gemeinschaft einzubinden, in der er nun eine verantwortungsvolle Position mit hohen charakterlichen Anforderungen einnimmt. Häufig wird er danach von den Ältesten seines Stammes oder seiner Sippe förmlich anerkannt. Gleichzeitig wird seinen Hilfsgeistern geopfert. Sein Lehrer oder ein anderer angesehener Schamane erteilt ihm außerdem den Segen. Mitunter fällt ein solcher Aspirant durch die Prüfung, wenn trotz einer längeren Nachprüfung durch die Ältesten Zweifel an seiner persönlichen Eignung und fachlichen Qualifikation bestehen. Ein solcher Bewerber wird durch unerfüllbare Bedingungen zum Rücktritt gezwungen. Bei mehreren Bewerbern wird der Beste durch eine Abstimmung bestimmt.

Schamanen und Gesellschaft

Allgemeine Funktionen

Da ein Schamane vor allem die Funktionen eines Medizinmanns, Wahrsagers und Zauberers ausübt, gehören zu seinen Aufgaben Krankenheilung, mitunter einschließlich der Geburtshilfe, Rituale um Tod und Sterben, Abwehr „böser Geister“, Wettervorhersage, Finden von Jagdwild, Weissagung (Prophetie), Traumdeutung, soziale Regulierung und der Umgang mit geistig gestörten Menschen. Des Weiteren fungiert der Schamane als Lehrer in einigen Lebensbereichen, die das soziale Umfeld direkt betreffen. Ebenso fungiert er als Erzähler, Sänger und Dichter von Mythen und Geschichten und nimmt für die Gemeinschaft die Rolle des Bewahrers von Wissen ein; zudem leitet er die Opferzeremonien. Meist ruft man aber den Schamanen, um bestimmte, nicht nur gesundheitliche Probleme zu lösen, eine ungünstige Situation zu überwinden oder auch, um eine segensreiche Zukunft zu erbitten, in die Zukunft zu schauen oder das Wetter zu beeinflussen. Seine Hauptfunktion ist jedoch die eines Seelenhirten. Er ist überdies zuständig für das harmonische Verhältnis der Gruppe zur Umwelt und dessen Wiederherstellung. Deshalb waren Schamanen auch die strengen Hüter der Tradition und der moralischen Normen (Quelle unter[10]).

Status und Macht

Status und Macht des Schamanen waren hoch, ohne dass er allerdings einen persönlichen Nutzen daraus zu ziehen vermochte oder besondere Privilegien genoss. Der Schamane war eine der höchsten Respektpersonen seiner Gemeinschaft und wurde entsprechend geehrt. Beim Eintritt in ein Haus wurde er ehrerbietig begrüßt und großzügig bewirtet, wobei stets eine unterschwellige Furcht vor seiner Macht mitschwang, die den Schamanen letztlich gesellschaftlich isolierte und einsam werden ließ. In die Verehrung mischte sich daher furchtsame Scheu, obwohl seine Tätigkeit sich mit dem Alltag verband und dabei keinerlei Mystik enthielt.[11]

Politischen Einfluss hatten Schamanen kaum. Sie waren „nicht von dieser Welt“. Gelegentlich waren ihre prophetischen und magischen Gaben während kriegerischer Auseinandersetzungen gefragt, ohne dass sie allerdings an den Auseinandersetzungen direkt teilnahmen oder gar Operationen leiteten. Ältere historische Aufzeichnungen beschreiben sie als Anführer bei solchen Aktivitäten einschließlich der Jagd.[11] Gruppenoberhäupter waren sie jedoch fast nie. Erst im mittelalterlichen Hofschamanismus Mittelasiens änderte sich das, etwa bei Dschingis Khan, der einen Schamanen als engen Berater hatte. Dieser Einfluss hielt sich verschiedentlich bis ins 19. Jahrhundert.

Gleichzeitig wurde von ihnen hohe Opferbereitschaft, Selbstlosigkeit und Selbstdisziplin verlangt. Schamanen standen im Dienst der Gruppe, und es war ihnen vor allem im Elementarschamanismus nicht gestattet, aus ihrem Status Vorteile zu ziehen, zumal sie bei ihrer Weihe einen regelrechten Eid des Hippokrates leisten mussten, der ihnen ein striktes soziales Verhalten mit Bevorzugen der Armen und Schwachen abverlangte. Die Geister übten auch in diesem Punkte strenge Kontrolle aus, was bei Fehlverhalten harte Sanktionen (Verlust der Fähigkeiten, Wahnsinn, Tod) nach sich zog, so dass sich das Leben eines Schamanen meist mühsam, entbehrungsreich, ja qualvoll gestaltete. Sein Amt war daher zwar angesehen, aber nicht begehrt, und Auserwählte wehrten sich mitunter heftig dagegen. Zudem hing sein Ansehen vom Erfolg seiner Sitzungen ab, wobei die Gemeinschaft strenge Kontrolle ausübte. Bei nordamerikanischen Indianern konnte ein Schamane nach mehreren erfolglosen Heilungsversuchen getötet werden (Quelle unter[12]).

Gruppensolidarische und soziale Funktion des Schamanen

Die rituelle Tätigkeit nicht nur der des sibirischen Schamanen war auf den Erhalt des Lebens in der Gemeinschaft im Zusammenspiel mit der Harmonie des Kosmos ausgerichtet.[13] Schamanensitzungen waren und sind daher stets wichtige Gemeinschafterlebnisse im Dienste der Gruppensolidarität, denn die Anwesenden nehmen in vielfältiger Form aktiv daran teil, indem sie etwa Worte, Beschwörungen und Lieder des Schamanen wiederholen. Bei seinen Kämpfen im Jenseits feuern sie ihn an, genießen aber auch die ihnen durchaus bewusste Theatralik seiner magischen Vorstellungen. Klaus E. Müller schreibt dazu: „Wie der Schamane im Auftrag aller, als Mittler, Helfer und Heiler der Gruppe, die ihn dazu bestellt und autorisiert hatte, tätig war, trugen ihn alle bei seinen Bemühungen auch mit, standen hinter ihm, halfen ihm, wie seine Hilfsgeister im Jenseits. Überleben zu können erforderte Solidarität, hatte bruchlose Gemeinschaftlichkeit zur Voraussetzung“.[14]

(Quelle unter[15])

Schamanenpraxis

Die Informationen zu diesem Unterkapitel entstammen vorwiegend der Quelle unter.[16] Da Grundlagen, Verfahren und geistig-religiöse Hintergründe des Schamanismus bis heute aktuell sind und praktiziert werden, sind sie im Folgenden, außer in den Fällen, wo auf Vergangenes Bezug genommen wird oder dies impliziert ist, im Präsens formuliert.

Anrufung und Regeln

Die Anrufung eines Schamanen setzt bei den Völkern Sibiriens bis heute die strenge Einhaltung bestimmter Regeln voraus. Die Gegenstände des Schamanen dürfen zum Beispiel nicht berührt werden. Erhält der Schamane einen Ruf, muss er ihm sofort folgen, denn er „gehört der Gemeinschaft“. Tut er dies nicht, strafen ihn seine Geister. Für seine Bemühungen erhält er ein Entgelt, häufig durch Hilfe im Haushalt und andere Dienstleistungen wie die Hilfe bei der Ernte, Nahrung, Geschenke. Der Lohn darf nicht zu hoch ausfallen und wurde etwa bei den Völkern Mittelasiens sogar von den Geistern bestimmt. Bei den Indios Südamerikas wurden die Schamanen hingegen regelrecht bezahlt und wurden wohlhabend. In Sibirien wiederum mussten Schamanen ganz auf ein Entgelt verzichten und verarmten häufig. Zu den speziellen Regeln für die Séance siehe unten.

Szenerie

Schamanensitzungen finden gewöhnlich an unterschiedlichen Orten statt: in den Wohnräumen oder im Zelt des Schamanen, einem speziellen, großen und meist mit einem Baum als Repräsentanz des Weltenbaumes ausgestatteten Schamanenzelt, vor allem bei Kranken, aber auch in den Räumen des Klienten (Hütte, Zelt) oder in der freien Natur nach bestimmten kosmologischen Regeln, die vor allem von den Gesetzen der Harmonie geprägt sind (etwa am Zusammenfluss von Wasserläufen). Im Besessenheitsschamanismus finden sie in abgetrennten Weihebereichen der Schamanenbehausung oder Tempelchen statt. Nächtliche Sitzungen werden bevorzugt, da die Nacht als Geisterzeit gilt. Generell hat alles sich nach der kosmologischen Bedeutung der beabsichtigten Handlung zu richten, und alle Objekte im Behandlungsszenarium haben kosmische Bezüge zu den drei Welten, dem Weltenbaum usw. Die Szenerie ist ein Übergangsraum zur Geisterwelt. Idole mit Darstellungen der Ahnen haben wichtige Schutzfunktionen (in Afrika sind etwa bis heute die sogenannten Wächterfiguren verbreitet, vgl. afrikanische Religionen), desgleichen Tierfigürchen als Vertreter der Tiergeister. Die Symbolik ist umfassend.

Kostüme und Requisiten

Ewenkische Schamanentracht mit Requisiten
Elfenbein-Masken der Yup'ik-Eskimo-Schamanen
Der letzte Schamane Chuonnasuan (1927–2000) des mandschurischen Volkes der Oroken, Amur-Grenze 1994
Schamane während einer Kamlanie-Zeremonie am Feuer, Kysyl in der russischen Teilrepublik Tuwa

Bei Schamanensitzungen spielen bestimmte Attribute (weiter unten „Werte“ genannt) im Zusammenhang mit der Jenseitsreise eine wichtige Rolle. Diese Symbole reflektieren die Vorstellungen über den Aufbau des Kosmos und sind bei den einzelnen Völkern unterschiedlich ausgeprägt.

Kostüm: Es steht in engem Bezug zum jeweiligen Schutzgeist des Schamanen während der Handlung, muss also bei dessen Wechsel ebenfalls gewechselt werden. Es erfüllt daher zusammen mit der Maske eine metaphysische und identifizierende Funktion im Sinne des beteiligten Schutzgeistes, mit dem der Schamane zum Doppelwesen verschmilzt. Allerdings waren solche Masken im Elementar- und Komplexschamanismus eher selten und kamen, wenn überhaupt, höchstens als Gesichtsverkleidungen vor, um den Schamanen so für feindliche Geister unkenntlich zu machen. Erst im Besessenheitsschamanismus werden sie häufiger und tragen dann auch zoomorphe Züge.[17] Solche Schamanentrachten waren allerdings in historischer Zeit nur bei den Völkern Nord- und Innerasiens sowie bei den Inuit (siehe Abb. unten) üblich. Schamanen durften ihr Haar wegen seiner Vitalkraft nicht schneiden. In Sibirien finden sich zwei grundlegende Trachten: der Vogel- und der Cervidentypus, je nach dem bevorzugten Tiergeist. Beide Trachten wurden nebeneinander gebraucht; in Abhängigkeit von der Bewegungssphäre, die bei der Jenseitsreise zu benutzen war, also Luft oder Boden. Zum Kostüm gehörten Gürtel, Glöckchen, eine durchlöcherte Metallscheibe für den Abstieg in die Unterwelt sowie mehrere Metallscheiben an Brust und Rücken, dazu zahlreiche längliche Eisenplättchen zur Stählung und zum Schutz des Körpers. Mitunter wurde das Gesicht verkleidet oder geschwärzt. Seltener waren meist anthropomorphe Masken, fast stets beim Besessenheitsschamanismus (Eskimos, Tibet). In den Randzonen des Schamanismus wurden auch Kopfbedeckungen getragen, meist Federhauben. Für einige sibirische und zentralasiatische Ethnien waren Geweihkronen üblich.[18] Die Herstellung solcher Kostüme erfolgte wegen deren strikt rituellem und magischem Charakter ebenfalls unter strengen Regeln (zu bestimmten Jahreszeiten, von bestimmten Personen usw.). Es wurde meist aus dem Fell oder Federkleid eines bestimmten, durch genaue Merkmale (etwa ein weißer Fleck auf der Stirn) identifizierbaren Tieres gefertigt, das dem Schamanen im Traum erschienen war und dessen Auffindung und Jagd sich über Monate hinziehen konnte. Nach Fertigstellung musste das Kostüm noch rituell gereinigt und geweiht werden. Ähnliche Verfahren galten für die Schamanentrommel.

Requisiten: Wie das Kostüm erfüllen sie bestimmte magische Funktionen und verbinden den Mikrokosmos mit dem Makrokosmos. Sie sind für verschiedene Weltregionen spezifisch, so etwa Leitern, die in Südamerika zum Aufstieg in die Oberwelt dienen, Blätterbündel und Rasseln, die in Nordamerika die Stimmen der Hilfsgeister vernehmbar machen, Zweige, Besen, Peitschen, Messer und Dolche, die in Innerasien böse Geister abwehren, Schwerter, Schellen und Spiegeln in Südostasien, Federn, Steine, Knochen in Säckchen und Medizinbeutel bei den Schamanen Nordamerikas usw. In ganz Asien werden Zeremonialstäbe verwendet, die als Abbild des Weltenbaumes (sibir.: turu) gelten und bereits paläolithisch etwa aus den Darstellungen der Höhle von Lascaux bekannt sind. Von besonderer Bedeutung ist die Trommel, die so gut wie überall verwendet wird und eine teils von Gebiet zu Gebiet verschiedene, vielfältige kosmische Symbolik enthält (s. Abbildung oben) sowie zur Auslösung der Trance verwendet wird oder Hilfsgeister rufen soll.[19] Mit der Trommel ist der Schamane zudem besonders eng über einen "Trommelgeist" verbunden, und ihre Herstellung verläuft ähnlich ritualisiert wie die des Kostüms. Zerbricht sie oder wird sie beschädigt, bedeutet dies schwere Erkrankungen oder den Tod für den Schamanen. Meist ist die Trommel das letzte und mächtigste Requisit, das der Schamane im Verlauf der Initiation erhält. Nach seinem Tod wird sie zerstört. Trommel, Kostüm und der den Weltenbaum symbolisierende und häufig mit Tierattributen versehene Zeremonialstab bilden den kosmischen Raum ab, in dem der Schamane sich bewegt.[20]

An speziellen Requisiten, Vorrichtungen und Handlungsweisen kommen weiter zum Einsatz:

(Quelle unter[21])

Die Schamanensitzung (Séance)

Im Mittelpunkt einer Schamanensitzung (Kamlanie bei den sibirischen Völkern) befindet sich stets ein Gegenstand, der mit bestimmten „Werten“ in Verbindung steht, etwa die „Seelen“, die „Kräfte“, die „Fruchtbarkeit“, das „Glück“ usw., die er in der Welt der Geister suchen soll, um Auskunft über sie zu erhalten oder sie zu beeinflussen. Dabei soll stets ein Gleichgewicht zwischen Menschen und Geistern erreicht werden, das auf irgendeine Weise als gestört gilt. Alle Techniken und Rituale bezwecken daher

  1. die Welt der Geister zu erreichen,
  2. die dort beabsichtigten Aufgaben zu erfüllen,
  3. sicher zurückzukehren und der Gemeinschaft oder dem Klienten das möglichst positive Ergebnis mitzuteilen oder eine Heilung zu vollenden.

Der Ablauf einer Kamlanie gestaltet sich wie folgt:

  • Vor Einsetzen der eigentlichen Séance sind bestimmte Vorbereitungen notwendig. Zeitpunkt ist nach Einsetzen der Abenddämmerung. Der Schamane fastet den ganzen Tag und reinigt sich gründlich (z. B. Dampfbad), ist zudem sexuell enthaltsam. Auch die Räume für die Séance müssen gereinigt werden, etwa durch Ausräuchern. Häufig assistieren ihm Helfer (meist Lehrlinge). Sie bereiten das Tieropfer vor, dessen Geruch den Geist anlocken soll, so dass er bei dem sich anschließenden Mahle mit den Menschen magisch vereint ist. Später fungieren sie als Übersetzer der Murmelsprüche des Schamanen.
  • Der Schamane gerät in Ekstase: Er begibt sich, selten und nur im Elementarschamanismus mit reiner Konzentration und Willenskraft sowie Atemtechniken, meist mit Hilfe verschiedener Techniken wie Tanz, Trommeln, Gesang sowie Stimulanzien und mitunter auch mit Hilfe halluzinogener Drogen in Trance (normalerweise kein Alkohol). Seine Freiseele kann nun in Kontakt mit der Geisterwelt treten. Die Wirkung der Drogen verstärkt sich durch das Fasten und tritt nach ca. 50 Minuten ein, wonach der Schamane in einen etwa einstündigen Tiefschlaf verfällt, danach aufspringt und zu halluzinieren beginnt, gleichzeitig gegenüber Sinnesreizen und Schmerzen unempfindlich wird. Er ist nun fähig, mit der Geisterwelt Kontakt aufzunehmen. Es folgt zuweilen eine theatralische Demonstration der körperlichen Unempfindlichkeit (Laufen über glühende Kohlen, Durchstechen von Körperteilen usw.), dazu werden gelegentlich magische Tricks zur Erhöhung der Glaubwürdigkeit gezeigt.
  • Der Schamane ruft nun zunächst mit Trommel und Gesang seinen persönlichen Schutzgeist. der sich des Körpers des Schamanen bemächtigt (Zuckungen, Sprünge, Trommelwirbel sind Zeichen dafür). Meist sind ein oder mehrere „Hilfsgeister“ involviert, gewöhnlich Tiergeister, die dem jeweiligen Jagdumfeld entstammen und die der Schamane sich bereits während seiner Ausbildung verpflichtet hat. Insbesondere indianische Kulturen[22] ergänzen ihre Götter- und Geisterwelt mit einer Fülle von Hilfsgeistern pflanzlicher Natur. Zur Anrufung der Geister müssen bestimmte Riten und Rituale, ausgeführt werden, die nur der Schamane kennt. Häufig nimmt er während des Rituals mit Hilfe einer Verkleidung aus Fellen oder Masken eine Tiergestalt an, ein Motiv, das bereits in jungpaläolithischen Fels- und Höhlenmalereien weltweit auftaucht (s. u.). Er arbeitet oft mit Amuletten und rituellen Musikinstrumenten, meist mit Schlaginstrumenten oder Rasseln. Gewisse Rituale enthalten auch das richtige Einatmen und Ausstoßen von Tabakrauch oder das Aussprechen bestimmter Beschwörungs- oder Segnungsformeln.
  • Der Schamane nennt seinen Hilfsgeistern jetzt den Grund der Anrufung, befragt sie etwa bei Krankheiten, vertreibt gegebenenfalls die bösen Krankheitsgeister und beginnt, sofern dann noch nötig, seine Reise durch die verschiedenen Ebenen des Kosmos. Dabei hat jeder Schamane seine eigenen Wege und Zugänge. Hat er den avisierten Geist oder Gott gefunden, der ihm helfen kann oder soll, offenbart er sich ihm und beginnt mit ihm zu verhandeln, teilweise unter Mitwirkung der Anwesenden. Der Geist kann die Bitte nun gewähren, abschlagen oder einen Tribut fordern.
  • Nach Abschluss dieser Verhandlungen kehrt der Schamane unter Mitnahme des (symbolischen) „Wertes“, der im Zentrum steht, auf die Erde zurück und verkündet das Ergebnis sowie die Folgen, die daraus entstehen werden. Sofern möglich übergibt er den Menschen den erhaltenen „Wert“.
  • Bei Schamanensitzungen, die der Wahrsagung dienen, fungieren die als „Werte“ eingesetzten Gegenstände, Tierknochen, geschmolzenes Zinn, Träume, Spiegel, Äxte, Musikinstrumente, Pfeile usw., ganz direkt als Mittler zwischen den Welten. Auch die Deutung des Vogelfluges und der Gestirne wird in diesem Zusammenhang eingesetzt (beides war in vielen alteuropäischen und mediterranen Kulturen der Antike im Gebrauch, etwa in Mesopotamien, bei den Kelten, Germanen, Slawen, Etruskern, Hethitern, Griechen, Römern, die Astrologie sogar bis heute). Verbreitet bei der Wahrsagung sind Schamanenspiegel (toli).
  • Bei Krankenheilungen geht es meist darum, den jeweils zuständigen Geist aus dem Körper des Kranken zu vertreiben. Dabei werden verschieden rituelle Techniken eingesetzt, etwa Trommeln, Ausblasen oder Absaugen durch ein Rohr, Anlocken durch Düfte usw. Bei ernsthaften Erkrankungen muss der Schamane jedoch nach der vom Krankengeist entführten Seele im Jenseits fahnden und versuchen, sie zurückzubringen.
  • Bei jagdmagischen Sitzungen geht es um den Erfolg von Jagd oder Fischfang. Hier werden häufig die oberste Gottheit bzw. ihre Helfer und ihre Verwandtschaftsgruppe angerufen. Dabei begibt sich der Schamane vor allem zum Herr oder der Herrin der Tiere, um diesen gut zuzureden. Dazu sind Tieropfer notwendig. Später müssen oft auch Idole hergestellt werden (sie sind schon für die Altsteinzeit nachweisbar). Dem Herrn bzw. der Herrin der Tiere müssen bestimmte Teile des erlegten Wildes, vor allem die Knochen, im Verlauf eines Weihe- und Reinigungsrituals wieder zurückgegeben werden, damit die Blutschuld getilgt ist und er/sie daraus ein neues Tier erschaffen kann und das Gleichgewicht der Natur so erhalten bleibt.
  • Andere Zwecke der Schamanensitzung: Bei Unfruchtbarkeit sucht der Schamane den jenseitigen Seelenhort auf, um dort Kinderseelen zu holen. Bei Wetterproblemen sucht er die dafür zuständigen Geistmächte auf, bei bestimmten Fragen die Ahnengeister. Solche Jenseitsreisen sind wie die jagdmagischen meist relativ unproblematisch. Der Schamane erfüllt zudem die Funktion des Seelengeleits (Psychopomp). Er geleitet die Seelen der Toten in die Unterwelt und bringt sie dort über gefährliche Wege zu ihren Wohnorten. Reste davon sind in Mythen wie etwa der Orpheus-Sage erhalten (siehe unten).
  • Die Schamanensitzung endet mit der Freilassung des Schutzgeistes und der Hilfsgeister. Meist bricht der Schamane danach völlig erschöpft zusammen.

(Quelle unter[23])

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Shamans – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Schamanismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

Die folgenden Werke wurden zur Erstellung dieses Artikels herangezogen (OA = Originalausgabe bei älteren Werken):

Einzelnachweise und Anmerkungen

Eine bibliographisch vollständige Liste der zur Erstellung dieses Artikels herangezogenen Werke, einschließlich Veröffentlichungsdaten, findet sich oben.

  1. In: Gorbatcheva, S. 181–207.; Kasten, S. 82–183.
  2. Müller, S. 50–101.
  3. Z. B. Läng, Hoppál, Hultkrantz, Eliade, Kasten. Gorbatschewa usw.
  4. Eliade: Schamanismus, 2001, S. 441 ff.
  5. Kasten, S. 26.
  6. Müller, S. 32 f. Übersicht siehe Püschel: Die Menstruation und ihre Tabus.
  7. Tworuschka, S. 395–400.
  8. Eliade: Schamanismus, S. 13–147; Müller: Schamanismus, S. 50–64; Kasten, S. 42–49; Gorbatcheva, S. 181 f.; Hoppál, S. 13–17.
  9. Eliade: Schamanismus, 2001, S. 362 f.; Müller, S. 44 f.
  10. Hoppál, S. 17 f., Eliade: Schamanismus, S. 177 ff.
  11. 11,0 11,1 Hoppál, S. 18.
  12. Müller: Schamanismus, S. 92–96; Hultkrantz, S. 138–143.
  13. Kasten, S. 52.
  14. Müller, S. 89 f.
  15. Hoppàl, S. 17 f.
  16. Gorbatcheva: Die Völker des Hohen Nordens, S. 181–207; Müller: Schamanismus, S. 65–101; Kasten: Schamanen Sibiriens, S. 82–129; Britannica, Vol. 26, S. 68 f., 1013–1017.
  17. Müller, S. 70 f.
  18. Kasten, S. 70–81.
  19. Kasten, S. 58–61.
  20. Kasten, S. 44.
  21. Hoppál, S. 94–145.
  22. Hultkrantz, S. 118–123
  23. Eliade: Schamanismus, 2001, S. 213 ff., 217 ff., 220, 228 ff., 235 ff., 243 ff., 276 ff., 288 ff., 31 ff., 323 ff., 326, 329 ff., 331 ff., 345 ff., 350.
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