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Salomon Carlebach

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Salomon Carlebach

Salomon Carlebach (geb. 28. Dezember 1845 in Heidelsheim, heute Stadtteil von Bruchsal; gest. 12. März 1919 in Lübeck) war ein orthodoxer deutscher Rabbiner, Lehrer, Autor und national-konservativer Politiker.

Er war 49 Jahre lang als Gemeinderabbiner in der Hansestadt Lübeck und Moisling tätig. Salomon Carlebach ist der Stammvater einer der angesehensten Rabbinerfamilien in Deutschland. Fünf seiner Söhne aus der Ehe mit der Rabbinertochter und Schriftstellerin Esther Carlebach (1853–1920) wurden Rabbiner; drei der Töchter heirateten promovierte Rabbiner. Von ihm abstammende Rabbiner waren oder sind in Deutschland, Großbritannien, den USA und Israel vertreten.

Leben

Salomon Carlebach war der Sohn von Joseph Zwi Carlebach (1802–1881) und seiner Frau Cilly geborene Stern (1811–1883). Er hatte acht Geschwister. Sein älterer Bruder Nathan Carlebach (1844–1912), verheiratet mit Lina Schwab (1857–1922), begründete die in Frankfurt am Main ansässige Linie der Carlebachs, die zumeist kaufmännisch tätig war. Dessen Enkel war der Journalist Emil Carlebach.

Salomon Carlebachs Vater Joseph Zwi Carlebach arbeitete als Viehhändler in Heidelsheim (Baden-Württemberg). Salomon, das sechste der neun Kinder, besuchte das Großherzogliche Gymnasium in Bruchsal; die beiden Schuljahre vor dem Abitur, das er 1865 ablegte, verbrachte er am Lyzeum in Karlsruhe. 1866 nahm er sein Studium an der Universität Würzburg auf, wechselte 1867 nach Berlin und wurde 1868 an der Eberhard-Karls-Universität in Tübingen zum Doktor der Philosophie promoviert. Seine Dissertation verfasste er über die Entwicklung des deutschen Dramas bis Lessing, mit besonderer Berücksichtigung der deutschen Fastnachtsspiele und deren hebräischer Bestandteile. Anschließend kehrte er nach Berlin zurück, wo er seine Rabbinatsausbildung absolvierte. 1869 erhielt er das Rabbinatsdiplom.

In Berlin war er mit einem Angehörigen der Israelitischen Gemeinde zu Lübeck in Kontakt gekommen. Auf dessen Anregung bewarb er sich auf die seit dem Tod des Rabbiners Alexander Sussmann Adler (1816–1869) freie Stelle als Rabbiner. Der 24-jährige wurde am 10. Juni 1870 gewählt und trat sein Amt in Lübeck am 4. Juli 1870 an. 1871 verlobte er sich mit Esther Adler, die am 12. Juni 1853 in Moisling geboren worden war. Sie war die Tochter seines Vorgängers Alexander Sussmann Adler und dessen Frau Hanna Fischl Joel (1820–1889). Esther Adlers Großvater Ephraim Fischl Joel (1795–1851) war Rabbiner in Moisling gewesen.

Das Paar heiratete am 10. Januar 1872. Salomon und Esther Carlebach hatten zwölf Kinder und nahmen weitere Kinder, zum Teil für Jahre, als Pensions-Knaben in ihren Haushalt auf. Esther Carlebach, die die Ernestinenschule in Lübeck besucht hatte, beschränkte sich nicht auf Aufgaben in Haushalt und Familie. Sie veröffentlichte Aufsätze und Gedichtbände wie Der Tochter Zions Liebe und Leben (1895), der zwei Auflagen erfuhr, sowie den Ratgeber Wegweiser für das jüdische Haus, übernahm Aufgaben im jüdischen Frauenverein in Lübeck, erteilte von 1869 bis 1872 Unterricht an der jüdischen Elementarschule in Lübeck und organisierte Theateraufführungen. Ab 1916 war sie gesundheitlich durch ein Herzleiden beeinträchtigt. Nach ihrem Tod am 14. Februar 1920 in Lübeck wurde sie mit einem Nachruf in der Zeitung Der Israelit gewürdigt.[1] Dass sie als Frau kein Talmudstudium aufnehmen konnte, grämte sie bis an den Rest ihres Lebens[2], berichtete ihre Tochter Bella Carlebach.

Salomon Carlebach war neben seinem Rabbineramt als Lehrer und Politiker tätig. Von 1877 bis 1895 war er Abgeordneter der Lübecker Bürgerschaft, dem Parlament der damals noch Freien und Hansestadt.[3] Außerdem gehörte er dem Vorstand der Freien Vereinigung für die Interessen des orthodoxen Judentums in Frankfurt an. Seine deutschnationale Gesinnung vertrat er in Reden und Schriften, etwa in dem Referat Das Heerwesen und die jüdische Erziehung aus dem Kriegsjahr 1915. Der Ausgang des Ersten Weltkriegs bekümmerte ihn tief.

In die Amtszeit Carlebachs fiel 1880 die Fertigstellung der Lübecker Synagoge in der St.-Annen-Straße. Das Gebäude im maurischen Stil mit einer Kuppel überstand die Zeit des Nationalsozialismus und den Luftangriff vom 28./29. März 1942, auch wenn es ab 1939 als so genannter Ritterhof zweckentfremdet und umgebaut wurde und erst im Juni 1945 wieder für jüdische Gottesdienste genutzt werden konnte. Die große Carlebach-Familie bezog das Obergeschoss der Synagoge und lebte dort in the top of the shop, wie es Salomon Carlebachs Enkel Felix F. Carlebach bezeichnete.[4] Neben der Synagoge wurde das Israelitische Heim gebaut, das im September 1904 fertiggestellt wurde.

Salomon Carlebach starb am 12. März 1919 an den Folgen eines Schlaganfalls. Er wurde auf dem bis heute bestehenden Jüdischen Friedhof in Moisling beigesetzt, wo bereits seine vor ihm gestorbenen Söhne Alexander und David begraben worden waren. Ein Jahr nach ihm starb seine Frau Esther. Auch sie wurde in Moisling beigesetzt.

Ehrungen

Als im Jahr 2005 das 125-jährige Bestehen der Lübecker Synagoge gefeiert wurde, hielt Salomon Carlebachs Enkel, der New Yorker Rabbiner Salomon Peter Carlebach (* 1925), die Festansprache. Im selben Jahr wurde der Carlebach-Park im Lübecker Hochschulstadtteil eingeweiht, der an die Rabbinerfamilie und ihren Begründer Salomon Carlebach erinnert. Aus diesem Anlass war Esther Carlebach (* 1920), eine Enkelin Carlebachs aus Israel angereist, um die Gedenktafel zu enthüllen. An Carlebachs Frau wird in Lübeck in einer Wanderausstellung über Frauen in der Lübecker Geschichte und einer dazu veröffentlichten Broschüre erinnert.

Kinder und Enkel

Die zwölf Kinder von Salomon und Esther Carlebach waren Alexander Carlebach (1872–1925), der Bankier in Lübeck war, Emanuel Carlebach (1874–1927), Rabbiner in Memel und Köln sowie Feldrabbiner im Ersten Weltkrieg, Simson Carlebach (* 1875; † 1942 im Konzentrationslager Jungfernhof), Bankier, Bella Carlebach (1876–1960), die den Rabbiner Leopold Rosenak (Bremen, Feldrabbiner im Ersten Weltkrieg) heiratete, Ephraim Carlebach (1879–1936), Rabbiner und Gründer der Höheren Israelitischen Schule in Leipzig, Sara Carlebach (1880–1928), verheiratet mit Moritz Stern, Moses Carlebach (1881–1939), Fabrikant in Leipzig, Joseph Zwi Carlebach (1883–1942), Rabbiner in Lübeck, Altona und Hamburg, Cilly Carlebach (1884–1968), verheiratet mit dem Rabbiner Leopold Neuhaus, David Carlebach (1885–1913), der kurz nach seinem Rabbinerexamen starb, Mirjam Carlebach (1886–1962), verheiratet mit dem Bankier Wilhelm Cohn, und Hartwig Naphtali Carlebach (1889–1967), Rabbiner in Berlin, Baden bei Wien und New York.

Bedeutende Enkel Carlebachs sind der Rabbiner und Lübecker Ehrenbürger Felix F. Carlebach (1911–2008), der singende Rabbi Shlomo Carlebach (1925–1994), die Erziehungswissenschaftlerin Miriam Gillis-Carlebach (* 1922), der langjährige Rektor der Hochschule für Jüdische Studien in Heidelberg Julius Carlebach (1922–2001), der New Yorker Rabbiner Salomon Peter Carlebach (* 1925), sowie der Gründer und Chefredakteur der israelischen Tageszeitung Maariw, Ezriel Carlebach (1909–1956).

Werke

  • Sittenreinheit - Ein Mahnwort an Israels Söhne und Töchter, Väter und Mütter Druck H. Itzkowski, Berlin 1917
  • Ratgeber für das jüdische Haus - Ein Führer für Verlobung, Hochzeit und Eheleben Verlag Hausfreund, Berlin 1918
  • Beth Josef Zebi. Verlag Hausfreund Berlin, vierteilig, 1910, 1912, 1915, 1927

Literatur

  • Moritz Stern: Festschrift zum 40jährigen Amtsjubiläum des Herrn Rabbiners Dr. Salomon Carlebach in Lübeck, Verlag Hausfreund, Berlin 1910
  • Sabine Niemann (Redaktion): Die Carlebachs, eine Rabbinerfamilie aus Deutschland , Ephraim-Carlebach-Stiftung (Hrsg). Dölling und Galitz. Hamburg 1995, ISBN 3-926174-99-4
  • Peter Guttkuhn: Dr. Carlebach - Ein Rabbiner zu Lübeck. Israel Nachrichten. Tel Aviv. Nr. 7387 vom 16. Juni 1995.
  • Peter Guttkuhn: Jüdische Neo-Orthodoxie 1870 bis 1919 in Lübeck. Zur religiös-geistigen Situation der Juden während des Rabbinats von Salomon Carlebach. In: Erich Mühsam und das Judentum. Schriften der Erich-Mühsam-Gesellschaft. H 21, Lübeck 2002. ISBN 3-931079-28-7.
  • Peter Guttkuhn: Der Senat will gebildete Bürger haben. Jüdischer Religionsunterricht 1867 bis 1914 im Staate Lübeck in: 200 Jahre Ernestinenschule. Lübeck 1804 bis 2004. Lübeck 2004, Seite 29-40. ISBN 3-00-013239-2.
  • Michael Brocke, Julius Carlebach (Hrsg.), Biographisches Handbuch der Rabbiner I/1, 220 f. (2004)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. N.N., 'Esther Carlebach', In: Der Israelit: Ein Centralorgan für das orthodoxe Judentum; Jg. 61, Nr. 7 (26. Februar 1925/7. Adar 5680), p. 9. http://compactmemory.de
  2. www.luebeck.de/... (PDF)
  3. Albrecht Schreiber: Wegweiser durch die Geschichte der Juden in Moisling und Lübeck Lübecker Nachrichten GmbH, Lübeck 1984, Seite 67 und 68
  4. Sabine Niemann (Redaktion): Die Carlebachs, eine Rabbinerfamilie aus Deutschland , Ephraim-Carlebach-Stiftung (Hrsg). Dölling und Galitz. Hamburg 1995, Seite 19
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