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Ruth Westheimer

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Ruth Westheimer (2018)

Ruth Karola Westheimer (geb. Siegel; geboren am 4. Juni 1928 in Wiesenfeld[1]; gestorben am 12. Juli 2024 in New York City[2]), bekannt als Dr. Ruth, war eine deutsch-US-amerikanische Soziologin, Sexualtherapeutin und Sachbuchautorin.

Leben

Dr. Ruth (1988)

Karola Siegel[3] wurde im Alter von zehn Jahren als Kind jüdisch-orthodoxer Eltern mit einem Kindertransport von Frankfurt-Nordend in die Schweiz geschickt. Die Ausreise war ihr zusammen mit etwa 100 anderen jüdischen Kindern durch die Schweizer Aktivistin Goldschmidt ermöglicht worden. Sie verwaiste, als ihr Vater im KZ Auschwitz ermordet wurde. Ihre Mutter gilt als verschollen. Vor ihrem Geburtshaus wurden im Juni 2017 vier Stolpersteine für sie und ihre Familie verlegt.

Siegel verbrachte die Zeit des Zweiten Weltkriegs in dem vom Israelitischen Frauenverein Zürich geführten Kinderheim Wartheim in Heiden.[4] In Herisau besuchte sie eine Haushälterinnenschule.[5]

Nach dem Krieg wanderte sie nach Palästina aus. Dort trat sie der zionistischen Untergrundorganisation Hagana bei, wo sie als Scharfschützin ausgebildet wurde. Im Palästinakrieg wurde sie 1948 durch eine Bombe verwundet. Im neu gegründeten Staat Israel machte sie eine Ausbildung zur Kindergärtnerin.[6] Später studierte sie Psychologie an der Pariser Sorbonne, wo sie auch Lehraufträge erhielt. 1956 emigrierte sie in die USA, wo sie 1957 Manfred Westheimer (1927–1997) heiratete. An der Columbia University studierte Ruth Westheimer das Fach Soziologie mit einem Master-Abschluss – mit einer Masterarbeit über die Heimkinder in Heiden[5] – und promovierte zum PhD.

Ruth Westheimer veröffentlichte 1989 ihre Autobiographie All in a lifetime. In einem zweiten autobiographischen Buch Musically Speaking (dt. Die Sprache der Musik) beschreibt sie ihren Lebensweg von ihrer Geburt bis zur Umsiedlung nach New York anhand deutscher Volkslieder.

Ruth Westheimer wurde nach ihrer Auswanderung US-amerikanische Staatsbürgerin; seit 2007 besaß sie auch wieder die deutsche Staatsbürgerschaft.[7] Bis ins hohe Alter hat sich ihr ausgeprägter hessischer Dialekt in ihrem Deutsch erhalten.[8]

Beruf

Nach Ende ihrer Hochschulausbildung war sie am New York Hospital – Cornell University Medical Center in New York City tätig.

1980 moderierte sie erstmals die 15-minütige Radio-Kolumne Sexually Speaking, in der sie unbefangen Ratschläge für good sex gab. Hunderttausende suchten den Rat der Expertin. Bald war Westheimer auch bei Talk-Shows in Europa und anderen Teilen der Welt ein häufig eingeladener Gast. Mehr als 450 Fernsehsendungen hat sie gestaltet.

Einige der US-Universitäten wie Harvard und Princeton engagierten Westheimer als Gastdozentin. Von der Yale University bekam sie einen Vier-Jahres-Vertrag. 1994 ehrte die Deutsche Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Sexualforschung sie mit der Magnus-Hirschfeld-Medaille für Sexualreform.

Westheimer hat über 30 Sachbücher zum Thema Sexualität geschrieben. Eines ihrer letzten Werke, in den USA 2005 veröffentlicht, wandte sich an die Generation der über Fünfzigjährigen.

In ihren Sendungen bezeichnete sie sich gerne als „1 Meter 40 konzentrierter Sex“ (bezogen auf die Körpergröße).[9] Das Wall Street Journal bezeichnete sie einmal als Kreuzung zwischen Henry Kissinger, dessen deutscher Akzent ebenfalls unverkennbar war, und Minni Maus.

Westheimer sah sich als Feministin, wollte aber nicht als radikale Feministin verstanden werden. Von der Metoo-Bewegung distanzierte sie sich.[10]

Schriften (Auswahl)

  • Doctor Ruth’s guide to good sex.
    • deutsch: „Sprechen wir mal drüber…“. Sexualität und Erotik. Goldmann, München 1983, ISBN 3-442-30505-5.
  • First Love.
    • deutsch: First love. Ein Aufklärungsbuch für junge Leute. Ullstein, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-548-34432-1.
  • Doctor Ruth’s guide for married lovers.
    • deutsch: Liebe in der Ehe. Ratgeber für ein glückliches Zusammenleben. Ullstein, Frankfurt am Main 1988, ISBN 3-548-34449-6.
  • All in a lifetime.
    • deutsch: …und alles in einem Leben. Autobiographie. Benteli, Bern 1989, ISBN 3-7165-0652-4.
  • mit Louis Lieberman: Sex and Morality.
  • deutsch: Sex und Moral. Beltz, Weinheim 1990, ISBN 3-407-30535-4.
  • The Art of Arousal. 1993, ISBN 1-55859-330-6.
  • Dr. Ruth’s Guide to Erotic and Sensuous Pleasures. 1994, ISBN 1-56171-099-7.
  • Dr. Ruth talks to kids.
  • deutsch: Ab jetzt wird alles anders. Vom Erwachsenwerden, von Liebe und von Sex. Aare, Aarau u. a. 1994, ISBN 3-7260-0415-7.
  • Sex for Dummies. (deutsch: Sex für Dummies. 1996 und zahlreiche Neuauflagen)
  • Heavenly sex.
    • deutsch: Himmlische Lust. Liebe und Sex in der jüdischen Kultur. Campus, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-593-35466-7.
  • mit Amos Grunebaum: Dr. Ruth’s Pregnancy Guide for Couples. 1999, ISBN 0-415-91972-X.
  • mit Steven Kaplan: Grandparenthood.
    • deutsch: Ein Glück, dass es Großeltern gibt. Ullstein, München 2000, ISBN 3-550-07118-3.
  • Who I am!? Where did I come from?
    • deutsch: Woher kommen nun die kleinen Babys? Coppenrath, München 2003, ISBN 3-8157-2950-5.
  • Musically Speaking.
    • deutsch: Die Sprache der Musik. Ein Leben mit Liedern. Gryphon, München 2005, ISBN 3-937800-45-X.
  • mit Pierre A. Lehu: Sex after 50.
    • deutsch: Silver Sex. Wie Sie Ihre Liebe lustvoll genießen. Campus, Frankfurt am Main /New York 2008, ISBN 978-3-593-38271-5.
  • Mythen der Liebe. Collection Rolf Heyne, München 2010, ISBN 978-3-89910-470-7.
  • mit Pierre A.Lehu: The doctor is in

Literatur

  • Westheimer, Ruth K. In: Werner Röder, Herbert A. Strauss (Hrsg.): International Biographical Dictionary of Central European Emigrés 1933–1945. Band 2,2. Saur, München 1983, S. 1241
  • Gero von Boehm: Ruth Westheimer. 2. September 1986. Interview in: Begegnungen. Menschenbilder aus drei Jahrzehnten. Collection Rolf Heyne, München 2012, ISBN 978-3-89910-443-1, S. 134–140
  • Alfred A. Häsler: Die Geschichte der Karola Siegel. Ein Bericht. In Zusammenarbeit mit Ruth K. Westheimer. Benteli, Bern 1976, ISBN 3-7165-0082-8
  • Margaret M. Scariano: Dr. Ruth Westheimer. Enslow, Hillside (New Jersey) 1992, ISBN 0-89490-333-0.
  • Gerald Kreft, Ulrich Lilienthal: Jezer hara: Böser Trieb und Sexualität: Bertha Pappenheim – Dora Edinger – Ruth Westheimer. In: Caris-Petra Heidel (Hrsg.): Jüdinnen und Psyche (= Schriftenreihe Medizin und Judentum, 13). Mabuse, Frankfurt am Main 2016, ISBN 978-3-86321-323-7, S. 125–152.

Filme

Weblinks

 Commons: Ruth Westheimer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Munzinger: Ruth Karola Westheimer. Abgerufen am 20. April 2024
  2. Ruth Westheimer, the Sex Guru Known as Dr. Ruth, Dies at 96, New York Times Online, 13. Juli 2024
  3. Alfred A. Häsler: Die Geschichte der Karola Siegel. Ein Bericht. In Zusammenarbeit mit Ruth K. Westheimer. Benteli, Bern 1976, ISBN 3-7165-0082-8.
  4. Ich sehe, wer sexuell befriedigt ist. In: Die Weltwoche, Ausgabe 51/2010.
  5. 5,0 5,1 Katharina Brenner: Ich Sex-Therapeutin Dr. Ruth über ihre Kindheit in Heiden: «Ich kenne den Ausdruck 'Cheibe Usländer'» In: St. Galler Tagblatt, 17. Juli 2018.
  6. Sigmund Freud hätte meine Kurse besuchen müssen. In: Süddeutsche Zeitung Magazin, 8. Juni 2018, S. 27 f.
  7. Donald Snyder: Jews Stream Back to Germany (en-US) 8. April 2012.
  8. Der Spiegel: "Dr. Ruth" ist auch mit 90 noch im Job, Artikel vom 30. Mai 2018
  9. Wenn der Schmock stejt. In. Die Presse.
  10. Philipp Hedemann: Ruth Westheimer: „Sex sollte etwas Privates sein“. Abgerufen am 6. September 2020.
  11. Ask Dr. Ruth. In: IMDB. Abgerufen am 29. Juli 2020.
  12. Axel Schock: „1 Meter 40 konzentrierter Sex“. In: magazin.hiv. 12. August 2020, abgerufen am 3. Oktober 2020.
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ruth Westheimer aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.