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Rolf Grabower
Rolf Grabower (geb. 21. Mai 1883 in Berlin; gest. 7. März 1963 in München) war ein deutscher Steuerrechtler, Ministerialrat im Reichsfinanzministerium, Richter am Reichsfinanzhof, Überlebender des Holocaust und Oberfinanzpräsident in Nürnberg. Er gilt als „Vater der Umsatzsteuer“ und „Architekt der Betriebsprüfung“.
Leben und Wirken
Grabower war Sohn eines preußischen Justizrats und Notars. Von 1889 bis 1900 besuchte er das Französische Gymnasium in Berlin, an dem er 1901 das Abitur machte. Er hatte „keiner Jugendbewegung angehört“.
Studium
In Heidelberg begann er Jura zu studieren, wechselte aber schon zum 2. Semester nach Königsberg. Dort schloss er sich im Wintersemester 1901/02 dem Corps Masovia an und kümmerte sich in hervorragender Weise um den Nachwuchs.[1][2] 1903 ging er nach Berlin. 1905 bestand er die Erste Juristische Staatsprüfung. An der Leipzig und promovierte er zum Dr. iur.. Nachdem er auch Nationalökonomie studiert und 1910 in Berlin zum Dr. phil. promoviert hatte, bestand er 1911 die Zweite Juristische Staatsprüfung.
Als Assessor war er fünf Monate Volontär bei der Berliner Industrie- und Handelskammer und bei der Berufsgenossenschaft-Chemie. Vom 1. April 1912 bis zum 31. März 1914 war er Hilfsarbeiter beim preußischen Oberverwaltungsgericht. Danach trat er in die Verwaltung der direkten preußischen Steuern und war „von Mai 1914 - 2. Mobilmachungstag“ in Mülheim an der Ruhr.
Erster Weltkrieg
Als Offizier nahm er am Ersten Weltkrieg teil, zuletzt als Hauptmann der Reserve. Ihm wurde das Eiserne Kreuz I. und II. Klasse verliehen.
Preußische Steuerverwaltung
Vom Sommer 1919 bis März 1934 diente er im Reichsfinanzministerium in Berlin. Dort folgte er 1921 Johannes Popitz als Leiter des Umsatzsteuerreferats. Grabower, seit 1922 Ministerialrat, übernahm 1926 das Referat Buch- und Betriebsprüfung. Außerdem lehrte er in Berlin an der Handelshochschule und der Verwaltungsakademie.
Sein geschichtliches Denken floß ein in die wissenschaftliche Durchdringung der Umsatzsteuer, was in der Mitarbeit an Kommentaren (1928 und 1955 Hübschmann, Grabower, Beck, von Wallis, Schwarz) zum Ausdruck kam.
Seine kinderlose erste Ehe mit einer Enkelin Rudolf Virchows wurde 1924 geschieden.
Zeit des Nationalsozialismus
Oberster Reichsrichter
Von den Nationalsozialisten wurde er als „Dreivierteljude“ nach dem Berufsbeamtengesetz im April 1934 als Oberster Richter zum (politisch einflußlosen) Reichsfinanzhof nach München versetzt.[3] Dort lernte er seine zweite Frau kennen.
Nach Inkrafttreten der Nürnberger Gesetze wurde er zum 1. Januar 1936 „als Feldzugsteilnehmer mit vollem Gehalt aus rassischen Gründen pensioniert“. Bis zum 2. April 1941 betrieb er „private wissenschaftliche Studien auf dem Gebiete der Steuergeschichte“.
Ghetto Theresienstadt
Nach eigenem Bekunden war er vom „3. April 1941 bis Juli 1945 Erdarbeiter, Hilfsarbeiter bei den Maurern, Leiter einer Fabrik, Arbeitsrichter, Verwaltungsrichter, Leiter des jüdischen Arbeitseinsatzes im Lager Milpertshofen, in einer Flachsröste in Lohhof“. Seit dem 19. Juni 1942 verbrachte er 37 Monate im Ghetto Theresienstadt. Im November 1941 hatten Hans Heinrich Lammers und Franz Willuhn in buchstäblich letzter Minute seine Deportation in ein Vernichtungslager verhindert. „Grabower trug sein Schicksal philosophisch-gelassen und blieb dem Corps freundschaftlich verbunden“. [4] In Therensienstadt gehörte er zur einflussreichen Häftlingsgruppe um Philipp Manes.[5] Als sogenannter Prominenter war er in der Arbeitszentrale beschäftigt und gehörte zum Bankbeirat.[6]
Anfang Mai 1945 wurde Grabower durch Soldaten der Roten Armee in Theresienstadt befreit.[5] Er blieb freiwillig noch zwei Monate in Theresienstadt, um bei der Abwicklung des Lagers zu helfen.
Neuanfang in Bayern
Vom 11. Juli bis Mitte Oktober 1945 war er wieder höchster Reichsrichter beim nun Bayerischen Obersten Finanzgerichtshof in München. Am 18. Oktober 1945 wurde er zum Oberfinanzpräsidenten in Nürnberg ernannt. Er erließ Maßnahmen zur Erfassung des Schwarzhandels. Ende März 1952 wurde er pensioniert.
1948 ernannte ihn die Universität Erlangen zum Honorarprofessor. Dort nannte man ihn den „Kleinen Popitz“. Seit 1951 war er Gastdozent an der Akademischen Bundesfinanzschule in Siegburg.
Er liebte die Literatur, vor allem Goethe, über den er gut besuchte Vorträge hielt. „Nicht der unbestrittene Sachverstand, sondern menschliche Persönlichkeiten kennzeichneten diesen Mann, der es auf selten breiter geistiger Basis vermochte, das undankbare Steuerrecht in eine Gesamtschau von Wirtschaft, Mensch und Gerechtigkeit einzufügen. Sein Wort von der ‚Höflichkleit des Herzens‘ galt dem Mitarbeiter, der es nach außen tragen sollte.“[7]
Grabower wurde mit dem Großen Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland (1952) und mit dem Bayerischen Verdienstorden (1959) ausgezeichnet. Einer Partei hatte er „als Beamter niemals angehört“.
1960 wurde ihm das Band des Corps Palaiomarchia verliehen.[8]
Werke
- Steuerverwaltung und Ethik
- Die ethische Betrachtungsweise im Steuerrecht
- Preußens Steuern vor und nach den Befreiungskriegen. Berlin: Liebmann 1932
Literatur
- Martin Friedenberger, Klaus-Dieter Gössel, Eberhard Schönknecht (Hrsg.): Die Reichsfinanzverwaltung im Nationalsozialismus. Darstellung und Dokumente. Temmen, Bremen 2002, ISBN 3-86108-377-9 (Veröffentlichungen der Gedenk- und Bildungsstätte Haus der Wannsee-Konferenz 1).
- Werner Nigbur (Hrsg.): Wenn im Amte, arbeite, wenn entlassen, verbirg dich. Prof. Dr. iur. Dr. phil. Rolf Grabower „Dreivierteljude“, Überlebender der Shoa, Theresienstadt. In Zeugnissen aus der Finanzgeschichtlichen Sammlung der Bundesfinanzakademie. Ein Lesebuch und Materialband. Bundesfinanzakademie im Bundesministerium der Finanzen, Brühl 2010.
- ofd aktuell. Nachrichten der Oberfinanzdirektion Nürnberg. Nr. 2/83.
- Alfons Pausch: Rolf Grabower – Architekt des Betriebsprüfungsdienstes im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung. In: Steuer und Studium. 1992, ISSN 0173-1599, S. 43 ff.
- Der BibISBN-Eintrag Vorlage:BibISBN/3887411161 ist nicht vorhanden. Bitte prüfe die ISBN und lege ggf. einen neuen Eintrag an.
Weblinks
- Literatur von und über Rolf Grabower im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Bild Rolf Grabowers im Prominentenalbum des Ghettos Theresienstadt
- Portrait Rolf Grabowers vom Steuermuseum der Bundesfinanzakademie
Einzelnachweise
- ↑ Kösener Korps-Listen 1910, 141, 906.
- ↑ Verzeichnis sämtlicher Mitglieder des Corps Masovia 1823 bis 2005. Potsdam 2006
- ↑ Die Versetzungsurkunde war vom Reichspräsidenten Paul v. Hindenburg und vom Reichsfinanzminister Lutz Graf Schwerin v. Krosigk unterschrieben.
- ↑ Hans Lippold, 10. Januar 1973
- ↑ 5,0 5,1 Eintrag Rolf Grabower auf ghetto-theresienstadt.info
- ↑ ghetto-theresienstadt.info: Prominente; Die Prominentenliste A wurde 1945 von Ralph Oppenhejm veröffentlicht.
- ↑ ofd aktuell, Nachrichten der Oberfinanzdirektion Nürnberg, Nr. 2/83
- ↑ Kösener Corpslisten 1996, 113, 576
Personendaten | |
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NAME | Grabower, Rolf |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Hochschullehrer, hoher Finanzbeamter und Überlebender des Holocaust |
GEBURTSDATUM | 21. Mai 1883 |
GEBURTSORT | Berlin |
STERBEDATUM | 7. März 1963 |
STERBEORT | München |
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Rolf Grabower aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar. |
- Überlebender des Holocaust
- Prominenter Häftling im Ghetto Theresienstadt
- Richter (Reichsfinanzhof)
- Hochschullehrer (Erlangen)
- Jurist in der Finanzverwaltung
- Steuerrechtsgeschichte
- Träger des Großen Bundesverdienstkreuzes
- Träger des Bayerischen Verdienstordens
- Person im Ersten Weltkrieg (Deutsches Reich)
- Corpsstudent (20. Jahrhundert)
- Geboren 1883
- Gestorben 1963
- Mann