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Rolf Bauerdick

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Rolf Bauerdick (2010)

Rolf Bauerdick (* 1957 in Lenhausen) ist ein deutscher Fotograf und Autor.

Leben

Rolf Bauerdick besuchte das Rivius-Gymnasium in Attendorn und studierte in Münster Germanistik und katholische Theologie für das Lehramt.[1] Nach der Referendarzeit und einem nicht beendeten Promotionsvorhaben in katholischer Dogmatik wurde er freier Journalist. Er arbeitete zunächst für die Münstersche Zeitung.[2] Bauerdick unternahm Reportagereisen in rund sechzig Länder. Seine Text- und Bildreportagen wurden in verschiedenen europäischen Tageszeitungen und Magazinen veröffentlicht.

Für die französische Übersetzung seines Romans Wie die Madonna auf den Mond kam (2009) erhielt er 2012 den Preis des Europäischen Buches der Association Esprit d’Europe.[3] Bauerdicks Fotos wurden wiederholt ausgestellt.

Rezeption

„Wie die Madonna auf den Mond kam“

Bauerdicks Romandebüt Wie die Madonna auf den Mond kam erhielt weitgehend positive Rezensionen. Roland Krüger rezensierte das Buch für Deutschlandradio Kultur und kam zu dem Schluss, das Buch sei „eine pralle, groteske Geschichte, von Rolf Bauerdick liebevoll und kenntnisreich vor historischem Hintergrund drapiert.“[4] Zu ähnlichen Urteilen kommen Hendrik Werner für die Welt, Jobst-Ulrich Brand für den Focus, Roland Mischke für Der Westen und Ulrich Baron für Spiegel Online.[5][6][7][8]

Zu einem abweichenden Urteil kommt Volker Hage im Spiegel. Das Buch sei ein „ein zwiespältiges Lesevergnügen“. „Großartig sind die Motive verwoben", andernorts „verderben Kitsch und Klischee den ansonsten so eindrucksvollen Debütroman.“[9]

„Zigeuner: Begegnungen mit einem ungeliebten Volk“

Mit seinem 2013 veröffentlichten Buch über das Leben der osteuropäischen Roma, insbesondere mit einigen darin genannten Positionen, löste Bauerdick kontroverse Reaktionen aus.

Für den Zentralrat Deutscher Sinti und Roma kommentierte der Politikwissenschaftler Herbert Heuß, Bauerdick beanspruche die „Definitionsmacht“ über die Angehörigen der Minderheit. Er polemisiere, gehe selektiv mit Daten um, habe unzureichend recherchiert und stelle sich in eine Traditionslinie mit „selbsternannten Zigeunerexperten“ der Vergangenheit. Er müsse sich fragen lassen, wie er mit den Kommentaren zu seinem Buch auf rechten und rechtsextremen Websites umgehe.[10] Dem schloss sich der Politikwissenschaftler Michael Lausberg mit einem Beitrag auf dem Watchblog Netz gegen Nazis an.[11]

Der Publizist mit Schwerpunkt Südosteuropa Norbert Mappes-Niediek stimmte Bauerdick in einigen Punkten zu, beschreibt das Buch jedoch als „anekdotisch“ und beleglos.[12] Er übernehme ungeprüft die üblichen Vorstellungen „über Slumbewohner und Armutszuwanderer“. Er sei gerade so weit gekommen, wie man eben komme, wenn man das Geheimnis der Armut bei den Armen suche.

Die Journalistin Regina Mönch dagegen beschrieb in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung dieselbe Veröffentlichung positiv. Sie sah in dem Verfasser einen „begnadeten Erzähler und unerschrockenen Polemiker", dem es gelungen sei, „das Vertrauen dieser Außenseiter zu gewinnen". Es sei „ein vielfarbiges Bild, mit grellen, erschütternden Schlaglichtern auf eine Armut“ entstanden, die Ausbruchswillen und Mitgefühl ersticke.[13]

Der Schriftsteller Rolf Schneider stellte fest, dass Bauerdicks Aussage, er habe „weit mehr als einhundert Reisen zu Zigeunern in zwölf europäischen Ländern unternommen“, sich in seinem Buch nicht wiederfinde. Tatsächlich kämen nur Ungarn und Rumänien ausführlich vor. Das von dort Berichtete sei teilweise beeindruckend. Unterschlagen würden „weder die aus solcher Situation fast zwangsläufig entstehende Armutskriminalität noch die oft brutalen Reaktionen der betroffenen Umwelt“. Andere Länder wie Bulgarien, die Slowakei, Frankreich, Polen, Russland, Deutschland und Spanien würden dagegen vernachlässigt. Bauerdick kanzle andere Autoren wie Günter Grass, André Glucksmann, Romani Rose und Wilhelm Solms ab, die „Zigeuner als Objekt einer bloß imaginären Fürsorge“ (Bauerdick) missbrauchen würden. Für Schneider ist das Buch „widersprüchlich“, „ungenau und einseitig“, manches sei „respektabel, anderes dubios“. Seiner Meinung nach ist Klaus-Michael Bogdals „Europa erfindet die Zigeuner" empfehlenswerter.[14]

Der Journalist Oskar Piegsa sah in dem Titel des Buchs eine „Provokation“ bezüglich gängiger „Sprachregelungen“. Sein Buch sei zwar als Reportage angelegt, lese sich jedoch über weite Teile als „Streitschrift“.[15] Andrea Seibel schreibt in Der Welt von einem „bemerkenswerten“ Buch, dessen Stärke besonders darin liege, keine Patentrezepte für die Lösungen von Problemen der thematisierten Menschen bieten zu wollen, sondern deren Lebenswirklichkeit realistisch zu beschreiben. Bauerdicks scharfe Kritik an Interessenverbänden wie dem Zentralrat der deutschen Sinti und Roma sei zwar „nachvollziehbar“, jedoch gelte es zu bedenken, dass solche Zentralräte zur Emanzipation und gesellschaftlichen Anerkennung einer ansonsten weitestgehend sprachlosen Gruppe führen könnten und das Erheben eines gewissen „Hegemonialanspruchs“, gegen den Bauerdick sich wehre, dazugehöre.[16]

In einem Beitrag der ARD-Sendung titel, thesen, temperamente wurde Bauerdicks Buch positiv aufgenommen. Die Selbstbezeichnung „Zigeuner“ werde von vielen Angehörigen dieser Minderheit verwendet, etwa von der Filmemacherin Lidija Mirkovic. Bauerdick leiste auf „eigene Weise einen Beitrag“, „unsere eingeübten Denkmuster mit der Lebenswirklichkeit der Zigeuner zu kontrastieren und unser Bild eines ungeliebten Volkes neu zu justieren“.[17] Für den SWR bewertete der Journalist und Politikwissenschaftler Carsten Dippel das Buch als „ungemein lesenswerten Reportageband“. Es sei ein „leidenschaftlicher Appell an ziganes Selbstbewusstsein, an ein Gespür für menschliche Würde. An einen Blick, der wohlwollend ist, aber nicht blauäugig, der urteile aber nicht richte.“[18]

Schriften (Auswahl)

  • Dem Himmel nah. Mysterien, Mythien, Rituale. Herder, Freiburg im Breisgau 1994, ISBN 3-451-23306-1.
  • Lourdes. Herder, Freiburg im Breisgau 1995, ISBN 3-451-23532-3
  • Wie die Madonna auf den Mond kam. Roman, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2009, ISBN 3-421-04446-5.
  • Anti-Antiziganismus - Die Geschichte eines Fotos, das zum „abgeschmackten Zigeunerklischee“ erklärt wurde. in: Tsiganologische Mitteilungen vom 15. Dezember 2010, S. 7-10
  • Zigeuner. Begegnungen mit einem ungeliebten Volk. Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, ISBN 978-3-421-04544-7

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vita auf der Homepage.
  2. Lebendiger Einblick in den Journalismus. Münstersche Zeitung vom 12. März 2010, nach www.muenster.org.
  3. Prix du Livre Européen; siehe: Europäischer Buchpreis geht an Rolf Bauerdick und Luuk van Middelaar. In: boersenblatt.net, 6. Dezember 2012.
  4. Roland Krüger: Fröhlicher Abgesang auf den Sozialismus, Rezension zu Rolf Bauerdicks Wie die Madonna auf den Mond kam, Deutschlandradio Kultur vom 31. Dezember 2009
  5. Hendrik Werner: Romandebüt - mit Madonna zum weltweiten Erfolg
  6. Jobst-Ulrich Brand: Aufstand in Absurdistan
  7. Roland Mischke: Für Rolf Bauerdick ist das Böse stärker als der Mensch
  8. Ulrich Baron: Vorgelesen: Die wichtigsten Bücher der Woche
  9. Volker Hage: Mond und Totschlag
  10. Herbert Heuß, Anmerkungen zum Buch von Rolf Bauerdick: Zigeuner. Begegnungen mit einem ungeliebten Volk, München 2013, in: [1] (PDF; 305 kB).
  11. Michael Lausberg: Eine Semantik der Gefahr: Rolf Bauerdick und die extreme Rechte, bei Netz gegen Nazis, 16. September 2013, aufgerufen am 18. September 2013
  12. Norbert Mappes-Niediek: Irgendwo hört es auf!, in: Nevipe, Neue Folge, Heft 3/2013, S. 4-5, PDF; vgl. auch: Norbert Mappes-Niediek: Arme Roma, böse Zigeuner, Berlin 2012.
  13. Regina Mönch: In Wolkendorf währte die Zeit des Aufbruchs nur kurz, FAZ.net, 5. Juli 2013 sowie Frankfurter Allgemeine Zeitung, 6. Juli 2013, S. 32.
  14. Rolf Schneider: Misslungene Annäherung. Rolf Bauerdick: "Zigeuner - Begegnungen mit einem ungeliebten Volk". Deutschlandradio vom 2. Juni 2013, aufgerufen am 21. September 2013.
  15. Oskar Piegsa: Sprach-Debatte: Die Ehre der Zigeuner. Spiegel Online, 19. April 2013.
  16. Andrea Seibel: "Dieses Leben ist nicht lustig!"
  17. Titel, thesen, temperamente: Elend ist das Zigeunerleben
  18. Carsten Dippel: Kritik für das SWR (PDF; 29 kB)
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Rolf Bauerdick aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.