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Rolf-Heinz Höppner

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Rolf-Heinz Höppner (* 24. Februar 1910 in Siegmar; † 1998) war ein deutscher Jurist und SS-Obersturmbannführer im Reichssicherheitshauptamt (RSHA).

Werdegang

Höppner studierte Rechtswissenschaft an der Universität Leipzig und legte beide Staatsexamina ab. Anfangs befasste er sich ehrenamtlich mit der Pressearbeit für den Sicherheitsdienst des Reichsführers SS (SD) und wurde dort Anfang 1934 als Referent fest angestellt.[1] Später war er mit Personal- und Organisationsfragen befasst und stieg zum Führer des SD-Leitabschnitts Posen auf.

Höppner war Mitglied der SS (SS-Nr. 107.136) und der NSDAP (Mitgliedsnr. 321.209).[2] Diese Mitgliedsnummer deutet auf einen Parteieintritt im Jahre 1931 hin.[3]

Als Leiter der Umwandererzentrale in Posen war Höppner zuständig für die „Absiedlung von Fremdvölkischen“, nämlich die Deportation von Juden und Polen ins Generalgouvernement,[4] sowie der Ansiedlung von Volksdeutschen im Wartheland. Anfang 1943 wurde er verantwortlicher Leiter des „Gauamts für Volkstumsfragen“. Im Juli 1944 wurde Höppner – inzwischen zum SS-Obersturmbannführer befördert – nach Berlin beordert, um im Reichssicherheitshauptamt die Amtsgruppe III A „Volks- und Rechtsordnung“ zu leiten.[5]

Verstrickungen

Am 16. Juli 1941 übersandte Höppner einen Aktenvermerk an Adolf Eichmann, in dem er „verschiedene Besprechungen der hiesigen Statthalterei“ zur „Lösung der Judenfrage im Reichsgau“ zusammengefasst hatte. Höppner merkte an, die „Dinge klingen teilweise phantastisch, wären aber meiner Ansicht nach durchaus durchzuführen.“[6]

Einige der Vorschläge bezogen sich auf die Einrichtung eines Lagers, in dem sämtliche 300.000 Juden des Warthegaus konzentriert werden sollten. Arbeitsfähige Juden könnten als Kolonnen herausgezogen werden. Alle Jüdinnen im gebärfähigen Alter sollten sterilisiert werden. Als vierter Punkt wurde folgende Überlegung angefügt:

„Es besteht in diesem Winter die Gefahr, daß die Juden nicht mehr sämtlich ernährt werden können. Es ist ernsthaft zu erwägen, ob es nicht die humanste Lösung ist, die Juden, soweit sie nicht arbeitseinsatzfähig sind, durch irgendein schnellwirkendes Mittel zu erledigen. Auf jeden Fall wäre dies angenehmer, als sie verhungern zu lassen.[7]

Ein derartiges „schnellwirkendes Mittel“, nämlich Vergasung mittels Kohlenstoffmonoxidgas aus Stahlflaschen, setzte ein Sonderkommando unter Herbert Lange bereits seit 1939 im Warthegau ein, um Insassen psychiatrischer Anstalten zu ermorden. Die Suche nach einem Vernichtungsort für arbeitsunfähige Juden begann im Kreis Warthbrücken noch im Juli 1941; bis November 1941 wurden fast 4.000 Juden von mobilen Kommandos erschossen oder in Gaswagen erstickt.[8] Im Dezember 1941 begannen die Tötungen im Vernichtungslager Kulmhof.

Am 3. September 1941 schlug Höppner in einem 13-seitigen Schreiben an das RSHA vor, die Arbeit der regionalen Umwandererzentrale durch eine Reichszentrale zu ergänzen. Nach Kriegsende könne das sowjetische Territorium für derartige Vertreibungen einen angemessenen Raum bieten. Es müsse jedoch zuvor grundsätzlich die Frage geklärt werden, ob man den „unerwünschten Volksteilen“ ein „gewisses Leben für dauernd zusichern“ solle oder ob „sie völlig ausgemerzt werden sollen“.[9]

Höppner war später unter den Zuhörern der ersten Posener Rede vom 4. Oktober 1943, bei der Heinrich Himmler die im NS-Herrschaftsbereich weit fortgeschrittene Vernichtung der Juden offen ansprach.[10]

Nach Kriegsende

Höppner wurde im Juli 1945 in der Nähe von Flensburg festgenommen. Er trat als Zeuge der Verteidigung im Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher auf, um die Verantwortlichkeit des Reichssicherheitshauptamtes für die Mordtaten der Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD in Abrede zu stellen.[11]

Höppner wurde 1947 nach Polen ausgeliefert und angeblich am 15. März 1949 zum Tode verurteilt.[12] Nach anderen Angaben wurde Höppner in Posen zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Zuge der polnischen großen Amnestie nach dem Oktober 1956 kam Höppner danach Anfang 1957 frei, arbeitete als Oberregierungsrat im Wohnungsbauministerium und lebte später unbehelligt in einem Kölner Altersheim.[13]

Einzelnachweise

  1. IMT: Der Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher. Nachdruck München 1984, ISBN 3-7735-2510-9, Band XX, S. 207f
  2. SS-Daten im Internet (Memento vom 28. Juni 2009 im Internet Archive)
  3. Björn Weigel: ‚Märzgefallene’ und Aufnahmestopp im Frühjahr 1933. S. 92 In: Wolfgang Benz (Hrsg.): Wie wurde man Parteigenosse? FiTb, Frankfurt/M 2009, ISBN 978-3-596-18068-4.
  4. Philippe Burrin: Hitler und die Juden. Die Entscheidung für den Völkermord. Frankfurt/M 1993, ISBN 3-10-046308-0, S. 137
  5. Quelle des IfZ vom 16. Juli 1944 (PDF; 13 kB)
  6. Peter Longerich: Politik der Vernichtung. München 1998, ISBN 3-492-03755-0, S. 425.
  7. Loewy, Hanno; Schoenberner, Gerhard: Unser einziger Weg ist Arbeit Wien 1990, ISBN 3-85409-169-9, S. 169 / im Internet in Chronologie des Holocaust (Zugriff 15. September 2009) / neuerlich abgedruckt als Dokument VEJ 4/314.
  8. Peter Klein: Kulmhof/Chelmno. S. 305 In: Wolfgang Benz, Barbara Distel (Hrsg.): Der Ort des Terrors. Band 8, München 2008, ISBN 978-3-406-57237-1
  9. Peter Longerich: Politik der Vernichtung. S. 451 / Philippe Burrin: Hitler …, S. 137ff
  10. Johannes Jäger: Die rechtsextreme Versuchung. Berlin 2002, ISBN 3-8258-5722-0, S. 82
  11. IMT: Der Nürnberger Prozess... Band XX, S. 207–261.
  12. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Aktual. Ausgabe Frankfurt/M 2005, ISBN 978-3-596-16048-8 / Bei Klee findet sich auch die Angabe, Hoeppner sei 1951 hingerichtet worden; Klee beruft sich fälschlich auf Wildt.
  13. Martin Pollack: „Warum wurden die Stanislaws erschossen?“ Paul Zsolnay Verlag, Wien 2008, S. 24–48 --- Pollack hat Höppner demnach 1982 interviewt. / Michael Wildt: Generation der Unbedingten. Das Führungskorps des Reichssicherheitshauptamtes, 2. Aufl. Hamburg 2008, ISBN 978-3-930908-87-5, S. 740 in Anm. 35 / „ORR im Wohnungsbauministerium“ in: Klaus-Peter Friedrich (Bearb.): Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933–1945 (Quellensammlung) Band 4: Polen – September 1939-Juli 1941, München 2011, ISBN 978-3-486-58525-4, S. 681 Anm. 2.
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