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Ritus

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Dieser Artikel behandelt die religiöse Handlung, für den Film von Ingmar Bergman siehe Der Ritus.

Ein Ritus (Lehnwort aus dem Lateinischen; Plural: die Riten) ist eine in den wesentlichen Grundzügen vorgegebene Ordnung für die Durchführung zumeist zeremonieller, speziell religiöser und insbesondere liturgischer Handlungen. Im weiteren, abgeleiteten Sinn wird der Ausdruck auch verwendet, um feste Gewohnheiten und Rituale eines Lebewesens oder einer sozialen Gruppe zu beschreiben.

Lateinische Wortbedeutung

Im Lateinischen bedeutet ritus in erster Linie eine religiöse Vorschrift oder Zeremonie, im übertragenen Sinne aber auch Brauch, Sitte oder Gewohnheit im Allgemeinen; im Ablativ (ritu) kann man das Wort auch einfach mit „wie“ oder „nach Art von xy“ (wörtlich: „dem Ritus xy entsprechend“) übersetzen.

Quelle: Wörterbuch von Stowasser

Siehe auch: Römische Religion

Verhaltensriten

In der Psychologie bezeichnet ein Ritus den stets in derselben Weise wiederkehrenden Ablauf eines gelernten Tuns. In diesem allgemeinen Sinn, der prinzipiell nichts anderes meint als ein Ritual, wird der Ausdruck besonders in der Medizin, der Sozialpsychologie und anderen Sozialwissenschaften gebraucht. Zum Beispiel empfehlen Ärzte als Hilfe gegen Schlaflosigkeit, sich einen Ritus anzugewöhnen und beim Zubettgehen immer dieselben Dinge in derselben Reihenfolge und in derselben Art und Weise zu tun. Medizinisch relevant sind derartige Verhaltensriten auch als Zwangshandlungen (Zwangsrituale), die im Zusammenhang mit Zwangsstörungen von den Betroffenen gegen ihren Willen praktiziert werden.

In der zoologischen Verhaltensforschung bezeichnet man eine angeborene Bewegungsabfolge von Tieren, die häufig kommunikative Funktionen erfüllt (etwa ein Balzritual), als Ritualisierung.

Soziale Riten

In der Soziologie lassen sich eine Reihe von innerhalb einer Gesellschaft oder einer gesellschaftlichen Gruppe üblichen oder vorgeschriebenen, meist formalisierten oder ritualisierten Gruppenverhaltensweisen als Ritus beschreiben. Solche Riten haben in der Regel eine identitäts- oder sinnstiftende Funktion und dienen damit dem Gruppenzusammenhalt oder der Rollenzuweisung innerhalb der Gruppe. Für das soziale Leben von besonderer Bedeutung sind bspw. Übergangsriten (z. B. Initiationsriten, Hochzeitsriten), Reinigungsriten (z. B. vor einer Heirat oder nach einer Verfehlung) oder Vergebungsriten (etwa zur Wiederaufnahme eines Mitglieds in die Gemeinschaft oder zur Versöhnung verfeindeter Gruppenmitglieder oder Klans). Kampfriten (z. B. ein Duell) bieten die Möglichkeit einer geregelten Austragung von Auseinandersetzungen in ritualisierter oder symbolischer Form. Staatsriten (etwa die Krönung eines Herrschers, der feierliche Einzug des Parlamentspräsidenten, die Vereidigung des Bundeskanzlers oder das Fahnenzeremoniell) dienen der Legitimation und Darstellung staatlicher Macht. Viele soziale Riten und Rituale besitzen auch religiöse Bedeutung oder überschneiden sich mit religiösen Riten.

Siehe auch: Brauchtum, Umgangsformen

Religiöse Riten

Als religiöse Riten lassen sich alle in einer Religionsgemeinschaft üblichen oder geregelten Praktiken oder Rituale bezeichnen, die der religiösen Lebensführung oder dem Kult dienen (Gottesdienste, liturgische und kultische Handlungen aller Art, die Feier religiöser Feste, Anbetungsgesten und Verehrungspraktiken, die Rezitation von Gebeten oder Mantras, religiöse Tänze und Gesänge, Orakelbefragungen, Beschwörungen, magische Rituale, Heilungsrituale, rituelle Waschungen von Menschen oder Gegenständen, der Vollzug der Beschneidung, der Taufe oder sakramentaler Handlungen, Opfer-, Reinigungs-, Segnungs- oder Weihehandlungen u.v.m.). Sie können gemeinschaftlich (in Familie, Dorfgemeinschaft, Gottesdienstgemeinde etc.) oder auch vom Einzelnen allein praktiziert werden. Häufig sind besonders qualifizierte Vorsteher, Amtsträger, Priester, Schamanen, Heiler oder Kultdiener mit der Ausführung oder Leitung dieser Handlungen oder Zeremonien betraut.

Das religiöse Ritual hat laut Geo Widengren[1] eine enge Verbindung zum Mythos. Widengren unterscheidet zwischen apotropäischen und eliminatorischen Riten, die der Abweisung oder Beseitigung böser Mächte dienen, auf der einen sowie Geburts- und Initiationsriten (im weiteren Sinn Kasualien) auf der anderen Seite.

Siehe auch: Grundbegriffe der Religionssoziologie, Sakrament, Segenszeichen

Kirchliche Riten

Im Christentum wird als Ritus die historisch gewachsene, der Überlieferung entsprechende und in der Regel kirchlich normierte Ordnung der liturgischen Vollzüge und Gottesdienste in einer Kirche, einer Teilkirche oder einer Gruppe von Kirchen bezeichnet. In diesem Sinne kann z. B. die Feier eines Sakraments nach orthodoxem oder katholischem Ritus durchgeführt werden. Im Einzelnen zu unterscheiden sind beispielsweise der Römische Ritus (mit diversen regionalen und/oder historischen Unterformen), der Byzantinische Ritus sowie verschiedene weitere ostkirchliche Riten. In der Regel ist der Ritus einer Kirche in liturgischen Büchern, Gebetbüchern und Formularen niedergelegt, so etwa in den anglikanischen Kirchen im Book of Common Prayer. Die liturgischen Formulare der römisch-katholischen (lateinischen) Kirche finden sich im Römischen Messbuch, im Ritualbuch für sakramentale Feiern (auch das Rituale genannt) und im Brevier (Stundengebetbuch).

Siehe auch: Riten und Ritusgruppen der vorreformatorischen Kirchen

Sonstige Spezialbedeutungen

Die Promotion zum Doktor geschieht „rite“ (lat.: dem Ritus entsprechend, i. S. v. „in gewöhnlicher Form“), wenn der Promovierte die Prüfung besteht, ohne dass seine Leistung eine Hervorhebung verdient (etwa durch den Zusatz „cum laude“ oder „magna cum laude“).

Als „rite vocati“ (ordentlich Berufene) werden vor allem im protestantisch-kirchlichen Bereich Amtsträger bezeichnet, die nach den Regeln ihrer Gemeinschaft oder Organisation gültig (etwa durch Ordination) in ein Amt eingesetzt wurden und zur Ausführung der damit verbundenen Amtshandlungen berechtigt sind.

Der Ritusbegriff in anderen Kulturen

Konfuzianismus

Ritus (禮, Pinyin: lǐ) ist ein Schlüsselbegriff der konfuzianischen Ethik und bezeichnet nicht Rituale im westlichen (ursprünglich religiösen) Sinne, sondern ein formalisiertes Verhalten, das einen guten Menschen auszeichnet und das die Voraussetzung für eine gute Gesellschaftsordnung bildet.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Religionsphänomenologie; de Gruyter Berlin 1969 S. 209

Weblinks

Wiktionary: Ritus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Dieser Artikel basiert ursprünglich auf dem Artikel Ritus aus der freien Enzyklopädie Wikipedia und steht unter der Doppellizenz GNU-Lizenz für freie Dokumentation und Creative Commons CC-BY-SA 3.0 Unported. In der Wikipedia ist eine Liste der ursprünglichen Wikipedia-Autoren verfügbar.