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Rhetorisches Stilmittel

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Ein rhetorisches Stilmittel, auch als rhetorische Figur oder Stilfigur bezeichnet, ist

… bei der Produktion von Texten ein Gestaltungsmittel (→ Produktionsästhetik), das im Rahmen der elocutio dem Redeschmuck dient und bei der Erfüllung der officia oratoris helfen soll;
… ein sprachliches Gestaltphänomen der Oberflächen- und der Tiefenstruktur von Texten, das vom eigentlichen Ausdruck abweicht.

Herkunft

Die in der Theorie der Rhetorik, in der Poetik und Sprachwissenschaft geläufigen Stilmittel stammen vor allem aus der antiken Rhetorik und Poetik, die schon mehrere ausgearbeitete Systeme kannten.

Die Bezeichnungen selbst stammen dementsprechend meist aus dem Griechischen oder Lateinischen, in Ausnahmefällen aus dem Französischen oder anderen neuzeitlichen Sprachen. Teils sind auch deutsche Namen geläufig. Die Definitionen der Figuren ist nicht einheitlich und weichen je nach System ab: teilweise werden Bezeichnungen als synonym angesehen (z. B. Pleonasmus und Tautologie), teils bezeichnet ein Name in verschiedenen Systemen unterschiedliche Mittel (z. B. Katachrese). Auch die Abgrenzung ähnlicher Stilmittel ist oft sehr subtil (z. B. bei Metapher, Metonymie und Synekdoche) und variiert je nach Definition (z. B. Hypallage und Enallage sowie Syllepse und Zeugma).

Nicht alle Stilmittel sind in jeder Sprache möglich: Im Altgriechischen und im Deutschen ist zum Beispiel eine fast beliebige Möglichkeit zur Bildung neuer Wörter durch Zusammensetzung gegeben (Neologismus); im Altgriechischen, Latein und auch im Deutschen ist die Wortstellung besonders in poetischer Sprache vergleichsweise frei, was eine Vielzahl von Stellungsfiguren (z. B. Hyperbaton, Anapher, Chiasmus) erlaubt.

Klassifikationen rhetorischer Stilmittel

Die rhetorischen Stilmittel teilen sich grob in die (Stil-, Sprach- oder Wort-)Figuren (figurae verborum), die die Syntax, und die Tropen, die die Semantik betreffen. Seit der Antike gibt es mehrere, einander teilweise ausschließende Weisen, diese Gattungen weiter zu untergliedern:

Klassifikation nach Quintilian

Quintilian unterscheidet die Sprachfiguren so:

  • grammatische Figuren entstehen durch eine Deviation von der Korrektheitsnorm der Sprache, sind also erlaubte Sprachfehler – zum Beispiel bei Ernst Bloch: „gang und gäbene Zauberei“
  • rhetorische Figuren sind Wortstellungsvarianten oberhalb der Ebene der Grammatikalität, wie zum Beispiel der Chiasmus.

Die Tropen bringt er in dieses System als dritte Art unter der Bezeichnung Gedankenfiguren (lat. figurae sententiarum) ein, die auf gedanklicher Ebene entstehen und sprachlich verschieden ausformuliert werden können – beispielsweise Metapher, Paradoxon, Antithese usw.

Klassifikation anhand der Änderungskategorien

Ebenfalls aus der Antike stammt die in der Rhetorik überwiegende Einteilung nach den vier Änderungskategorien. Sie geht mit der Deviationstheorie von einem zugrunde liegenden eigentlichen Ausdruck aus, dem verbum proprium. Zum uneigentlichen, figurativen Ausdruck, dem verbum translatum, wird es durch die Änderung nach einer der vier Kategorien:

Die ersten drei Kategorien enthalten dabei die Figuren, die vierte die Tropen.

Klassifikation aus interpretationsästhetischer Sicht

Neuere Einteilungen teilen die Stilmittel meist vom interpretatorischen Standpunkt aus ein und unterscheiden oft detaillierter und weniger systematisch:

  • Bildhafte Figuren:
    • Stilmittel, die statt der Bezeichnung eine Ersatzbezeichnung setzen (Tropen);
    • Sprachbilder, die eine anschauliche Darstellung ermöglichen, wie Gleichnis oder Vergleich;
  • Satz- und Wortfiguren:
    • Sprachmittel, die sich durch eine besondere syntaktische Stellung (Satzfigur) oder durch originelle Verbindung ihrer Einzelglieder (Wortfigur) auszeichnen, zum Beispiel Klimax, die wiederholenden Figuren.
  • Klangfiguren:
    • Sprachmittel, bei dem ein besonderer Effekt durch den Klang der Wortverbindung erreicht wird, zum Beispiel Alliteration, Assonanz.
  • Sonstige Stilfiguren:

Einsatz

Die Wirkung der Stilmittel ist meistens eine besondere Betonung, die der Leser oder Zuhörer unbewusst aufnimmt. Während die meisten Stilmittel absichtlich in Reden oder Schriftwerke eingebaut werden, sind einige alltäglich, zum Beispiel die Ellipse. Das antike Rhetoriksystem bietet mit der Forderung nach latinitas (Sprachrichtigkeit), perspicuitas (Deutlichkeit), aptum (Angemessenheit) und teilweise brevitas (Knappheit) Regulative für den Figurengebrauch. Während sich Cicero für einen regen Gebrauch der Figuren einsetzt, um so den Geist des Hörers herauszufordern, stellt sich John Locke mit der Forderung nach einem scientific style gegen jegliche Figuration, die lediglich zur obscuritas (Verschleierung des Sinnes) führe.

Literatur

  • Wolfram Groddeck: Reden über Rhetorik. Zu einer Stilistik des Lesens (= Nexus. Bd. 7). Stroemfeld, Basel u. a. 1995, ISBN 3-86109-107-0.
  • J. Dominik Harjung: Lexikon der Sprachkunst. Die rhetorischen Stilformen. Mit über 1000 Beispielen (= Beck'sche Reihe. Bd. 1359). Beck, München 2000, ISBN 3-406-42159-8.
  • Heinrich Lausberg: Handbuch der literarischen Rhetorik. Eine Grundlegung der Literaturwissenschaft. 3. Auflage, mit einem Vorwort von Arnold Arens. Steiner, Stuttgart 1990, ISBN 3-515-05503-7.
  • Urs Meyer: Stilistische Textmerkmale. In: Thomas Anz (Hrsg.): Handbuch Literaturwissenschaft. Band 1: Gegenstände und Grundbegriffe. Metzler, Stuttgart u. a. 2007, ISBN 978-3-476-02154-0, S. 81–110.
  • Heinrich F. Plett: Einführung in die rhetorische Textanalyse. 9., aktualisierte und erweiterte Auflage. Buske, Hamburg 2001, ISBN 3-87548-246-8.
  • Erhard Schüttpelz: Figuren der Rede. Zur Theorie der rhetorischen Figur (= Philologische Studien und Quellen. Bd. 136). Erich Schmidt, Berlin 1996, ISBN 3-503-03720-9 (Zugleich: Bonn, Universität, Dissertation, 1993).
  • Gert Ueding, Bernd Steinbrink: Grundriß der Rhetorik. Geschichte – Technik – Methode. 4., aktualisierte Auflage. Metzler, Stuttgart u. a. 2005, ISBN 3-476-02057-6.

Siehe auch

Weblinks

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